Georg-Simon-Ohm Hochschule Nürnberg Fakultät Sozialwissenschaften. Bring dich ein!

Größe: px
Ab Seite anzeigen:

Download "Georg-Simon-Ohm Hochschule Nürnberg Fakultät Sozialwissenschaften. Bring dich ein!"

Transkript

1 Georg-Simon-Ohm Hochschule Nürnberg Fakultät Sozialwissenschaften Bring dich ein! Das Zusammenspiel formeller und informeller Bildungsprozesse unter dem Schwerpunkt der Förderung von Engagement im Kontext Jugendhilfe und Schule Master-Arbeit zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts (M.A.) in Sozialer Arbeit Verfasserin: Anne-Sophie Köhler Matrikel-Nummer: Betreuer: Prof. Dr. M. Garhammer Abgabedatum:

2 Georg-Simon-Ohm Hochschule Nürnberg - Fakultät Sozialwissenschaften Thema der Masterarbeit: Bring dich ein! Das Zusammenspiel formeller und informeller Bildungsprozesse unter dem Schwerpunkt der Förderung von Engagement im Kontext Jugendhilfe und Schule Verfasserin: Anne-Sophie Köhler ABSTRACT Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema des Zusammenspiels formeller und informeller Bildungsprozesse und der Förderung von Engagement im Kontext Jugendhilfe und Schule. Es wird der Fragestellung nachgegangen, wie das Zusammenspiel formeller und informeller Bildungsprozesse aussieht bzw. wie es aussehen sollte und könnte. Die Arbeit fragt ebenfalls danach, welchen Beitrag die Förderung von Engagement im Kontext von Schule und Jugendhilfe leisten kann. Ziel ist es zu klären, welchen Bildungsbeitrag schulbezogene Jugendarbeit als non-formaler Bildungsort in der aktuellen gesellschaftlichen Bildungsdiskussion und in den bildungspolitischen Veränderungen und Herausforderungen schulischer, formaler Bildung leisten kann und wie das Zusammenspiel der verschiedenen Bildungsorte darin ganz konkret aussehen kann. Die Fragestellungen werden mithilfe aktueller Fachliteratur und Experteninterviews mit Fach- und Leitungskräften aus Schule und Jugendarbeit beantwortet. Im Ergebnis wird deutlich, dass durch das Zusammenspiel formaler, non-formaler und informeller Bildung und den sich daraus ergebenden Bildungsprozessen Bildung in einem umfassenden, ganzheitlichen Verständnis möglich ist. Jugendhilfe und insbesondere die schulbezogene Jugendarbeit leistet einen wesentlichen Bildungsbeitrag. Schule und schulbezogene Jugendarbeit ergänzen einander in der Trias eines gemeinsamen Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrages. Eine Zusammenarbeit von Schule und Jugendarbeit ist aus vielerlei Hinsicht notwendig und mit Chancen und Möglichkeiten für beide Seiten verbunden. Die Förderung von bürgerschaftlichem, freiwilligem Engagement wird als eine Form der Gestaltung sinnvoller Bildungs- und Betreuungsangebote in der Kooperation von Jugendarbeit und Schule angeführt. Jugendliche sollen sich in Schule und Gesellschaft in den vielfältigen Formen und Inhalten des Engagements mit ihren Fähigkeiten und Interessen einbringen. Darin liegen Bildungspotentiale, die konkrete Kompetenzen fördern und Erfahrungen zur Persönlichkeitsbildung und -entwicklung ermöglichen. Welche Gelegenheiten es zur Ein- und Ausübung von Engagement für Jugendliche im Kontext der Kooperation von Schule und Jugendarbeit geben kann, wird in der Arbeit dargelegt. 2

3 INHALTSVERZEICHNIS VORWORT EINLEITUNG BILDUNG Der Zusammenhang von Betreuung, Erziehung und Bildung Der Bildungsbegriff Das Kompetenzkonzept in Anlehnung an Jürgen Habermas Kulturelle Kompetenzen Instrumentelle Kompetenzen Soziale Kompetenzen Personale Kompetenzen Bildungsorte und Lernwelten von Kindern und Jugendlichen: ein Überblick Formelle, non-formale und informelle Bildung Freiwilliges, bürgerschaftliches Engagement als Bestandteil informellen Lernens Zwischenfazit SCHULE UND JUGENDHILFE Schule als Institution und als Lebensraum Merkmale und Funktionen von Schule Herausforderungen von Schule Darstellung ausgewählter bildungspolitischer Veränderungen im Schulsystem Soziologisch-biographische Konsequenzen für Kinder und Jugendliche Die Entwicklung der Ganztagsschule Zwischenfazit Jugendhilfe an und in der Schule Der Auftrag von Jugendhilfe Rahmenbedingungen und Grundcharakteristika von Jugendarbeit Bildung in der Jugendarbeit Bildungsleistungen der Jugendarbeit Aneignung als Bildungskonzept der Jugendarbeit Jugendarbeit als Schaffung von Bildungssettings Bildungsprozesse der Jugendarbeit im Kontext Schule Wozu Kooperation von Jugendhilfe und Schule? - Notwendigkeiten, Herausforderungen und Potentiale der Kooperation Notwendigkeiten der Kooperation Herausforderungen der Kooperation Möglichkeiten der Kooperation Zwischenfazit BÜRGERSCHAFTLICHES UND FREIWILLIGES ENGAGEMENT Der Partizipationsbegriff Wie wird Engagement definiert? Bestandsaufnahme freiwilligen, bürgerschaftlichen Engagements Jugendlicher in Deutschland Vorbemerkung zum Forschungsdesign Ergebnisse der Bestandsaufnahme Wer engagiert sich? Soziale Merkmale und Motive Soziale Merkmale der Engagierten Motive der Engagierten Wie wird gelernt? Voraussetzungen und Formen der Lernprozesse im Engagement Jugendlicher

4 4.5.1 Voraussetzungen der Lernprozesse im Engagement Formen der Lernprozesse im Engagement Welche Kompetenzen können im Engagement erlernt werden? Zwischenfazit EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG MIT QUALITATIVER AUSRICHTUNG Forschungsinteresse, Forschungsfragen und Hypothesen Forschungsdesign Ergebnisse Fazit mit Schlussfolgerungen KONZEPTIONELLE EMPFEHLUNGEN Schule und Jugendarbeit in Bayern Nutzen von Engagement für Schüler/-innen, Schulen und Träger der Jugendarbeit Anregungen zur Engagement-Förderung im Schulalltag Empfehlungen für Vorbereitung, Durchführung und Abschluss SCHLUSS QUELLENVERZEICHNIS ANHANG

5 ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abb. 01: Dimensionen der Weltaneignung; Quelle: 12- Kinder- und Jugendbericht in: BMFSFJ 2005, S Abb. 02: Bildungsprozesse und Bildungssettings; Quelle: BMFSFJ 2005, S Abb. 03: Abb. 03: Quantitativer Ausbau des Ganztagsschulangebots im Primar- und Sekundarbereich I 2002 bis 2008 nach Schularten*; Quelle: Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2010), S Abb. 04: Verwaltungseinheiten mit Ganztagsbetrieb in öffentlicher und privater Trägerschaft im Bundesländervergleich ( ; absolut und in %; Quelle: Sekretariat der KMK 2009 in: Rauschenbach u.a. 2010, S Abb. 05: Teilnahme der Schüler/innen am Ganztagsschulbetrieb an allgemeinbildenden Schulen in öffentlicher und privater Trägerschaft im Bundesländervergleich ( ; absolut und in %; Quelle: Sekretariat der KMK 2009 in: Rauschenbach u.a. 2010, S Abb. 06: Freiwilliges Engagement von Schülern, 2009; Quelle: Sozialwissenschaftliche Projekte & TNS Infratest Sozialforschung in: Picot 2011, S Abb. 07: Typologie der Erwartungen an das freiwillige Engagement bei Jugendlichen, nach Geschlecht (Bevölkerung ab 14 Jahren, Angaben in Prozent; Quelle: Sozialwissenschaftliche Projekte & TNS Infratest Sozialforschung in: Picot 2011, S Tab. 01: Tabelle 01: Daten der Erhebung, eigene Quelle

6 Vorwort Die vorliegende wissenschaftliche Arbeit enthält einen empirischen Teil qualitativer Ausrichtung, in dem die Erfahrungen der Kooperation von schulbezogener Jugendarbeit/ Jugendhilfe und Schule allgemein und in Bezug auf die Förderung von Engagement von Schüler/-innen untersucht wurden. Auf diesem Wege möchte ich mich bei den daran beteiligten Fach- und Leitungskräften ganz herzlich für ihr Engagement bedanken: Fr. Monika Hopp von der EJN; Hr. Gunther Reiche, Direktor der Konrad-Groß-Schule, Hr. Michael Götz, Leitender Sekretär des CVJM Nürnberg- Kornmarkt, Hr. Klaus Schmidt, Oberstufenkoordinator an der Wilhelm-Löhe-Schule und Hr. Günter Ebert, Koordinator Schule Jugendhilfe im Bürgermeister Geschäftsbereich Schule. Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei Hrn. Achim Mletzko und Fr. Markéta Kaiser für das Vertrauen der EJN diese Arbeit mit ihrem Auftrag zu verfassen. Zudem danke ich Hrn. Prof. Dr. Manfred Garhammer, der mich im Vorfeld und während der Verfassung der vorliegenden Arbeit stets mit hilfreichen Anregungen unterstützte. Ein ganz besonderes Dankeschön verdient auch meine sehr gute Freundin Franzi Läzer für die vielen Stunden des Korrekturlesens, das für die Qualität dieser Arbeit unersetzlich war. Auch bei allen anderen Freunden und Bekannten möchte ich mich für ihre Zeit bedanken, die sie in die inhaltliche und Rechtschreib-Korrektur dieser Arbeit investiert haben: Sabrina Völzke, Klaus Schmidt, Nadine Lettenmayer und Katrin Schmidt. Schließlich danke ich meinem Mann für alle Ermutigung, emotionale und praktische Unterstützung in den Wochen und Monaten der Verfassung dieser Arbeit. Und einer verdient meinen Dank immer und deswegen auch hier: Danke, mein Gott. Sinngemäße Wiedergaben werden in der Arbeit mit vgl. kenntlich gemacht, direkte Zitate mit Anführungszeichen. Dabei wird stets der/die Autor/in, das Erscheinungsjahr und die Seitenzahl in Klammern angeführt. Im Quellenverzeichnis lassen sich alle ausführlichen Angaben finden. In der Arbeit wird für zum Einschluss der männlichen und weiblichen Form die Abkürzung /-innen verwendet, zum Beispiel Mitarbeiter/-innen oder Schüler/-innen. 6

7 1 Einleitung,Bring dich ein!` wurde mir vor Jahren als Jugendliche vorgeschlagen, als ich etwas Neues in meiner Freizeit anfangen wollte, das Spaß machte und auch Sinn für mich und andere brachte. Daran schlossen sich viele Jahre unterschiedlichsten Engagements in der Jugendarbeit, in der ich wertvolle Erfahrungen machte, die in meiner Persönlichkeitsbildung und -entwicklung eine unverzichtbare Rolle einnehmen. Später als Sozialpädagogin fing ich schließlich selbst an Jugendliche für freiwilliges Engagement zu motivieren. Damals wie heute bin ich davon fasziniert, welches Potential in jeglicher Hinsicht darin steckt, wenn junge Menschen aktiv etwas in der Gesellschaft tun, was anderen genauso wie ihnen selbst etwas bringt! Dieser eigene biographische und berufliche Bezug zu Engagement und zu Jugendarbeit führte mich zu einer doppelten Fragestellung, die eng miteinander zusammenhängt: Wie sieht das Zusammenspiel formeller und informeller Bildungsprozesse aus bzw. wie sollte und könnte es aussehen? Und welchen Beitrag spielt darin die Förderung von Engagement, wenn man dieses im Kontext von Schule und Jugendhilfe verankert? Weil das Thema von hoher Aktualität ist, entsteht diese Arbeit als Auftragsarbeit für die Evangelische Jugend Nürnberg (EJN), die im Bereich der schulbezogenen Jugendarbeit und in der Förderung von Engagement längst aktiv ist und deren Erfahrungen in die Untersuchung einfließt, die im empirischen Teil dieser Arbeit gemacht wurde. Das Thema ist deshalb von großer Aktualität, weil Bildung seit einigen Jahren das Schlüsselwort im öffentlichen Diskurs von Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Medien ist. Dieser Diskurs ist mit weitreichenden Veränderungsprozessen im Bildungssystem verbunden, wobei die formale Bildung, allen voran die Schulen, in ihrem gesellschaftlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag insgesamt vor den unterschiedlichsten Herausforderungen steht. In das Blickfeld dieser Debatte rückten neben den formalen Bildungsorten die non-formalen und informellen Bildungsorte, unter ihr die Jugendhilfe und ihre unterschiedlichsten Handlungsfelder, wie zum Beispiel die Jugendarbeit. In der Debatte entstanden viele Fragen: Welchen Bildungsbeitrag liefern diese nonformalen und informellen Bildungsorte? Wie ist der Bildungsbegriff, unter dem jeder etwas anderes versteht, angemessen zu definieren? Was heißt diese Definition für seine Akteure zum Beispiel Schule und Jugendhilfe oder Politik, Wirtschaft und Gesellschaft? Welches sind die Herausforderungen und Veränderungen in der Schule und welche Handlungsansätze ergeben sich daraus -insbesondere für die Schule selbst und für eine Jugendhilfe, die sozialräumlich orientiert ist und sich zur Schule hin öffnet? Diese Fragestellungen sollen in der Arbeit aufgenommen und in Teilen beantwortet werden. Sie werden im Zusammenhang der Diskussion um Bildung und die Bedeutung der Kooperation von Schule und Jugendhilfe auf zweierlei Bereiche zugespitzt: zum einen auf die Jugendarbeit als bisher außerschulisch verorteten Akteur der Jugendhilfe, zum 7

8 anderen auf das freiwillige, bürgerschaftliche Engagement, das als eine Form der Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule vorgestellt wird. Die Arbeit lässt sich einen theoretischen, einen empirischen und einen konzeptionellen Teil gliedern. Im theoretischen Teil wird der Bildungsbegriff in einem umfassenden Verständnis erläutert, Bildungsorte, Lernwelten und die Bedeutung formeller und informeller Bildungsprozesse diskutiert. Darauf folgt ein umfassendes Kapitel über Schule als Institution und als Lebensraum, Funktionen, Herausforderungen, Veränderungen und sich daraus ergebende soziologisch-biographische Konsequenzen für Kinder und Jugendliche. Die Rolle der Jugendhilfe an und in der Schule wird im Schwerpunkt der Jugendarbeit, deren Rahmenbedingungen, Bildungsleistungen und -settings beschrieben. Das Kapitel über Jugendhilfe und Schule schließt mit einer Diskussion über die Notwendigkeiten, Herausforderungen und Möglichkeiten der Kooperation. Schließlich wird das freiwillige, bürgerschaftliche Engagement als ein gesellschaftliches Feld eingeführt, in dem Heranwachsende in informellen Bildungsprozessen lernen. Wer was wie und warum darin lernt, wird in diesem Kapitel ausgeführt. An den theoretischen Teil schließt sich eine empirische Untersuchung an. Mithilfe qualitativer Erhebungsmethoden, qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring (2010), Gläser & Laudel (2010) und einem hypothesengeleiteten Vorgehen werden die Forschungsfragen beantwortet, die sich aus den theoretischen Ausführungen im ersten Teil der Arbeit ergaben: Wie sieht schulbezogene Jugendarbeit in der Praxis aus? Wie können Bildungsprozesse in der Kooperation von Schule und schulbezogener Jugendarbeit beschrieben werden? Welche Erfahrungen liegen in der Förderung von bürgerschaftlichem, freiwilligem Engagement im Kontext von Schule und schulbezogener Jugendarbeit vor? Welche Erfahrungen liegen in der Zusammenarbeit zwischen Schule und Kooperationspartnern aus der Jugendhilfe vor? Was sind hilfreiche Bedingungen für eine gelingende Zusammenarbeit zwischen Schule und Kooperationspartnern der Jugendhilfe? Die Arbeit findet ihren Abschluss in der Darstellung von konzeptionellen Überlegungen. Diese stellen vor, wie freiwilliges, bürgerschaftliches Engagement als Form der Zusammenarbeit von Schule und Jugendarbeit funktionieren kann und welche Handlungsempfehlungen es dafür gibt. Die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen wird im empirischen und konzeptionellen Teil der Arbeit auf Schüler/-innen der Sekundarstufe I und II konkretisiert. Wenn von Jugendarbeit und Jugendhilfe allgemein gesprochen wird, bezieht sich dies stets auf die Kinder- und Jugendarbeit und die Kinder- und Jugendhilfe. Es wird in der Arbeit noch der Begriff der Hauptschule und der Hauptschüler/-innen genutzt, statt die teilweise schon übliche neue Formulierung der Mittelschule und der Mittelschüler/-innen. 8

9 2 Bildung Das Thema Bildung ist in den letzten Jahren stark in den öffentlichen Diskurs geraten. So scheint es als Schlüsselthema in Politik, Öffentlichkeit und Medien für vieles Herhalten zu müssen, wobei der Begriff der Bildung dabei in der Gefahr steht, in seiner Bedeutung zu vernebeln. Die Debatte kann in zwei Dimensionen eingeordnet werden: Zum einen geht es um die größeren gesellschaftlichen Zusammenhänge, um Globalisierung und ihre Folgen, einen verstärkten, weltweiten Wettbewerb und die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens, die soziale Spaltung, die sich am Bildungsniveau zeigt und auf ungleiche soziale Ausgangslangen zurückzuführen ist und die Frage nach der Ausbildung von Kompetenzen Heranwachsender in einer Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft (vgl. DJI 2010, S. 3). Die zweite Dimension dieser Debatte ist die Bedeutung von Bildung für den Einzelnen. Nach Rauschenbach ist Bildung zu einem Nadelöhr gewachsen, das den Weg in eine erfolgreiche Zukunft weist oder versperrt (Rauschenbach 2009, S. 12). Es ist eines der wichtigsten Mittel zur eigenen Zukunftsgestaltung und zur Zukunftsgestaltung ganzer Gesellschaften geworden, zur Wahrung von sozialem Frieden und gesellschaftlichem Zusammenhalt (vgl. ebd., S. 13). Damit beginnt der Bildungsdiskurs beim Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen, betrifft Familie, Schule, Kindergarten und außerschulische Jugendbildung und kann in unterschiedlichsten Zusammenhängen und Facetten aufgeschlüsselt werden. Nach den PISA-Schulstudien und anderen Folgestudien, die vor allem die schulisch-formale Bildung in den Blick genommen haben, stand zuerst das Bildungssystem im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Der 12. Kinder- und Jugendbericht (BMFSFJ 2005) machte jedoch deutlich, dass Bildungsprozesse auch jenseits von schulisch definierten Formen und Fächern stattfinden und die unterschiedlichen Arten von Bildungsprozessen in die Diskussion einbezogen werden müssen, da sie unterschiedliche Bildungsorte und Lernwelten betreffen, die mit der schulisch-formalen Bildung zusammenwirken. So wurde schließlich in der Diskussion eine Perspektive eingenommen, die, den Bildungsbegriff in einem erweiterten Blickwinkel sieht und eine Neubestimmung des Zusammenspiels der daran beteiligten Akteure vornimmt (vgl. Rauschenbach 2008, S. 17f.). Im Folgenden soll der Versuch einer Einordnung des Bildungsbegriffs in seinen unterschiedlichen Zusammenhängen, Dimensionen und Bereichen vorgenommen werden. 9

10 2.1 Der Zusammenhang von Betreuung, Erziehung und Bildung Um Bildung in einem erweiterten Verständnis einordnen zu können, darf sie nicht separat von Betreuung und Erziehung angesehen werden. Vielmehr gehört nach Rauschenbach (2009) und dem Zwölften Kinder- und Jugendbericht (BMFSFJ 2005) die Trias Betreuung, Erziehung und Bildung zusammen. Bisher standen diese drei Aufgabenbereiche unverbunden nebeneinander, was zu einer Form der Zergliederung des Aufwachsens im Nach- und Nebeneinander dieser drei Bereiche (Rauschenbach 2009, S. 103) führte. Betreuung wird vor allem den ersten Lebensjahren zugeschrieben, dann insbesondere mit Eintritt in den Kindergarten von Erziehung abgelöst, um schließlich mit dem Schulbeginn in Bildung überzugehen. Für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen sind alle drei Bereiche gleichermaßen unverzichtbare Dimensionen (vgl. Rauschenbach 2009, S. 106) und im Sinne eines erweiterten Bildungsbegriffs heißt das für Rauschenbach (2009), dass man diese Trias einander und ineinander zuordnen und sie in ihrer gegenseitigen Abhängigkeit voneinander betrachten soll. Nicht für sich gesehen ist jeder Bereich der Trias wichtig, sondern gerade das Ineinander und Miteinander ist eine entscheidende Gestaltungsressource und Bildungsvoraussetzung für gelingendes Aufwachsen (ebd., S. 104). Dies ist eine Prämisse, die der gesamten Diskussion um den Bildungsbegriff und seiner Ausprägungsformen in Jugendhilfe und Schule zugrunde gelegt wird. Unter Betreuung versteht Rauschenbach (ebd.) zum einen die physische Versorgung, Ernährung und Pflege (ebd.) von Kindern, aber auch deren soziale Unterstützung, [...] emotionale Zuwendung sowie den Aufbau von Bildung und persönlichen Beziehungen (ebd.). Das ist insofern wichtig, als dass es die Aufgabe der Betreuung in einen weitaus anspruchsvolleren Rahmen stellt, als ein von vielen Seiten wenig voraussetzungsvolles, bewahrend-fürsorgliches Aufpassen auf kleine Kinder (ebd.). Erziehung wird als Begriff von Heydorn (1979) als Vorbereitung des Menschen, Bürger der Gesellschaft zu werden, definiert. Er bindet in diese Definition aber auch die Charakteristika Zucht, Unterwerfung und Herrschaft des Erziehenden über den zu Erziehenden (vgl. ebd., S. 262) ein. Im Sinne dieser negativ besetzten Akzentuierung kann Erziehung mit einer rückwärtsgewandten Hinwendung zu den Maximen einer Moral-Pädagogik des 19. Jahrhunderts (Rauschenbach, 2009, S. 105) in Verbindung gebracht werden. Jedoch wird damit der Erziehungsbegriff einseitig verstanden und auf bestimmte geschichtliche Phasen reduziert, in denen die eben genannten Charakteristika durchaus üblich waren. Akzentuiert man Erziehung etwas anders, nimmt sie nach König (2003) einen Doppelauftrag wahr. Sie zielt auf Sozialisation und Personalisation. Sozialisation geschieht dadurch, dass in gelungenen Erziehungsprozessen die Vermittlung von bestimmten gesellschaftlichen 10

11 Normen, Werten und Regeln geschieht. Diese sind nicht nur für die Einführung in die Gesellschaft von Wichtigkeit, sondern auch Orientierungsmarken zur eigenen Lebensführung (Rauschenbach, 2009, S. 105). Personalisation geschieht dadurch, dass Erziehung einen unverzichtbaren Beitrag zur Entwicklung einer selbstständigen, unverwechselbaren, individuellen Persönlichkeit (König 2003, S. 184) leistet. Rauschenbach (2009) fasst zusammen, dass Erziehung konstituierend dafür ist, eine eigene Ich-Identität, mit den dazu gehörenden Wertehaltungen, Einstellungen und Verhaltensweisen, zu entwickeln, Orientierungskompetenzen in einer immer komplexer werdenden Gesellschaft herauszubilden und eine eigene moralische Urteilskraft zu fördern (vgl. ebd., S. 105). Erziehung führt zu einem Prozess der Zivilisierung und der Fähigkeit, sich selbst in ein Verhältnis zur Welt zu setzen (ebd.). Die pädagogische Beziehung des Erziehenden zum zu Erziehenden impliziert stets ein Machtgefälle und ein Autoritätsverhältnis, das zeitlich befristet ist und auf Bildung zielt (vgl. König 2003, S. 184). 2.2 Der Bildungsbegriff In den folgenden Ausführungen wird Bildung von Erziehung abgegrenzt und als Begriff in seinen unterschiedlichen Komponenten definiert. Dazu gehören im wesentlichen Bildung in seiner gesellschaftlichen Funktion, Selbstbestimmtheit des zu Bildenden, die Ganzheitlichkeit der Bildung und die Offenheit des Bildungsprozesses. Auf diesen Bildungsbegriff werde ich mich im Verlauf der Arbeit stützen, Erziehung und Bildung haben das gemeinsame Ziel der Entwicklung einer lebensfähigen und gleichzeitig unverwechselbaren Persönlichkeit (König, 2003, S. 183). Dabei wird im Zwölften Kinder- und Jugendbericht (2005) Erziehung von Bildung insofern abgegrenzt, als dass im Erziehungsbegriff stärker das intentionale Einwirken des Erziehenden gegenüber dem zu Erziehenden herausgestellt, während Bildung die Betonung auf das Subjekt legt (vgl. ebd., S. 106). Es geht um die selbstbestimmte Aneignung von Bildung. Diese Abgrenzung der Begriffe Erziehung und Bildung wird auch im weiteren so verwendet. Scherr (1997) versteht Bildung als eine eigentätige und selbstbestimmte Aneignung von Wissen und Fähigkeiten im Interesse der Selbstaufklärung (S. 60). Eine so verstandene Bildung umfasst zweierlei Dimensionen: Die Selbstkonstitution des Subjektes (BMFSFJ 2005, S. 107) und die Konstitution der Gesellschaft (ebd.). Bildung bezieht sich also immer auf das Individuum und seine Prozesse zur persönlichen Entwicklung. Zugleich dient Bildung im gesellschaftlichen Kontext dem Fortbestand, der 11

12 Sicherung und Weiterentwicklung kulturellen Erbes und einer gesellschaftlichen und intergenerativen Ordnung. Um dies zu leisten, muss Bildung immer beim Individuum ansetzen. Denn Konstitution von Gesellschaft ist unmittelbar mit sozialer, politischer und kultureller Eingebundenheit und Verantwortung (ebd., S. 109) des Einzelnen verbunden. Bildung dient dem Fortbestand, der Sicherung und Weiterentwicklung von kulturellem Erbe. Bildung soll das Individuum ebenfalls zu Mündigkeit, Selbstständigkeit und zu einer eigenständigen und eigenverantwortlichen Lebensführung (ebd.) befähigen. Hier geht es um Prozesse der Subjektbildung von Personen in einem ganzheitlichen Sinne, das heißt auf die ganze Person bezogen in allen Facetten, die sie ausmachen. Ausgehend von dieser Sichtweise sieht Böhnisch (2010) ein Ziel von Bildung in der Lebensbewältigung (vgl. 225f.). Er konkretisiert also den Bildungsbegriff auf den Aufbau von Kompetenzen, Ressourcen und Strategien zur Lösung alltäglicher Bewältigungsaufgaben. Oder mit anderen Worten: Bildung als Voraussetzung für das Gelingen der eigenen Lebensführung und -bewältigung. Weiterhin kann Bildung kein passives Geschehen sein (vgl. König 2003, S. 185). Es bedarf der aktiven Mitwirkung der Beteiligten. Das Individuum wird selbst aktiv, in dem es sich in selbstinitiierten und selbstbestimmten Prozessen mit seiner sozialen, kulturellen und natürlichen Umwelt auseinandersetzt (vgl. BMFSFJ 2005, S. 107, vgl. weiter Humboldt 1960). Vermittelte Inhalte werden nicht nur passiv aufgenommen, sondern verarbeitet und in die konkrete arbeits- und lebensweltliche Situation des Einzelnen transformiert (vgl. Köhler 2011, S.7). Ein so verstandener Bildungsbegriff macht Kinder und Jugendlichen nicht zu Objekten von curricularen Bildungsplänen und -zielen. Vielmehr werden sie als Subjekte des Bildungsgeschehens verstanden und damit zu Ko-Produzenten ihres eigenes Bildungsprozesses (BMFSFJ 2005, S. 107). Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit einer Umwelt, die zu solchen Bildungsprozessen anregt und zu Bildungsgelegenheiten motiviert (vgl. ebd.). Im Zuge der Diskussionen um Chancengleichheit im Bildungssystem muss solch eine Umwelt gefördert, unterstützt und zum Teil auch neu geschaffen werden. So ist Bildung immer auch politisch. Sie bezieht sich auf die Gesellschaft im Kleinen und im Großen, das Individuum und das System darum. Das stellt Bildung in einen weiter gespannten Rahmen als nur die Vermittlung von Inhalten und Sachverhalten (vgl. König 2003, S. 186). Treffend fasst Thiersch (2004) zusammen, dass Bildung den für den Menschen charakteristischen Prozess der Aneignung von Welt und der Entwicklung der Person in dieser Aneignung (S. 239) meint. Mit dem Begriff der Aneignung wird sowohl die Aktivität und Selbstbestimmtheit des sich bildenden Subjektes herausgestellt, als auch die 12

13 ganzheitliche Dimension des Bildungsbegriffes betont, die sich auf die Erweiterung der Weltsicht und die kritische Auseinandersetzung mit ihr bezieht wie auch auf die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit. In dieser Definition wird zugleich eine Offenheit von Bildungsprozessen impliziert. Es geht um kein institutionell vorgegebenes Maß an Bildung, dass durch die Länge der schulischen Laufbahn oder durch formale Qualifikationen gemessen werden kann. Damit grenzt sich dieser Bildungsbegriff von Zuschreibungen zwischen bildungsfernen und gebildeten Gruppen ab (vgl. BMFSFJ 2005, S. 108). Außerdem ist eine so verstandene Bildung mehr als eine in schulischen Lehrplänen verankerte Allgemeinbildung und zielt auf mehr als Qualifikation im Hinblick auf die Erfordernisse der späteren Existenzsicherung in Beruf und Arbeitswelt ab. Thiersch (2004) sagt, dass Bildung der Person zu einer kritischen Selbstständigkeit in Auseinandersetzung mit der Welt führt und am Bild eines guten, gelingenden Lebens, an Maximen, in denen das Individuum seine Orientierung findet (S. 240). Bildung will den Einzelnen befähigen sich Zumutungen und Ansprüchen der Gesellschaft, die der individuellen Entfaltung entgegenstehen, zu widersetzen (BMFSFJ 2005, S. 108), sowie Kritikfähigkeit und Rollendistanz einzuüben. 2.3 Das Kompetenzkonzept in Anlehnung an Jürgen Habermas Im vorangehenden Kapitel wurde der Bildungsbegriff theoretisch verortet. Für das weitere Vorgehen bedarf es nun einer induktiven Herangehensweise, die Anhaltspunkte für die Praxis liefert. Dies soll im Folgenden in Anlehnung an das kategoriale Raster des 12. Kinderund Jugendberichts (2005) und an Rauschenbach (2009) geschehen (Abb. 01), das ursprünglich an Überlegungen von Jürgen Habermas Theorie des kommunikativen Handelns anknüpft (vgl. Habermas 1981, S. 209 ff.). Dieses Raster lehnt sich an kompetenztheoretische Konzepte an und versteht Bildungsprozesse als Aufbau von Kompetenzen (vgl. Langewand 1994, S. 127). Das Konzept nimmt ebenfalls die in 2.2 angeführte Definition von Bildung nach Thiersch (2004) auf und betont die Offenheit und Dynamik von Bildungsprozessen, die auf den Aufbau und die Weiterentwicklung von Kompetenzen zielen und darin sowohl von der Eigenverantwortung des Individuums als auch vom Paradigma des lebenslangen Lernens ausgehen (vgl. Langewand 1994, S. 113). In diesem Kompetenzansatz wird der Bildungsbegriff über Schule hinaus auf verschiedene Bildungsorte und -kontexte bezogen. Es handelt sich um vier handlungsrelevante individuelle Kompetenzen, durch die Menschen durch Bildungsprozesse befähigt werden, sich mit der Welt, mit der Kultur, Menschen ins Verhältnis zu setzen (vgl. Rauschenbach 2009, S. 94). Die vier Kompetenzbereiche sind Dimensionen der Weltaneignung und auf vier Weltbezüge hin aufgeteilt (vgl. Abb. 01): die 13

