2 Selbstorganisiertes Lernen (SOL) und multimediales Lernen in fraktaler Organisation (MLF) Holger Mühlbach
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- Simon Günther
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1 2 Selbstorganisiertes Lernen (SOL) und multimediales Lernen in fraktaler Organisation (MLF) Holger Mühlbach 2.1 Was bedeutet SOL? SOL ist keine neue Methode, sondern ein Ansatz, der mit neuen, aber auch bekannten Methoden arbeitet, diese in ein Unterrichtskonzept integriert und damit den Rahmen liefert, das neue Lehr- und Lernkonzept umzusetzen. Es ist schwierig, in diesem Beitrag SOL ausführlich vorzustellen (vgl. Herold und Landherr). Das Herzstück einer SOL-Einheit bildet das Gruppenpuzzle, welches wie folgt aufgebaut ist. Abb. 1: Das Gruppenpuzzle 1 Für die Lernenden gilt es, sich in der 1. Stammgruppenphase zu einigen, wer welches Thema übernimmt. Und so gehen die Schülerinnen und Schüler in die Expertengruppenarbeit. In diesem konkreten Beispiel besteht jede Lerninsel aus drei Themen, die, wie im Organizer (siehe Seite 22) zu sehen ist, von den Schülerinnen und Schülern arbeitsteilig bearbeitet werden müssen. Erst in der 2. Stammgruppenphase erfolgt der Austausch der Lernenden über die vermittelten Wissensbestände (siehe Abb. 1). Doch ein Gruppenpuzzle ist noch nicht SOL. Der Weg zu SOL ist ein langfristiger Prozess. Hierbei müssen die Lernenden Kompetenzen erwerben, die mit dem Fachwissen verbunden sind. Diese Kombination wird von Herold und Landherr als Fachwissen plus bezeichnet. Neben dem Erwerb von Sachkompetenz wird den Schülerinnen und Schülern eine Vielzahl von Kompetenzen vermittelt (im Sinne von SOL, siehe Abb. 2). 1 nach Stand 10/2010
2 Abb. 2 Lernziel einer SOL-Einheit: Fachwissen plus SOL fördert Partizipation und eigenständiges Lernen Partizipatives Arbeiten, das selbständige Arbeiten in Kontexten und die interaktive Anwendung von Medien und Mitteln sind grundlegende Kompetenzkategorien der OECD (2005). 1. Die Partizipation im Rahmen des SOL-Arrangements ist gekennzeichnet durch das Interagieren in heterogenen Gruppen. Dazu zählen im Einzelnen folgende Schwerpunkte: - Fähigkeit, gute und tragfähige Beziehungen zu anderen Menschen zu unterhalten - Kooperationsfähigkeit - Fähigkeit zur Bewältigung und Lösung von Konflikten Für die Schülerinnen und Schüler ist es wichtig, in den Stamm- und Expertengruppen gemeinsam zu arbeiten, zu kooperieren und gemeinsam Probleme zu lösen. Durch das Unterrichtskonzept von SOL wird jede Schülerin und jeder Schüler zum Experten auf seinem Gebiet. 2. Das selbständige Arbeiten ist gekennzeichnet durch: - Fähigkeit zum Handeln im größeren Kontext - Fähigkeit, Lebenspläne und persönliche Projekte zu gestalten und zu realisieren - Wahrnehmung von Rechten, Interessen, Grenzen und Erfordernissen Gerade die Fähigkeit zum Handeln in größeren Kontexten spielt im hier vorgestellten Arrangement eine dominierende Rolle. Es ist notwendig, den Schülerinnen und Schülern den Praxisbezug der Kontexte zu erläutern und diese fächerübergreifend zu bearbeiten. 2 nach: Stand 10/2010
3 Neben der fachwissenschaftlichen Erläuterung spielt die Bewertung der Ergebnisse im Kontext der Gesellschaft eine Rolle. 3. Mit der Bereitstellung und Nutzung einer Handbibliothek und dem internetfähigen PC wird auch die dritte Schlüsselkompetenz der OECD bedient. - Fähigkeit zur interaktiven Anwendung von Sprache, Symbolen und Text - Fähigkeit zur interaktiven Nutzung von Wissen und Informationen - Fähigkeit zur interaktiven Anwendung von Technologien Um SOL zu verstehen, ist es notwendig, die Sandwichstruktur einer Unterrichtseinheit näher anzusehen. Im Einzelnen gliedert sich die Unterrichtsarchitektur im Sandwichprinzip in Phasen der gemeinsamen Arbeit und in Phasen des selbständigen Wissenserwerbs, welche sich ständig abwechseln. Daher ist auch der Begriff des Sandwichs entlehnt.
