Zufälligkeit und Komplexität
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- Helene Pfaff
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1 André Nies The University of Auckland Universität Bern, Dezember 2008
2 Überblick Wir wollen die Interaktionen von verstehen. Diese intuitiven Begriffe versucht man in der Philosophie exakt zu definieren. Wir beschränken uns auf endliche oder unendliche Folgen von bits 0,1. Wir zeigen, wie man hier die beiden Begriffe mathematisch definieren kann. sind oft korreliert. Es gibt sehr reiche Interaktionen in beiden Richtungen für unendliche Folgen von bits. Dies ist eines der Hauptthemen meines Buchs (Computability and Randomness, Oxford University Press, erscheint Feb. 2009).
3 1. in der Philosophie und den Naturwissenschaften
4 Definition von Zufall in der Philosophie Zufall: der Übergang von einer Ausgangsituation in eine von mehreren möglichen Endsituationen. Es liegt keine Ursache vor für das Eintreten dieser Endsituation. Wiederholt man ein solches Experiment, so kann deshalb bei der gleichen Ausgangssituation eine andere Endsituation eintreten. Beispiele: radioaktiver Zerfall eines Partikels, und andere Quanten-Ereignisse Münzwurf
5 Abbildung: Quanten-Zufallszahlengenerator
6
7 Komplexität Die Komplexität ist ein Mass für die in einem Objekt enthaltene Information. Ein System besteht aus Teilen und Relationen zwischen diesen. Oft untersucht man in den Naturwissenschaften komplexe Systeme.
8 Abbildung: Visuelle Darstellung von Pfaden im Internet
9 Interaktion von Zufälligkeit u. Komplexität: Evolution Evolution: zufällige Änderungen und Selektion führen zu komplexen Systemen. Beispiele: menschliches Genom natürliche Sprachen
10 2. für endliche Folgen
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12 Endliche Folgen von bits 0,1 nennen wir Wörter. Beispiele von Wörtern der Länge 36: (a) (b) (c) (d) (e)
13 Beschreibungen von Wörtern (a)-(c) haben kurze Beschreibungen: (a) 36 Nullen (b) 7 i=0 0i 1 (c) Die ersten 36 bits nach dem Komma von π in binär Die Wörter (d) und (e) wurden durch Münzwurf erzeugt, und lassen sich daher nicht einfacher beschreiben.
14 Beschreibungssysteme für Wörter Der Begriff der Beschreibung von Wörtern lässt sich mathematisch darstellen. Ein Beschreibungssystem ist eine partiell berechenbare Funktion M : Wörter Wörter. (D.h., wir lassen zu, dass M(σ) undefiniert ist.) Beispiel: für eine Zahl n mit Binärdarstelllung σ sei M(σ) = n i=0 0i 1. M(111) = Ist M(σ) = x, so nennen wir σ eine M-Beschreibung von x.
15 Universelles Beschreibungssystem Es gibt ein universelles Beschreibungssystem V. Dieses System kann jedes System M simulieren: Zu jeder M-Beschreibung von x gibt es eine V-Beschreibung von x die um höchstens eine Konstante c M länger ist. Ist eine V-Beschreibung von x wesentlich kürzer als x, so heisst x komprimierbar. Sonst ist x inkomprimierbar. D.h., x ist seine eigene kürzeste Beschreibung. Für Wörter, inkomprimierbar komplex im Sinne von Beschreibungssystemen.
16 Zufälligkeit für Wörter Inkomprimierbarkeit ist das formale Äquivalent von Zufälligkeit. Evidenz hierfür: inkomprimierbare Wörter erfüllen statistische Tests. Zum Beispiel geht der Anteil der Einsen mit steigender Länge gegen 1/2. Fast alle Wörter einer festen Länge n sind zufällig. Es gibt nämlich weniger als 2 n c Beschreibungen der Länge < n c.
17 Chaitins Version des Gödel schen Unvollständigkeitssatzes Ein formales System F kann Inkomprimierbarkeit nur für endlich viele Wörter zeigen. Beweis: durch Widerspruch. Für unendlich viele n ist andernfalls das erste Wort der Länge n für das F Imkomprimierbarkeit zeigt eine Beschreibung mit nur log 2 n + c bits eines Wortes der Länge n. Für hinreichend grosse n ist solch ein Wort komprimierbar.
18 3. für unendliche Folgen
19 Unendliche Folgen von bits Wir betrachten nun unendliche Folgen Z von bits. Ein solches Z wird mit der Teilmengen von N identifiziert. Beispiel: {n : Z (n) = 1} Z = = {(n 2 + 3n)/2: n N}.
20 Zufälligkeit für unendliche Folgen Intuitiv erwarten wir von einer zufälligen Folge Z : Wenn wir Z (0), Z (1),..., Z (n 1) gesehen haben, wissen wir trotzdem nicht welches bit als Z (n) kommt. Sie ist typisch. Zum Beispiel gilt das Gesetz der grossen Zahlen lim n ( {i < n : Z (i) = 1} /n) = 1/2. Sie ist schwer zu beschreiben.
21 Martin-Löf-Zufälligkeit Sei 2 N der Raum der Binärfolgen mit der Produkttopologie. Sei µ das uniforme Mass auf 2 N, bei dem 0 und 1 jeweils die Wahrscheinlichkeit 1/2 haben. Martin-Löf (1966) formalisierte Zufälligkeit durch eine algorithmische Version eines Test-Konzeptes aus der Statistik: Zu jedem n kann man ein offene Menge V n 2 N effektiv aufzählen, wobei µv n 2 n. Z is Martin-Löf-zufällig falls Z n V n für jeden solchen Martin-Löf-Test (V n ) n N. Die Idee ist, dass typische Folgen nicht in Nullmengen enthalten sind. Martin-Löf definierte effektive Nullmengen. Die Martin-Löf-zufälligen Folgen sind nicht in solchen enthalten.