14 kulturelle, materiale, soziale und subjektive Welt. Für diese Weltbezüge erwirbt sich das Subjekt kulturelle, instrumentelle, soziale und personale Kompetenzen. Abb. 01: Dimensionen der Weltaneignung, Quelle: BMFSFJ 2005, S Kulturelle Kompetenzen Kulturelle Kompetenzen beziehen sich auf die Fähigkeit, sich die kulturelle Welt anzueignen, sie zu verstehen, zu erschließen und sich darin zu bewegen (vgl. BMFSFJ 2005, S. 108). Die Vermittlung kultureller Kompetenzen ist eine Kernaufgabe der Schule, geschieht aber auch durch andere Instanzen wie Museen, Bibliotheken, Medien. Kulturelle Bildung findet aber auch zu einem gewichtigen Teil durch informelle Alltagsbildung statt, das heißt durch die Familie und andere unmittelbare Lebenszusammenhänge. Rauschenbach (2009) beobachtet jedoch, dass diese Form der informellen, natürlichen Weitergabe zunehmend an Selbstverständlichkeit verliert und nicht mehr durch ähnliche Formen kompensiert wird. Stattdessen übernehmen diese Aufgabe professionelle Expertensysteme (ebd., S. 97). Problematisch daran ist, dass diejenigen Teile der kulturellen Bildung verloren gehen, die nicht in die Zuständigkeits- und Aufgabenbereiche jener Expertensysteme fallen. Das betrifft z.b. ganz praktische Alltagskompetenzen, Werte und Formen der Lebensführung. Zudem hat in modernen Gesellschaften das kulturelle Erbe einen enormen Umfang angenommen und verliert viel schneller seine Halbwertzeit. Das stellt die an der Vermittlung kultureller Kompetenzen beteiligten Instanzen, sei es Schule oder Familie, vor enorme Herausforderungen, führt zu überfrachteten Bildungsplänen und nicht selten zu Überforderung (vgl. S. 96f.). 14

15 2.3.2 Instrumentelle Kompetenzen Eine zweite Dimension der Weltaneignung ist der Bereich der instrumentellen Kompetenzen. Diese werden im 12. Kinder- und Jugendbericht (2005) als Fähigkeiten und Fertigkeiten beschrieben, sich die naturwissenschaftlich erschlossene Welt der Natur und der Materie sowie die technisch hergestellte Welt der Waren, Produkte und Werkzeuge in ihren inneren Zusammenhängen zu erklären, mit ihr umzugehen und sich in der äußeren Welt der Natur und der stofflichen Dinge zu bewegen (S. 114). Es handelt sich um eine Kompetenz, die zur gesamten dinglich-praktischen Lebensführung und Lebensbewältigung (Rauschenbach 2009, S. 98) von elementarer Relevanz ist, das heißt körperliche Arbeit als tätige Aneignung der Welt (ebd.). Beispiele sind kochen, den Haushalt bewältigen, einen Urlaub selbstständig planen u.a. Es ist offensichtlich, dass es zur Vermittlung dieser Kompetenz neben der Schule eine Vielzahl anderer Bildungsorte und Lernwelten 1 bedarf: Schule, Familie, Kindergarten, Jugendarbeit und berufliche Ausbildung sind nur einige Beispiele, wo die Vermittlung instrumenteller Kompetenz stattfinden kann. Gerade weil moderne Gesellschaften heute zu Konsum-, Dienstleistungs- und Expertengesellschaften mutieren (ebd.), ist es umso wichtiger, Bildungsorte und Lernwelten zu gestalten, in denen das Erlernen dieser praktischen Kompetenzen gefördert und ermöglicht wird (vgl. ebd., S ) Soziale Kompetenzen Soziale Kompetenzen beziehen sich auf zweierlei Komponenten: eine individuelle und eine gesellschaftliche. Die individuelle Komponente meint die Fähigkeit, sich selbst zu seiner sozialen Mitwelt ins Verhältnis zu setzen, über eine kommunikative Kompetenz zu verfügen und verständigungsorientiert handeln zu können (Rauschenbach 2009, S. 99). In Bezug auf die gesellschaftliche Komponente sind es jene Fähigkeiten, die dazu beitragen, die soziale Außenwelt wahrzunehmen, sich handelnd mit ihr auseinanderzusetzen und zivilgesellschaftlich zu handeln, das heißt demokratiefähig zu sein, zu sozialer Teilhabe und Gestaltung der Außenwelt aktiv beizutragen (vgl. ebd.). Habermas (1981) betont in diesem Kompetenzbereich ebenfalls das soziale Lernen, das bei Rauschenbach (2009) als dialogische Fähigkeit, sich auf seine soziale Umwelt, auf sein Gegenüber einzulassen und dabei auch Verantwortung für andere zu übernehmen (ebd., S. 100) beschrieben wird. So kann man für diesen Kompetenzbereich zwei Aspekte bezüglich seiner Funktion festhalten: Zum einen ist die Aneignung sozialer Kompetenzen schon im Kindes- und 1 Die Definition von Bildungsort und Lernwelt erfolgt in Kapitel Der Begriff der Peer Group ist amerikanisch und meint Gruppe von Gleichgesinnten und Gleichaltrigen. Als 15

16 Jugendalter eine äußert relevante Bildungsleistung, die einen unabdingbaren Beitrag für die Entwicklung der Persönlichkeit leistet, ein selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Leben zu führen. Der zweite Aspekt ist die Wichtigkeit dieser Kompetenz für das Gemeinwesen und das Funktionieren von Demokratie. Wenn der Einzelne Möglichkeiten der Beteiligung bekommt, kann eine Auseinandersetzung mit Gesellschaft stattfinden, die zur Entwicklung eines politischen Verständnisses und der Identifikation mit der Rolle eines mündigen Mitgliedes dieser Gesellschaft führt. Insbesondere im Jugendalter ist es wichtig, Erfahrungen in Bezug auf diese Rolle zu sammeln, um im Erwachsenenalter das zu leben, was schon als Heranwachsender erprobt, eingeübt und praktiziert wurde (vgl. Rauschenbach 2009, S. 99). Auch bei dieser Bildungsdimension wird deutlich, dass es für ihre Aneignung den Einsatz ganz verschiedener Lernorte, Lerninhalte und Lernmodalitäten benötigt, welche ein Zusammenspiel von schulischen und außerschulischen Konzepten voraussetzen Personale Kompetenzen Ein letzter Kompetenzbereich sind die personalen Kompetenzen, die das Individuum dazu befähigen, mit sich selbst und seiner Entwicklung in ein kritisch-produktives Verhältnis zu treten zu lernen, sich selbst wahrzunehmen und sich selbst wertzuschätzen, anzuerkennen (ebd., S. 100). Es geht um die Entwicklung einer selbstreflexiven Fähigkeit zum Umgang mit der eigenen Emotionalität, welche für die Bewältigung der späteren eigenständigen Lebensführung, Beruf, Partnerschaft und Familie unverzichtbar ist. Rauschenbach (2009) sieht in den personalen und sozialen Kompetenzen die wichtigste Voraussetzung für das Gelingen von Lern- und Bildungsprozessen. Denn häufig sind gerade in diesen Kompetenzbereichen die Gründe dafür zu finden, warum es zu Schulschwänzen, Schulmüdigkeit oder Gleichgültigkeit im Schulalltag kommt. Nicht der Mangel an kulturellen oder instrumentellen Kompetenzen ist der Grund für diese Auffälligkeiten, sondern in vielen Fällen der Mangel an Bereitschaft sich auf Lernprozesse einzulassen. Rauschenbach führt dies auf fehlende personale oder soziale Kompetenzen zurück, z.b. das Übernehmen von Verantwortung für das Gelingen der eigenen Lebensführung oder der Umgang mit negativen Emotionen bei schulischen Misserfolgen (vgl. S. 101). In der Darlegung dieser vier Kompetenzbereiche wurde deutlich, auf welchen handlungsrelevanten Ebenen Bildungsprozesse stattfinden. In diesem Sinne kann Bildung als Entwicklung einer allgemeinen Lebensführungs- und Lebensbewältigungskompetenz (ebd., S. 94) verstanden werden. In Bezug auf das Thema dieser Arbeit heißt das, dass Bildung nicht nur auf schulisches Lernen, Wissen und basale Kulturtechniken reduziert wird, 16

17 sondern auf den Aufbau von kulturellen, sozialen, personalen und instrumentellen Kompetenzen abzielen muss. Dabei gilt anzuerkennen, dass alle vier Kompetenzbereiche gleichermaßen bedeutsam sind, da sie der Selbstkonstitution des Subjekts im Sinne von Lebensbewältigung und Selbstbestimmung und der Konstitution von Gesellschaft dienen. Um solch ein ganzheitliches Verständnis von Bildung auch umzusetzen zu können, ist Schule auf die Kooperation mit anderen Bildungsorten und Lernwelten angewiesen. Diese können dann jeweils auf ihre Chancen und Möglichkeiten zur Kompetenzaneignung hin untersucht werden. Rauschenbach (2009) plädiert daher für ein Bildungskonzept, das besser aufeinander abgestimmt und kohärent ist und einen erweiterten Begriff von Bildung innehat. Darin sollen sich Bildungsorte und Lernwelten in ihrer Wirkung gegenseitig verstärken, um damit alle Kompetenzbereiche zur Geltung kommen zu lassen (vgl. S. 102). 2.4 Bildungsorte und Lernwelten von Kindern und Jugendlichen: ein Überblick Mit einem so definierten erweiterten Verständnis von Bildung wird deutlich, dass Bildung weder die Summe des Wissens und Könnens einer Person ist, noch als zentralen Ort der Vermittlung die Schule betrifft. Bildungsprozesse sind jedoch keinen zeitlichen, sozialen und räumlichen Limitierungen unterworfen (vgl. BMFSFJ 2005, S. 104). Sie ereignen sich im Alltag (vgl. König 2003, S. 185) und sind an zentrale Lebenszusammenhänge der Kinder und Jugendlichen angebunden. Rauschenbach (2009) fasst dies unter den Begriff Alltagsbildung (S. 84) zusammen. Zu diesen Lebenszusammenhängen gehören eine Vielzahl von Bildungsorten und Lernwelten, die in der offiziellen Bildungspolitik oft gar nicht oder nur am Rande erwähnt werden. Im 12. Kinder- und Jugendbericht (2006) werden begriffliche Abgrenzungen vorgenommen, um Bildungsprozesse in ihren unterschiedlichen Kontexten und Lebenswelten zu erfassen. Im Folgenden soll dazu ein Überblick gegeben werden. Unter dem Begriff Bildungsort wird ein formales Bildungssetting verstanden, zu dem Orte und Institutionen gehören, die einen expliziten oder impliziten Bildungsauftrag innehaben. Die Institution Schule ist der wichtigste formal definierte Bildungsort, der eine explizite Bildungsfunktion (ebd., S. 122) innehat. Hier finden Bildungs- und Lernprozesse nach vorgegebenen Regeln und vorgefertigten Plänen [...] und curricular gestaltet (ebd., S. 128) statt, um ein Minimum an Bildung zu gewährleisten, das zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nötig ist und weitergehende Lernfähigkeiten kultiviert. Schule ist die gesellschaftlich zuständige und legitimierte Institution, welche die Aufgabe hat, zu dieser,bildung des Einzelnen beizutragen, sie zu prüfen und gegebenenfalls zu zertifizieren (BMFSFJ 2005, S. 17

18 107). Doch um diesen Beitrag an Bildung zu leisten, ist Schule auf andere Bildungsorte und Lernwelten angewiesen. Neben der Schule ist hier die Kinder- und Jugendhilfe zu nennen, deren Bildungsauftrag in dieser Arbeit später erläutert wird (vgl. 3.2). Sie kann jedoch nicht pauschal als Bildungsort eingeordnet werden, da sie sehr vielfältige Aufgaben und Leistungen übernimmt. Als Bildungsorte der Kinder- und Jugendhilfe werden beispielsweise Kindertageseinrichtungen, Hilfen zur Erziehung, Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit bezeichnet (vgl. BMFSFJ 2005, S. 122). So steht in Kindergärten als Teil der Kindertageseinrichtungen vor allem die Bildungsaufgabe des sozialen Lernens und der Sprachförderung im Vordergrund. Im Hort liegt der Schwerpunkt auf der Betreuung und auf expliziten Bildungsaufgaben, die durch soziales Lernen in der Gruppe mit anderen Gleichaltrigen, durch Hausaufgabenbetreuung und durch eine Vielzahl von Kursen, Projekten und Förderangeboten (vgl. ebd.) umgesetzt werden. Hilfen zur Erziehung übernehmen eine familienersetzende Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungsfunktion, die Kindern und Jugendlichen aus problematischen Hintergründen die Möglichkeit für Lernerfahrungen und Bildungsgelegenheiten gibt (vgl. ebd., S. 123). Die Jugendarbeit kann unter dem Stichwort der Persönlichkeitsbildung und Aneignung verschiedener Kompetenzbereiche als vielseitiger Bildungsort gesehen werden (vgl. Oehme 2011, S. 2ff.). Darunter fallen die Angebote von Jugendbildungsstätten, Jugendverbandsarbeit, Jugendkulturarbeit, politische Jugendbildung sowie diverse Projekte, Aktionen und Kurse, die explizite oder implizite Bildungsziele verfolgen (vgl. BMFSFJ 2005, S. 123). Die Jugendsozialarbeit umfasst die Leistungen und Angebote der Jugendberufshilfe und der Schulsozialarbeit. Hier finden Bildungsprozesse mittels Förderung und Unterstützung im Übergang von Schule zu Beruf statt sowie Maßnahmen zur Ausbildungsförderung, Beratung, Gruppenarbeit, Projekte, Bildungsangebote für Schulverweigerer und den Einsatz bei Schulund Lernschwierigkeiten (vgl. ebd.). Im Unterschied zu den gerade beschriebenen Bildungsorten sind Lernwelten non-formale Bildungssettings, die nicht auf einen spezifischen Ort festgelegt sind. Vielmehr handelt es sich um geringer standardisierte Orte, in denen das Bildungsgeschehen eher nebenbei passiert. Dazu gehören zum Beispiel die Medien und die Peer-Groups 2 (vgl. ebd., S. 121). In Ergänzung der Definition von Bildungsorten und Lernwelten wird im 12. Kinder- und Jugendbericht (2006) Familie als Bildungswelt bezeichnet. Sie wirkt zwar wie ein Bildungsort, da man sie auf einen spezifischen Ort festlegen kann. Sie hat aber, genauso wie die 2 Der Begriff der Peer Group ist amerikanisch und meint Gruppe von Gleichgesinnten und Gleichaltrigen. Als Fachbegriff geht Peer Group auf den Soziologen C.H. Cooley zurück, der diesen in seinem Konzept der,primärgruppe gebrauchte (vgl. Klatt 2006). 18

19 Lernwelten, in der Bildung nicht ihre zentrale Funktion. Sie kann als primäre Sozialisationsinstanz verstanden werden, die Bildungsprozesse von Kindern und Jugendlichen stark beeinflusst und prägt. Damit wird sie als wichtigstes Gegenüber des Bildungsortes Schule eingeordnet (vgl. ebd., S. 122). Aufgrund der Fragestellung dieser Arbeit wird im weiteren Verlauf der Arbeit nicht vertieft auf die Bedeutung der Familie als Gegenüber des Bildungsortes Schule eingegangen, sondern auf das Gegenüber und Miteinander von Schule und Jugendarbeit als Teil der Jugendhilfe. Bei dieser Unterscheidung von Bildungsorten, Lernwelten und der Familie als Bildungswelt wird deutlich, dass Bildung prinzipiell überall geschehen kann, wenn es Bildungsgelegenheiten und bildungsstimulierende Umwelten gibt (vgl. ebd., S. 108). Zwischen den gerade hervorgehobenen Polen der Familie und Schule finden eine Vielzahl von anderen Bildungsprozessen und Lerngelegenheiten statt, die nun differenziert werden sollen. 2.5 Formelle, non-formale und informelle Bildung Bildungsprozesse kennen keine institutionellen Grenzen und lassen sich auch zeitlich, räumlich und sozial nicht eingrenzen. Bildung beginnt nicht erst mit der Schule und ist mehr als Schule (BMFSFJ 2005, S. 21). Daher wird neben den Lernwelten und Bildungsorten im 12. Kinder- und Jugendbericht zwischen formellen und informellen Bildungsprozessen sowie formalen und non-formalen Settings unterschieden, die in dem Schaubild des 12. Kinderund Jugendberichtes (2006) gleichrangig neben-, in- und zueinander aufgelistet werden (s. Abb. 02). Im internationalen Diskurs wird noch eine dritte Form von Bildung angeführt, die non-formale Bildung. Alle drei Unterscheidungen werden im folgenden erklärt: 19

20 Abb. 02: Bildungsprozesse und Bildungssettings; Quelle: BMFSFJ 2005, S Unter die Prozesse formeller Bildung wird das gesamte hierarchisch strukturierte und zeitlich aufeinander aufbauende Schul-, Ausbildungs- und Hochschulsystem gefasst, mit weitgehend verpflichtendem Charakter und unvermeidlichen Leistungszertifikaten (Bundesjugendkuratorium (BJK) 2001, S. 5). Darin finden formelle Bildungsprozesse nach vorgegebenen Regeln und vorgefertigten Plänen curricular statt (vgl. BMFSFJ 2005, S. 127). Nach Rauschenbach & Otto (2004) können informelle Bildungsprozesse alle (bewussten oder unbewussten) Formen des praktizierten Lernens außerhalb formalisierter Bildungsinstitutionen und Lernveranstaltungen (S. 29) sein. In Abgrenzung zu formellen Bildungsprozessen werden informelle Bildungsprozesse in der Regel von den individuellen Interessen der Akteure aus bestimmt und finden freiwillig in den unmittelbaren Zusammenhängen des Lebens und Handelns statt. Zumeist geschehen sie ungeplant, beiläufig, implizit, unbeabsichtigt, nicht institutionell organisiert (ebd., S. 29). Rauschenbach & Otto stellen als zentralen Ort dieser Form von Bildung den lebensweltliche[n] Zusammenhang und die (soziale) Umwelt der Bildungsakteure (ebd.) heraus. Sie können im Alltag von Familie, Nachbarschaft, Arbeit und Freizeit, in den jeweiligen Lebenswelten, Nahräumen, Dörfern, Stadtteilen und im öffentlichen Raum geschehen. Informelle Bildung und Bildungsprozesse sind unverzichtbare Voraussetzung für das Stattfinden formeller und non-formaler Bildung (vgl. BJK 2001, S. 5). 20

21 Als dritte Unterscheidung definiert das BJK die non-formale Bildung 3, unter der jede Form organisierter Bildung und Erziehung zu verstehen ist, die generell freiwilliger Natur ist und Angebotscharakter hat (S. 5). Dazu gehören z. B. die auf Freiwilligkeit basierenden Angebote und Aktivitäten der Jugendhilfe, aber genauso auch kommerzielle Angebote in Musik, Sport, Reisen, Kultur usw. (vgl. BMBF 2004, S. 29). 4 Für den Verlauf der Arbeit ist folgende wichtige begriffliche Unterscheidung festzuhalten: Im 12. Kinder- und Jugendbericht (2005) wird die Bildungskategorie der non-formalen Bildung zwar nicht explizit so bezeichnet, ist aber in der Abb. 02 trotzdem enthalten. Denn in der non-formalen Bildung können sowohl formelle, als auch informelle Bildungsprozesse geschehen. Was also die Bezeichnung der Bildungsorte angeht, werde ich mich an der im internationalen Diskurs geläufigen dreigliedrigen Unterscheidung orientieren (formale, non-formale, informelle Bildung). Diese Unterscheidung wird auch in der Streitschrift des BJK (2001) und in den Konzeptionellen Grundlagen für einen nationalen Bildungsbericht (BMBF 2004) verwendet. Ich treffe die Annahme, dass an diesen drei Bildungsorten formelle und informelle Bildungsprozesse geschehen. Außerdem gehe ich davon aus, dass die Jugendhilfe vor allem ein Ort non-formaler Bildung ist und Schule vor allem ein Ort formeller Bildung (vgl. BMBF 2004, S. 29). 5 Insgesamt wird geschlussfolgert, dass diese drei Bildungsorte und Lernsituationen zusammenspielen, in Wechselwirkung zueinander stehen, sich gegenseitig bedingen und erst in ihrem Zusammenspiel einen umfassenden Bildungsbegriff ergeben, wodurch unterschiedliche Bildungsprozesse stattfinden können. Ebenso bedarf es informeller, vorangehender und begleitender Bildungsprozesse, um erfolgreiche Bildungsprozesse in formalen Bildungsinstitutionen zu erzielen (vgl. BMBF 2004, S. 30). Das heißt für die Akteure der Jugendhilfe und der Schule (aber auch anderer Bildungsorte), ihre Bildungsangebote aufeinander zu beziehen und im Zusammenspiel und in der wechselseitigen Durchdringung zu verstehen. Es heißt weiter, miteinander zu kooperieren und darin Räume und Gelegenheiten zu schaffen, die offen sind für vielfältige Bildungsgelegenheiten (vgl. BJK 2001, S. 5). 3 Statt non-formaler Bildung kann auch von nichtformeller Bildung gesprochen werden, ebenso wie für formelle Bildung auch formale Bildung gesagt werden kann (vgl. BJK 2001). In dieser Arbeit wird sich, mit Ausnahme direkter Zitate, für die Begriffe der non-formalen und formellen Bildung entschieden. 5 Natürlich finden in der Jugendhilfe auch formale Bildungsprozesse statt, z. B. in einer Mitarbeiterschulung in der Jugendarbeit oder einer Streitschlichter-Ausbildung im Rahmen der Jugendsozialarbeit an einer Schule. Genauso können in der Schule auch non-formale und informelle Bildungsprozesse geschehen, z.b. im Rahmen einer AG, auf dem Pausenhof, im Klassenzimmer usw. (vgl. BMBF 2004, S. 29). 21

22 Diese Formen von Bildung können in formalen oder non-formalen Settings stattfinden. Diese Settings weisen auf den Grad der Formalisierung der Bildungsform hin. Das heißt, dass auch ein formaler Bildungsort wie die Schule unterschiedliche Grade von Formalisierungen inne hat. Der Unterricht ist dabei beispielsweise in einem hohen Grad strukturiert und damit ein formales Setting. Die Zeiten auf dem Pausenhof, in der Mittagsbetreuung oder offenen Nachmittagsbetreuung weisen dagegen einen geringen Grad an Vorgaben auf und schaffen dementsprechend ein non-formales Setting, das keinen expliziten oder impliziten Bildungsauftrag innehat. Das gleiche lässt sich auf die Jugendhilfe, z. B. die Jugendarbeit übertragen. Sie schafft formale Settings, wenn sie einen Computerkurs oder eine Jugendleiterschulung anbietet, der bestimmten definierten Regeln und Vorgaben folgt. Sie bewegt sich eher in non-formalen Settings, wenn in der Teilnahme an einer Freizeitmaßnahme soziale Kompetenzen durch neue Freundschaften mit Gleichaltrigen erworben werden (vgl. BMFSFJ 2005, S. 128f.). Diese Settings plausibilisieren das Ineinander und Miteinander der verschiedenen Bildungsprozesse. Der Übergang von der formalen über die non-formalen zur informellen Bildung (oder umgekehrt) kann manchmal fließend sein, je nachdem in welchem Setting sie sich ansiedeln. Die verschiedenen Settings machen es auch möglich, dass Bildungsprozesse in ganz verschiedenen Kontexten und damit immer und überall stattfinden können. 2.6 Freiwilliges, bürgerschaftliches Engagement als Bestandteil informellen Lernens Basierend auf den Verortungen der Bildungsprozesse und orte wird im Folgenden als ein Beispiel das freiwillige, bürgerschaftliche Engagement 6 als ein Bildungsort vorgestellt, in dem vor allem informelles Lernen geschieht. Diese Auffassung orientiert sich an der empirischen Studie zum informellen Lernen im Jugendalter nach Düx u.a. (2009) Dabei wird in dieser Arbeit davon ausgegangen, dass umfassende Bildungsprozesse dann stattfinden, wenn kulturelle, instrumentelle, soziale und personale Kompetenzen gefördert werden, die zur Aneignung der kulturellen, materialen, sozialen und subjektiven Welt relevant sind (vgl. 2.3). Ausgehend von diesem Bildungsverständnis liegen viele Potentiale in außerschulischen Bildungsorten. Dazu gehört die Jugendarbeit, Sportvereine, politische Initiativen, Vereine und andere Felder des freiwilligen Engagements, die eine Vielzahl von Gelegenheiten für Lern-, Bildungs- und Entwicklungsprozesse gewährleisten. 6 Für eine Definition des Begriffes wird auf Kapitel 4.2 verwiesen. 22

23 Zwei zentrale Annahmen dieser Arbeit, die mit den Ergebnissen der genannten Studie korrespondieren, lauten: Freiwilliges, bürgerschaftliches Engagement stellt ein wichtiges gesellschaftliches Lernfeld dar, in dem jenseits von standardisierten Lehr- und Lernprozessen soziale, personale, instrumentelle und kulturelle Kompetenzen eingeübt werden. Im freiwilligen Engagement werden andere Inhalte in anderen Formen, als in der Schule gelernt (vgl. ebd., S. 174). Auch von anderen Untersuchungen wird die Bedeutung des freiwilligen Engagements für Bildungsprozesse betont. So betont die Enquete-Kommission in einem Gutachten für den Bundestag, bürgerschaftliches Engagement bürge Möglichkeiten für frühzeitige Ersterfahrungen in der Arbeit gesellschaftlicher Organisationen, den Erwerb von Schlüsselqualifikationen sowie die Chance für Teilhabe und Mitbestimmung, Selbstorganisation und Interessenvertretung (Enquete-Kommission 2002, S. 560). Darin werden den Kindern und Jugendlichen viele Lernanforderungen gestellt, die zugleich einen wichtigen und zunehmend an Bedeutung gewinnenden Bildungsfaktor (Düx u.a. 2009, S. 12f., vgl. Enquete-Kommission 2002, S. 553) innehaben. Im Bildungsbericht für Deutschland (Konsortium Bildungsberichterstattung 2006) und im 12. Kinder- und Jugendbericht (BMFSFJ 2005) wird ebenfalls die wachsende Bedeutung informeller Lernprozesse und -orte als Beitrag zu einem erweiterten Bildungsverständnis betont. Dazu gehören freiwilliges, bürgerschaftliches Engagement und die damit verbundenen Lernprozesse. Organisationen des freiwilligen Engagements fordern und fördern vor allem informelle Bildungsprozesse: Die Beteiligten engagieren sich freiwillig und übernehmen dabei Aufgaben, die in ihrem eigenen Interesse liegen und in der Regel an ihrer Lebenswelt, ihren alltäglichen Bedürfnissen und an ihren selbst gewählten Bildungswünschen anschließen (vgl. Düx u.a. 2009, S. 11)..Die Akteure bestimmten selbst, welche Aufgaben und Verantwortlichkeiten sie annehmen und haben je nach Tätigkeitsfeld und Organisation dabei Gestaltungsspielräume (vgl. ebd., S. 116f.). Neue Fähigkeiten und Kompetenzen werden vor allem per learning by doing (ebd., S. 121) erlangt. Das heißt, Bildungsprozesse finden im freiwilligen Engagement eher beiläufig, implizit und unbeabsichtigt statt und sind daher als informell zu bezeichnen. Nur gelegentlich haben sie den Charakter formeller Bildungsprozesse, wenn z. B. Kurse oder Schulungen stattfinden (vgl. ebd., S. 128). Im freiwilligen Engagement werden je nach Tätigkeit ganz verschiedene Kompetenzen entwickelt, die in der Schule nicht unbedingt in den Lehrplänen stehen, aber für die Alltags- und Lebensbewältigung von Bedeutung sind. Diese trifft auch auf andere Bildungsorte und 23

24 Lernwelten zu, wird aber in diesem Kapitel vorrangig auf das freiwillige Engagement bezogen. Engagementübergreifend wird die Entwicklung sozialer und personaler Kompetenz durch das Engagement betont (vgl. ebd., S. 175), aber auch Kompetenzen aus dem kulturellen und instrumentellen Bereich. Zu den genannten Kompetenzbereichen gehören zum Beispiel organisatorische Aufgaben, rhetorische Fähigkeiten, Team- und Leitungserfahrungen sowie die Entwicklung und Einübung demokratischer Fähigkeiten, Kenntnisse und Einstellungen durch die Übernahme von Verantwortung (vgl. ebd., S. 176). Im Kapitel 4 wird das Thema des freiwilligen, bürgerschaftlichen Engagements ausführlicher behandelt und dabei Motive, Formen und Inhalte von Bildungsprozessen erläutert. Vorab kann festgehalten werden, dass freiwilliges, bürgerschaftliches Engagement einen eigenen Lernort für informelle Bildungsprozesse darstellt und eine wichtige Rolle im Prozess des Aufwachsens für Jugendliche spielen kann. Dabei nimmt freiwilliges, bürgerschaftliches Engagement als Teil informeller Bildungsprozesse eine ergänzende Funktion gegenüber dem Bildungsort Schule ein. Die Potentiale, die im freiwilligen, bürgerschaftlichen Engagement liegen, sollten von Politik, Schule und den Feldern des freiwilligen Engagements stärker sichtbar gemacht werden. Diese These wird im weiteren Verlauf immer wieder aufgenommen und als eine Form der Kooperation von Schule und Jugendarbeit vorgestellt. 2.7 Zwischenfazit Für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen sind Betreuung, Erziehung und Bildung gleichermaßen wichtige Dimensionen, die in wechselseitiger Bedingtheit zueinander stehen und zusammen gedacht werden müssen. Bildung zielt auf die Entwicklung einer selbstständigen, mündigen, eigenverantwortlichen und gesellschaftsfähigen Persönlichkeit ab. Kinder und Jugendliche sind als aktive Subjekte ihrer eigenen Bildungsprozesse zu verstehen, nicht als passive Konsumenten curricular vorgegebener Bildungspläne. So sollen und müssen Bildungsprozesse, wenn sie gelingen sollen, Eigeninitiative und Selbstbestimmung der daran beteiligten Individuen fördern und fordern. Formale Bildungsinstitutionen müssen sich demnach auch kritisch hinterfragen, ob sie zu solchen Bildungsprozessen und -gelegenheiten anregen und motivieren. Dabei beinhalten Bildungsprozesse sowohl die Erweiterung der Weltsicht, die kritische Auseinandersetzung mit ihr und die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit. Bildung blickt also auf den ganzen Menschen und die Bewältigung seines Lebens, nicht nur auf seine Qualifikation oder die Länge seiner schulischen Laufbahn. Bildungsprozesse können auch als offene Prozesse verstanden werden, in denen der Aufbau von Kompetenzen geschieht, die für die 24