4 Advance Organizer Abb. 3: SOL-Unterrichtsstruktur im Sandwichprinzip 3 3 nach: Stand 10/2010
5 In der ersten Arbeitsphase im Plenum, der Präsentation durch die Lehrkraft, wird den Schülerinnen und Schülern der Advance Organizer (vorbereitende Orientierungshilfe, siehe auch S. 22) vorgestellt. Ein Advance Organizer besteht aus unterschiedlichen gestalterischen Elementen (Bilder, Zeichnungen, Fotos), bietet Ankerplätze für die Lernenden, das heißt er verknüpft bekannte mit neu zu vermittelnden Inhalten. Eine Grundanforderung an unsere Bildung wird mit dem Organizer unterstützt. Er soll das vernetzte Denken fördern. Daher ist der Organizer nichtlinear aufgebaut, gibt aber die wesentlichen inhaltlichen Schwerpunkte und Zusammenhänge in der Darstellung wieder. 2.3 Kartenmethoden SOL Die Kartenmethoden dienen im Rahmen eines SOL-Arrangements zur Festigung und Vertiefung des erworbenen Wissens. Entsprechend dem Sandwichprinzip wird zwischen kollektiven Phasen der Festigung und individuellen Phasen unterschieden. Zu den kollektiven Festigungsphasen zählen das Dreiergespräch und der Abgeordnete. Individuelle Festigungsphasen sind Memory, Infokartei, Strukturlegen und die Sortieraufgabe, die aber in der Auswertung in kollektive Lernphasen wechseln können. Von den dargestellten Kartenmethoden muss im Rahmen eines SOL-Arrangements nicht jede der Methoden durchgeführt werden. Was passiert bei den einzelnen Kartenmethoden? Dazu muss vorausschauend gesagt werden, dass zu jedem SOL-Arrangement die wichtigsten Begriffe als verpflichtender Lerngegenstand zusätzlich auf Karten notiert werden. Diese Begriffe sind das Wissen, welches jeder Teilnehmende aus einer SOL- Einheit ableiten soll. Memory: Merkhilfe für die Begriffe - die Teilnehmenden prägen sich die genannten und gezeigten Begriffe ein. Sortieraufgabe: Die Teilnehmenden sortieren die Karten nach ihrem individuellen Wissensstand in zwei Gruppen: Weiß ich! oder Weiß ich nicht!. Wird eine Karte auf den Stapel Weiß ich! gelegt, kann der Teilnehmende mindestens einen Satz dazu bilden, welcher nicht zwingend die Definition sein muss. Strukturlegen: Die Teilnehmenden legen für sich eine individuelle Merkstruktur. Diese sollte nichtlinear sein. 3er-Gespräch: Im Rahmen der Stammgruppe verständigt man sich über die noch unbekannten Begriffe, denn in der Stammgruppe sind für jeden Themenbereich Experten vorhanden. Abgeordneter: Ein Teilnehmer aus der Stammgruppe fasst vor dem Plenum vorher festgelegte Begriffe zusammen.
6 Infokartei: In freier Selbstbestimmung können die Teilnehmenden zu Kontrollzwecken sich besonders schwierige Begriffe notieren und anschließend diese Begriffe in der Stammgruppe zur Erklärung nutzen. Memory Sortieraufgabe 3-er Gespräch Strukturlegen Abgeordneter Infokartei Abb. 4 Übersicht über die Kartenmethoden. Es gibt zwischen den einzelnen Kartenmethoden keine Abhängigkeiten Vom selbstorganisierten Lernen (SOL) zum multimedialen Lernen in fraktaler Organisation (MLF) Multimediales Lernen in fraktaler Organisation (MLF) ist eine Organisationsform des selbstorganisierten Lernens. Der Begriff Fraktal (von lat. fractus = gebrochen) bedeutet, dass jedes Bruchstück (Fraktal) eines "Ganzen" enthält wiederum die Gesamtstruktur des Ganzen. Aufbauend auf den neuen und immer komplexeren Anforderungen an die Schule werden die vielfältigen Inhalte zusammengefasst und mit Hilfe der modernen Medien bearbeitet. Mit diesem Unterrichtskonzept werden somit nicht nur fachliche Wissensbestände vermittelt, sondern auch Schlüsselkompetenzen erworben. MLF ist die geeignete Antwort auf die neuen Anforderungen an die Bildungslandschaft und als Weiterentwicklung von SOL zu sehen. Es stellt eine höhere Stufe der Selbstorganisation dar. Die wichtigsten pädagogischen Ziele von MLF sind: - mehr Fachkompetenz auf dem Hintergrund der Wissensexplosion zu vermitteln - Selbstlernkompetenz und Selbstorganisation des eigenen Lernprozesses als Voraussetzung von lebenslangem Lernen zu entwickeln - Methodenkompetenz zur Erarbeitung und Weitergabe von Lernstoff zu vermitteln - Sozialkompetenz und Teamfähigkeit als Grundvoraussetzung für gemeinsames Erarbeiten von Wissen und Weitergabe dieses Wissens zu entwickeln und zu stärken - vernetzendes Denken zu ermöglichen, als unabdingbare Voraussetzung zur Verarbeitung der Informationsflut 4 nach Stand 10/2010