22 Schnorrs Theorem Schnorr (1973) charakterisierte Zufälligkeit durch Inkomprimierbarkeit der Anfangstücke. Theorem (Schnorr) Z ist zufällig für jedes n ist das Anfangsstück Z n = Z (0)... Z (n 1) inkomprimierbar, in dem Sinne, dass c N n [K (Z n) n c].
23 Was ist K (x)? Hierbei ist K (x) die Länge einer kürzesten präfixfreien Beschreibung von x. D.h., als Beschreibungssysteme sind nur solche zugelassen, bei denen keine Beschreibung eine Beschreibung eines anderen Wortes verlängert. Es gibt ein universelles Beschreibungssystem U dieser Art. Also haben wir K (x) = min{ σ : U(σ) = x}. Chaitins Haltewahrscheinlichkeit: Ω = U(σ) ist definiert 2 σ. Ω (in Binärdarstellung) ist ML-zufällig.
24 Komplexität von unendlichen Folgen Um die Komplexität einer Folge A zu definieren fragt man: Wie nützlich ist A als Orakel? Das Berechnungsmodell (z.b. Turing-Maschinen) wird erweitert. Während der Berechnung kann man Fragen der Art n A? an das Orakel stellen. Ist C ein mathematischer Begriff, der mit Hilfe von Berechnungen definiert wurde, so ist C A der entsprechende Begriff für das erweiterte Berechnungsmodell. Zum Beispiel ist U A das universelle präfixfreie Beschreibungssystem mit Orakel A, und K A (x) = min{ σ : U A (σ) = x}.
25 Niedrigkeit Wir benutzen den Begriff C, um einen bestimmten Aspekt der Komplexität von A zu formalisieren. Für berechenbares A sind C A und C äquivalent. Je komplexer A, desto mehr unterscheidet sich C A von C. Definition (a) Eine Menge A N ist niedrig für K falls A, als Orakel, K (x) nicht um mehr als eine Konstante verkleinert: c N x [K A (x) K (x) c]. (b) A ist niedrig für Martin-Löf, falls jede ML-zufällige Menge bereits ML-zufällig relativ zu A ist.
26 K -Trivialität Definition Eine Menge A N ist K -trivial, falls c N n [K (A n) K (0 n ) + c]. K (A n ) ist so klein wie möglich. Solche Mengen sind sehr wenig zufällig, da K (0 n ) 2 log n + d; Zufälligkeit von A wäre äquivalent zu c N n [K (A n) n c]. Jede berechenbare Menge ist K -trivial: aus einer Beschreibung von 0 n bekommt man eine Beschreibung von A n.
27 Leichte Implikationen; Existenz Niedrig für ML K -trivial Niedrig für K Für jede der drei Eigenschaften wurde die Existenz einer nichtberechenbaren Menge gezeigt: Begriff Referenz K -trivial Solovay (1975) Niedrig für Martin-Löf Kučera und Terwijn (1998) Niedrig für K Muchnik (1998)
28 Kostenfunktionen Definition Eine Kostenfunktion ist eine berechenbare Funktion c : N N {x Q 2 : x 0}. A N erfüllt c, wenn es eine berechenbare Approximation A(x) = lim s A s (x) gibt so dass x,s c(x, s) [[x < s & x minimal mit A s 1(x) A s (x)]] <. Intuition: c(x, s) ist die Kosten einer Änderung A s (x) A s 1 (x). Theorem Falls lim x lim s c(x, s) = 0, so gibt es eine nichtberechenbare r.a. Menge A die c erfüllt.
29 Aquivalenz der drei Begriffe Theorem (Nies, Advances in Mathematics, 2005) A ist niedrig für K A ist niedrig für Martin-Löf A ist K -trivial. Also haben wir für diese Formalisierung unserer zwei Begriffe: A ist nicht komplex A ist wenig zufällig.
30 Kostenfunktionen und K -Trivialität Beispiel einer Kostenfunktion: c K (x, s) = x<y<s 2 Ks(y). Theorem (Nies, 2005) A erfüllt c K A ist K -trivial.
31 Neuere Forschung: strong jump traceability Figueira, Stephan und Nies (2007) führten eine weitere Niedrigkeits-Eigenschaft von A ein: Strong jump traceability. Diese Eigenschaft drückt aus dass z.b. U A (σ) sehr wenig mögliche Werte hat; diese kann man effektiv aufzählen. Cholak, Downey und Greenberg (Advances in Math, 2007) zeigten, dass die s.j.t. effektiv aufzählbaren Mengen eine echte Teilklasse der K -trivialen bilden. Greenberg, Hirschfeldt und Nies charakterisierten die Eigenschaft mit Hilfe von Zufälligkeit: A ist s.j.t. A kann von jeder effektiv approximierbaren ML-zufälligen Menge berechnet werden.
32 Diagramm von Komplexitätseigenschaften not T 0' array computable bounds only GL 2 bounds only GL 1 not of PA degree not of d.n.c. degree not LR 0' not superhigh not high Low(Ω) superlow Low(MLR) low strongly superlow c.e. traceable jump traceable strongly jump traceable computably dominated computably traceable computable
33 Zusammenfassung kommen in den Naturwissenschaften vor. Beide Begriffe haben mathematische Formalisierungen. Für Wörter ist Zufälligkeit äquivalent zu Inkomprimierbarkeit (hohe Beschreibungskomplexität). Für unendliche Folgen ist wenig zufällig im Sinne von K -trivial äquivalent zu wenig komplex im Sinne von niedrig für K.
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