25 Bewältigung und Aneignung der verschiedenen Weltbezüge notwendig sind und kulturelle, instrumentelle, soziale und personale Kompetenzen fördern. Mit dieser Darstellung der verschiedenen Bedeutungen von Bildung wurde deutlich, dass Bildung mehr als Schule ist und Bildungsprozesse in ganz verschiedenen Kontexten und damit immer und überall stattfindet. Um diesem umfassenden Verständnis von Bildung gerecht zu werden, ist Schule auf andere Bildungsorte und Lernwelten angewiesen. Einen wichtigen Beitrag leistet zum Beispiel die Familie, als soziales Netzwerk im Hintergrund und als Voraussetzung für erfolgreiche schulische Bildungsprozesse (BMFSFJ 2005, S. 123) oder die Schulsozialarbeit als Unterstützung bei risikobehafteten Schulkarrieren (ebd.), der Sportverein, die Musikschule oder die Peer-Group. Ein Beispiel, das ausführlicher dargestellt wurde ist das freiwillige, bürgerschaftliche Engagement, in dem anders und anderes als in der Schule gelernt wird. Als ein Feld informeller Bildungsprozesse in unterschiedlichen Settings stellt freiwilliges, bürgerschaftliches Engagement ein wichtiges gesellschaftliches Lernfeld dar, in dem die genannten Kompetenzbereiche erlernt, eingeübt und erweitert werden. Neben dem Engagement müssen auch andere Institutionen und Räume informeller Bildung im Hinblick auf ihre Bedeutsamkeit für Bildungsprozesse stärker in den Blick genommen werden. Dabei bedarf es mehr als einer besseren Kooperation und Vernetzung formaler Bildungsinstitutionen. Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge (2009) verweist in seinen praktischen Schlussfolgerungen darauf, dass Bildungsförderung... dann für alle erfolgreich sein [kann], wenn sie über die Schule hinaus den Blick auf die Vielfalt der non-formalen und informellen außerschulischen Bildungsorte öffnet und diese einbezieht (Deutscher Verein 2009, S. 1). Orte non-formaler und informeller Bildung fördern Bildungsprozesse auf vielfältige Art, zum Beispiel in Bezug auf die Entwicklung personaler und sozialer Kompetenzen, im Umgang mit fremden Bezugspersonen in neuen Situationen, der Erweiterung des Handlungsraumes und damit des Verhaltensrepertoires, die Fähigkeit für den Erwerb von Sprachkenntnissen u.a. (vgl. Deinet 2011, S. 2). Gerade Jugendarbeit kann als non-formaler Bildungsort und Schnittstelle zwischen formeller und informeller Bildung dabei eine wichtige Funktion übernehmen. 25

26 3 Schule und Jugendhilfe 3.1 Schule als Institution und als Lebensraum Zur Untersuchung der formalen Bildung wird in den folgenden Ausführungen das System Schule genauer beschrieben, analysiert und kritisch diskutiert. Um den Thema des Zusammenspiels von formellen und informellen Bildungsprozessen gerecht zu werden, wird Schule in allen Überlegungen als Institution und als Lebensraum eingeordnet. Zudem wird in diesem Diskurs auch die Rolle der Jugendhilfe als non-formalem Bildungsort im Kontext Schule thematisiert. Die Schule ist eine Institution, weil sie eine auf Dauer angelegte Einrichtung ist, die als ein zentraler Teil des Bildungssystems den Zweck hat, der Bildung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen zu dienen. Als formaler Bildungsort finden in ihr formelle Bildungsprozesse statt. In diesem Auftrag steht sie jedoch nicht allein, sondern fügt sich in die Reihe anderer Einrichtungen, Personen und Veranstaltungen, deren Handlungsziele sich am gleichen Zweck orientieren (Döbert 2008, S. 758). So stellen sich in den Bildungs- und Erziehungsauftrag auch andere öffentliche Einrichtungen und Angebote, z. B. die Kindertageseinrichtungen, Hort, Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit (vgl. BMFSFJ 2005, S. 244) 7. Dieser Gedanke eines gemeinsamen Bildungs- und Erziehungsauftrages ist ganz wesentlich, wenn es um die Diskussion über die Öffnung von Schule hin zu anderen Instanzen des Bildungssystems geht. Schule als Lebensraum zu sehen betont den Aspekt, dass Schule ein zentraler Ort in der Lebenswelt der Schüler/-innen ist, in dem sich ein großer Teil des Lebens der Kinder und Jugendlichen abspielt. Daher schafft Schule auch ein Setting für informelle Bildungsprozesse. Das Lernen findet sowohl im systematisch organisierten Unterricht im Klassenzimmer statt, als auch in den Pausen, auf dem Schulhof, auf den Schulwegen und während Klassenfahrten. Es ist soziales Lernen, das insbesondere durch Interaktionen mit anderen Gleichaltrigen geschieht. Diese Interaktionen sind mit Solidaritäts- und Spannungserlebnisse[n] (Hurrelmann 2004, S. 98) verbunden und wirken sich auch auf den Unterricht selbst aus. Schule wird also als Lebensraum verstanden, weil Schulen und Schulhöfe zunehmend Funktionen aus anderen Lebensbereichen übernehmen, wie z. B. aus der Familie, der Nachbarschaft oder der Straßenöffentlichkeit (vgl. Ferchhoff 2011, S. 336). 7 Der 12. Kinder- und Jugendbericht (BMFSFJ 2005) ordnet den Auftrag dieser Einrichtungen nicht nur in Erziehung und Bildung, sondern in die Trias von Erziehung, Bildung und Betreuung ein. 26

27 Schulhöfe, Cafeteria und andere Orte in der Schule werden als freizeitorientierter Jugendtreff, als Orte der Sportivität, als informelle jugendkulturelle Orte zum Flanieren, als Laufsteg, als Straßencafé, ja sogar als Orte der Erotik, Partnersuche und Sexualität (Zinnecker 1997, S. 474) umgedeutet. Durch die alltägliche und lebenszeitliche Ausweitung der Schule (vgl ) erleben Kinder und Jugendliche heute einen langen Zeitraum, den sie mit anderen Gleichaltrigen verbringen, bis sie ins Erwachsenenalter eintreten. Zugleich wird Schule als Institution durch die Schulpflicht auch zu einem Raum der Fremdbestimmung, verbunden mit hohen Ansprüchen und Erwartungen. Daher ist das Verhältnis der Schüler/-innen zur Schule von Ambivalenz geprägt: einerseits ist sie als Institution ein Ort der Leistung, andererseits ist sie als Lebensraum ein Ort des gemeinsamen Lernens und des intensiven Kontaktes mit Gleichaltrigen Merkmale und Funktionen von Schule Die Schule hat einen gesellschaftlich und politisch legitimierten Erziehungs- und Bildungsauftrag inne. In den folgenden Ausführungen soll dieser Auftrag in Form der Merkmale und Funktionen von Schule benannt werden. Döbert (2008) zählt folgende Merkmale für Schule auf (vgl. S. 758): Schule ist eine organisierte, auf eine Mindestdauer angelegte Einrichtung (mindestens neun Jahre). Die Schüler sind in definierten Altersgruppen in Klassenstufen aufgeteilt. Der Zweck der Einrichtung liegt in der Erreichung der vom Träger gesetzten Bildungs- und Erziehungsziele, die sich an staatlich festgelegten Zielen orientieren. Die zentrale Organisationsform ist der Unterricht. Der Unterricht ist in Fächer aufgeteilt, in denen ein zielgerichtetes, planmäßiges, gegenstandsbezogenes Lernen stattfinden soll. Es besteht ein räumliches Beisammensein von Lehrenden und Lernenden. In Deutschland ist Schule in verschiedenen Schulstufen und -arten differenziert, die sich an Alter und Leistung orientieren. Die Schullaufbahn lässt sich in drei Abschnitt untergliedern: in [v]orschulische Erziehung, Primarbildung und Sekundarbildung (ebd., S. 759) Jedes dieser Merkmale könnte an dieser Stelle kritisch diskutiert werden. Das wäre aber für das Thema dieser Arbeit nicht zielführend. Vielmehr wird sich mit den nun folgenden 27

28 Funktionen von Schule in Kapitel kritisch auseinander gesetzt. Daraus können konkrete Schlüsse für die Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule benannt werden. Schule hat einen zentralen Stellenwert für die Sozialisation Heranwachsender (vgl. Hurrelmann 2004, S. 94). Dabei werden ihr folgende Funktionen zugeordnet (vgl. ebd., S. 94f., vgl. Fend 1988, S. 133 und Tillmann 2000, S. 160): Qualifikationsfunktion: Sie vermittelt Wissen und trägt zur Bildung von verschiedenen Kompetenzen bei den Schüler/-innen bei, vor allem kulturellen und sozialen Kompetenzen. Selektionsfunktion: Durch die Bewertung von individuellen Leistungen im Notenvergleich wirkt Schule entscheidend auf die zukünftige soziale Platzierung der Schüler/-innen ein. In der Schule beginnt eine Selektion für unterschiedliche Berufsfelder. Integrations- bzw. Sozialisationsfunktion: Sie wirken auf eine soziale Integration hin, in dem sie Anpassungsbereitschaft an gesellschaftlich geltenden Normen, Werte und Lebens- und Arbeitsbedingungen einfordern. Personalisationsfunktion: Die Individualität der Heranwachsenden soll gefördert werden. In ihren Aufgaben und Funktionen hat sich Schule in ihrer geschichtlichen Entwicklung bis heute stark verändert. Diese Veränderungen und ihre soziologisch-biographischen Konsequenzen für die Kinder und Jugendlichen selbst werden in genauer dargestellt. Aus Sicht der Institution Schule kann an dieser Stelle festgestellt werden, dass mit der Verbreitung der Schule und der Einführung der Schulpflicht im 18. und 19. Jahrhundert die Verallgemeinerung und Ermöglichung einer formalen,bildung für alle als eine [...] grundlegende Errungenschaft der Industriegesellschaft (Rauschenbach 2009, S. 108) möglich wurde. Damit hat die Einführung der schulischen Bildung einen emanzipatorischen Charakter inne, der große Bevölkerungsschichten aus der Unmündigkeit hinausführte (vgl. Rauschenbach 2009, S. 166) und einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung des nationalen Wohlstands, der Erhöhung des gesundheitlichen Allgemeinzustandes, sowie der volkswirtschaftlichen Produktivität lieferte (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008, S. 200) Herausforderungen von Schule In der Darstellung der Merkmale und Funktionen von Schule werden gewichtige Aspekte deutlich, die sehr kritisch gesehen werden können und an dieser Stelle diskutiert werden sollen. Dabei geht es nicht darum, all die wichtigen Errungenschaften und positiven 28

29 Entwicklungsschübe von Schule unbeachtet zu lassen und Schule den,schwarzen Peter für problematische Entwicklungen zuzuschieben, während die Jugendhilfe,die Lösung bringt. Vielmehr gilt es, im Sinne der Fragestellung dieser Arbeit, den Blick für die wenig beachteten oder ungenutzten Reserven zu öffnen und damit Potentiale eines erweiterten Bildungsverständnisses sichtbar zu machen. Dieses betont gerade das Zusammenspiel formeller und informeller Bildungsprozesse und bietet Ansätze für Kooperationsformen zwischen Schule und Jugendhilfe. Daher ist in diesem Kapitel ganz bewusst die Rede von Herausforderungen von Schule, nicht von Kritikpunkten. Denn in jedem Kritikpunkt liegt die Herausforderung für die Betreffenden, dies im Sinne positiver Veränderungsprozesse zu nutzen. Beginnend mit der schulischen Funktion der Qualifikation kann festgestellt werden, dass ein breiter Kanon von allgemeiner Bildung, das heißt von fachbezogenem Wissen und fächerübergreifenden Kenntnissen, Kompetenzen und Schlüsselqualifikationen für alle Kinder und Jugendlichen sichergestellt werden soll. Dieses Ziel wird bei einem Großteil der Schüler/-innen erreicht. Zugleich lässt sich beobachten, dass einen Anteil von Schüler/-innen gibt, vor allem Hauptschüler/-innen, die die Schule ohne Abschluss und ohne hinreichende Qualifikation verlassen. Weiterhin klagen bestimmte Unternehmensbranchen darüber, dass sie Lehrstellen nicht besetzen können, weil die Jugendlichen die Qualifikationen nicht erfüllen. Hier muss Schule sich eingestehen, dass sie teilweise an ihrem Qualifikationsauftrag scheitert, unabhängig davon wie komplexe die Herkunftsgeschichten dieser Jugendlichen ist. Dort, wo Schule ihre Qualifikationsfunktion erfüllt, können die für Bildung so wichtigen Aspekte der Welt- und Lebensweltaneignung und erschließung angestoßen werden. Zudem wird gelernt, wie man lernt, was im Hinblick auf das Paradigma des lebenslangen Lernens für die berufliche Zukunft von hoher Bedeutung ist (vgl. Tenorth 2003, S. 18). Kritisch an der Qualifikationsfunktion ist, dass schulische Bildung in der Gefahr steht, auf Qualifikation und damit auf Zweckmäßigkeit und Verwertbarkeit reduziert zu werden (vgl. Münchmeier 2010, S. 77). Dies wird einem umfassenden Bildungsbegriff, wie er in 2.2 diskutiert wurde, in keiner Weise gerecht. Zwar lässt sich diese Tendenz mit gesamtgesellschaftlichen Veränderungen erklären, aber nicht rechtfertigen. Zu diesen Veränderungen gehören verstärkte Wettbewerbs- und Leistungsanforderungen im Zuge der Globalisation und die damit verbundene Wichtigkeit von Qualifikationen zur Sicherung der individuellen persönlichen und beruflichen Zukunft. Doch Bildung ist mehr als Wissensaneignung und Qualifikation. Das heißt auch, dass Kinder und Jugendliche sich nicht nur in ihrer Rolle als Schüler/-innen, als Lernende und als kognitive Wesen wahrgenommen fühlen sollen. Statt dessen sollten sie sich als ganze Personen wahrgenommen fühlen, die genauso soziale Anerkennung und emotionale 29

30 Wertschätzung in Lehrer-Schüler-Beziehungen erfahren dürfen und die sich für etwas begeistern dürfen, das sie aus ihrer Lebenswelt in die Lernwelt Schule einbringen dürfen (vgl. Rauschenbach 2009, S. 168f.). Damit werden integrale Bildungsprozesse angestoßen, die sich auf die ganze Person beziehen und zur Subjektbildung beitragen. Es stellt sich die Aufgabe, diesen ganzheitlichen Anspruch von Bildung in schulischen Kontexten und anderen Bildungsorten und Lernwelten stärkere Beachtung zu schenken. Auch in der Selektions- und Allokationsfunktion steckt eine große Herausforderung. Schule wird durch diese Funktion zur entscheidenden sozialen Dirigierungsstelle für die künftige soziale Sicherheit, für den künftigen sozialen Rang und für das Ausmaß künftiger Konsummöglichkeiten (Schelsky 1961, S. 71). Das heißt, sie hat eine enorme Auswirkung auf die Zukunftsperspektiven von Kindern und Jugendlichen. Das ist insofern problematisch, als dass in der Schule gesellschaftliche und soziale Ungleichheiten nicht aufgehoben, sondern fortgesetzt und reproduziert werden. Verschiedene Studien bestätigten dies in den vergangenen Jahren immer wieder (vgl. u.a. Shell 2002, Shell Deutschland Holding 2010, Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010 usw.). Die vorangehenden und begleitenden, durch das familiäre Umfeld festgelegten Bildungsvoraussetzungen schlagen auf den Schulerfolg durch und werden in der Schule fortgesetzt. Zwar werden Kinder und Jugendliche durch die individuelle Bewertung von Leistungen durch Noten und Zertifikate frühzeitig auf eine Leistungs- und Wettbewerbsgesellschaft vorbereitet. Durch diesen Vorgang erleben sie Selektion und müssen schon früh lernen mit Erfolgen und Misserfolgen (vgl. Hurrelmann 2004, S.94), sowie mit den Folgen sozialer Ungleichheit für ihre eigene Zukunft umzugehen (vgl ). Doch die schulische Selektion darf nicht aufgrund von sozialen Kriterien geschehen. Hier muss sich Schule verändern, um soziale Ungleichheiten nicht länger zu verstärken. Auch die Jugendhilfe darf hier nicht verpassen, ihre Verantwortung wahrzunehmen und gerade die Schüler/-innen zu fördern, die mit schlechteren Startbedingungen in das formale Bildungssystem eintreten. Das kann dadurch geschehen, dass sie nicht nur ihre Betreuungs- und Erziehungsfunktion, sondern auch ihren Bildungsauftrag verstärkt gegenüber sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen wahrnimmt. Zugleich ermöglichen die Angebote der Jugendhilfe einen bewertungsfreien Raum, in dem keine Selektion nach Leistung oder Herkunft geschieht. Damit stellt die Jugendhilfe für Kinder und Jugendliche einen wichtigen Gegenpol zur Schule dar. Es geschieht auch durch die persönlichen Beziehungsnetze, die in den Angeboten der Jugendhilfe geknüpft werden und in denen Ermutigung, Hilfe und Begleitung zum Umgang mit schulischen Misserfolgen und Selektion geschieht. Eine weitere Herausforderung ist die Distanz schulischer Lernprozesse zur alltäglichen Sozial- und Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen. In der Schule werden vor allem 30

31 stellvertretende Erfahrungen gemacht, während alltagsweltliche Erfahrungen der Lernenden nach wie vor eine geringe Rolle spielen (vgl. Ferchhoff 2011, S. 345f., vgl. weiter Holtappels & Hornberg 1997, S. 329). In der Jugendarbeit jedoch spielt die Rückbindung in die vorgelagerte primäre Lebenswelt eine wesentlich stärkere Rolle für Bildungs- und Lernprozesse als es in der Schule der Fall ist. Hier kann Schule von der Jugendarbeit lernen, um Lern- und Bildungsprozesse nicht länger von den lebensweltlichen Alltagserfahrungen abzukoppeln bzw. sie auf deren abstrakte Form zu reduzieren (vgl. Rauschenbach 2009, S. 171). Damit verbunden ist auch die Herausforderung des praktischen Nutzwertes schulischer Inhalte. Für Kinder und Jugendliche ist die praktische Verwertbarkeit schulischer Inhalte für das gegenwärtige und spätere Leben oft nicht leicht erkennbar (vgl. Rauschenbach 2009, S. 172f.). Dabei ist eine einseitige Ausrichtung der Fächer auf das Verhältnis der Menschen zur Natur und zur Maschine erkennbar (Physik, Chemie, Geographie).Das Verhältnis Mensch zu Mensch (Pädagogik, Medizin, Psychologie, Recht, Politik, Ökonomie) kommt im Gegensatz dazu nur am Rande vor (vgl. Richter 1999, S. 98). Damit werden industrielle Themen gegenüber dienstleistungsorientierten Themen vorgezogen. Im Zeitalter der Dienstleistung, in dem soziale und personale Kompetenzen aber an Bedeutung gewinnen, und im Zuge eines erweiterten Bildungsbegriffes wäre eine stärkere Förderung dieser Kompetenzbereiche von Bedeutung. Die Integrations- und Sozialisationsfunktion betont die gesellschaftskonstituierende Dimension von Bildung. So übernimmt Schule wichtige Teilaufgaben der Integration von Jugendlichen in die gesellschaftlichen Strukturen (ebd., S. 93). Dazu gehören zum Beispiel die Auseinandersetzung mit und die Einübung von gesellschaftlichen Normen und Prinzipien, Symbolen, Kulturtechniken, Grundwissensbeständen, Selbstverständnissen, gemeinsamen Fundamenten und Grundwerten (vgl. Ferchhoff 2011, S. 346). Insbesondere im Hinblick auf den hohen Prozentsatz von Schüler/-innen mit Migrationshintergrund nimmt diese Funktion eine wichtige Rolle ein. Aber auch im Zuge der Pluralisierung von Lebensstilen und den damit verbundenen Individualisierungsprozessen, in denen Biographien und damit verbundene Werte und Orientierungsmuster nicht mehr vorgegeben sind, spielt die Integrations- und Sozialisationsfunktion eine große Rolle. Die Vielzahl von Optionen, die in der Gesellschaft vorgelebt werden, kann auch überfordern und zu Orientierungslosigkeit und gesellschaftlicher Zersplitterung führen. Gerade Jugendhilfe kann hier in ganz verschiedenen Bereichen, z. B. in der offenen Jugendarbeit und in der Arbeit von weltanschaulichen Verbänden, Schule in ihrer Integrations- und Sozialisationsfunktion unterstützen und ergänzen. 31

32 Zur Sozialisation in der Schule tragen auch die Kontakte mit anderen Gleichaltrigen bei. Sie fördern gerade die informellen Lernprozesse, die in der Schule neben dem formalen Unterrichtsgeschehen stattfinden. So wirkt Schule, wenn auch nicht immer freiwillig von den Schüler/-innen gewählt, gemeinschaftsfördernd. Die Gemeinschaft wird vor allem jahrgangsklassenbezogen und altersgleich ermöglicht und hat für die Entwicklung und Bedeutung von Gleichaltrigengruppen einen besonderen Stellenwert (vgl. Mitterrauer 1986, S. 154). Damit einher geht aber auch die problematische Entwicklung der Schule als Ort der sprachlichen und physischen Gewaltausübung, der Schikanen und Hänseleien, des Mobbings und der Ethnisierung anderer (vgl. Fetscher 2006, S. 27). Ferchhoff (2011) stellt fest, dass schulische Herausforderungen heute darin bestehen, dass problematische Entwicklungen und abweichende, anomische Momente zugenommen haben, während die integrierenden Momente von Schule abgenommen haben (vgl. S. 336). Angesichts der zunehmenden problematischen Entwicklungen in der Schule sind Lehrkräfte mit ihrer Erziehungsaufgabe oft überfordert. Durch ihre Ausbildung sind sie zwar Experten für ihr Fach, doch in den erzieherisch-pädagogischen Aufgaben sind sie zu schmal ausgebildet. Sie werden oft allein gelassen und zu wenig von außen, z. B. durch Familie und Jugendhilfe, unterstützt (vgl. Ferchhoff 2011, S.336). Das weist auf die Notwendigkeit der Unterstützung von Schule durch Schulsozialarbeit aber auch durch Hilfen zur Erziehung oder durch andere Bereiche der Jugendhilfe hin, um in der Funktion der Sozialisation bei Kindern und Jugendlichen einen Beitrag zu einer positiven Sozialisation zu leisten. Eine weitere Herausforderung für die Schule stellt die Notwendigkeit dar, mehr Möglichkeiten zur Verantwortungsübernahme für Schüler/-innen im schulischen Kontext zu schaffen. Gerade um soziale Kompetenzen als Teil eines umfassenden Bildungskonzeptes zu erlernen, bedarf es Räume der Beteiligung, aktiven Mitbestimmung und der Einübung von Verantwortung für sich selbst, für eine Sache oder gar für andere. Die Einübung von Verantwortungsübernahme ist zentral für Bildungsprozesse. Zum einen trägt sie dazu bei, die soziale Außenwelt, die in der Schule vermittelt wird, nicht nur passiv wahr- und hinzunehmen, sondern handelnd in ihr tätig zu werden und damit Gesellschafts- und Demokratiefähigkeit zu stärken. Zum Anderen ist die Verantwortungsübernahme auch für die persönliche Lebensbewältigung zentral, denn im Erwachsenenleben ist sowohl im privaten und familiären Bereich als auch im Beruf die Übernahme von Verantwortung gefragt: gegenüber Partnern und Kindern, gegenüber Mitarbeiter/-innen, Kunden/-innen oder Patienten/-innen. So ist soziale Verantwortungsübernahme ein Bereich, der im Sozialraum Schule formelle und informelle Bildungsprozesse durch neue Erfahrungen initiieren könnte (vgl. Rauschenbach 2009, S. 175f). Auch im Hinblick auf die Prämisse von Schule als Lebensraum müssen Partizipationsmöglichkeiten der Jugendlichen im Kontext Schule Berücksichtigung finden. Gerade weil Schule einen großen zeitlichen Umfang des 32

33 jugendlichen Lebensraums einnimmt, eröffnen Räume der Mitwirkung und Partizipation eine Identifikationsmöglichkeit für die Schüler/-innen,ihren Lebensraum selbst mitzugestalten. Trotz der institutionellen Rahmenbedingungen könnten sie sich darin als autonom handlungsfähige Individuen (Helsper 2008, S. 148) erfahren. Dennoch schätzt ein Großteil der Schüler heute ihre faktischen Mitwirkungsmöglichkeiten eher gering ein oder sieht darin zu voraussetzungsreiche Formen der Schülerpartizipation, die wenige ansprechen (vgl. ebd., S. 149). Diese Herausforderung zielt auf die zentrale These dieser Arbeit ab, die davon ausgeht, dass freiwilliges, bürgerschaftliches Engagement, inner- und außerschulisch gedacht, zum einen eine Möglichkeit größerer der Mitwirkung und gestaltung von Schüler/- innen sein kann. Zum anderen kann es, als eine Form der Kooperation von Jugendhilfe und Schule, das Zusammenspiel von formellen und informellen Bildungsprozessen im Kontext Schule und Jugendhilfe fördern. Eine letzte Funktion von Schule, die hier kritisch diskutiert wird, ist die Personalisation. Darin geht es um die individuelle Stärkung einzelner Kinder und Jugendliche, die in der Schule einen Raum zur Subjektbildung und Entwicklung ganz individueller Fähigkeiten und Begabungen finden sollen. Dadurch wird den Schüler/-innen zu Selbstbildung und Entfaltung der Persönlichkeit verholfen und sie werden herausgefordert über Alltagserfahrungen zu reflektieren und autonome Bildungsprozesse anzustoßen. In einem gewissen Maße wird diese Funktion in der Schule sicherlich gewährleistet. Trotzdem fällt auf, dass Schule den Schüler/-innen ein hohes Maß an sozialer Anpassung abverlangt, das mit Disziplinierung und dem Zurückstellen eigener Bedürfnisse und Neigungen verbunden ist (vgl. Hurrelmann 2004, S. 95). Nicht alle Schüler/-innen können damit umgehen. So besteht durchaus die Gefahr von den Systemzwängen der Sozialisationsinstanz Schule in die Defensive gedrängt oder sogar überrollt zu werden (Tillmann 2000, S. 137). Die individuelle Persönlichkeit des Schülers/der Schülerin hat durchaus wenig Platz im Schulalltag. Jedoch gerade die persönliche Begleitung und Unterstützung ist ein Charakteristikum von Jugendhilfe. So sollten sich die Bildungsorte Schule und Jugendhilfe in ihrer Kooperation gezielt der Aufgabe widmen, junge Menschen auf ihrem Lebensweg zu begleiten und zu unterstützen, damit sie den Herausforderungen der modernen Gesellschaft gewachsen sind. Auch in Bezug auf die in 2.1 aufgeführten Trias von Betreuung, Erziehung und Bildung wird ein sich langsam vollziehender (oder noch ausstehender) Aufgabenwandel von Schule deutlich: Wurde Schule vor allem mit Bildung und Qualifikation in Verbindung gebracht, so muss sie heute in ihren Aufgabenfeldern umdenken. Erziehung und Betreuung finden zunehmend in der Schule statt, auch wenn diese Aufgaben traditionellerweise der Familie und der Jugendhilfe zugeschrieben wurden. Rauschenbach (2009) plädiert dafür, dass diese separierte Aufteilung der Zuständigkeiten nicht mehr den aktuellen Herausforderungen im 33

34 Prozess des Aufwachsens von Kindern und Jugendlichen gerecht werde. Statt einer Trennung dieser Dimensionen, bedürfe es eines besser abgestimmten Zusammenspiels von Bildung, Betreuung und Erziehung (ebd., S. 107). Der Ausbau der Schulen hin zu Ganztagsschulen verfolgt die Intention, die Dimension der Betreuung auszubauen. Damit wird die Jugendhilfe mit ihren Aufgaben nicht verdrängt, sondern unterliegt gerade der Notwendigkeit, in diesem Ausbau aktiv zu werden und sich stärker im Zusammenspiel mit Schulen in ihrem eigenen Aufgabenprofil einzubringen. Auch die Dimension der Erziehung in der Schule wird wichtiger, weil Kinder und Jugendliche immer mehr Zeit an Schulen verbringen. Zudem erleben sie in ihrem Lebensumfeld immer mehr Diskontinuität und Instabilität, z. B. durch Scheidung, Patch-Work-Familien, alleinerziehende Elternteile, erwerbstätige Eltern usw. Die Diskussion um die Herausforderungen von Schule und das Unterstützungspotential von Jugendhilfe darin soll mit einem letzten, das Thema bündelnden, Punkt abgeschlossen werden. Einen großen Handlungsbedarf erkennt Rauschenbach (2009) im Zuge der aktuellen Bildungsdiskussion in der Bedeutung der Alltagsbildung, die in 2.5 in der Beschreibung informeller Bildungsprozesse thematisiert wurde. Gerade weil die schulischen und formellen Bildungsprozesse Kinder und Jugendliche zu stark prägen, werden andere Bildungsakteure und formen oft vernachlässigt. Die Alltagsbildung, das Lernen in zentralen, alltäglichen Lebenszusammenhängen, wurde jedoch als wichtige Vorleistung identifiziert, auf die Schule zurückgreifen kann, um formale Bildungsprozesse zu individuellen Erfolgen bei Kindern und Jugendlichen führen zu können. Problematisch ist nun, dass diese Prämisse brüchig wird. Diese selbstverständliche Vorleistung ist die eigentliche Herausforderung von Schule (vgl. Rauschenbach 2009, S. 81). Das liegt vor allem an der Bildungswelt Familie, die in zunehmendem Umfang dem Anspruch an Bildungsprozessen von Kindern und Jugendlichen vor und neben der Schule nicht mehr gerecht werden kann. Zur Bildung vor der Schule zählen z. B. Spracherwerb, kognitive Grundausstattungen, Auffassungsgabe, Aufmerksamkeit usw. Zur Bildung neben der Schule gehört, dass vor allem die Familie durch Betreuung bei Hausaufgaben, Nachhilfe oder andere Ergänzungen im Bereich der kognitiv-emotionalen Reifung zusätzliche (schul- )stabilisierende Ergänzungsleistungen (ebd., S. 82) erbringt (vgl. ebd., S. 82f.). Darauf hat sich Schule bisher verlassen. Es muss eingestanden werden, dass die Familie aus verschiedensten Gründen Bildung vor und neben der Schule nicht mehr in diesem Umfang und Ausmaß leisten kann, wie es als Voraussetzung für formale Bildungsprozesse in der Schule heute notwendig ist. Daher wurde in den letzten Jahren verstärkt auf die Bildungsleistungen anderer Akteure der non-formalen und informellen Bildung aufmerksam gemacht (vgl. Bundesjugendkuratorium 2002; BMFSFJ 2005; Rauschenbach 2004 u.a.). Nur unter der Voraussetzung des Funktionierens dieser verschiedenen Bildungsakteure, die 34