7 - Medienkompetenz zu schaffen, als Voraussetzung zum sinnvollen Umgang mit dem ansteigenden Einsatz / Angebot / Gebrauch moderner Medien MLF Textarbeit Arbeitsmethoden Strukturierungshilfen Präsentationsgrundlagen Kommunikationsregeln Gruppenpuzzleerfahrung Kooperationswilligkeit Sandwichanwendung Abb. 5: Der Weg zu MLF 5 SOL Analog dem SOL bildet auch beim MLF das Gruppenpuzzle die wichtigste Organisationsform. Der Wechsel zwischen Phasen individuellen und gemeinsamen Lernens entspricht in einer MLF-Einheit dem Sandwichprinzip. Wie die Bezeichnung dieses Unterrichtskonzepts bereits aussagt, ist die Einbindung von multimedialen Elementen der Wissensvermittlung unabdingbar. Eine MLF-Unterrichtseinheit, die im fächerübergreifenden Kontext bis zu einem Monat dauern kann, kommt nicht ohne Internetrecherchen oder -Korrespondenz aus. Wie bereite ich eine MLF-Unterrichtssequenz vor? 1. Auflösung des Klassen- oder Jahrgangsverbandes, Abschied vom 45-Minuten-Takt und Einrichtung eines eigenen MLF-Stundenplans 2. Bildung von drei Lerninseln, nach Möglichkeit drei oder vier Unterrichtsfächer miteinander verbinden 3. Bildung von drei etwa gleich großen Lerngruppen 4. Festlegen der Zyklenstruktur, den neuen MLF-Stundenplan entwerfen und verwirklichen 5 Kati Trempler, in Anlehnung an: (Stand 10/2010)
8 5. Organisation des Gruppenpuzzles In der folgenden Abbildung wird der Ablauf von MLF veranschaulicht. 1. Schritt: Auflösen des Klassenverbands oder der Kurse einer Jahrgangsstufe 2. Schritt: Bildung von drei verschiedenen Lerninseln A/B/C D/E/F G/H/I 3. Schritt: Bildung von drei gleich großen Lerngruppen Lerngruppe 1 Lerngruppe 2 Lerngruppe 3 4. Schritt: 1. Woche A/B/C D/E/F G/H/I Festlegung der Zyklusstruktur 2. Woche D/E/F G/H/I A/B/C 3. Woche G/H/I A/B/C D/E/F 5. Schritt: Stammgruppen Organisation des Gruppenpuzzles Expertengruppen Stammgruppen Abb. 6: Multimediales Lernen in fraktaler Organisation 6 Etwas anders als in 2.3 beschrieben verläuft in einem MLF-Arrangement die Festigungsphase. Hier wird mit den Kartenmethoden nur in der untersten Ebene, in den Stamm- und Expertengruppen, gearbeitet. Die Festigungsphase für die einzelnen Lerninseln verläuft über Infoblätter und Präsentationen. Diese werden von den Schülerinnen und Schülern multimedial aufbereitet. Warum ist es notwendig, dass die Lernenden sich mit einem Infoblatt beschäftigen? Damit wird aus lerntheoretischer Sicht folgende Absicht verfolgt: - Ein Infoblatt zwingt die Experten, sich mit der Struktur des Stoffes zu beschäftigen. Dies bringt zusätzliche Lerneffekte mit sich. 6 nach: Stand 10/2010
9 - Es dient dem Experten als Gedankenstütze bei der Vermittlung der Inhalte in der Stammgruppe. - Weiterhin dient es im Lernprozess als Erinnerungsstütze für den selbstständigen Wissenserwerb. Von Bedeutung bei der Gestaltung des Infoblattes ist es, dass es nicht nur auf rein reproduzierendem Wissen beruht, sondern durch die Auswahl der Aufgaben bei den Schülerinnen und Schülern Kompetenzen ausgebildet werden und die Lernenden zu einer aktiven Mitarbeit herangezogen werden. Plant der Lehrende in der Festigungsphase einen Wechsel der Sozialformen, wird hiermit das Sandwichprinzip unterstützt. Literatur: Herold, M. & Landherr, B. (2003). Selbstorganisiertes Lernen. Schneider Verlag Hohengehren Schlüsselkompetenzen der OECD. Nach: (Stand 05/2010)
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