35 Familie in das Netz dieser einbezogen, kann das Konzept Schule funktionieren (vgl. Rauschenbach 2009, S. 83). Oder mit anderen Worten: Nur im Zusammenspiel non-formaler, informeller und formaler Bildung kann Bildung in einem umfassenden Sinn gewährleistet werden. Welche Potentiale in diesem Zusammenspiel liegen, wurde in einigen Handlungsansätzen von Jugendhilfe im Kontext Schule schon in diesem Kapitel angeführt. Wie speziell sich die Jugendarbeit als Ort non-formaler Bildung von Schule unterscheidet und was sie einzubringen hat, wird im Kapitel 3.2 diskutiert Darstellung ausgewählter bildungspolitischer Veränderungen im Schulsystem In diesem Kapitel werden ausgewählt bildungspolitische Veränderungen dargestellt, die für die Darstellung im Thema dieser Arbeit wichtig sind. Da nach dem Grundgesetz die Bildungspolitik auf Länderebene wahrgenommen wird, verlaufen die Antworten der Schulen auf die gesellschaftlichen Veränderungsprozesse und Herausforderungen in der Schulentwicklung vor Ort ganz unterschiedlich. Insgesamt können aber einige gemeinsame Entwicklungsschritte genannt werden, die auf, die in der öffentlichen Diskussion identifizierten, Herausforderungen von Schule reagieren. Das Schulsystem Deutschlands als solches war bisher durchgängig ein Halbtagssystem, das auch weiterhin eine mehrgliedrige Sekundarstufenstruktur inne hat, die am Ende der Grundschule, das heißt der Primarstufe, eine starke soziale Selektion unter den Schüler/- innen vornimmt. In der Kultusministerkonferenz um Bildungsstandards wird aktuell die Frage einer größeren Vergleichbarkeit und Messbarkeit von schulischer Bildung thematisiert. Dabei sollen trotz der föderal organisierten Rahmenrichtlinien der Lehrpläne jedes Bundeslandes bundesweite Bildungsstandards eingeführt werden. Diese sollen zu einer Sicherung von sprachlichen sowie mathematisch-naturwissenschaftlichen Grundqualifikationen bei allen Schüler/-innen führen (vgl. BMFSFJ 2005, S. 426f.). In diesem Rahmen wurden ebenfalls bundesweite Schulvergleichstests eingeführt, die seither regelmäßig durchgeführt werden (vgl. Lindner 2010, S. 105). Zudem geht es um Fragen zur Verbesserung schulischer Chancengleichheit sowie der Einführung von stärker integrierten Bildungsgängen (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010, S.6). Wie schon im Punkt dargestellt wurde insbesondere im europäischen Vergleich und an den Ergebnissen von Pisa deutlich (vgl. PISA-Konsortium 2002, 2004, 2007), wie stark Schule soziale Ungleichheiten durch die 35

36 frühe schulische Selektion verstärkt, statt sie zu verringern. So stand und steht die Frage nach Chancengleichheit und der Verringerung des Zusammenhangs von Bildungserfolg und sozialer Herkunft im Raum. Ein Lösungsversuch von Seiten der Bildungspolitik liegt in der sich langsam vollziehenden Umstrukturierung des Halbtagssystems Schule zur Ganztagsschule (vgl. DJI Bulletin 2010, S. 3). Es ist innerhalb der nächsten Jahre zu prüfen, ob dieses Modell zur Verringerung sozialer Ungleichheiten im Schulsystem und zur Umsetzung eines erweiterten Bildungsbegriffes beisteuert. Inzwischen arbeitet fast jede zweite Schule des Primar- und Sekundarbereichs I im Ganztagsbetrieb, vor allem in offener Form (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010, S. 7, vgl. Kapitel 3.1.5). Eine weitere Veränderung, die an den eben genannten Punkt anschließt, und die vor allem für die Jugendhilfe von Bedeutung ist, ist die Öffnung von Schule. Sehr lange war Schule ein geschlossenes System, in dem vornehmlich Lehrer/-innen, Schüler/-innen, Eltern, Schulverwaltung und Schulpolitik agierten. Daneben gab es eine Reihe von Professionen, die an den Kontext Schule angebunden waren: Schulschwestern, Erzieher/-innen, Künstler/- innen, Schulpsychologen/-innen und seit den siebziger Jahren auch Schulsozialpädagogen/- innen bzw. Schulsozialarbeiter/-innen (vgl. Drilling 2009, S. 39f.). Im Zuge der beschriebenen gesellschaftlichen und innerschulischen Veränderungen und Herausforderungen wird deutlich, wie notwendig eine Kooperation von Jugendhilfe und Schule ist. Nur so können die komplexen, auf die Subjekt- und Persönlichkeitsentwicklung bezogenen Bildungsziele umgesetzt werden. In der öffentlichen Diskussion um einen in seiner Komplexität verstandenen Bildungsprozess wurde deutlich auf die Verschränkung verschiedener Bildungsorte hingewiesen. Schule und Jugendhilfe haben gemeinsam, dass sie Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung unterstützen, Bildungsprozesse fördern und zur Integration in die Gesellschaft verhelfen (vgl. Münchmeier 2010, S. 80f.). Dabei arbeiten sie in unterschiedlichen Settings und bringen ihre je unverzichtbaren Kompetenzen ein (vgl und 3.3). Trotz auftretender Schwierigkeiten liegen mittlerweile viele verschiedene Formen von Kooperationserfahrungen vor, allerdings von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich intensiv. Dies soll an dieser Stelle aber nicht ausgeführt werden. Zu diesen Kooperationserfahrungen gehört die Schulsozialarbeit, die sich in zweierlei Formen etablierte: als ein eigenes Handlungsfeld der Jugendhilfe an der Schule (additives Modell) oder in Form einer formalisierten Kooperation von Schule und Jugendhilfe als integratives Modell (vgl. Drilling 2009, S. 11f., S. 93). Auch die Öffnung von Schule in vielen Bundesländern für außerschulische Träger der Jugendarbeit und der Jugendsozialarbeit kann zu dieser Entwicklung gezählt werden. Mit dem Ausbau von Ganztagsschulen stehen die Kooperationen vor neuen Aufgaben und damit verbundener Chancen. 36

37 Neben dieser bundesländer-übergreifenden Entwicklung gibt es eine Vielzahl von Modellversuchen, die auf die Notwendigkeit einer Reform der Strukturen innerhalb des Sekundarstufensystems reagieren. Mit diesen Modellen versucht man auf die Herausforderungen in der Institution und im Lebensraum Schule zu reagieren sowie auf die veränderten gesellschaftlichen Bedingungen, den demographischen Wandel und den,pisa- Schock 8 einzugehen. Dazu gehört zum Beispiel die Zusammenlegung der Real- und Hauptschulen, Stadtteilschulen-Konzepte, z.b. in Bremen, oder Überlegungen zur Verlängerung der Grundschulzeit um zwei Jahre (vgl. Beikler & Burchard 2010). In Bayern wurden ebenfalls neue Seminartypen an Gymnasien für die Sekundarstufe II eingeführt, wie das P-Seminar 9, das W-Seminar 10 und die Berufs- und Studienorientierung. Diese sollen es ermöglichen besser auf die verschiedenen Kompetenzbereiche einzugehen. Dabei spielen auch außerschulische Träger der Jugendhilfe eine wichtige Rolle (vgl. Bayrisches Gymnasialnetz, Als letzte bildungspolitische Veränderung soll an dieser Stelle noch die Verkürzung des Gymnasiums auf acht Jahre genannt werden, die mittlerweile in beinahe allen Bundesländern eingeführt wurde eine Entscheidung des Kultusministeriums zur Sicherung internationalen Wettbewerbsfähigkeit und Vergleichbarkeit, die insgesamt eher kritisch von vielen Seiten eingeschätzt wird (vgl. Rauschenbach 2010, S. 146) Soziologisch-biographische Konsequenzen für Kinder und Jugendliche Aus den Ausführungen der letzten drei Kapitel können vielschichtige soziologischbiographische Konsequenzen für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen aufgeführt werden. 8 Als Pisa-Schock wird die Reaktion auf die Schulstudie PISA 2000 und ihre Veröffentlichung im Jahr 2001 bezeichnet. In dieser Studie wurden international Leistungsvergleiche bei 15-Jährigen vorgenommen. Die Bundesrepublik Deutschland schnitt dabei in allen Testbereichen (Lesen, Mathematik, Naturwissenschaften) unter dem OECD-Durchschnitt ab. Dies entfachte eine Debatte über Bildung und das Bildungssystem, die sich zwar vorher schon latent abgezeichnet hatte, aber für die erst mit den PISA-Ergebnissen die politische Notwendigkeit und der gesellschaftliche Handlungsdruck zu Reformen im Erziehungs- und Bildungssystem entstand (vgl. Rauschenbach & Otto 2004, S. 9f., vgl. weiter Deutsches PISA-Konsortium 2001). 9 Das P-Seminar steht für Projekt-Seminar und dient in der Sekundarstufe II in Bayern zur Studien- und Berufsorientierung. Schüler/-innen setzen sich damit auseinander, welche Anforderungen von Hochschule und Berufswelt gestellt werden. Zudem führen die Schüler/-innen ein Jahr lang ein Projekt mit einem externen Kooperationspartner durch (vgl Das W-Seminar ist die Abkürzung für wissenschaftspropädeutisches Seminar. Es geht in diesem Seminar darum, den Schüler/-innen das forschende Lernen nahezubringen. Sie verfassen eine Seminararbeit zu einem wissenschaftlichen Thema, um an das wissenschaftliche Arbeiten in Hochschulen herangeführt zu werden (vgl. 37

38 Eine erste Konsequenz ist die Verschulung der Jugendphase. Der Bildungs- und Lernaspekt ist heute ein zentrales Merkmal der Jugendphase (vgl. Hurrelmann 2009, S. 82). Ferchhoff (2011) formuliert, dass Jugend heute in formaler Hinsicht Schuljugend sei, Jung sein mit Schüler sein gleichsetzt werden könne (vgl. S. 335). Schule ist die allgegenwärtige, mächtige und in vielerlei Hinsicht lebensprägende Instanz im Jugendalter (ebd.). Im Rückblick auf die geschichtliche Entwicklung ist zu sagen, dass der Prozess der Verschulung der Jugendphase in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit der Einführung der staatlichen Schulpflicht in Preußen begann und erst zum Ende des 19. Jahrhunderts als vorerst abgeschlossen galt. Dieser Prozess war mit erheblichen Folgen für Kindheit und Jugend verbunden. Neben die Erziehungsinstanz der Familie und die Begrenzungen durch gesellschaftlichen und ökonomischen Status trat die Entscheidungsinstanz der Schule, die nunmehr über Begabung und Erfolg zu bestimmen hatte (ebd., S. 333) und nun Lern- und Arbeitswelt voneinander trennte. Die Verschulung bis Ende des 19. Jahrhunderts zog sich für die meisten Schüler und Schülerinnen nur bis zum 13. oder 14. Lebensjahr und endete dort mit dem Abschluss der Volksschule (heute Hauptschule), der Einmündung in eine Berufsausbildung oder als ungelernte Arbeiter direkt in die Erwerbstätigkeit (vgl. Zinnecker 1997, S. 484ff.). Nur einer kleinen Gruppe, zumeist männlichen Schülern, war die Möglichkeit des Besuchs eines Gymnasiums und der Universität vorbehalten (vgl. Shell Deutschland Holding 2010, S. 70). Vor allem im Zuge der westdeutschen Bildungsexpansion in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts und der Freistellung von Erwerbsarbeit für Jugendliche vom 14. bis zum 16. Lebensjahr, und je Schulart auch noch danach, brachte eine Zurückdrängung der Bedeutung der Erwerbsarbeit als Erfahrungsbereich mit sich. Diese Entwicklung kann auch heute, trotz Verkürzung der Schulzeit und Einführung von Bachelor-Jahrgängen, festgestellt werden. Zwar ist jede/r dritte Schüler/-in gelegentlich neben der Schule in Nebenjobs beschäftigt (unter Studenten sogar jeder zweite), zwar gehören Praktika zu schulischen Pflichten und werden in Wartezeiten zwischen Schule und Eintritt in den Beruf Arbeitsprozesse simuliert (zum Beispiel durch Berufsvorbereitende Maßnahmen der Arbeitsagentur). Dennoch spricht Ferchhoff (2011) von einer Arbeitsweltentzogenheit (S.334) der heutigen Jugend. Dies ist mit Auswirkungen auf Schule und die Jugendphase verbunden: Zum einen kommt es zu einer Entkoppelung von kognitiven bzw. abstrakten Lernprozessen und praxisbezogenen Arbeitsprozessen (ebd.). Zum anderen werden Jugendliche aus der Arbeitswelt ausgegliedert und verbringen die Zeit des Jugendalters im institutionalisierten Bildungswesen. Mit der Verschulung ist unmittelbar der Aspekt der Ausdehnung der Jugendphase verbunden. Von einer vertikalen Ausdehnung ist zu sprechen, weil Kinder und Jugendliche früher und länger in Institutionen der Betreuung, Erziehung und Bildung sind: beginnend mit 38

39 Krippe, Kindergarten und Vorschule und fortgesetzt im Schul-, Ausbildungs- und Hochschulsystem (vgl. Ferchhoff 2011, S. 335). So sind 60% der heute berufstätigen Mütter auf Kinderkrippen und Kindergärten angewiesen, die die Kinder in der Regel im Alter von zwei bis drei Jahren und im Alter von drei bis sechs Jahren besuchen (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010, S. 49f.). Der gestiegene Anteil der Einschulungen im Alter von sechs Jahren, 2002 noch 32%, 2008 schon 51%, wird im Bildungsbericht die Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2010) auf die bildungspolitische Intention zurück geführt, eine frühere schulische Förderung von Sechsjährigen zu bewirken (vgl. S. 58). Der abnehmende Anteil der Jährigen im Primarbereich in Ländern mit vierjähriger Grundschule weist wiederum auf ein sinkendes Alter der Schüler beim Übergang in die weiterführenden Schulen hin. An diesen Entwicklungen ist eine Vorverlagerung von formalen Bildungsprozessen zu erkennen, weil Kinder immer früher an Institutionen der Bildung herangeführt werden. Der Kreislauf der Ausdehnung der Jugendphase setzt sich in der Beteiligung an weiterführender Schulbildung 11 fort: Dort sank von Anfang der 1950er Jahre der Anteil der 13-jährigen Schulkinder, die im Anschluss an die Primarstufe eine Hauptschule besuchten, von 79% auf 22%, während der Besuch der Realschule von 6% auf 26% und der des Gymnasiums von 12% auf 33% stieg (vgl. ebd., S. 76). 37% aller Jugendlichen beenden heute die Schule nach 12 und 13 Jahren mit einem Fachabitur oder dem allgemeinen Abitur, 37 % nach 10 Jahren mit dem Abschluss der Realschule, der mittleren Reife (vgl. Ferchhoff 2011, S. 337). Daran schließen sich in der Regel zwei bis drei Jahre Ausbildung und/ oder 3,5 Jahre Bachelor-Studium und ggf. 1,5 bis zwei Jahre Masterstudium an. Der Anteil an Studienanfängern zwischen 18 und 22 Jahren an Universitäten und Hochschulen ist von 19% im Jahr 1980 auf 31% bis Ende der 1980er gestiegen und hat sich im Zeitraum von 1990 bis 2008 stetig auf 40% 12 erhöht (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010, S. 121). Das heißt, dass Jugendliche heute wesentlich mehr Zeit mit schulischer und beruflicher Bildung verbringen, als noch die Generation ihrer Eltern und Großeltern. Jugendliche erwerben ebenfalls einen höheren Bildungsabschluss als die Generation ihrer Eltern und Großeltern (vgl. Shell Deutschland Holding 2010, S. 71). Die Folge dessen schließt an den Aspekt der Arbeitsweltentzogenheit durch die Verschulung an: Der Zeitpunkt bis zum Eintritt in das Berufsleben und die ökonomische Selbstständigkeit verschiebt sich 11 Die weiterführenden Schulen sind Schulen, die nach der Grundschule in der Sekundarstufe besucht werden. Dazu gehören in der Sekundarstufe I Gesamtschulen bis Klasse 10, Hauptschulen, Realschulen, verbundene Haupt- und Realschulen und Gymnasien bis zur Klassenstufe 10. Zur Sekundarstufe II gehören gymnasiale Oberstufe, Oberstufe in Gesamtschulen, Fachgymnasien, Fachoberschulen, Berufskollegs, Fachakademien, Berufsfachschule, Berufsaufbauschulen, Fachschulen, Berufsgrundbildungsjahr und Berufsbildende Einrichtungen im dualen Ausbildungssystem (vgl. Ferchhoff 2011, S. 337). 12 Bezogen auf diejenigen Studienanfänger, die das deutsche Schulsystem durchlaufen haben, lag die Studienanfängerquote 2008 jedoch nur bei 34% (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung, S. 122). 39

40 nach hinten (vgl. Shell Deutschland Holding 2010, S. 71). Damit verläuft auch die Jugendphase und der Eintritt ins Erwachsenenalter nicht mehr einheitlich-kollektiv, sondern zerfällt in plurale Verlaufsformen, sodass von einer Pluralisierung der Lebensphase Jugend gesprochen wird (vgl. Ferchhoff 2011, S. 327). Die Kehrseite der Entwicklung, die als Bildungsexpansion bezeichnet wird, ist der weiterhin von hoher Chancenungleichheit geprägte Bildungszugang. Der Bildungshintergrund der Eltern, sowie die soziokulturellen und sozioökonomischen Bedingungen der Herkunftsfamilie sind nach wie vor entscheidende Voraussetzungen für die Bildungslaufbahn von Kindern und Jugendlichen. Je nach sozialer Herkunft haben Kinder und Jugendliche unterschiedliche Startchancen, die im Verlauf des formalen Bildungssystems nicht ausgeglichen, sondern verstärkt werden. Das hängt mit der sehr frühen leistungsbezogenen Aufteilung der Schüler/-innen auf verschiedene Schularten zusammen. Durch diese Selektion wird der schulische Abschluss und damit die späteren Berufsmöglichkeiten entscheidend beeinflusst. Aus der Ansammlung eines homogenen Leistungsniveaus folgt dann, dass die Bildungsqualität bei einer Gruppe von leistungsschwachen Schülern noch weiter absinkt - vor allem in Haupt-, Förder- und Sonderschulen (vgl. Shell Deutschland Holding, S. 72; vgl. PISA-Konsortium Deutschland 2004). So liefert die schulische Funktion der Selektion, aber auch die härter werdenden Prinzipien von Leistung und Konkurrenz zentrale Hinweise dafür, dass sich Bildung [...] in Deutschland also weiterhin sozial vererbt (Shell Deutschland Holding 2010, S. 72). Dies betrifft vor allem (zumeist männliche) Hauptschüler/-innen, Sonderschüler/-innen und Schüler/-innen mit Migrationshintergrund (vgl. Hurrelmann 2004, S. 91ff.). Diese Schülergrupppen blicken deutlich weniger zuversichtlich in ihre Zukunft, da sie sich ihrer schulischen Perspektiven nicht so sicher sein können, als vergleichsweise Jugendliche mit höheren, umsetzbaren schulischen Zielen (vgl. Shell Deutschland Holding, S. 76). Neben der horizontalen Ausdehnung der Jugendphase ist eine vertikale Ausdehnung festzustellen, denn Jugendliche verbringen heute wöchentlich immer mehr Zeit in der Schule bzw. in Vorbereitung für die Schule: In der bayrischen G8-Stufe wurde in der 11. Klasse von einer wöchentlichen Arbeitsbelastung von 33 bis 36 Pflichtstunden berichtet ( Vor- und Nachbereitung eingeschlossen von über 40 Wochenstunden) (vgl. Landes-Eltern- Vereinigung der Gymnasien Bayern e.v. 2010). Sichtbar wird die vertikale Ausdehnung auch an der großen Nachfrage nach Nachhilfe. Der 12. Kinder- und Jugendbericht (2005) formuliert, dass Unterricht und Lernen außerhalb der Schule in Deutschland zum Alltag von Familien gehörten (vgl. S. 445). Dabei erhalten knapp 33 % der Neuntklässler/innen in Deutschland Nachhilfeunterricht (vgl. Rauschenbach u.a 2004, S. 337), unter ihnen vor allem Real- und Gymnasialschüler/innen (vgl. Hollenbach/Meier 2004). Dabei kann davon ausgegangen werden, dass diese Zahlen innerhalb der letzten Jahre noch zugenommen haben, insbesondere an Gymnasien, u.a. durch die Einführung von G8 und der damit 40

41 verbundenen Verdichtung von schulischen Anforderungen. Rudolph (2002) beschreibt Nachhilfe als ein Mittel zur Erreichung höherer Bildungsziele und zur Chancenverbesserung auf dem Arbeitsmarkt (vgl. Rudolph 2002, S. 44f). Dieses Mittel können sich aufgrund der damit verbundenen Kosten jedoch zumeist nur Eltern mit guten Einkommen leisten 13. Das heißt, dass das Angebot institutioneller Nachhilfe zur Verstärkung sozialer Bildungsungleichheiten beiträgt (vgl. Schneider 2005, S. 377). Aus den bisher aufgeführten Aspekten der horizontalen und vertikalen Ausdehnung des Jugendalters, die eng verwoben sind mit den Veränderungen im Gesellschafts- und Bildungssystem, ergibt sich eine Verdichtung von Bildungsprozessen. Denn frühere Einschulung, frühere Übergänge in weiterführende Schule und die Verkürzung des neunjährigen Gymnasiums auf acht Jahre bringen eine steigenden Arbeitsbelastung mit sich. Das verändert insgesamt die Qualität von Kindheit und Jugend. Kinder und Jugendliche befinden sich in einem Zustand der Polysynchronizität (Lüders 2007, S. ). Dieser Begriff beschreibt die Zumutung, dass Schüler/-innen zwischen verschiedenen Zeitrhythmen permanent umschalten: biografischer Zeit, Familienzeit, Schulzeit, Freizeit, Arbeitszeit, Internet-Zeit. Gleichzeitig, haben sie aber durch höhere Lernanforderungen und erwartungen weniger Zeit zur Verfügung (vgl. Lindner 2010, S. 104). Wurde früher die Jugendphase von Erwachsenen noch als pädagogischer Schonraum betrachtet, der lediglich der Vorbereitung und des Übergangs von der Kindheit in das Erwachsenenalter (Hornstein 1997, S. 13) diente, so wird das heute weder von Jugendlichen noch von Erwachsenen mehr so gesehen (vgl. Ferchhoff 2011, S. 308). Zu dieser Entwicklung tragen viele Faktoren bei. Ein zentraler Faktor ist das institutionalisierte Bildungssystem, in dem sich Kinder und Jugendliche heute schon sehr früh der Frage stellen müssen, wie ihr Weg ins Berufsleben gestaltet werden soll. Damit hängen früh zu treffende Entscheidungen zusammen: Welche Schulart wird am Ende der Grundschule gewählt? Welches Studium oder welche Ausbildung soll angeschlossen werden und wie wird nach Abschluss von Studium und Ausbildung der Berufseintritt gestaltet? Der schulische Druck steigt enorm, denn Kindern und Jugendlichen wird heute schon früh deutlich gemacht, dass ihre Zukunfts- und Lebenschancen im Wesentlichen darauf beruhen, welchen schulischen Bildungsweg sie oder ihre Eltern für sie gewählt haben (vgl. Ferchhoff 2011, S. 338). Dazu kommt, dass ein längeres Verbleiben im Bildungssystem durch höhere Abschlüsse, Inkaufnehmen von Warteschleifen, Praktika und Auslandsaufenthalten zu einem verbesserten Ausbildungs- und Beschäftigungschancen führt. So hat sich die Jugendphase im 20. und 21. Jahrhundert als eigengewichtige Lebensphase verselbstständigt. Sie hat keinen Übergangscharakter mehr, weil sie sozial und 13 Arbeiterkinder nehmen sehr viel seltener Nachhilfe in Anspruch als Kinder aus Akademiker-, Beamten- oder Angestelltenhaushalten (Rudolph 2002, S. 99). 41

42 arbeitsmarktpolitisch in die Länge gezogen ist. Dazu kommt, dass trotz eines hoch qualifizierten Schul- und Berufsabschlusses die Privilegien des Erwachsenenalters, zum Beispiel ein gesicherter Arbeitsplatz, langfristige berufliche Perspektiven, ein gesichertes Einkommen und ein hoher Lebensstandard, keinesfalls gewährleistet sind (vgl. Ferchhoff 2011, S. 338). Jugendliche erleben heute, dass sie trotz individueller Anstrengungen nicht unbedingt den gewünschten Studien-, Ausbildungs- oder Arbeitsplatz bekommen. Das hängt mit einem Qualifikationsparadox (Mertens 1984), zusammen. Gerade weil das formale Bildungs- und Qualifikationsniveau angehoben worden ist, kommt es zur Entwertung aller Bildungsabschlüsse: Für Ausbildungsberufe, für die früher ein Hauptschulabschluss als Qualifikation ausreichte, wird nun ein Realschulabschluss bevorzugt. Trotz des Abiturs muss man Wartezeiten für bestimmte Studiengänge in Kauf nehmen und ein Studium ist keine Absicherung für die oben genannten Privilegien. Die Shell-Studie (2010) ermittelte, dass fast die Hälfte der Hauptschüler und über ein Drittel der Realschüler einen höheren Abschluss anstreben (vgl. Shell Deutschland Holding 2010, S. 75). Das Bewusstsein aufgrund prekärer Arbeitsmärkte und insgesamt höhere Qualifikationsanforderungen in der Berufswelt von Arbeitslosigkeit, Armut und gesellschaftlicher Marginalisierung betroffen zu sein, wird frühzeitig geprägt (vgl. Ferchhoff 2011, S. 338). Das führt zu einem steigenden schulischen Druck, starkem Leistungsdenken, Konkurrenzkampf und noch größeren Qualifikationsbemühungen. Damit können auch Stress, Schulangst und Aggressionen aufgrund von Versagen und Enttäuschungen in der Schullaufbahn zusammen hängen. Es gibt viele sozialwissenschaftliche, medizinische, psychiatrische und psychologische Befunde, die auf einen hohen Anteil von Kindern und Jugendlichen hindeuten, die schulische Leistungs-, Lern- und Konzentrationsschwierigkeiten, Verhaltensauffälligkeiten, dauerhafte Schulmüdigkeit und Schulschwänzen aufweisen. Dazu kommen all die Beispiele von nach innen und nach außen gerichteten Aggressionen von Kindern und Jugendlichen, die sich in den letzten Jahren verstärkt in der Schule geäußert haben. In einer Studie der DAK (2010) berichten 38% der Schüler über wöchentliche psychosomatische Beschwerden, am häufigsten Einschlafprobleme und Gereiztheit, bei Mädchen verstärkt auch Kopfschmerzen. Außerdem gibt es Hinweise, dass die Altersgruppe der 14- bis 17-jährigen Gymnasiasten stärker unter Beschwerden leidet als die Vergleichsgruppe. Von den Schüler/-innen mit häufigen Beschwerden geben mehr als zwei Drittel an, in der Schule regelmäßig negative Gefühle zu erleben, zum Beispiel genervt, erschöpft oder verzweifelt zu sein oder starke Prüfungsängste zu haben (vgl. DAK; Leuphana-Universität 2010, S.8f.). Es wäre zu kurz gedacht, diese Entwicklungen auf die Veränderungen im Bildungssystem und den Arbeitsmärkten zurückzuführen. Dazu tragen ebenso schwierige biographische Erfahrungen, familiäre Konflikte, problematische Gleichaltrigenkontakte usw. bei. Dennoch ergeben sich aus den aufgeführten Aspekten, insbesondere der schulischen Verdichtung, 42

43 des schulischen Leistungsdruckes und der frühzeitigen Selektionsfunktion, problematische Konsequenzen für Kinder und Jugendliche. Dort müssen Bildungs- und Gesellschaftssysteme kritisch hinterfragt werden und Handlungsnotwendigkeiten und - ansätze für Schule, Schulsozialarbeit, Jugendarbeit, sowie andere Einrichtungen der Jugendhilfe abgeleitet werden. Auch ergibt sich daraus die Notwendigkeit Familien zu stärken und Eltern zu helfen, damit sie geeignete Formen der Unterstützung und Ermutigung für ihre Kinder finden Die Entwicklung der Ganztagsschule Im folgenden Kapitel soll die Entwicklung der Ganztagsschule aus dem Blickwinkel des Zusammenspiels formeller und informeller Bildungsprozesse und der Kooperation von Jugendhilfe und Schule als Lebensraum untersucht werden. In der Einführung des Kapitels 3.1 wurde hervorgehoben, dass Schule als Institution ein zentraler Pfeiler formeller Bildungsprozesse für Kinder und Jugendliche ist und dass Schule als Lebensraum auch ein Setting für informelles Lernen ist. Zugleich musste in das Fazit gezogen werden, dass Schule in ihrem bisherigen Konzept nicht in der Lage war, soziale Ungleichheiten zu verringern. Mit den enttäuschenden Ergebnissen deutscher Schüler/-innen in der PISA-Studie (2001) wurde ein bildungstheoretischer und -politischer Perspektivenwechsel angestoßen, der die Bereitstellung vielfältiger Lernkonstellationen und sozialräumlich vernetzter Bildungsangebote von Schule und Jugendhilfe innehat. Es wurde deutlich, dass es das Zusammenspiel formeller, informeller und non-formaler Bildung benötigt wird, um Bildung in einem umfassenden Konzept zu sehen, in dem Prozesse der Persönlichkeitsentwicklung und der subjektiven Handlungsbefähigung angestoßen werden (vgl. Soremski u.a. 2010, S. II). Eine weitere Weichenstellung für die Ganztagsschule war die Erkenntnis, dass es frühzeitige, individuelle Förderung erfordert, um dem Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildungserfolg entgegenzuwirken. Um dieses Konzept umzusetzen, wird eine besser aufeinander abgestimmte und einander komplementierende Zusammenarbeit der Trias Bildung, Erziehung und Betreuung auch aus den veränderten gesellschaftlichen und familiären Rahmenbedingungen heraus- benötigt. So lässt sich der Ausbau von Ganztagsschulen, der 2003 mit dem Investitionsprogramm Zukunft Bildung und Betreuung der Bundesregierung begonnen hat, vielfältig begründen. Dieser nimmt das Ziel der individuellen Förderung jedes/r Schülers/in und der Umsetzung eines erweiterten Bildungsbegriffes in den Blick (vgl. Arnoldt 2009, S. 63; vgl. weiter Bundesministerium für Bildung und Forschung 2003). 43

44 Es gibt drei vorrangige Formen, um das Konzept der Ganztagsschule 14 umzusetzen: 1. die gebundenen Ganztagsschulen, an denen alle Schüler/-innen ganztägig verpflichtend teilnehmen müssen, 2. die teilweise gebundenen Ganztagsschulen, deren Ganztagsangebot nur für einen Teil der Schüler/-innen verpflichtend ist, 3. offene Ganztagsschulen, die bisher häufigste Form, deren Angebote freiwillig sind und nur von einem Teil der Schüler in Anspruch genommen werden (vgl. BMFSFJ 2005, S. 485). Abb. 03: Quantitativer Ausbau des Ganztagsschulangebots im Primar- und Sekundarbereich I 2002 bis 2008 nach Schularten*; Quelle: Bildung in Deutschland 2010 in: Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2010), S. 73. Seit 2002 wurde der Ganztagsbetrieb stark ausgebaut (vgl. Abb. 03). Mit einem Gesamtanteil von 42 % an allen schulischen Verwaltungseinheiten des Primar- und Sekundarbereichs I wird mittlerweile an mehr als jedem dritten Schulstandort in Deutschland Ganztagsbetrieb angeboten (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010, S. 73). Der Ausbau bezieht sich vor allem auf die Einrichtung von Ganztagsschulen in offener Form und überwiegt innerhalb der Angebote von Grundschulen (88 %), Realschulen (79 %), Gymnasien (76 %) und auch an Schulen mit mehreren Bildungsgängen (59 %) (vgl. ebd., S. 74). Den Stand des Ausbaus der Ganztagsschulen in Deutschland und unter den einzelnen Bundesländern zeigt die folgende Grafik (vgl. Abb. 04). Als Datengrundlage dienen die Daten aus der Kultusministerkonferenz (KMK), die zum Schuljahr 2007/08 vorliegen. 14 Ganztagsschulen als Verwaltungseinheiten oder schulartspezifische Einrichtungen sind Schulen, die an mindestens drei Tagen in der Woche ein mindestens sieben Zeitstunden umfassendes Angebot zur Verfügung stellen. Darin wird ein Mittagessen bereitgestellt und ein außerunterrichtliches Angebot organisiert, das in einem konzeptionellen Zusammenhang mit dem Unterricht steht. Ganztagsangebote, die an Schulzentren mit mehreren Schularten bereitgestellt werden, werden als Verwaltungseinheiten bezeichnet (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010, S. 75). 44

45 Abb. 04: Verwaltungseinheiten mit Ganztagsbetrieb in öffentlicher und privater Trägerschaft im Bundesländervergleich ( ; absolut und in %; Quelle: Sekretariat der KMK 2009 in: Rauschenbach u.a. 2010, S. 220 Aus Sicht der Jugendarbeit ist nicht die Anzahl der Verwaltungseinheiten von Ganztagsschulen vorrangig bedeutsam. Vielmehr interessiert sie die Frage, wie viele Schüler/-innen tatsächlich an Ganztagsschulangeboten teilnehmen, denn daraus folgt, dass sie weniger an Angeboten der Jugendarbeit teilnehmen können (vgl. Rauschenbach u.a. 2010, S., 212; vgl. Abb. 05): Abb. 05: Teilnahme der Schüler/innen am Ganztagsschulbetrieb an allgemeinbildenden Schulen in öffentlicher und privater Trägerschaft im Bundesländervergleich ( ; absolut und in %; Quelle: Sekretariat der KMK 2009 in: Rauschenbach u.a. 2010, S. 222 Deutlich wird, dass der Anteil an teilnehmenden Schüler/-innen im Ganztagsbetrieb in allen Bundesländern im Zeitraum von 2003 bis 2007 erheblich gestiegen ist und damit eine 45

46 zunehmende Zahl an Kindern und Jugendlichen betrifft. Deutschlandweit ist eine Verdoppelung der Schüler/-innen an Ganztagsschulen von 2003 bis 2007 zu verzeichnen. Neben der Schule gibt es eine Reihe von Organisationen, Institutionen, Vereinen und Verbänden, die sich mit der Begleitung, Unterstützung, Förderung und Ausbildung von Kindern und Jugendlichen befassen und einen wichtigen Beitrag zur Persönlichkeitsbildung liefern. Die bundesweite Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen (Holtappels u.a. 2005, 2007) wies auf, dass externe Partner für die Entwicklung von Ganztagsschulen eine große Rolle spielen (vgl. Arnoldt 2010, S. 12). Das zeigen die Daten der ersten und der zweiten Studie aus den Jahren 2005 und Darin nahm der Anteil der Schulen, die mit außerschulischen Partnern zusammen arbeiten, von 72 % auf 83 % zu und die durchschnittliche Anzahl der Partner pro Schule stieg von 3,7 auf 5,7 an. Zu den Kooperationspartnern gehören zu 60 % frei-gemeinnützige, zu 23 % öffentliche und zu 17 % gewerbliche Anbieter (Kirchen, Sportvereine, Musikschulen, Betriebe, kompetente Einzelpersonen). Vor allem Sportvereine und die Jugendhilfe führen Angebote durch. Die Jugendhilfe ist insbesondere in den Bereichen der Jugendämter und Jugendsozialarbeit in Ganztagsschulen tätig, während die außerschulischen Akteure der Jugendarbeit bisher eher randständige Kooperationspartner sind (vgl. ebd.). Es ist festzustellen, dass die Funktion dieser Partner vor allem auf den Bereich der Betreuung und Erziehung bezogen ist. Jedoch stoßen diese Kooperationspartner ebenso Bildungsprozesse an, vor allem im Bereich der non-formalen und informellen Bildung. Diese Art der Bildung wird auf Seiten der Schule und Politik oft nicht wahrgenommen bzw. nicht als gleichwertig zur formalen Bildung eingestuft (vgl. Arnoldt 2009, S. 64; vgl. weiter Otto & Rauschenbach 2004). In dieser Arbeit wird jedoch betont, dass gerade weil im Konzept der Ganztagsschule Schule und Jugendhilfe (außerschulische Akteure der Jugendarbeit einbezogen) kooperieren, ein erweiterter Bildungsbegriff umgesetzt werden kann. Die kooperierende Ganztagsschule bietet die Möglichkeit, andere Formen des Lernens zu nutzen und verschiedene Kompetenzbereiche anzusprechen, stärker nicht-kognitive Elemente zu integrieren und damit einen erweiterten Bildungsauftrag wahrzunehmen, der Bildung, Betreuung und Erziehung nicht separiert behandelt (vgl. Rauschenbach 2008, S. 30). Das belegen auch die Ergebnisse der Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen (StEG) (Holtappels u.a. 2005, 2007). Darin wird deutlich, dass auf Seiten aller Kooperationspartner in der Schwerpunktsetzung der Angebote zu 30 % der Bildungs- und Freizeitaspekt genannt wird, mit 15 % der Betreuungsaspekt und mit 15 % die Benachteiligtenförderung (bei der Jugendhilfe zu 30%) (vgl. Arnoldt 2009, S. 69). 46

47 Rauschenbach (2009) stellt drei konzeptionelle Grundpfeiler heraus, die er als wesentlich für die Umsetzung einer Ganztagsschule hält, weil sie einen erweiterten Bildungsbegriff integrieren und auf die Herausforderungen von Schule eingehen: 1. Die Entwicklung eines formen- und inhaltserweiternde[n] Bildungsangebote[s] an Ganztagsschulen (ebd., S. 177) (das heißt keinen Ganztagsunterricht) 2. Die Entwicklung eines ineinander verwobenen Konzepts, das den Vormittag nicht auf anstrengende Arbeit und den Nachmittag auf ein Erholungsprogramm reduziert; 3. Keine Trennung in eine Halbtagsschule für leistungsfähige sowie eine Ganztagsschule für bildungsbenachteiligte Jugendliche (ebd.). Die Ganztagsschule soll zwar zum einen zum Abbau von sozialen Ungleichheiten und Bildungsungleichheiten einen Beitrag leisten und besonders jene Familien entlasten, deren Elternteile erwerbstätig sind und/ oder aufgrund der eigenen Biographie und Bildung wenig zur Förderung ihrer Kinder beitragen können. Auf der anderen Seite darf Schule nicht zu einem Ort der Bestrafung für mangelnde Bildungsfähigkeit (ebd.) werden (vgl. S. 177f.). Hinsichtlich dieses Aspektes lässt der Bildungsbericht (2010) aber eine positive Entwicklung erkennen. Dort wird aufgeführt, dass der Ganztagsbetrieb nicht nur in Hauptschulen stark ausgebaut, sondern schultypenübergreifend alle Schulen daran beteiligt sind. Im Vergleich liegt der Ausbau von Ganztagsschulangeboten an Hauptschule und Gymnasium bei 39 % und 34% (vgl. Bildungsberichterstattung 2010, S. 73, vgl. Abb. 03). Ein zentraler Grundsatz der Ganztagsschule ist das Ziel, ein Mehr an Bildung zu haben und auf die aktuellen Herausforderungen im Kontext Schule einzugehen. Dabei geht es im Konzept der Ganztagsschule nicht darum, noch mehr Schule zu etablieren im Sinne einer schlichten Verlängerung der Unterrichtszeit in den Nachmittag hinein (vgl. Rauschenbach 2009, S. 177). Sondern es soll die Trias Bildung, Betreuung und Erziehung in ihrer wechselseitigen Abhängigkeit und Verwobenheit deutlicher im Kontext Schule verankert werden. So wird im Konzept der Ganztagsschule die Möglichkeit der Umsetzung eines erweiterten Bildungskonzeptes gesehen: Die herkömmliche Unterrichtsschule kann um andere Bildungsinhalte und andere Formen des Lernens ergänzt werden. Es werden die nicht-kognitiven Elemente in den außerunterrichtlichen Zeiten des Ganztags verstärkt und damit gerade jene Kompetenzbereiche stärker gefördert, die bisher vernachlässigt wurden. Der Schwerpunkt der herkömmlichen Unterrichtsschule lag bisher stark auf den kulturellen Kompetenzen. Dahingegen verbirgt sich ein enormes Potential im Bereich der instrumentellen, sozialen und personalen Kompetenzen. Neben der Förderung kultureller Kompetenzen braucht es ebenfalls die Förderung von lebenspraktischen Fähigkeiten als Teil der instrumentellen Kompetenz. Darin können die Schüler/-innen auf die berufliche Zukunft und die elementaren Anforderungen der Lebensführung vorbereitet werden. Insbesondere die Förderung von sozialen und personalen Kompetenzen hilft den Schüler/-innen die 47

48 eigenen Gefühle und Aggressionen zu verarbeiten, wie auch Konzentrationsfähigkeit, Empathie, Frustrationstoleranz und Selbstdisziplin zu entwickeln. Diese Fähigkeiten brauchen Kinder und Jugendliche nicht nur in der Schule, sondern auch im späteren Berufsleben und vor allem auch für ihre ganz persönliche Bewältigung des Alltags (vgl. Rauschenbach 2009, S. 177f.). Bildung, als Ressource der Lebensführung und Lebensbewältigung, der Persönlichkeitsentwicklung (Münchmeier 2010, S. 78) verstanden, umfasst diese Kompetenzbereiche und muss in der Ganztagsschule von Anfang an gezielt in das Konzept integriert werden. Aus diesem Anspruch heraus kann das Konzept der Ganztagsschule nur durch eine verstärkte Kooperation und Bildungspartnerschaft unterschiedlicher Akteure (Familie, Jugendhilfe, Schule) gelingen: Die Jugendhilfe kann in die gerade noch offenen Entwicklung von tragfähigen, sinnvollen Konzepten zur Ganztagsschule ihre Traditionen, Methoden und Charakteristika einbringen und zum Gelingen des Konzeptes beitragen. Sie kann ein fächerübergreifendes und projektspezifisches Angebot anbieten, das von Hausaufgabenbetreuung über Projektarbeit und Freizeitangebote bis hin zur Förderung ganz bestimmter Schülergruppen (Schüler/-innen mit Migrationshintergrund, geschlechtsbezogene Förderung) reichen kann, entsprechend der Heterogenität der Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen (vgl. Arnoldt 2009, S. 78). Zu den Charakteristika der Jugendhilfe gehören z. B. Freiwilligkeit, lebensweltliche Nähe und Partizipationsmöglichkeiten, verbunden mit der Übernahme von sozialer Verantwortung (vgl. Rauschenbach 2009, S. 177f.). Letzteres ist insbesondere eine Stärke der verbandlichen Jugendarbeit, die durch die Förderung von freiwilligem Engagement vor allem soziale und personale und (je nach Engagementinhalt )auch bestimmte instrumentelle Kompetenzen bei Heranwachsenden fördert. Arnoldt (2010) stellt fest, dass durch die Kooperation mit der Jugendhilfe bisher schon eine Vielfalt von Angeboten umgesetzt werden könne, aber deren konzeptionelle Verbindung mit dem Unterricht noch zu selten gelinge (vgl. S. 12f.). Läge nicht gerade in solchen Unterrichtsprojekten ein großes Potential für Bildungsprozesse, die von außerschulischen Kooperationspartnern der Jugendhilfe durchgeführt werden und das freiwillige, bürgerschaftliche Engagement fördern? Zur Umsetzung solcher Projekte sind natürlich mehrere Rahmenbedingungen zu erfüllen. Dazu gehört ein höherer Aufwand an Absprachen, eine gemeinsame pädagogische Konzeption, zeitlicher Umfang der Projekte, personelle Ressourcen und, insbesondere auf Seiten der außerschulischen Partner der Jugendhilfe, eine entsprechende finanzielle Vergütung (vgl. Arnoldt 2010, S. 13). Solche Verknüpfungen brechen auf der einen Seite die typische Rollenverteilung zwischen Schule und Jugendhilfe auf und ermöglichen das Zustandekommen von informellen Bildungsprozessen in einem formellen Bildungssetting. Auf der anderen Seite muss gesagt 48

49 werden, dass in sich geschlossene Projekte, die sich bewusst vom Unterricht abgrenzen und Freiwilligkeit sowie individuelle Entfaltung und lebensweltliche Nähe außerhalb des unterrichtlichen Rahmens herstellen, nach wie vor eine wichtige Rolle spielen müssen. Auch entspricht solch ein Setting eher den Merkmalen der Jugendhilfe und erleichtert die Aufrechterhaltung der Prinzipien von Jugendhilfe an Ganztagsschulen. Es wird deutlich, dass das große Potential der Ganztagsschule in den sich ergänzenden und gleichwertigen formellen und informellen Bildungsprozessen liegt: Das Konzept der Ganztagsschule kann ein Setting sein, in dem viel stärker als bisher formelle, non-formale und informelle Bildung ineinander verwoben ablaufen und zusammen kommen, weil verschiedene Bildungsorte miteinander arbeiten. So können Bildungsprozesse angestoßen werden, die im Rahmen der Ganztagsschule, aber an unterschiedlichen Orten, stattfinden und die Ganzheitlichkeit der Schüler/-innen durch umfassende Lernformen im Blick haben. Damit entwickelt sich Schule von der oft als abgegrenzt und künstlich empfundenen Lernwelt zu einem Sozialraum im Zusammenspiel unterschiedlichster Lern- und Lebenswelten im Rahmen einer kommunalen Bildungslandschaft 15 (Rauschenbach 2009, S. 180). Das Leitziel der Ganztagsschule, nämlich die individuelle Förderung von Kindern und Jugendlichen, ist auch für die Träger der Jugendhilfe in der Kooperation an Ganztagsschulen das wichtigste Ziel. Unter diesem Ziel ist neben der Förderung unterrichtsbezogener Lernleistungen auch die Förderung gemäß der unterschiedlichen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen zu verstehen, damit diese zu einer umfassenden Persönlichkeitsentfaltung gelangen. Zu dieser Förderung gehören ganz unterschiedliche Kompetenzbereiche, emotional-affektive sowie motorische Leistungs- und Handlungsfelder (vgl. Arnoldt 2009, S. 64; vgl. weiter Winkler 2008). Die Förderung richtet sich nicht nur an leistungsschwache oder besonders begabte Kinder und Jugendliche, sondern an alle Schüler/-innen. Das heißt, für eine individuelle Förderung sind vielseitige, differenzierte Angebote notwendig, in denen Leistungs- und Neigungsdifferenzierungen sowie die Bedürfnisse ganz unterschiedlicher Schülergruppen Berücksichtigung finden. In die Umsetzung solcher Angebote sind dann formale, non-formale und informelle Bildungsgelegenheiten einzubeziehen (vgl. Arnoldt 2009, S. 64f.). 15 Kommunale Bildungslandschaften werden im Diskussionspapier des Deutschen Vereins zum Aufbau kommunaler Bildungslandschaften (2007) als die Gesamtheit aller auf kommunaler Ebene vertretenen Institutionen und Organisationen der Bildung, Erziehung und Betreuung, eingefügt in ein Gesamtkonzept der individuellen und institutionellen Bildungsförderung in Federführung eines kommunalen Verantwortungsträgers (S. 8) definiert. Diese Struktur und seine Mitwirkenden wollen im Sinne ganz unterschiedlicher sozialer Situationen von Kindern und Jugendliche die individuelle und institutionelle Förderung so [...] gestalten, dass alle beteiligten Bereiche ihre Kompetenzen ganzheitlich darauf ausrichten, einen strukturierten und kontinuierlichen Bildungs- und Förderverlauf für junge Menschen sicherzustellen (ebd., S. 8f.). 49

50 Mit diesen Leitlinien einer individuellen Förderung von Kindern und Jugendlichen im Sinne eines erweiterten Bildungsbegriffes sind viele Anforderungen verbunden. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, wird von den Schulen und Trägern der Jugendhilfe ein institutionsübergreifendes Denken gefordert. Dieses sollte auf der Erreichung gemeinsamer Ziele und einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe basieren und ermöglichen, dass beide Seiten ihre je unterschiedlichen Strukturen, Methoden und Charakteristika einbringen und beibehalten. Wensierski & Grunert (2008) sehen in der Ganztagsschule noch kein konsistentes und geplantes pädagogisches und bildungspolitisches Konzept (S. 115), sondern einen experimentelle[n] Diskurs und eine weitgehend offene bildungspolitische Initiative (ebd.), was vor allem mit der föderal organisierten Bildungspolitik zusammenhängt. Darin liegt ein großes Potential, neue Konzepte auszuprobieren und über die Bundeslandgrenzen hinaus voneinander zu lernen. Das gilt für Schule, wie auch für Jugendhilfe. In der Einführung der Ganztagsschule liegt die Möglichkeit, den Bildungsraum Schule für die Umsetzung eines erweiterten Bildungsverständnisses zu öffnen und darin auch die Kooperation von Jugendhilfe und Schule zu neuen Formen anzuregen. Diese können dem gemeinsamen Auftrag, Kinder und Jugendliche im Prozess des Aufwachsens zu begleiten und zu fördern, gerecht werden. Damit können dann nicht nur individuelle Begabungen und Bedürfnisse besser gefördert werden, sondern ebenfalls erweiterte Möglichkeiten zur Förderung von Engagement und sozialen Lernens genutzt werden. Zugleich dürfen auch die Spannungen und Risiken der Einführung der Ganztagsschule für die Jugendhilfe nicht außer Acht gelassen werden. Dies soll in diskutiert werden Zwischenfazit In den Darstellungen der Herausforderungen von Schule wurde sichtbar, dass Schule als zentraler Bildungsort in vielen Bereichen herausgefordert ist und ihre Funktionen nicht allein bewältigen kann, wenn sie einem umfassenden Bildungsanspruch gegenüber Kindern und Jugendlichen in einer hochkomplexen, postmodernen Gesellschaft gerecht werden will. Darin stellen die verschiedenen Formen der Kooperation mit der Jugendhilfe Potentiale dar, von denen manche schon entdeckt, andere aber noch ungenutzt sind. Einige dieser Potentiale wurden in diesem Kapitel aufgeführt. Es wurden die umfassenden Veränderungen in Gesellschaft und Bildung und ihre soziologisch-biographischen Konsequenzen für Kinder und Jugendliche dargestellt. Dazu gehören die Verschulung der Jugendphase, die horizontale und vertikale Ausdehnung des 50

51 Jugendalters, die schulische Verdichtung und der damit verbundener Leistungsdruck, sowie die frühzeitige Selektion und ihre problematischen Konsequenzen auf die Zukunfts- und Lebenschancen von Kindern und Jugendlichen. Es gilt, diese Veränderungen im Bildungsund Gesellschaftssystem nicht nur wahrzunehmen, sondern kritisch zu hinterfragen und daraus Handlungsnotwendigkeiten und -ansätze für Schule, Schulsozialarbeit, Jugendarbeit und andere Einrichtungen der Jugendhilfe abzuleiten. Ebenfalls entsteht darin die Notwendigkeit Familien zu stärken und Eltern zu helfen, geeignete Formen der Unterstützung und Ermutigung für ihre Kinder zu finden. Die fortschreitende Ganztagsschulentwicklung ist als Chance zu begreifen, auf Herausforderungen der Schule einzugehen, einen erweiterten Bildungsbegriff institutionell zu verankern und das Miteinander der Trias Bildung, Betreuung und Erziehung in neuen Formen abzustimmen. Für die Jugendhilfe liegt in der Ganztagsschulentwicklung die Möglichkeit, darin entscheidende Beiträge zu liefern, tragfähige Konzepte und eigene Methoden und Arbeitsweisen einzubringen. Damit kann das Zusammenspiel verschiedener Bildungsprozesse und im Sinne der umfassenden Persönlichkeitsbildung der Kinder und Jugendlichen gefördert werden. Die Jugendhilfe kann darin ein fächerübergreifendes und projektspezifisches Angebot schaffen, das auf die Heterogenität der Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen eingeht. Schule steht heute mehr denn je vor der Aufgabe, ihren Schüler/-innen Möglichkeiten zu eröffnen, Schule als einen mitgestaltbaren und eigenen jugendlichen Lebensraum zu erleben. So kann eine Identifikation mit jenem Ort geschaffen werden, an dem sie täglich so viele Stunden verbringen. Diese Mitgestaltung kann sich sowohl auf die Unterrichtsgestaltung an sich, auf die schulische Organisation insgesamt, als auch auf die durch die Ganztagsschule dazu gewonnenen Zeiträume für Nachmittagsangebote beziehen. So wird das Zusammenspiel verschiedener Bildungsorte gefördert. 3.2 Jugendhilfe an und in der Schule Zu den schulnahen Feldern der Jugendhilfe und der sozialen Arbeit gehören Einrichtungen der außerfamiliären Kindertagesbetreuung im Vor- und Grundschulalter, die (offene) Jugendarbeit, die schulbezogenen erzieherischen Hilfen, die Schulsozialarbeit/ Jugendsozialarbeit an Schulen, die Jugendberufshilfe und die soziale Arbeit mit psychisch kranken Kindern und Eltern (vgl. Kilb & Peter 2009, S.6f.). Während es für die Schulsozialarbeit, die Jugendsozialarbeit an Schulen und die schulbezogenen erzieherischen Hilfen konstituierend oder längst selbstverständlich ist, im Kontext Schule zu 51

52 agieren, verhalten sich außerschulische Akteure der Jugendhilfe eher zurückhaltend in Bezug auf Ausbau von Kooperationen mit (Ganztags-)schulen (vgl. Arnoldt 2010, S. 12). In dieser Arbeit wird dafür plädiert, dass auch außerschulische Akteure der Jugendhilfe den Kontext Schule als ein zentrales Arbeitsfeld betrachten sollten. Darin können sie in gegebenen Rahmenbedingungen Handlungsspielräume zur Aufrechterhaltung ihres eigenen Profils zum Wohl der Kinder und Jugendlichen gestalten. In den folgenden Ausführungen wird der Auftrag von Jugendhilfe allgemein vorgestellt und im Anschluss das Feld der Jugendhilfe auf die Jugendarbeit konkretisiert. Es wird der Bildungsauftrag von Jugendarbeit und ihre Bedeutung für die Schule dargestellt, sowie Notwendigkeiten, Chancen und Herausforderungen in der Kooperation von Schule und Jugendhilfe, insbesondere der Jugendarbeit, diskutiert Der Auftrag von Jugendhilfe Der Erziehungs- und Bildungsauftrag der Kinder- und Jugendhilfe ist gesetzlich in 1 Abs. 3 SGB VIII festgelegt: Die Kinder- und Jugendhilfe soll junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen ( Dieser Auftrag der Jugendhilfe ist darin begründet, dass jeder junge Mensch ein Recht auf die Förderung seiner Entwicklung und auf die Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit hat (vgl. ebd. 1 Abs. 1 SGB VIII). Dabei sollen die Leistungen für positive Lebensbedingungen junger Menschen und ihrer Familie und eine kinder- und familienfreundliche Umwelt sorgen (vgl. 1 Abs. 3, Satz 4 SGB VIII), interkulturell ausgerichtet sein und Mädchen und Jungen spezifisch fördern (vgl. 9 Abs. 3 SGB VIII). In diesen gesetzlichen Grundlagen ist der Anspruch der Jugendhilfe enthalten, einen Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung zu liefern und Bildungsprozesse zu initiieren und zu fördern. Unmittelbar bildungsbezogene Aufgabenfelder der Jugendhilfe sind die Leistungen der Jugendarbeit (vgl. 11, 12 SGB VIII), der Jugendsozialarbeit ( 13 SGB VIII) und des Hortes ( 22 SGB VIII). Sie sind jeweils auf spezifische Zielgruppen, Bedarfs- und Interessenlagen bezogen und leisten dementsprechend unterschiedliche Beiträge zur Bildung (vgl. BMFSFJ 2005, S. 360). In den nachfolgenden Kapiteln soll die Jugendarbeit auf ihr Verhältnis und ihren Beitrag zu Bildung diskutiert werden. Zudem werden ihre Prinzipien, Rahmenbedingungen und Bildungsleistungen genauer dargestellt. 52

53 3.2.2 Rahmenbedingungen und Grundcharakteristika von Jugendarbeit In den gesetzlichen Grundlagen von Jugendarbeit wird als unmittelbares Ziel die Förderung der Entwicklung von jungen Menschen herausgestellt, für die die Jugendarbeit entsprechende Angebote zur Verfügung stellen soll (vgl. 11 Abs. 1 SGB VIII). Jugendarbeit hat also einen eindeutigen, gesetzlich verankerten Bildungsauftrag. Die Rahmenbedingungen und Grundcharakteristika einer bildungsorientierten Jugendarbeit sind in 11 Abs. 1 SGB VIII ebenfalls festgehalten: Die Angebote von Jugendarbeit sollen sich an den Interessen der jungen Menschen orientieren. Das heißt die Jugendarbeit muss von den jungen Menschen her denken und in lebensweltlicher Nähe zu ihnen stehen. Die Interessenorientierung ist sowohl auf die Inhalte der Jugendarbeit, als auch auf ihre Umsetzung durch Mitbestimmung und Mitgestaltung bezogen (vgl. Sturzenhecker 2004, S. 151). Durch die Angebote der Jugendarbeit sollen junge Menschen zu Selbstbestimmung befähigt werden. Hier geht es um das Subjekt, das im Mittelpunkt steht und das zu einem eigenständigen Lebensstil befähigt werden soll. Gleichermaßen sollen junge Menschen zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und sozialem Engagement angeregt und hingeführt werden. In dieser Komponente werden die Demokratiefähigkeit und die gesellschaftliche Verantwortungsfähigkeit der jungen Menschen für Andere herausgestellt. Damit befindet sich die so definierte Jugendarbeit in ihren Prinzipien ganz auf der Linie der zwei Dimensionen des in 2.2 geschilderten Bildungsbegriffes. Der Angebotscharakter von Jugendarbeit kann darin als Voraussetzung für die Entwicklung eigenständiger Selbstbestimmung gesehen werden (vgl. ebd.). Während andere Bereiche der Jugendhilfe (vgl. 2 SGB VIII) stärker die Aufgabentendenz des Schutz- und Interventionsrechts im Blick haben, hat die Jugendarbeit im Sinne einer Dienstleistung einen Bildungs- und Erziehungsauftrag inne. Dieser Auftrag fördert Bedingungen, die individuelle und gruppenbezogene Entwicklungen ermöglichen. Jugendarbeit bezieht sich von der gesetzlichen Grundlage her auf alle Kinder und Jugendlichen, während andere Bereiche der Jugendhilfe auf Kinder, Jugendliche und Familien mit besonderen Bedürfnissen fokussiert sind (vgl. Kilb & Peter 2009, S. 38). Träger der Jugendarbeit sind Verbände, Gruppen, Initiativen der Jugend, andere Träger der Jugendarbeit und Träger der öffentlichen Jugendhilfe (vgl. 11 Abs. 2 SGB VIII). 53

54 Die Schwerpunkte von Jugendarbeit sind sehr vielfältig: außerschulische Jugendbildung mit allgemeiner, politischer, sozialer, gesundheitlicher, kultureller, naturkundlicher und technischer Bildung; Jugendarbeit in Sport, Spiel und Geselligkeit; arbeitswelt-, schul- und familienbezogene Jugendarbeit; internationale Jugendarbeit; Kinder- und Jugenderholung und Jugendberatung (vgl. 11 Abs. 3 SGB VIII). Gleich der Vielfalt der Angebote ist auch eine Vielfalt in den Formen der Jugendarbeit auszumachen: von Projektangeboten, Einzelveranstaltungen, Kursen, Workshops, Events, Ferienfreizeiten, Zeltlagern, internationalen Jugendbegegnungen über wöchentliche Übungsstunden, Kulturveranstaltungen, Disco, Konzerten bis hin zu offenen Angeboten und Gruppenstunden (vgl. Rauschenbach 2009, S. 186). Die Vielfalt der Angebote und Formen weist auf eine Stärke der Jugendarbeit hin. Sie bietet ein vielfältiges Angebot, um eine breite Zielgruppe von Kindern und Jugendlichen ansprechen zu können. Andererseits wird die Jugendarbeit damit auch unübersichtlich und kann sich und ihr Bildungspotential sowie Leistungsvermögen schwer vermitteln und in der Öffentlichkeit präsentieren. Diese öffentliche Präsentation gewinnt aber zunehmend an Notwendigkeit, insbesondere auf Grund der gesellschaftlichen Veränderungsprozesse, in denen sich Jugendarbeit neben anderen kommerziellen Anbietern und einer Ausweitung der Schulzeit neu behaupten und positionieren muss. In der Vielfalt der Angebote kann man zwei Hauptformate innerhalb der Jugendarbeit unterscheiden: Die Jugendverbandsarbeit, die überwiegend auf ehrenamtlicher Basis und mit geringer finanzieller Unterstützung organisiert ist. Sie ist vor allem von Selbstorganisation und freiwilligem Engagement geprägt und wird von freien Trägern gestaltet. Daneben gibt es die beruflich organisierte Jugendarbeit durch Fachkräfte in Häusern der offenen Tür, Jugendcafés, Jugendfreizeitstätten und Jugendbildungseinrichtungen auf Basis einer kommunalen Finanzierung, die zumeist von freien Trägern umgesetzt wird(vgl. Rauschenbach 2009, S. 187). Auf die Unterschiede und gesellschaftsrelevanten Handlungsbedarfe dieser beiden Formen soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Sie werden hier jedoch erwähnt, da sie auf unterschiedliche Weise Bildungsprozesse fördern. Eine Annahme dieser Arbeit lautet, dass die offene Jugendarbeit vor allem ein Setting für informelle Bildungsprozesse herstellt, während die verbandlich organisierte Jugendarbeit als non-formaler Bildungsort in ihren Gruppenstrukturen und vielen Angeboten informelle und formelle Bildungsprozesse zusammenbringt. Dementsprechend eröffnen sich für beide Formate ganz unterschiedliche Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Schulen. Gerade im freiwilligen Engagement, das vor allem durch die verbandliche Jugendarbeit gefördert wird, liegt eine Chance für die Gestaltung der Zusammenarbeit mit (Ganztags)schulen. Durch 54

55 dieses Engagement können Kinder und Jugendliche das Zusammenspiel non-formaler und formaler Bildung erleben und zu informellen Bildungsprozesse angeregt werden. Der Schwerpunkt der schulbezogenen Jugendarbeit ( 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB VIII) liegt auf jenen Angeboten, die außerhalb des Unterrichts als projektbezogene Bildungs- oder Freizeitangebote im Kontext der Schule stattfinden. Diese können sowohl von freien Trägern der Jugendverbandarbeit, als auch der offenen Jugendarbeit organisiert sein. Der Begriff der außerschulischen Jugendbildung weist bewusst darauf hin, dass Bildung auch außerhalb der Schule stattfindet. Neben einem allgemeinen Bildungsauftrag hat Jugendarbeit also eine Bildungsfunktion, die unmittelbar mit der Schule in Zusammenhang stehen kann, die von dem schulischen Bildungsauftrag jedoch unterscheidbar und ein eigenständiger Bildungsort ist (vgl. BMFSFJ 2005, S. 363). Geschichtlich hatte Jugendarbeit stets eine Freiraumfunktion (Deinet 2011, S. 106) inne. Sie galt als Raum zur Abgrenzung von Schule und Elternhaus, frei von Zwängen. Im Selbstverständnis der Jugendarbeit ist diese Funktion nach wie vor von Belang und eröffnet insbesondere in der Analyse biographischer Folgen der Verschulung und Ausweitung der Jugendphasen in schulischen Kontexten neu einen Spannungshorizont. So ist gerade die Freiwilligkeit der Teilnahme in der Jugendarbeit ein zentrales Element, das als ein identitätsstiftendes Merkmal auch in der schulbezogenen Jugendarbeit nicht wegfallen sollte (anders als andere Bereiche der Kinder- und Jugendhilfe, wie zum Beispiel die Jugendsozialarbeit, Hilfen zur Erziehung u.a.). So eröffnet die Jugendarbeit einen Raum für Bildungsprozesse, die im Sinne eines Freiraums und der Freiwilligkeit der Teilnahme angenommen, aber auch abgelehnt werden können (vgl. ebd., S. 106). In der Freiwilligkeit und der Mitbestimmung ist zugleich die Notwendigkeit für attraktive, lebensweltnahe Angebote enthalten. Daraus ergibt sich zum einen der Anspruch strukturelle[r] Niederschwelligkeit (ebd.), das heißt möglichst weniger organisatorischer und struktureller Vorgaben und der Möglichkeit diese von Teilnehmer/innen mit Pädagogen immer wieder neu auszuhandeln. Zum anderen bedeutet die Mitbestimmung, dass die Jugendarbeit in ihren Themen, Inhalten, Zielen und Arbeitsweisen immer offen bleiben muss, um sich auf die Bedürfnisse wechselnder Kinder und Jugendlicher einzustellen und deren, am Subjekt orientierten, Bildungsprozesse zu ermöglichen (vgl. Sturzenhecker 2006, S. 187). Es kann als von einer Ambivalenz zwischen Rückzugsraum und Anregungs- bzw. Bildungsraum (Deinet 2011, S. 107) gesprochen werden, die den Rahmen für Selbstentfaltungs- und Entwicklungsprozesse eröffnet, aber diese nicht erzwingt (vgl. Sturzenhecker 2006, S. 187). Jugendarbeit muss sich heute umfassenden Veränderungen stellen und damit ihre Rahmenbedingungen und Grundcharakteristika auf veränderte Bedingungen und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen abstimmen. Dazu gehören u.a. die bildungspolitischen Veränderungen und der Ausbau der Ganztagsangeboten, veränderte 55

56 Rahmenbedingungen im Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen und sich daraus ergebende andere Bedürfnislagen (vgl ). Eine von vielen Fragen, die sich Jugendarbeit darin stellen muss, ist, ob und in welcher Form sich die Jugendarbeit verstärkt in der Schule einbringen soll Bildung in der Jugendarbeit In den Leipziger Thesen des Bundesjugendkuratoriums (BJK) (2002) wurde explizit festgehalten, dass die Kinder- und Jugendhilfe mit ihren je eigenen Zielsetzungen, Inhalten, Methoden und Arbeitsweisen ein breites Bildungsangebot eröffnet, welches in Wechselwirkung zu Familie, Schule und beruflicher Bildung steht (vgl. These 9, S. 12). Darin sind direkte oder indirekte, explizite oder implizite Bildungspotentiale enthalten, die es sichtbar zu machen gilt insbesondere in der Diskussion um das Zusammenspiel von Bildungsprozessen. Das BJK stellt heraus, dass gerade in der Differenz zu der Formalisierung schulischer Angebote [...] das spezifische Profil und die Chance der Kinderund Jugendhilfe [liegt], junge Menschen zu erreichen und anzuregen (ebd., S. 12). In den nachfolgenden Ausführungen wird dieses Bildungsangebot der Kinder- und Jugendhilfe spezifisch für die Jugendarbeit erläutert und diskutiert. Jugendarbeit gewinnt im Zuge der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen als Bildungsort und als ergänzendem Ort des Aufwachsens für Kinder und Jugendliche neu an Relevanz. Seit einiger Zeit wird insbesondere in der Bildungspolitik die Bedeutung non-formaler und informeller Bildung und den sich daraus ergebenden Bildungsprozessen neu diskutiert. Diese Diskussion schließt auch die Bedeutung der Jugendarbeit als schulischen Kooperationspartner ein. Im Zuge dessen wurde in der internen Fachdiskussion der Jugendarbeitspraxis Bildung als konzeptionelles Fundament der Jugendarbeit neu entdeckt. Dies hat einen noch andauernden Prozess angestoßen, in dem die Jugendarbeit sich ihrer eigenen Bedeutung für Bildungsprozesse bewusst wird. Nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz hat die Jugendarbeit einen eindeutigen Bildungsauftrag, der auf die Förderung der Entwicklung junger Menschen zielt und durch Prozesse der Selbstbestimmung, Mitbestimmung, gesellschaftlicher Mitverantwortung und Hinführung zu sozialem Engagement angestoßen werden soll (vgl. 11 Abs. 1 SGB VIII, Im 12. Kinder- und Jugendbericht (2005) wird Bildung als Kern (S. 365) der Jugendarbeit bezeichnet. Dahingegen ordnet Rauschenbach (2009) Bildung nicht als Zentralkategorie von Jugendarbeit ein, wohl aber als implizite oder - je nach Form - als explizite Dimension und Funktion von Jugendarbeit. Er begründet diese Position damit, dass bei einer ausschließlichen Definition von Jugendarbeit über den Bildungsauftrag andere 56

57 identitätsstiftende Anteile ihrer Arbeit verloren gingen (vgl. Rauschenbach 2009, S. 194f., s. Kapitel 3.2.2). Beide Positionen haben gemein, dass Jugendarbeit in der Bildungsdebatte einen eigenständigen Bildungsbeitrag mit eigenen Methoden, Zielen und Inhalten einbringen kann. Dieser soll im Folgenden entfaltet werden Bildungsleistungen der Jugendarbeit Unter dem Stichwort der subjektorientierten Jugendarbeit (Scherr 1997) wird in der Jugendarbeit Bildung als Selbstbildung, als Bildung zum einem individuellen Subjekt verortet. Darunter fallen Prozesse der Persönlichkeitsbildung, der sozialen Anerkennung, der Selbstreflexion sowie der Entwicklung von Selbstbewusstsein und Selbstbestimmung. Durch die oben genannten Prinzipien der Partizipation und Selbstbestimmung wird die Entwicklung von Handlungsformen gefördert. Die Heranwachsenden werden gerade durch diese ihnen zugemuteten Freiräume herausgefordert, Antworten in Form von eigenen Standpunkten, Haltungen und Wertorientierungen zu finden und ihre individuellen Lebensformen zu gestalten (vgl. Rauschenbach 2009, S. 195, 197). Im Unterschied zu schulischen, formalen Bildungsprozessen charakterisieren sich Bildungsprozesse in der Jugendarbeit durch offene, wenig vorbestimmte Settings, die in einer Vielfalt von Räumen und Formen ihren Ausdruck finden. Gemäß ihrer gesetzlichen Grundlagen knüpfen diese Settings an die Erfahrungen, Befindlichkeiten und Interessen der Heranwachsenden an und ihre Themen, Aneignungs- und Vermittlungsformen sind an die Lebenswelt der Jugendlichen angebunden. Damit werden diese zu Ko-Produzenten ihrer Bildungsbiographie und bestimmen Bildungsinhalte und -formen in hohem Maße selbst (vgl. Rauschenbach 2009, S. 196). In diesen, damit angestoßenen non-formalen und informellen Bildungsprozessen werden vor allem soziale, personale und praktische Kompetenzen gefördert, die eine hohe Alltagsrelevanz innehaben. So versteht sich Jugendarbeit in einem erweiterten Verständnis von Bildung als Hilfe zur alltäglichen Lebensbewältigung (Münchmeier 2011, S. 82). Sie ist daher mehr als Freizeitgestaltung, mehr als Betreuung, mehr als Träger pädagogisch verwertbarer Bildungsangebote. Sie will in all ihren Angeboten und sozialen Zusammenhängen einem Anspruch von Bildung als Lebensbewältigung nachkommen, dafür Unterstützung und Begleitung anbieten und sich als ein Erfahrungsfeld zum Aufbau von Lebenskompetenzen aufstellen (vgl. Scherr 1997, S. 49f.). Jugendarbeit ist also ein Bildungs- und Lebensort (Böhnisch u.a. 1998), der Ressourcen zur persönlichen 57

58 Lebensführung und zur Lösung der alltäglichen Bewältigungsaufgaben anbietet (Münchmeier 2011, S. 82). Anders als in der Schule steht in der non-formalen und informellen Bildung der Jugendarbeit weder die Betonung kultureller, insbesondere kognitiver Kompetenzen im Vordergrund, noch das Belehren und Beibringen. Bildungsprozesse in der Jugendarbeit sind vielmehr durch das selbstentdeckende Lernen, das partizipative und eigenständige Entwickeln der Jugendlichen, das Lernen unter den Realbedingungen des Alltags und das konkrete aktivierende Tun, zum Beispiel durch konkrete Übernahme von sozialer Verantwortung (Rauschenbach 2009, S. 196) gekennzeichnet. Ein Beispiel dafür ist das freiwillige Engagement als ein Kerngebiet von Jugendverbandsarbeit. Welche Lern- und Bildungsprozesse dadurch angestoßen werden, soll in Kapitel 4 ausführlich dargestellt werden. Festzuhalten gilt hier, dass das freiwillige Engagement in der Jugendarbeit eine zentrale Rolle spielt und darin Kompetenzen im Bereich der personalen, sozialen und alltagspraktischen Bildung erworben werden. Vor allem in Bezug auf die demokratische Bildung und die damit verbundene Einübung von demokratischen Fähigkeiten, Kenntnissen und Einstellungen durch die Verantwortungsübernahme im Rahmen des freiwilligen Engagements sollen an dieser Stelle als weitere Bildungsleistungen der Jugendarbeit festgehalten werden (vgl. Düx u.a. 2009, S. 261ff.) Aneignung als Bildungskonzept der Jugendarbeit Im Bildungsbegriff der Jugendarbeit wird Bildung als ein Prozess der Befähigung zu eigenbestimmter Lebensführung und als Aneignung von Selbstbildungsmöglichkeiten (Deinet & Icking 2010, S.11) verstanden, wobei Bildung dabei nicht nur formelle Bildung, sondern auch non-formale und informelle Bildung umfasst. In der Jugendarbeit, sind vor allem die informellen und nichtformellen Bildungsprozesse bedeutsam, die Deinet & Icking (2010) unter dem Begriff Aneignung (S.11) als Bildungskonzept fassen. Die Aneignung umfasst die eigentätige Auseinandersetzung mit der Umwelt, die Gestaltung von Räumen mit Symbolen, die Verortung im öffentlichen Raum und in Institutionen, die Nutzung der Möglichkeiten, die in erweiterten Räumen liegen, die Veränderung vorgegebener Situationen und Arrangements, die Erweiterung motorischer, gegenständlicher, kreativer und medialer Kompetenz, die Erprobung neuer Fähigkeiten in neuen Situationen, sowie die Entwicklung situationsübergreifender Kompetenzen (vgl. ebd., S. 12). Bildungsprozesse als Aneignungsprozesse finden demnach genauso in institutionalisierten Bildungsräumen wie in der alltäglichen Lebenspraxis statt und Kinder und Jugendliche eignen sich ihre jeweilige Lebenswelten in der Institution Schule, in Nahräumen, Dörfern, Stadtteilen und im 58

59 öffentlichen Raum aktiv an. Die Jugendarbeit schafft in ihren Angeboten Räume für solche Aneignungsmöglichkeiten, sei es im öffentlichen Raum oder in Institutionen wie der Schule. Die darin entstehenden informellen Bildungsprozesse sind dann oft nicht vordefiniert, fördern aber die Selbst- und Persönlichkeitsbildung und damit vielseitige Kompetenzbereiche zur Erweiterung des Handlungsrepertoires der Heranwachsenden (vgl. ebd., S. 13). Daneben werden Bildungsprozesse in non-formalen Bildungskontexten gefördert, wenn die Jugendarbeit freiwillige Angebote in Form von Projekten, Kursen, Workshops, medialen Angebote, Kultur- und Erlebnispädagogik, Ferien- und Freizeitmaßnahmen, interkulturellen Begegnungen und Erkundungen neuer Lebensorte organisiert. Die darin enthaltenen Bildungsziele sind klar erkennbar und didaktisierbar. Daher können sie in Kooperationen mit Schulen leicht eingebracht werden Jugendarbeit als Schaffung von Bildungssettings Deinet (2011) sieht eine wichtige Aufgabe der Jugendarbeit darin, Settings zu schaffen, die Aneignungs- und Bildungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche ermöglichen und von diesen genutzt werden können (S. 111). Das heißt, dass eine zentrale Bildungsaufgabe der Jugendarbeit gerade darin liegt, dass Bildung im Sinne von selbst bestimmten Aneignungsprozessen durch die Kinder und Jugendlichen selbst geschieht. Jene Bildungsprozesse sind von einer gewissen Unplanbarkeit begleitet, die im Kontrast zu den curricularen, vorgegebenen Bildungsplänen und -zielen formaler, schulischer Bildungsprozesse stehen. In diesem Unterschied liegt gerade das Ergänzungs- und Erweiterungspotential, für das die Jugendarbeit Rahmenbedingungen und Anregungen zur Unterstützung schaffen kann (vgl. ebd.). Das Bildungssetting der Jugendarbeit lässt sich auch durch seine sozialen Zusammenhänge charakterisieren: das soziale Beziehungsnetz, das zu anderen Gleichaltrigen, zu ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitern geknüpft wird -und zu allen anderen Personen, die innerhalb diesen Netzwerkes eine Rolle spielen -, die Peer Group, Familienmitglieder, Lehrer/-innen oder Ausbilder/-innen. Junge Menschen brauchen Vertrauenspersonen, die ihnen in Lebensfragen helfen, in Krisen und Problemen Handlungsmöglichkeiten entwickeln und zu Lösungsansätzen anregen. Münchmeier (2011) bezeichnet dies als das personale Angebot (S. 84), das neben Programmen und Räumen für die Jugendarbeit zentral ist. Darin erleben die Heranwachsenden Rückhalt, Solidarität und Freiräume, was ihnen die Möglichkeit eröffnet, sich auszuprobieren, mit Rollen und Aufgaben zu experimentieren, Fehler zu machen, die Erfahrung von Herausforderungen, Kritik und Konfrontation ohne schulischen Leistungsdruck und elterlichen Sanktionen zu erleben. Damit sind Gelegenheitsstrukturen 59

60 gegeben, die das selbst Aktiv und Initiativ werden anregen, was zutiefst jugendgemäß ist (vgl. Münchmeier 2011, S. 83). Solche non-formale Bildungssettings heben sich von formalen, schulischen Settings ab und entwerfen eine gesunde Alternativ-Erfahrung. Um tatsächlich Selbstbildungsprozesse anzustoßen, muss auch die Rolle der pädagogischen Fachkräfte neu gedeutet werden. Sie verstehen sich weniger als Veranstalter, sondern eher als Gewährleister, weniger als Pädagogen, eher als Anreger, weniger als Durchführende, eher als Unterstützende (vgl. Münchmeier 2011, S. 85). Deinet (2010) führt dazu den Begriff der Bildungsassistenz (S. 39) ein. Sich so verstehende Pädagogen begleiten und unterstützen Bildungsprozesse von Kindern und Jugendlichen, geben deren Inhalte und Ziele aber nicht vor. Arnold (2002) bezeichnet diese Arbeitsform als Ermöglichungsdidaktik (S. 2), die einerseits von großer Eigendynamik, Initiative und Selbstbestimmung der Heranwachsenden geprägt sei, andererseits aber auch von begrenzter Machbarkeit der Lernergebnisse. Zugleich entspricht diese Form aber viel eher den Grundcharakteristika von Jugendarbeit (s. oben), die damit ihrer Funktion als Freiraum für selbsttätige Bildungsprozesse nachkommt Bildungsprozesse der Jugendarbeit im Kontext Schule Jugendarbeit bringt im Kontext mit Schule wichtige Bildungsleistungen, -formen und Prinzipien ein, schafft eigenständige Bildungsorte und regt vor allem zu informellen Bildungsprozessen an (vgl. Deinet 2011, S. 112), fördert aber genauso das Zusammenspiel von formellen und informellen Bildungsprozessen, je nachdem in welchem Rahmen sie Angebote schafft. Mit ihren Maximen Freiwilligkeit, Angebotscharakter, Alltagsnähe, lebensweltliche Bezüge, flexible Lernformen, erfahrungsfördernde Felder, Kooperation und Vernetzung fördernde Lernformen, sowie der Förderung von Eigenaktivität, Selbstorganisation und Beteiligung (vgl. Münchmeier 2011, S. 82), als auch ihren offenen Settings bringt sie andere Paradigmen als Schule in Bildungsprozesse ein. Jugendarbeit ermöglicht Bildungsprozesse auf verschiedenen Ebenen (vgl. Deinet & Icking 2010): (1) Zum einen stellt sie im Vergleich zu Schule und anderen Institutionen wenig vordefinierte Orte zur Verfügung, an denen Kinder und Jugendliche zu Prozessen der Aneignung und Gestaltung angeregt werden können. (2) Sie gewährleistet Bildungsassistenz und individuelle Unterstützung zur Bewältigung von Lebenssituationen durch Beratung, Einzelfallhilfe, Mittagsbetreuung, Hausaufgabenhilfe und Unterstützung vom Übergang Schule und Beruf. 60

61 (3) Gezielte Angebote können Möglichkeiten der Bildung eröffnen, die das schulische Lernen ergänzen und von den Lebenswelten der Kinder und Jugendlichen ausgehen. (4) Als eine vierte Ebene führen Deinet & Icking (2010) die sozialräumliche Jugendarbeit ein, die den Blick für den Sozialraum öffnet. Sie fördert Bildungsprozesse im öffentlichen Raum, in dem sie zu einer Revitalisierung öffentlicher Räume (ebd., S. 14) für Kinder und Jugendliche beiträgt, die ihnen Aneignungs- und Bildungsmöglichkeiten eröffnen. Beispiele dafür sind Stadtteilbegehungen mit Kindern und Jugendlichen, Institutionsbefragungen oder subjektive Landkarten (vgl. hierzu mehr unter ebd.). Jugendarbeit kann in solchen sozialräumlichen Projekten ein Bindeglied zwischen dem Lebensort Schule und den Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen (Deinet 2010, S. 29) sein und eine stärkere Verzahnung zwischen Schule und den jeweiligen Sozialräumen schaffen (vgl. Deinet & Icking 2010., S. 14). Zusammengefasst zeichnet sich die Jugendarbeit dadurch aus, dass sie Prozesse der Aneignung, Anerkennung, Selbstentfaltung, Selbstbestimmung anstößt, die als Angebot gestaltet sind, freiwillig wahrgenommen werden können und Beteiligung, Mitwirkung und die Selbstgestaltung von Bildungsprozessen fördern (vgl. Rauschenbach 2009, S. 197). Im Sinne von Selbstbildung ermöglicht Jugendarbeit Settings, in denen Bildungsprozesse der informellen oder non-formalen Bildung stattfinden können. Für das Stattfinden informeller, selbsttätiger Bildung heißt das, dass jene Settings pädagogisch nicht vollständig durchstrukturiert werden können. So wird ihre Selbstbildungscharakter aufrecht erhalten. Damit unterscheiden sich Bildungsprozesse, -leistungen und -formen der Jugendarbeit erheblich von denen der Schule. 3.3 Wozu Kooperation von Jugendhilfe und Schule? - Notwendigkeiten, Herausforderungen und Potentiale der Kooperation Es liegen viele Chancen und noch ungenutzte Potentiale in der Kooperation von Schule und Jugendhilfe. In Kapitel 3.1 wurde deutlich gemacht, dass die Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe und ihre Ausweitung notwendig ist. Das zeigte der Diskurs um die schulischen Herausforderungen und die bildungspolitischen und gesellschaftlichen Veränderungsprozesse. Die Möglichkeiten, die gerade Jugendarbeit im Kontext Schule einbringen kann, wurden in den vorangegangen Kapiteln dargestellt. Im Folgenden sollen, bezogen auf das Gebiet der kommunalen Jugendhilfe und der Jugendarbeit, die 61

62 Notwendigkeiten der Kooperation, aber auch ihre Herausforderungen zusammen gefasst und mit den darin liegenden Möglichkeiten diskutiert werden. Die Jugendarbeit hat sich lange Zeit als Ergänzung und Gegenpol zur Schule verstanden und charakterisierte sich durch ihre Offenheit und ihren individuellen Experimentalcharakter, in dem Jugendliche fernab von Pflichten und Erwartungen ihre eigene Rolle, ihre eigene Identität, ihren Weg finden und ihre eigenen Werte und Einstellungen ertastend entwickeln können (Rauschenbach u.a. 2010, S. 213). Folglich sah sich die Jugendarbeit als zuständig für non-formale und informelle Bildung, während Schule das formale Lernen verantwortete. Beide Felder wurden als miteinander unvereinbar angesehen. Die zeitliche und biographische Ausdehnung der Jugendzeit, ihre Verschulung, die Ganztagsschulentwicklung und die Diskussion um den Stellenwert diesseits und jenseits von Schule (vgl. weiter Rauschenbach & Otto 2004) stellen die Jugendarbeit vor die Aufgabe, sich in den kommenden Jahren in ihrem Verhältnis zur Schule neu zu positionieren und ebenfalls eine Stellung in ihrem Verhältnis zur Schulsozialarbeit zu finden Notwendigkeiten der Kooperation Es ist notwendig, dass sich die Jugendhilfe, und an dieser Stelle ist insbesondere die kommunale und verbandliche Jugendarbeit gemeint, auf die Kooperation mit Schule, vor allem im Ganztagsbetrieb, einlässt. Eine Weiterführung der bisherigen, besonders außerschulischen. Angebote, würde zu einem zeitlichen und inhaltlichen Konkurrenz- Problem mit Schule führen: Es wäreein zeitliches Problem, weil immer mehr Kinder und Jugendliche an Ganztagsschulen sein werden. Dadurch werden außerschulische Zeitfenster geringer. Jugendarbeit steht dann in der Gefahr zu einer jugendpolitisch irrelevanten Nische (ebd.) zu werden und nur noch in wenigen Zeiten, zum Beispiel der schulfreien Zeit am Abend, am Wochenende und in den Ferien, Angebote machen zu können (vgl. ebd.). Auch im Bereich des freiwilligen Engagements, als einer der größten Stärken der Jugendarbeit, zeigt die Ganztagsschulentwicklung schon Auswirkungen. Die Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2010) stellte fest, dass die Engagementquote in außerschulischen Lernorten bei 14-Jährigen bis 19-Jährigen Ganztagsschülern/-innen niedriger ausfällt, als im Vergleich dazu bei Schülern/innen an Halbtagsschulen (vgl. S. 13). Ein inhaltliches Konkurrenz-Problem entstünde, weil Angebote in die Ganztagsschule integriert werden, die gerade die außerschulischen Inhalte der Jugendarbeit, der Vereine und Verbände ausmachten: Sport, Musik, Ökologie, kulturelle Angebote und andere für Kinder und Jugendliche ansprechende Angebote (vgl. Rauschenbach 2009, S. 181f.). 62

63 Eines der zentralen Handlungsprinzipien der Sozialen Arbeit ist die Lebensweltorientierung. Auch in der Frage der Kooperation von Jugendhilfe und Schule sollte dieses Prinzip handlungsleitend sein. Kinder und Jugendliche verbringen einen immer größeren Teil ihrer Lebenszeit in der Schule, die für sie mehr als Erziehungs- und Bildungsinstitution ist. Sie nimmt einen zentralen Stellenwert ihrer Lebenswelt ein und stellt kommunikativen Treffpunkt und Ort des sozialen Geschehens eines Gemeinwesen dar (vgl. Kilb & Peter 2009, S. 34). Aus diesem Grund sollte sich auch die Jugendarbeit dorthin orientieren, wo sich Kinder und Jugendliche aufhalten (vgl. Thimm 2010, S. 77). Die Angebote und ihre Formen dafür können so vielseitig sein, wie die Jugendarbeit selbst ist: schulbezogene Nachmittagsangebote, Ergänzungsleistungen am Vormittag usw. Wenn die Jugendarbeit sich zur Schule hinwendet, bedeutet das nicht die Auflösung ihrer eigenen schulunabhängigen Angebote. Im Gegenteil: Gerade als außerschulisches Gegengewicht in einer zunehmend verschulten Jugend behält die Jugendarbeit eine wichtige Bedeutung für das Aufwachsen von Kinder und Jugendlichen. Die außerschulischen freizeitlichen Angebote behalten somit ihren Stellenwert, knüpfen aber an schulischen Settings an. So schaffen sie eine Verbindung von Beziehungen und Interessenorientierungen im schulischen Kontext, die hinein in die nicht-schulische Freizeit wirken kann. Eine so orientierte Jugendarbeit charakterisiert sich dann nicht nur durch ihren Lebensweltbezug. Sie schafft ebenfalls einen Bezug zum Sozialraum der Heranwachsenden, in dem Schule als ein Kooperationspartner verortet ist, sowie einen Integrationsbezug: Sie bleibt nicht separiert in Verband, Club oder Freizeiteinrichtung, sondern öffnet sich hin zu Sozial- und Lebensraum ihrer Zielgruppen und ihrer Stadt (vgl. Thimm 2010, S. 77). Die Öffnung zur Schule hin ermöglicht somit auch die Erreichung neuer Zielgruppen. Eine weitere Notwendigkeit der Jugendhilfe, sich verstärkt zur Schule hinzuwenden, ist die im Kapitel ausführlich diskutierte Bedeutung schulischer Qualifikation für die Zukunftsund Lebenschancen von Kindern und Jugendlichen. Darin wurde ebenfalls der noch immer bestehende Zusammenhang sozialer Herkunft und Bildungschancen diskutiert sowie die Zunahme sozialer Probleme, die vor dem Lebensraum Schule nicht Halt machen. Einer Jugendhilfe, die sozial- und gesellschaftspolitisch wirksam sein will, muss es daher ein Anliegen sein, sich für die Kinder und Jugendlichen in verschiedensten Formen einzusetzen, um ihre Lebens- und Zukunftschancen zu verbessern (vgl. Thimm 2010, S. 77). Gerade an den risikobehafteten Schwellen kann sie gezielte Unterstützung und Hilfe zur Bewältigung leisten.( z.b. ist Schulsozialarbeit oder Jugendsozialarbeit an Schulen immer mehr gefragt). Aber auch die Jugendarbeit, die bisher eher mit einem außerschulischen Profil gedacht wurde, hat hier einen Auftrag und sollte ihre Stärken in die Institution Schule mehr einbringen. Dazu gehört z. B. die Umsetzung von Bildungsprozessen. So könnte sie die 63

64 sozialpädagogische Arbeit anderer, schon viel mehr in der Schule verorteter, Akteure der Jugendhilfe unterstützen, ergänzen und erweitern. Von schulischer Seite aus wurde die Notwendigkeiten für eine verstärkte Kooperation mit der Jugendhilfe schon in den Kapiteln und ausführlich diskutiert. Zusammengefasst gehören zu den zentralen Herausforderungen von Schule: die Distanz schulischer Lernprozesse zur alltäglichen Sozial- und Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen, die Herausforderung, dass die praktische Verwertbarkeit für das gegenwärtige und spätere Leben oft nicht leicht erkennbar ist, die Integrations- und Sozialisationsfunktion in der Pluralität und Individualität von Lebenswelten, Lebensoptionen und Weltanschauungen, die Zunahme abweichenden Verhaltens im Kontext Schule, die Arbeitsweltentzogenheit der heutigen Jugend, zu geringe Möglichkeiten der Verantwortungsübernahme in schulischen Kontexten, ein sich vollziehender Aufgabenwandel in der Trias von Bildung, Betreuung und Erziehung, in dem Schule auch zunehmend mehr Aufgaben der Betreuung und Erziehung übernehmen muss. Im Hinblick auf die Qualifikations-, Selektions- und Personalisationsfunktionen von Schule wurde problematisiert, dass Schule dem ganzheitlichen Anspruch von Bildung stärker Beachtung schenken will und muss. In einer Kooperation können Angebote der Jugendhilfe Räume schaffen, in denen Bildungsprozesse auf andere Art und Weise angestoßen werden, als im unterrichtlichen Rahmen. Schüler/- innen werden zudem nicht nur als solche wahrgenommen, sondern erleben in schulbezogenen Räumen, wie sie in ihrer Rolle als Kind und Jugendlicher angesehen und behandelt werden. Dort wo sich Jugendarbeit und/ oder Schulsozialarbeit im Kontext Schule, aber außerunterrichtlich einbringen, erleben Kinder und Jugendliche bewertungsfreie Räume, in denen sie einen persönlichen Bezug zu den pädagogischen Fachkräften aufbauen können. In diesen Räumen findet keine leistungsbezogene Selektion statt. Zudem benötigt Schule Unterstützung von Seiten der Jugendhilfe in der Arbeit mit Schüler/-innen aus sozial benachteiligten Elternhäusern, um mit verstärkter individueller Förderung dem Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildungserfolg entgegenzuwirken. Abschließend ist auf den aus soziologisch-biographischer Sicht sehr ausschlaggebenden Grund für eine Ausweitung der Kooperation mit der Jugendhilfe hinzuweisen: Kinder und Jugendliche verbingen immer mehr Lebenszeit, täglich und jahrelang, in der Institution Schule. Diese Lebenszeit ist wertvoll und kostbar für die Heranwachsenden. So darf Schule für sie nicht nur ein Leistungsort sein, sondern ein Lebensort. Insbesondere die Jugendarbeit wurde vorher als ein Ort beschrieben, der sich durch andere Paradigmen als Schule auszeichnet. Kommt Jugendarbeit an die Schule bzw. in den Kontext Schule, kann dies dazu beitragen, den Leistungsort Schule mehr und mehr zum Lebensort Schule umzugestalten. Darin findet insbesondere das Thema Engagement und Partizipation Bedeutung, weil Schule heute mehr denn je vor der Aufgabe steht, ihren Schüler/-innen Möglichkeiten zu eröffnen, Schule als einen mitgestaltbaren und eigenen jugendlichen Lebensraum zu erleben. So können die 64

65 Heranwachsenden eine Identifikation mit dem Ort schaffen, an dem sie täglich so viele Stunden verbringen. Das kann sich sowohl auf die Unterrichtsgestaltung an sich und auf die schulische Organisation insgesamt beziehen, als auch auf die durch die Ganztagsschule dazu gewonnenen Zeiträume für Nachmittagsangebote Herausforderungen der Kooperation Eine Herausforderung für die kommunale Jugendhilfe und die verbandliche Jugendarbeit, die sich auf Formen der Kooperation mit Schule einlässt, besteht darin, vom Bildungsort Schule dominiert und,verschult zu werden. Rauschenbach u.a. (2010) stellen fest, dass die Jugendarbeit prüfen muss, ob die Mitwirkung im Rahmen der Ganztagsschule nicht den ureigenen Charakter der Kinder-und Jugendarbeit verwässert (ebd., S. 39). Diese Gefahr kann nicht ohne Weiteres entkräftet werden. Daher ist es unumgänglich, dass die verschiedenen Bereiche der Jugendhilfe, die mit Schule in Kooperation treten, ihre Rolle und ihr Profil sowohl gegenüber der Schule, als auch in Öffentlichkeit und Politik sichtbar machen, eigene Zugänge und Stärken bewahren und in die Kooperation einbringen (vgl. Rauschenbach 2009, S. 180). Es ist wichtig, dass Schule und Jugendarbeit in der wechselseitigen Vernetzung und Kooperation weiterhin in ihren spezifischen, unverzichtbaren und geschichtlich gewachsenen Kompetenzen gesehen werden. So können sie sich mit ihrem je unterschiedlichen Bildungsverständnis besser akzeptieren. Münchmeier (2011) formuliert als Kriterien für eine erfolgreiche Kooperation gegenseitige Wertschätzung der Partner, gegenseitige Anerkennung der jeweiligen Professionalität und Gleichberechtigung. Für die Beteiligten heißt das ganz konkret eine wertschätzende Haltung zueinander und die Klarheit von Absprachen, Erwartungen, Befürchtungen und Hoffnungen (vgl. ebd., S. 82). Eine weitere Herausforderung ist die Frage, ob die Jugendarbeit ihre Prinzipien (vgl ) in der Zusammenarbeit mit Schule, vor allem mit Ganztagsschule aufrecht erhalten kann. Als wesentliche Prinzipien wurden der Angebotscharakter und die sich daraus ergebene Freiwilligkeit der Teilnahme, inhaltliche Interessenorientierung, Mitbestimmung und Mitgestaltung, sowie Selbstbestimmung und gesellschaftliche Mitverantwortung genannt. Diese Prinzipien spiegeln sich in den Arbeitsweisen und organisatorischen Abläufen der kommunalen Jugendhilfe und der Jugendarbeit wider. Sie fördern eine Vielzahl von Kompetenzen. Dazu gehören vor allem soziale und personale Kompetenzen, und je nach inhaltlicher Ausrichtung des Angebots auch andere Kompetenzbereiche. Aus den 65

66 Ergebnissen der StEG (Holtappels u.a. 2007) ging hervor, dass die Jugendhilfe in Kooperation mit den Ganztagsschulen ihre Prinzipien zumindest teilweise umsetzen konnte. Partizipationsmöglichkeiten und Lebensweltnähe wurden zum Beispiel in der Themenauswahl und dem Eingehen auf aktuelle Wünsche ermöglicht. Die Freiwilligkeit konnte durch die Bevorzugung von freiwilligen vor verpflichtenden Angeboten und durch projektspezifische Formen aufrecht erhalten werden (vgl. Arnoldt 2009, S. 76). Da momentan keine aktuelleren Ergebnisse vorliegen, kann für den derzeitigen Stand nur davon ausgegangen werden, dass auch heute je nach Rahmenbedingung der Schule manche der Prinzipien leichter und andere in der Kooperation umzusetzen sind. Eine Spannung in der Förderung von Engagement im Kontext Schule und Jugendhilfe, wird sicherlich darin liegen, dass dieses Thema als Unterrichtsprojekt nicht mehr oder nur eingeschränkt das Prinzip der Freiwilligkeit befolgt. In einer Arbeitsgemeinschaft oder in einem Nachmittagsangebot kann dies eher gewährleistet werden. Zugleich liegt die Chance der Verknüpfung von Jugendhilfe-Angeboten in Form von Unterrichtsprojekten darin, andere Prinzipien stärker zu betonen, die sonst im Unterricht keine oder eine geringere Rolle spielen, wie zum Beispiel die Mitbestimmung und Mitgestaltung in Form eines Engagement- Projektes. Wie schon in der StEG (Holtappels u.a. 2007) erscheint es plausibel, dass nicht nur die äußerliche Rahmung (zum Beispiel offene oder gebundene Ganztagsschule) für die Aufrechterhaltung der Prinzipien von Bedeutung ist, sondern die Ausgestaltung der Möglichkeiten und Spielräume innerhalb des vorgegebenen Rahmens eine große Rolle spielt(vgl. Arnoldt 2009, S. 79). Dabei müssen sicherlich von beiden Seiten, der Schule und der Jugendhilfe, manche Abstriche bei üblichen Rahmenbedingungen gemacht werden. So werden wiederum neue Lernformen ermöglicht und unterschiedliche Akzente gesetzt. Thimm (2010) sieht eine Herausforderung speziell für die Jugendarbeit gerade im Beweisihrer,Schultauglichkeit. Dazu nennt er die Notwendigkeit, Abstriche von ihren Maximalerwartungen zu machen, Klischees, Abwertung über den Partner Schule oder Missionierungselan zurückzustellen und an der bisher eher unkritischen Rezeption eigener Leistungen und Ergebnisse zu arbeiten (vgl. Thimm 2010, S. 78). Sicherlich gehört dazu auch die Herausforderung, sich in multiprofessionellen Teams miteinander in seinen unterschiedlichen Bildungs-, Methoden- und Aufgabenverständnissen zu arrangieren und eine gute Form der Kooperation, nicht nur des Nebeneinander-Arbeitens zu finden. (s. DJI Bulletin Plus, S. II) Möglichkeiten der Kooperation Wenn sich die Jugendhilfe auf die Schule als Kooperationspartner einlässt, muss sie als Partner von Schulen mit einem eigenständigen Bildungs- und Erziehungsauftrag angesehen 66

67 werden, nicht als Wegbereiter für gelingende Unterrichtsabläufe (Arnoldt 2009, S. 65), dessen Aufgabe auf die,feuerwehrfunktion (S. 65) reduziert wird - das,ablöschen von Krisensituationen. So ermöglicht beispielsweise die Schulsozialarbeit und die, in ausführlicher diskutierte, Jugendarbeit im Kontext Schule eigenständige Bildungs- und Lernprozesse im Sinne der von der (Ganztags-)Schule angestrebten individuellen Förderung und einem erweiterten Bildungsverständnis. Diese Förderung ist sehr umfassend und geht auf ganz unterschiedliche Bedürfnisse und Voraussetzungen von Kindern und Jugendlichen ein. Sie umfasst nach Züchner (2007) Erfahrungen und Kompetenzen, die man eher dem begriffliche Rahmen einer gelingenden Persönlichkeitsentwicklung bzw. Selbstwirksamkeit zuordnet, bis hin zum Erwerb von Wissensbeständen und,klassischer politischer Bildung (S. 393). Schule und Jugendhilfe haben gemeinsam, dass sie Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung unterstützen, Bildungsprozesse fördern und ihnen zur Integration in die Gesellschaft verhelfen. Mit solch einer komplexen Aufgabe wären Schule und Jugendhilfe für sich gesehen überfordert. Es bedarf der Verschränkung unterschiedlicher Bildungsorte. Mit der Einführung der Ganztagsschule und der darin angestrebten Verzahnung von Unterricht und außerschulischen Bildungs- und Freizeitangeboten wird diese Verschränkung konzeptionell neu aufgenommen. Darin liegt eine Chance, dass die Jugendarbeit in diesen noch offenen konzeptionellen Prozess ihre Zugangswege, Themen, Arbeitsformen, zusätzlichen Kompetenzdimensionen und Handlungsprinzipien einbringt. Zu diesen gehören u.a. Beteiligung, Selbstorganisation, Angebotscharakter, Freiwilligkeit, innovative Lernformen, erfahrungsförderndes und experimentelles Lernen, Kooperation und die Förderung von Eigenaktivität, sowie offene Settings mit wenig vorgegebenen Bildungszielen. Erst in dieser Verschränkung kann Schule, wie beabsichtigt, zu einem Lern- und Lebensort umgestaltet werden und im Ganztag eine neue Lehr- und Lernkultur ermöglichen (vgl. Rauschenbach 2009, S. 194). Eine weitere Chance, die in dieser Verschränkung für die Jugendarbeit selbst liegt, ist die bessere Wahrnehmung ihres gesellschaftlichen Stellenwertes und Bildungsbeitrages. Sind sonst ihre Aufgabenfelder so zahlreich und damit für die Öffentlichkeit auch oft unübersichtlich, können ihre Angebote und Ansätze am Ort der Schule deutlich sichtbarer und konkreter gesehen werden. Damit verbunden ist auch die Möglichkeit, ihre Bildungsleistungen im non-formalen und informellen Rahmen zu erkennen und deutlicher zu würdigen (vgl. Thimm 2010 S.77f.). Das kann für ihre weitere gesellschaftliche, bildungs- und sozialpolitische und finanzielle Legitimation ein wichtiger Schritt sein. In den letzten Jahren wurden Wirkungen, Effekte und Outputs zunehmend Thema in der fachlichen Diskussion der Sozialen Arbeit, um zum einen Qualität und zum anderen finanzielle Legitimation gegenüber 67

68 externen Zuschussträgern zu gewährleisten. Diese Debatte und die daraus folgenden Handlungslinienbetreffen auch vor die Jugendarbeit. Jedoch ist es mit erheblichen Herausforderungen verbunden, den Kompetenzerwerb und die Wirkungen der Jugendarbeit auf Bildungsprozesse nachzuweisen. Entwicklungen und Kompetenzen aus der informellen und non-formalen Bildung sind sehr individuell geprägt, lassen sich nicht direkt abfragen und kontrollieren. Vielmehr werden sie informell, sehr subjektiv und oft erst im Laufe des Lebens bei den Beteiligten sichtbar. Trotzdem muss Jugendarbeit im Kontext der Ganztagsschulentwicklung, der öffentlichen Bildungsdebatte und der Wichtigkeit von Wirkungen um ihrer Zukunft willen ihre Bildungsrelevanz und die Wirkungen derartiger Bildungsgelegenheiten selbstbewusster deutlich machen (vgl. Rauschenbach 2009, S. 204f.). Jugendarbeit eröffnet bildungsstimulierende Räume der Aneignung von ganz verschiedenen Kompetenzen, zum Beispiel sozialen Kompetenzen, Selbstmanagement, Haltungen und Einstellungen, Verantwortungsübernahme, Toleranz und Eigeninitiative. Sie ist ebenfalls ein Ort, an dem junge Menschen Wertschätzung, persönliche Begleitung, Vertrauen, Anerkennung, Ermutigung und Herausforderungen, Solidarität und Freundlichkeit erleben (vgl. Thimm 2010, S. 76). All das kann nicht erzwungen werden, aber Jugendarbeit kann dafür, auch in der Kooperation mit Schule, zielgerichtet Räume und Gelegenheiten schaffen, die explizit oder implizit non-formale oder informelle Bildungsprozesse anstoßen können. Erst dieses Zusammenspiel der formellen, schulischen Bildungsprozesse mit non-formalen und informellen Bildungsprozessen ist Bildung in einem umfassenden Sinn. Daher betont Münchmeier (2011) die Wichtigkeit, diese verschiedenen Bildungsprozesse strukturell und funktional aufeinander zu beziehen. Er plädiert dafür, dass Jugendhilfe und Schule ihre Bildungsangebote in der wechselseitigen Durchdringung dieser Ebenen begreifen und Räume für die prinzipielle Vielgestaltigkeit von Bildungsgelegenheiten offen halten (S. 78f.). Die aktuellen bildungspolitischen Veränderungen und die damit verbundene Ganztagsschule bietet eine Chance, Jugendarbeit und Schule gleichermaßen weiterzuentwickeln und zu verändern. Für eine vertiefte Auseinandersetzung zum Thema Kooperation Jugendhilfe Schule, ihre rechtlichen und konzeptionellen Grundlagen, Voraussetzungen und Ermöglichungsfaktoren gelingender Kooperation sei verwiesen auf: Deinet & Icking 2010, Deinet 2010 und Henschel u.a

69 3.4 Zwischenfazit Die Entwicklung der Verschulung, Ausdehnung und Verdichtung der Jugendphase ist mit weitreichenden Konsequenzen für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen verbunden. Schule hat einen immensen Stellenwert für die individuellen Lebens- und Zukunftschancen der Kinder und Jugendlichen. Weil sie einen zunehmenden Teil der Lebenszeit von Kinder und Jugendlichen einnimmt, wird sie zunehmend mehr zum Lebensraum. Umso mehr müssen die Interessen und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen nach Bildung, Förderung, Integration, Begegnung und Erholung im Mittelpunkt stehen. Diese bildungspolitischen und biographisch-soziologischen Veränderungen plausibilisieren die Notwendigkeit der Ausweitung der Kooperation von Jugendhilfe und Schule, die gleichermaßen für beide Seiten besteht. Gerade weil sich beide Seiten durch ganz unterschiedliche Bildungsverständnisse, Aufgaben und Arbeitsweisen auszeichnen, ist die Voraussetzung für eine Kooperation die Verständigung über getrennte und gemeinsame Aufgaben, eigene und gemeinsame Ziele, Zuständigkeiten und eine wechselseitige Anerkennung. Das bedarf mehr Beratungs- und Abstimmungsaufwand zwischen den Beteiligten, aber gerade dadurch kann das Zusammenspiel formeller, non-formaler und informeller Bildung neu gestärkt und ein erweiterter Bildungsbegriff tatsächlich umgesetzt werden. Im Zuge dieser bildungspolitischen Veränderungen ist auch eine Öffnung von Schule sichtbar, die auf eine stärkere Integration der Schule in das Gemeinwesen und ihre Zusammenarbeit mit externen Partnern abzielt. Dazu gehören neben den Trägern der Kinder und Jugendhilfe auch andere, in dem Gemeinwesen tätige, Institutionen und Organisationen. Durch diese Öffnung können mehr lebensweltliche Bereiche der Kinder und Jugendlichen in den schulischen Alltag einbezogen werden, um Bildungs- und Erziehungsauftrag mit lebensweltlicher Nähe zu verbinden (vgl. Soremski u.a. 2010, S. II f.). Für die Jugendhilfe deuten diese Veränderungen auf die Notwendigkeit der Neuorientierung in der Jugendarbeit hin, da Kinder und Jugendliche als Teilnehmer/-innen oder ehrenamtliche Mitarbeiter/innen für Engagement und freiwillige Angebote der Jugendarbeit weniger Zeit aufbringen können. Trotzdem ist Jugendarbeit auch für die Zukunft weiterhin von Belang, weil sie in ihren non-formalen und informellen Bildungskontexten eine andere Seite von Bildung stärkt: die soziale Seite der Bildung, die Persönlichkeitsbildung, Subjektbildung und Bildung als Lebensbewältigung. Die daraus ableitbaren Kompetenzen sind für die Bewältigung und den Umgang mit einer komplexer werdenden Welt, in der schulischer Qualifikations- und Leistungsdruck, Unsicherheit über die eigene berufliche Zukunft, Multi-Optionalität, aber auch prekäre Lebenslagen und familiäre Problemlagen den 69

70 Alltag von Kindern und Jugendlichen zunehmend mehr bestimmen, unverzichtbar. Jugendarbeit hat einen eigenständigen Bildungsauftrag, den sie im Kontext Schule und in außerschulische Räume einbringen kann. Dabei wäre es zu kurz gegriffen, die Träger der Jugendarbeit in Kooperation mit (Ganztags-)Schulen nur für Betreuungsaufgaben oder kompensatorische Funktionen anzufragen. Gerade im freiwilligen Engagement verbindet Jugendarbeit Lernen und Verantwortungsübernahme, Ernst- und Echtcharakter. Sie kann in der formalen Bildungsinstitution der Schule zu neuen Erfahrungsräumen der Heranwachsenden führen und zur Förderung von sozialen und personalen Kompetenzen beitragen. Außerdem bringt Jugendarbeit in der Zusammenarbeit mit Schule eine Vielfalt von Angeboten und Formen ein, die ganz unterschiedliche Voraussetzungen von Kindern und Jugendlichen berücksichtigen und aufnehmen. Darin stößt sie mittels anderer Handlungsansätze informelle Bildungsprozesse an und fördert das Zusammenspiel von formaler, non-formaler und informeller Bildung. Besondere Maximen, die sie dabei in die Schule einbringt, sind Angebotscharakter, Freiwilligkeit der Teilnahme, Beteiligung und Anknüpfung der Angebote an Interessen der jungen Menschen. Dort, wo Jugendarbeit Settings im Kontext von Schule schafft, in denen sich Kinder und Jugendliche in anderen Formen und unter anderen Paradigmen bilden, kann das auch zur Umdeutung des Leistungsortes Schule hin zum Lebensraum Schule führen. Denn das Erleben von Erfolgen jenseits von Unterricht und Noten aber im Kontext Schule, kann sich positiv auf die Einstellung und Motivation von Jugendlichen gegenüber formalen Bildungsprozessen auswirken. Der Lernort Schule wird zum Lebensraum Schule. So können Schule und Jugendhilfe bzw. die Jugendarbeit das Potential voneinander systematisch nutzen und ausbauen. Dabei bleibt zu betonen, dass außerschulische Bildungsorte und Lernwelten, sowie nicht-pädagogisierte Räume für Kinder und Jugendliche, nach wie vor von hoher Bedeutung für ihre Entwicklung sind und ihnen diese Freiräume auch in Zukunft bewahrt werden sollten. 70

71 4 Bürgerschaftliches und freiwilliges Engagement Bürgerschaftliches und freiwilliges Engagement hat einen hohen Stellenwert in einer Gesellschaft, die sich als Demokratie und Bürgergesellschaft versteht. Gerade für Jugendliche stellt bürgerschaftliches und freiwilliges Engagement ein wichtiges und vielfältiges Feld dar, in dem Bildung geschieht. Im Folgenden soll nach grundsätzlichen Begriffsdefinitionen, die Engagement auch im Rahmen eines grundlegenden Partizipationsbegriffes einordnen, eine aktuelle Bestandsaufnahme zum Engagement in der Bundesrepublik Deutschland gegeben werden, die Frage nach sozialen Merkmalen und Motiven der Engagierten diskutiert werden, Voraussetzungen und Formen der Lernprozesse sowie zu erwerbende Kompetenzen im bürgerschaftlichen, freiwilligen Engagement Jugendlicher dargestellt werden. Dabei wird immer wieder der Bezug zum Zusammenspiel von formaler, non-formaler und informeller Bildung hergestellt und das bürgerschaftliche, freiwillige Engagement als eine Möglichkeit zur Kooperation von Schule und Jugendhilfe betont. 4.1 Der Partizipationsbegriff Das Thema Partizipation von Kindern und Jugendlichen hat in den letzten zwei Jahrzehnten enorm an Bedeutung zugenommen, wurde öffentlich diskutiert und in vielen Initiativen und Beteiligungsprojekten aufgenommen. Einer allgemein gültigen Bestimmung und Definition des Partizipationsbegriffes kann kaum Rechnung getragen werden. Auch an dieser Stelle soll es nur als problematisierende Vorbemerkung zum Thema des vierten Kapitels aufgenommen werden, weil Partizipation als Leitprinzip bürgerschaftlichen und freiwilligen Engagements gesehen werden kann. In der Stellungnahme des Bundesjugendkuratoriums (BJK) (2009) wird Partizipation als Teilhabe bzw. Mitbestimmung von jungen Menschen an den sie betreffenden Entscheidungen in allen relevanten Lebensbereichen (S. 6) definiert. Dabei kann es von Handlungsbereich zu Handlungsbereich sehr unterschiedlich sein, an welchen Stellen Kinder und Jugendlichen konkret teilhaben, mitwirken und mitbestimmen können. In diesem Partizipationsbegriff ist dement-sprechend nicht nur der politische Bereich gemeint, sondern auch die unterschiedlichen Formen sozialer und alltagsweltlicher Bereiche (vgl. ebd., S. 8). Eine solche Definition grenzt sich zum einen von engeren Begriffsbestimmungen ab, die Partizipation als rein politischen Begriff sehen und als freiwillige Aktivität mit dem Ziel der 71

72 Einflussnahme auf politische Entscheidungen (vgl. Widmaier 2011, S. 457, vgl. weiter Steinbrecher 2009, S. 27ff.). Zum anderen heißt das, dass Partizipation und die damit verbundenen Beteiligungsmöglichkeiten nicht nur Herzstück der Demokratie (Steinbrecher 2009, S. 15) sind, sondern in Bezug auf die Zielgruppe dieser Arbeit, auch in den wichtigsten Lebensbereichen von Kindern und Jugendlichen eine grundlegende Voraussetzung für gelingende Bildungs- und Entwicklungsprozesse (Widmaier 2011, S. 455) einnimmt. Im Sinne der Unterscheidung von Demokratie als Regierungs- und als Lebensform wird Partizipation als integraler Bestandteil des alltäglichen Lebens von Kinder und Jugendlichen betrachtet. Damit bezieht er sich auf Prozesse des Alltagslebens in Familie, Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungseinrichtungen, Verbänden, Vereinen, parlamentarischen und vorparlamentarischen Entscheidungsgremien auf örtlicher und überörtlicher Ebene (vgl. BKJ 2009, S. 9). Die völkerrechtlich verbindliche Grundlage der systematischen Beteiligung der Bevölkerungs-gruppe der Kinder, hier als unter 18-Jährige definiert (vgl. BJK 2009, S. 8), ist Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention, der die Berücksichtigung von Kindeswillen umfasst. Das Kind hat das Recht, sich seine eigene Meinung zu bilden, diese frei zu äußern und diese dementsprechend zu berücksichtigen. Auch in allen sie berührenden Gerichtsoder Verwaltungsfahren soll das Kind die Gelegenheit haben gehört, repräsentiert und unterstützt zu werden (vgl. BMFSFJ 2007, S. 13). Diese Zuerkennung von Partizipationsrechten Kinder und Jugendlicher hat zweierlei Konsequenzen: dass Kindern und Jugendliche überhaupt erst die Gelegenheit für Beteiligungsrechte gegeben wird und dass sie darin Beteiligungskompetenzen und -motivation entwickeln (vgl. BJK 2009, S. 9). So ist Partizipation als konstitutive[r] Bestandteil aller Maßnahmen, Programme und Institutionen für Kinder und Jugendliche (ebd.) zu betrachten. Trotzdem ist die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit in der Partizipationsdebatte groß. Kinder und Jugendliche werden nach wie vor allzu oft zu Objekten der Planung von Bildungsprozessen und haben de facto in formalen Bildungsorten wenige Mitbestimmungsmöglichkeiten. Zu selten, zu wenig, ohne Wirkung formuliert die Stellungnahme des BJK (2009, S. 13). Es stellt aus empirischen Befunden heraus fest, dass das quantitative Ausmaß und die subjektive Zufriedenheit mit Partizipationsmöglichkeiten im Bereich der Familie am größten sind, in den Handlungsfeldern und Institutionen, wo jedoch politische Maßnahmen und Angebote Einfluss ausüben können, der Stand der Partizipation relativ gering ausgeprägt ist, vor allem in der Schule und Kommune 16. Dabei ist gerade in Bezug auf Schule die Notwendigkeit der Schülerpartizipation und ihre pädagogische 16 Für genauere Ergebnisse zum Thema Partizipation von Kindern und Jugendlichen, insbesondere in den Bereichen Schule und Jugendhilfe sei verwiesen auf: World Vision Deutschland (2007); Betz, Gaiser, Pluto (2010); Pluto (2007); Abeling u.a. (2003). 72

73 Bedeutung in vielen Untersuchungen hinreichend belegt (vgl. Grundmann & Kramer 2001; Helsper 2001; Hartnuß & Maykus 2006 u.a.). Schüler/ -innen brauchen Gelegenheiten der Mitwirkung und Verantwortungsübernahme. Natürlich gibt es immer Teile der Schülerschaft die nicht zur Mitbestimmung und Mitgestaltung bereit sind. Dem gegenüber steht aber auch eine grundsätzlich relativ hohe Beteiligungsbereitschaft und -motivation von Kindern und Jugendlichen in ihrem Umfeld (vgl. Prüß 2008, S. 172 f.; BJK 2009, S. 21). Ein Grund für den geringen Stand der Partizipation ist auch, dass ein unzureichender Informationsgrad der Partizipationsangebote vorliegt und viele Kinder und Jugendliche Partizipationschancen und -modelle nicht kennen. Zudem hängt Partizipation stark am formalen Bildungsgrad der Eltern: Je geringer dieser ausgebildet ist, desto weniger beteiligen sich Kinder und Jugendlichen an Partizipationsangeboten und -projekten. Eine weitere Feststellung ist, dass je weiter entfernt das Angebot oder Projekt vom Lebensumfeld der Kinder und Jugendlichen ist, desto geringer auch Informiertheit und Ausmaß der Partizipation (vgl. ebd., S. 21f.). Trotz der skizzierten Diskrepanz hat Partizipation eine hohe Bedeutung für die Integration von Kindern und Jugendlichen in die demokratische Gesellschaft und ist mit positiven Veränderungen für die Herausbildung von sozialen und demokratischen Handlungskompetenzen verbunden. Daher entwickelte das BJK (2009) eine Reihe von Handlungsempfehlungen, von denen abschließend einige Aspekte für Einrichtungen und Dienste der Kinder- und Jugendhilfe sowie in Schulen herausgegriffen werden sollen: Partizipation muss als struktureller Bestandteil in den Institutionen verankert werden. Dazu gehören strukturell verankerte Partizipationsverfahren und -gremien, eine partizipative Organisationskultur und Grundhaltung (auch von Leitung und pädagogischen Mitarbeitern/- innen), ein darauf ausgerichtetes Erziehungs- und Bildungskonzept mit dementsprechenden Normen und Werten, das Kindern und Jugendlichen Anerkennung und Wertschätzung entgegenbringt und ihre Interessen und Bedürfnisse berücksichtigt und in die pädagogische Arbeit einbezieht, Transparenz und Informationsweitergabe von Themenbereichen der Mitbestimmung, die Öffnung der Einrichtung gegenüber dem Gemeinwesen bis hin zu konkreten Projekten, in denen Partizipationserfahrungen mit Ernstcharakter im Gemeinwesen gesammelt werden können. Gerade für Schulen mit Ganztagsangeboten bieten Kooperations-projekte hinein in den Sozialraum Zeit und Raum für partizipationsfördernde Erfahrungen. All das setzt an einem subjektorientierten Bildungsverständnis an, nach dem Bildung Partizipation voraussetzt und Partizipation Bildung befördert (vgl. BJK 2009, S ). Im Hinblick auf die Diskussion um das Zusammenspiel von Bildungsprozessen erscheint das Thema der Partizipation besonders interessant. Beteiligung und Mitbestimmung sind zentral für gelingende Bildungsprozesse, weil sie sich am Subjekt selbst ausrichten. Gerade in 73

74 formalen Bildungsprozessen stellt es eine Herausforderung dar, mehr Mitbestimmung und Beteiligung zu ermöglichen, während die partizipative Ausrichtung in der non-formalen Bildung, wie zum Beispiel in der Jugendarbeit, von je her ein konstitutives Merkmal war. Auch aus diesem Grund erscheint das Zusammenspiel der unterschiedlichen Dimensionen von Bildung und dessen Förderung in konkreten Kooperationen und das Lernen und Handeln von- und miteinander mehr als notwendig. Es gilt festzuhalten, dass Partizipation mehr als eine rechtlich und politisch verankerte Leitlinie ist. Zum Wohle und im Sinne der Kinder und Jugendlichen müssen Mitbestimmung und Mitgestaltung in lebensweltnahen Bereichen von Kindern und Jugendlichen handelnd herausgebildet werden. Gerade für Ganztagsschulen liegt darin eine Möglichkeit, strukturell und konzeptionell Lerngelegenheiten zu verorten, die Schüler in Beteiligungs- und Handlungssituationen bringen, um die Einzelnen sowohl zu selbstbestimmtem und als auch zu gemeinschaftsfähigem Handeln anzuregen (vgl. Prüß 2008, S. 173). Freiwilliges und bürgerschaftliches Engagement kann als eine Form gelebter Partizipation verstanden werden. Im Kontext Schule kann es zudem eine Gelegenheit sein, Beteiligung der Schüler/- innen stärker zu verorten. Im Kontext der schulbezogenen Jugendarbeit kann es eine Form sein, sich an Schulen im Sinne der eigenen Stärken einzubringen und Kinder und Jugendliche im Zusammenspiel von non-formalen und formalen Bildungskontexten subjektorientiert zu fördern. In Bezug auf politisch verstandene Partizipation gibt es konkrete Möglichkeiten, partizipatives Handeln einzuüben, zum Beispiel jugendpolitische Gremien wie Jugendhilfeausschüsse, Jugendgemeinderäte, Schülervertretungen und Vereinsvorstände (vgl. Widmaier 2011, S. 470). 4.2 Wie wird Engagement definiert? Für den Engagement-Begriff finden sich verschiedene Konkretionen bzw. Synonyme: bürgerschaftliches Engagement, zivilgesellschaftliches Engagement, gemeinnütziges Engagement, Ehrenamt, soziales Engagement, Freiwilligenarbeit, Zivilengagement, freiwilliges Engagement, engl. community service (vgl. Reinders 2009, S.7). Die vielfältige Begriffsnutzung impliziert, dass zum einen darin je unterschiedliche Dimensionen und Perspektiven herausgestellt werden, zum anderen aber auch ein Dilemma ungeklärter Begriffsbestimmungen. Im Folgenden sollen bürgerschaftliches und freiwilliges Engagement genauer definiert und auch voneinander abgegrenzt werden. 74

75 Grundsätzlich kann zuerst einmal festgehalten werden, dass Engagement als gemeinnützige Tätigkeit definiert wird, die freiwillig, unentgeltlich, gemeinwohlorientiert, öffentlich und gemeinschaftlich ist (vgl. Zimmer & Vilain 2005, S. 7 10) ist. Es ist eine unentgeltliche Aktivität in der Freizeit, die zum Wohle Anderer ausgeübt wird (vgl. Reinders 2009, S. 7), individuellen und gesellschaftlichen Nutzen verknüpft und in vielfältigen Organisationsformen und Handlungsfeldern stattfindet (vgl. Enquete-Komission des Deutschen Bundestages 2002, S. 73). Die Begriffe des bürgerschaftlichen und freiwilligen Engagements haben gemein, dass sie das Recht des/ der Bürger/-in betonen, sich freiwillig zu entscheiden, ob er/sie sich an gemeinwohlorientierten Tätigkeiten beteiligt oder nicht. Sie stellen also zum einen die Freiwilligkeit als zentrales Charakteristikum von Engagement heraus, zum anderen den Status des/der Bürgers/-in (vgl. Hansen 2007, S. 25). Dieser Bürgerstatus setzt dem Zugriff einzelner Gruppen und Gemeinschaften auf den Einzelnen und sein Verhalten definitive Grenzen und schützt damit auch die Freiwilligkeit des Engagements (Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages 2002, S. 73). Dort wo Engagement jedoch zur Bürgerpflicht im Rahmen des politischen Gemeinwesens vorgeschrieben wird, decken sich die beiden Begriffe inhaltlich nicht (vgl. ebd.). Der Begriff des bürgerschaftlichen Engagements orientiert sich an der Veröffentlichung der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages (2002) Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements. In diesem Begriff findet der Zusammenhang von Engagement und Bürgerschaft Betonung. Jede/r Bürger/-in trägt durch sein/ihr Engagement zum Zusammenhalt des Gemeinwesens bei. Die Form ihres Engagements kann verschiedenster Art sein: politisch, sozial oder gesellig, das Engagement im Sportverein, einer Bürger- Initiative, in einer sozialen Organisation, einer Partei oder einem Verband (vgl. ebd., S. 24). Zugleich impliziert der Begriff eine Kritik an jenen Engagement-Formen, die lediglich auf die Interessen der eigenen Gemeinschaft bedacht sind und dabei nicht ihre bürgerschaftliche, das heißt auf die Gesellschaft im Ganzen bezogene Verantwortung wahrnehmen (vgl. Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages 2002, S. 24). Das Engagement findet im öffentlichen Raum statt und die Beteiligten schaffen durch ihr Engagement einen öffentlichen Raum. Dieser ist konstitutiv für bürgerschaftliches Engagement, da er zum einen Teilhabe, Transparenz, Verantwortung und Öffentlichkeit gewährleistet (vgl. ebd.), zum anderen ermöglicht er den Engagierten, ihre Interessen in der Öffentlichkeit vertreten zu können, Informationen für die Tätigkeitsfelder sowie öffentliche Anerkennung zu bekommen. Dabei sind die weder durch wirtschaftliche Zweckmäßigkeit noch staatliche Gebote verpflichtet. 75

76 Hinter dem Begriff des bürgerschaftlichen Engagements steht das Leitbild der Bürgergesellschaft: eine Gesellschaft von engagierten Bürger/-innen, die durch das Engagement in selbst-organisierten Vereinigungen und durch die Nutzung von Beteiligungsmöglichkeiten (ebd.) aktiv, eigenverantwortlich und solidarisch zur Gestaltung des Gemeinwesens beitragen. Sie tun dies auf der Basis gesicherter Grundrechte und im Rahmen einer politisch verfassten Demokratie. Damit ist die Bürgergesellschaft und das damit verbundene bürgerschaftliche Engagement wesentliche Voraussetzung und Programm für die Zukunftsfähigkeit einer demokratischen Gesellschaft. Zentral für die Bürgergesellschaft ist, dass sich das Engagement der Bürger/-innen an ihren gesellschaftlichen, sozialen und politischen Bedürfnissen orientiert. Sie selbst tragen dazu bei, in Selbstbestimmung und Selbstorganisation das soziale, kulturelle und politische Zusammenleben mit zu gestalten, mit zu verändern (vgl. ebd., S. 24f.). Dabei muss kritisch gesagt werden, dass Bürgergesellschaft nicht mit Verschlankung des Staats und Privatisierung gleichgesetzt werden darf. Vielmehr ist damit gemeint, dass Demokratie von innen heraus gelebt werden muss, um sich durch Stabilität und Qualität zu charakterisieren. Für dieses Leitziel stellt bürgerschaftliches Engagement die Grundlage dar (vgl. Lange 2011, S. 9). So kann bürgerschaftliches Engagement im Leitbild einer Bürgergesellschaft in einer synergetischen Wechselbeziehung gesehen werden, das den Staat trägt und vom Staat, staatlichen Institutionen, aber auch freien und privaten Trägern sowie Wirtschaftsunternehmen gefördert werden muss. Dazu bedarf es Gelegenheitsstrukturen, welche den Bürger/-innen tatsächlich Gestaltungsräume für Engagement eröffnen, in denen Selbstorganisation und Eigenverantwortlichkeit zur Entfaltung kommen können (vgl. Fürstenberg 2011, S. 27, vgl. Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages 2002, S. 25). Oftmals wird bürgerschaftliches und freiwilliges Engagement gleichbedeutend verwendet, da freiwilliges Engagement vom Leitbild und von seinen Zielen nichts anderes intendiert, als bürgerschaftliches Engagement. Jedoch wird der Begriff des freiwilligen Engagements eher in den Kontexten verwendet, in denen neben der Gemeinwohlorientierung auch individuelle Erwartungen und Motive wie Sinnsuche, Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppen, Beschäftigung, Interesse oder auch Eigennutz als Motive für freiwillige Tätigkeiten in Frage kommen (Hansen 2007, S. 25). In der Diskussion um die Förderung von Engagement im Kontext Schule und Jugendhilfe möchte ich auf beide Begriffe zurückgreifen. Bürgerschaftliches und freiwilliges Engagement meint also die individuelle, freiwillige Motivation der Tätigkeit, die sowohl gemeinwohlorientiert als auch individuell motiviert sein kann. Wenn man von Projekten 76

77 spricht, die Engagement im Rahmen des Unterrichts praktisch aufgreifen, so erscheint es sinnvoller bürgerschaftliches Engagement als Begriff zu verwenden, um darin Gemeinwohlorientierung, Bürgerstatus und das Einüben von Demokratiefähigkeit stärker zu gewichten. Für Projekte, die Engagement im freizeitlichen, außerunterrichtlichen, aber schulischen Rahmen betonen, zum Beispiel in Angeboten der Ganztagsbetreuung oder einer AG, ist es plausibel von freiwilligem Engagement zu sprechen, um bewusst die individuellen Motive und Erwartungen der Schüler/-innen zu fokussieren. 4.3 Bestandsaufnahme freiwilligen, bürgerschaftlichen Engagements Jugendlicher in Deutschland Im Folgenden wird eine kurze Bestandsaufnahme zur aktuellen Darstellung bürgerschaftlichen Engagements Jugendlicher gemacht. Die Daten dazu und auch für die folgenden Kapitel liefern dazu der Freiwilligensurvey (vgl. Picot 2011, Gensicke &Geiss 2010) 17, die 16. Shell-Jugendstudie (vgl. Shell Deutschland Holding 2010) und die empirische Untersuchung des Deutschen Jugendinstituts (DJI) Kompetenzerwerb im freiwilligen Engagement (vgl. Düx u.a. 2009) Vorbemerkung zum Forschungsdesign Der dritte Freiwilligensurvey wird seit 1999 alle fünf Jahre durchgeführt wurde er zum dritten Mal vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Auftrag gegeben und von TNS Infratest Sozialforschung umgesetzt. Der Survey umfasst eine Gesamtstichprobe von Interviews. Für die Altersgruppe von 14 bis 24 Jahren wurde eine umfangreiche Stichprobe von 2815 Jugendlichen gewählt, auf der die folgenden Daten der Sonderauswertung für jugendliches Engagement basieren (vgl. Picot 2011, S. 4). Die 16. Shell-Jugendstudie 2010 greift auf eine Stichprobe von 2604 Jugendlichen und in der qualitativen Vertiefungsstudie auf 20 Jugendliche zurück, die zwischen 12 und 25 Jahren alt sind, aus alten und neuen Bundesländern kommen und zu ihrer Lebenssituation, Einstellungen und Orientierungen befragt wurden (vgl. Die DJI-Studie Kompetenzerwerb im freiwilligen Engagement (vgl. Düx u.a. 2009) befragt 15 bis 22- Jährige sowie ehemals engagierte Erwachsene zwischen 25 und 40 Jahren. Der Studie liegt 17 Um das jugendliche Engagement zu untersuchen, wird im Folgenden auf die Sonderauswertung des Freiwilligensurveys von Picot (2011) Jugend in der Zivilgesellschaft. Freiwilliges Engagement Jugendlicher von 1999 bis 2009 als Primärquelle sowie auf den Hauptbericht des Freiwilligensurveys 2009 (Gensicke & Geiss 2010) zurückgegriffen. 77

78 eine Stichprobe von 74 Jugendlichen und 13 ehemals engagierten Erwachsenen aus drei Bundesländern für die qualitative Befragung zugrunde, der bundesweiten standardisierten Erhebung, angelegt als retrospektive Vergleichsbefragung, eine Stichprobe von 1500 ehemals engagierten Erwachsenen zwischen 25 und 40 Jahren. Der Freiwilligensurvey unterscheidet in der Untersuchung des bürgerschaftlichen Engagements zwischen den,öffentlich Aktiven (Picot 2011, S. 4) und den,freiwillig Engagierten (ebd.). Zu den öffentlich Aktiven (ebd.) gehören jene Personengruppen, die aktiv in einem öffentlich zugänglichen Kontext mitmachen, z.b. in einem Verein, einer Initiative, einem Projekt oder einer Selbsthilfegruppe. Davon unterschieden wird jene Gruppe der freiwillig Engagierten, die über das Mitmachen hinaus in jenen öffentlichen Kontexten unentgeltlich Aufgaben übernehmen, z.b. als Übungsleiter oder Sportwart (vgl. ebd.). In der Shell-Studie wird Engagement als aktiv sein für andere im Alltag (Shell Deutschland Holding 2010, S. 152) und im Sinne des Sich-Einsetzens für andere (ebd., S. 153) definiert. Darein fällt auch der Goodwill zu sozialer Teilhabe (ebd.) Ergebnisse der Bestandsaufnahme Der Freiwilligensurvey stellt fest, dass das freiwillige Engagement zwischen 1999 und 2009 bei den Jugendlichen leicht zurückging. Waren es 1999 noch 37 % der 14- bis 24-jährigen freiwillig Engagierten, %, so setzt sich der leicht rückläufige Trend 2009 mit 35 % fort. Auffällig ist, dass der Freiwilligensurvey feststellt, dass trotz des leichten Rückgangs des Engagements bei dieser Altersgruppe die Zahl der Aktiven (ohne Engagement) weiter anstieg (42 %, %, %) und damit bisher seinen höchsten Stand erreicht (vgl. Picot 2011, S. 5f.). Da gleichermaßen Aktivität und Engagement berücksichtigt werden, schlussfolgert der Freiwilligensurvey hier, dass es sich um keine gravierende oder Besorgnis erregende Entwicklung (ebd., S. 5) handelt. Diese Entwicklung wäre bedenklich, wenn nicht die Bereitschaft sich zu engagieren stark zugenommen hätte. Wies schon in den vorherigen Studien das Ergebnis auf eine positive Einstellung zum Engagement hin, äußerten % der Jugendlichen zwischen 14 und 24 Jahren ihre Bereitschaft sich zu engagieren. Jedoch muss hier gesagt werden, dass es sich dabei um überwiegend unverbindlich geäußerter Engagementbereitschaft handelt. 33 % sind eventuell bereit (ebd., S. 8),,wenn sich etwas Interessantes bietet (ebd.), nur 16 % sind bestimmt bereit eine Aufgabe des freiwilligen Engagements zu übernehmen (ebd.). Eine These des Freiwilligensurveys, den Rückgang des faktischen Engagements und die gestiegene Engagementbereitschaft zu erklären lautet, dass die Jugendlichen weniger Zeit für Engagement haben. Diese These soll in den weiteren Ausführungen noch vertieft werden. 78

79 Schon in der Frage nach Häufigkeit und zeitlichem Aufwand des Engagements scheint sie sich als richtig zu erweisen. Unter den 14- bis 19-Jährigen geben 2009 nur noch 21 % dieser Altersgruppe an, sich mehr als fünf Stunden pro Woche Zeit für das Engagement zu nehmen - im Vergleich dazu %, 1999 noch 46 %. Bei den Jährigen ging das Zeitaufkommen vor allem zwischen 1999 und 2004 stark zurück - von 45 % auf 30 % kann von einer Stabilisierung geredet werden, da 36 % angeben, mehr als fünf Stunden pro Woche engagiert zu sein (vgl. Picot 2011, S. 9). Zugleich scheint Engagement für die Engagierten nicht unwichtiger, spontaner oder flüchtiger geworden sein. 72 % der 14- bis 19- Jährigen und 61 % der Jährigen nehmen ihr Engagement regelmäßig mit bis zu fünf Stunden wahr (vgl. ebd.). Außerdem geben 81 % der Jugendlichen beider Altersgruppen an, dass das Engagement ein sehr wichtiger Bestandteil ihres Lebens ist. Dabei ist dieser Wert seit 2004 von 77 % noch angestiegen (vgl. ebd., S. 10). 79 % der 14- bis 19-Jährigen und 61 % der 20- bis 24-Jährigen sind sogar bereit und in der Lage (ebd., S. 13) ihr ehrenamtliches und freiwilliges Engagement noch auszuweiten und weitere Aufgaben zu übernehmen, wenn sich etwas Interessantes bietet (ebd.). Dieser Anteil ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, was mit verbesserten Rahmenbedingungen des Engagements und dem Gewachsensein mit den damit verbundenen Anforderungen zusammenhängen könnte, aber auch mit dem Wunsch noch mehr gefordert und gefördert zu werden (vgl. ebd., S. 13f.). Die 16. Shell-Jugendstudie fragte Jugendliche, ob sie in ihrer Freizeit für soziale oder gesellschaftliche Zwecke oder ganz einfach für andere Menschen aktiv sind. Zudem wurde ihnen eine Liste mit Aktivitäten nach Bereichen vorgelegt, ohne darin jedoch wie der Freiwilligensurvey freiwilliges Engagement anhand von konkreten Aktivitäten in gesellschaftlichen Bereichen zu messen, und Engagierte von Teilnehmenden abzugrenzen. Insgesamt geben 39 % der Jugendlichen an, in einem der abgefragten Bereiche oft aktiv zu sein. Damit ist von 2006 mit 33 % auf 2010 ein leichter Anstieg zu verzeichnen. 41 % sagen, sie sind gelegentlich aktiv, (2002: 42 %, 2006: 42 %), 20 % geben an, nie aktiv zu sein (2002: 24 %, 2006: 25 %). Auch wenn Shell-Jugendstudie und Freiwilligen-Survey methodisch nicht unmittelbar vergleichbar sind, kann davon ausgegangen werden, dass die Engagementquote des Freiwilligensurveys mit % freiwillig Engagierte mit der Quote der Shell-Jugendstudie der oft aktiven vergleichsweise gut zusammenpasst (vgl. Shell Deutschland Holding 2010, S. 152f.). Auch die Zahlen von Rückgang des Engagements, aber der Zunahme der Bereitschaft im Freiwilligensurvey passen zur Shell-Jugendstudie, in der ja Engagement als,für andere Menschen aktiv sein definiert wird und damit nicht nur verbindliches Engagement, sondern auch die grundsätzliche Bereitschaft sich für andere einzusetzen ausdrückt (vgl. ebd., S. 153). 79

80 Zu den Bereichen, in denen die in der 16. Shell-Jugendstudie befragten Jugendlichen oft oder gelegentlich aktiv sind, zählen als die wichtigsten Sozialräume für Aktivität und Engagement nach wie vor Vereine (47 %), aber auch Gruppen oder Ämter in Schule/ Hochschule (22 %), Kirchengemeinden (16 %), Projekte und Projektgruppen (15 %) und Jugendorganisationen (12 %), Rettungsdienste/ Feuerwehr sind mit 7 % vertreten, Hilfsorganisationen mit 5 %. Auffällig ist, dass über ein Drittel der Jugendlichen angibt, gesellschaftlich und sozial allein und in ihrem persönlichen Umfeld aktiv zu sein (37 %) (vgl. ebd., S. 155). Hier handelt es sich um ein informelles Engagement, das außerhalb institutionalisierter Bezüge geschieht, demzufolge auch nicht weiter statistisch unterlegbar ist außer durch die Aussagen der Befragten selbst. Die 16. Shell-Jugendstudie bezeichnet dieses Engagement als,soziales Verhalten im Alltag (ebd.). Zentrale Aufgabenfelder sind Aktivitäten für andere Jugendliche. Dazu gehören eine sinnvolle Freizeitgestaltung von Jugendlichen (ebd.) oder die Interessen von Jugendlichen (ebd.), aber auch andere Aktivitäten, wie zum Beispiel der Einsatz für ältere Hilfsbedürftige, Umwelt- der Tierschutz, sozial Schwache oder das Zusammenleben mit Migranten. Im Verlauf zu den vorherigen Shell-Studien sind die Veränderungen und zeitlichen Zuwächse eher gering (vgl. ebd. S. 153f.). In Vereinen, Initiativen, Jugendverbänden und Kirchgemeinden geschieht die klassische Jugendarbeit. Diese ist ein wichtiger Ort teilzunehmen, aktiv zu sein und sich selbst zu engagieren. Insbesondere die Jugendverbandsarbeit liefert nicht nur zur Teilnahme an Bildungsangeboten einen wichtigen Beitrag, sondern bietet Gelegenheiten selbst Verantwortung durch ein Engagement im Verband zu übernehmen (vgl. BMFSFJ 2005, S. 223). Zur Vertiefung soll dazu auf die DJI-Jugendverbandserhebung verwiesen werden: Seckinger u.a Die Daten in Bezug auf die Engagementbereiche im Freiwilligen-Survey decken sich nicht unmittelbar mit den Daten der Shell-Jugenstudie (2010). Das liegt, wie schon erwähnt, an den verschiedenen Definitionen von Engagement bzw. aktiv sein, an den verschiedenen Altersgruppen und abgefragten Engagementbereichen. Was der Frewilligensurvey (2009) feststellt und was sich auch für die Shell-Jugendstudie annehmen lässt, ist die Nähe in den Aufgabenbereichen der Engagierten zum lebensweltlichen Umfeld, zudem jene Bereiche, in denen Fähigkeiten trainiert werden können und etwas gelernt werden kann (Diese These wird genauer in ausgeführt.): Sport und Bewegung (12 %), Schule/ Kindergarten (6 %), Kirche/ Religion (7 %), Kultur und Musik (5 %). Zu den traditionell wichtigen Engagementfeldern gehören weiterhin Feuerwehr und Rettungsdienste. Unterrepräsentiert sind Jugendliche im sozialen und Gesundheitsbereich, der beruflichen Interessenvertretung, bei lokalen, bürgerschaftlichen Aktivitäten, Politik und Parteien (vgl. Picot 2011, S. 11). Trotz der erwähnten Unterschiede beider Studien deckt sich das Ergebnis der geringen politischen Partizipationsbereitschaft auch mit den Daten der Shell-Jugendstudie (2010). Nur 80

81 3 % sind in Bürgerinitiativen und Gewerkschaften aktiv (oft oder gelegentlich), nur 2 % in Parteien (vgl. ebd., S. 156).,Sich in die Politik einmischen ist bei der Mehrheit der Jugendlichen nach wie vor,out (2002: 66 %; 2006: 68 %; 2010: 71 %). 52 % empfinden politisches Engagement für die eigene Lebensführung als unwichtig. Trotzdem diese Quote zurückgegangen ist (2002: 56 %, 2006: 57 %), spricht die Shell-Jugendstudie von Politikverdrossenheit der Jugendlichen. (vgl. ebd., S. 142f.). Zugleich werden Tendenzen deutlich, dass insbesondere bei den jüngeren Jugendlichen (12- bis 17-Jährige) und bei den mittleren und gehobeneren Schichten das politische Interesse von 34 % (2002), über 39 % (2006) auf 40 % (2010) angewachsen sind (vgl. ebd., S. 131). Es wird sich noch herausstellen, inwieweit diese Werte auf eine neue Entwicklung einer wieder stärker politischen Generation hinweisen. 4.4 Wer engagiert sich? Soziale Merkmale und Motive Jugendliche gehen heute einer Vielfalt von Freizeitbeschäftigungen nach. Bürgerschaftliches und freiwilliges Engagement stellt nur eine Option unter vielen dar. So stellt sich die Frage, welche Jugendlichen sich engagieren und aus welchen Motiven heraus dieses Engagement statt findet? Soziale Merkmale der Engagierten Ganz grundsätzlich unterscheidet die Shell-Jugendstudie in Bezug auf die Freizeitbeschäftigungen von Jugendlichen vier Gruppen von typischen Mustern. Davon machen die engagierten Jugendlichen (Shell Deutschland Holding 2010, S. 98) ein knappes Viertel aus (23 %). Sie sind im Vereinssport oder im Freizeitsport aktiv, engagieren sich in Projekten und spielen auch gern Computer (vgl. ebd.). Die kreative Freizeitelite (ebd.) sind ebenfalls mit 23 % vertreten. Diese Gruppe liest bevorzugt Bücher, geht Freizeitsportaktivitäten und Unternehmungen mit der Familie nach und betätigt sich auch künstlerisch-kreativ. Eine weitere Gruppe sind die geselligen Jugendlichen (ebd.) mit 28 %. Sie treffen sich in ihrer Freizeit mit Freunden, gehen gern Shoppen, in die Disco, in Kneipen oder verbringen ihre Freizeit mit Fernsehen, Computer spielen oder Videos ansehen. Schließlich werden 28 % der Jugendlichen als Medienfixierte (ebd.) typisiert. Sie verbringen viel Zeit mit Fernsehen, Internet, Musik hören oder Rumhängen (ebd.). Auffallend ist, dass Jugendliche die aus der Unterschicht kommen, fast zu Hälfte zur Gruppe der Medienfixierten gehören. Für die 12- bis 14-Jährigen ist vor allem Engagement und Kreativität bedeutsam, für die 15- bis 17-Jährigen insbesondere Medien, für die die 18- bis 21-Jährigen vor allem die 81

82 Geselligkeit. Unterscheidet man nach Geschlecht, fällt bei jungen Männern vor allem auf, dass sie zu den engagierten Jugendlichen (32 %) oder zu den Medienfixierten (31 %) gehören (vgl. ebd., S. 98f.). Neben diesen zuerst einmal eher groben Typisierungen, stellen die 16. Shell-Jugendstudie und der Freiwilligensurvey gleichermaßen fest, dass Aktivität und Engagement bildungs- und schichtabhängig sind. Dabei wird der Bildungsstatus durch den höchsten erreichten Schulabschluss bzw. durch den angestrebten Schulabschluss und besuchten Schultyp festgestellt. Der Bildungsgrad gibt zudem einen zentralen Hinweisen auf die Schichtzugehörigkeit von Jugendlichen (vgl. Picot 2011, S. 18). In der Shell-Jugendstudie bezeichnen sich als,oft aktiv Jugendliche mit Abitur oder FH-Reife zu 43%, mit mittlerer Reife zu 38 %, mit Hauptschulabschluss zu 31 % (vgl. Shell Deutschland Holding 2010, S. 154). Im Freiwilligensurvey (2009) werden zwar Haupt-, Real- und Mittelschüler zusammen gefasst, mit Gymnasiasten gegenüber gestellt und eine andere Definition von Engagement angesetzt (s. oben), jedoch ist die Abb. 06: Freiwilliges Engagement von Schülern, 2009 Tendenz beider Studien die Gleiche: (Bevölkerung ab 14 Jahren, Angaben in Prozent; Quelle: Sozialwissenschaftliche Projekte & TNS Infratest Es fallen auch hier die Unterschiede in Sozialforschung in: Picot 2011, S. 16 der Engagement-Beteiligung je nach angestrebtem oder erreichtem Bildungsabschluss auf: 47 % der Gymnasiasten sind engagiert, während es bei den Haupt-, Real- und Mittelschülern nur 27 % sind. Dabei wurde festgestellt, dass sich diese Entwicklung seit dem ersten Freiwilligensurvey (1999) noch verstärkt hat (vgl. Picot 2011, S. 18f.). Ein Grund, der für den Zusammenhang von Bildung/ sozialer Schicht und Engagement gesehen werden kann, ist das Erfordernis ganz unterschiedlicher lebensweltliche[r] Kompetenzen der Jugendlichen (Shell Deutschland Holding 2010, S. 154) im Engagement, wie zum Beispiel von Selbstbewusstsein, sozialer Kompetenz und auch Gelegenheitsstrukturen für Engagement im Alltag. Zudem benennt die Studie damit verbundene Wertorientierungen (vgl. ebd., S. 154f.). So kann davon ausgegangen werden, dass die lebensweltlichen Kompetenzen bei Jugendlichen aus niedrigeren sozialen Schichten und mit geringerer Bildung weniger gefördert werden, ebenso die mit Engagement/ Aktiv sein im Alltag zusammenhängenden Wertorientierungen weniger ausgeprägt sind (vgl. weiter 4.6). 82

83 Neben der niedrigen Engagement-Beteiligung niedrigerer Bildungsschichten ist seit 2004 ebenfalls der Anteil der,aktiven zurückgegangen, das heißt derer, die in einem öffentlich zugänglichen Kontext,mitmachen, ohne Freiwilligenarbeit zu übernehmen (ebd., S. 18). So liegt der Anteil der Nicht-Aktiven jetzt bei 40 % (2004: 35 %) gegenüber den Jugendlichen mit hohem Bildungsstatus, bei denen seit 1999 ein Rückgang von Nicht-Aktivität zu verzeichnet ist ( %, %, 2009: 16 %). Diese Entwicklungen sind insofern problematisch, als dass der Freiwilligensurvey öffentliche Aktivität als eine Art Vorstufe, ja Vorbedingung für stärkere Teilhabe z. B. in Form von freiwilligem Engagement (ebd., S. 18) betrachtet. Die Jugendlichen mit einem niedrigen Bildungsstatus haben ohnehin schlechtere berufliche Voraussetzungen. Der Rückgang an Aktivität und freiwilligem Engagement deutet auf eine immer weniger stattfindende Integration in zivilgesellschaftliche Zusammenhänge hin, da Aktivität und Engagement Indikatoren für soziale Integration darstellen. Zudem wird davon ausgegangen, sowohl im Freiwilligensurvey als auch in dieser Arbeit, dass Engagement zum Erwerb von Kompetenzen beiträgt. Diese Kompetenzen dienen nicht nur der Mitgestaltung von Gesellschaft, sondern stellen ebenfalls Gelegenheiten für die persönliche Weiterentwicklung und Persönlichkeitsbildung dar (vgl. ebd., S. 19). Diese Erfahrungen und Kompetenzen dürfen gerade Jugendlichen mit niedrigerem Bildungshintergrund nicht vorenthalten werden. Es muss daher auf bildungs- und gesellschaftspolitischer Ebene, aber auch auf der Ebene von Schulen und Organisationen freiwilligen Engagements die Handlungsnotwendigkeit erkannt und ergriffen werden. Was in Abb. 06 ebenfalls deutlich wurde, ist der Rückgang der Engagement-Beteiligung bei Schülern /-innen aus G8 im Vergleich zu G9. So stellt der Freiwilligensurvey eine Zahl von 41% von freiwillig Engagierten bei G8-Schülern /-innen fest, Schüler/-innen, die G9 absolvieren, sind mit 51% deutlich häufiger engagiert. Auch der Unterschied zwischen Absolventen ganz- und halbtägigen Unterrichts wird deutlich: Ganztagsschüler/-innen sind zu 31% engagiert, Schüler/-innen mit halbtägigem Unterricht deutlich mehr mit 39%. Hier wird ein wichtiger Aspekt deutlich: Die freie Zeit von Jugendlichen für freiwilliges und bürgerschaftliches Engagement wird aufgrund von Verlagerung und Ausweitung von schulischen Zeiten knapper. Es ist davon auszugehen, dass die gerade genannten Tendenzen weiter voranschreiten, gerade weil die Zahl offener und gebundener Ganztagschulen und die daran teilnehmenden Schüler/-innen zunimmt und die G9- Jahrgänge auslaufen. Auch der Freiwilligensurvey plädiert für eine stärkere Berücksichtigung und Einbeziehung freiwilligen und bürgerschaftlichen Engagements in den Ganztagsschulen und für eine Entlastung von zu großer Stoffdichte in den G8-Gymnasien, um ein mehr an zeitlichen Freiräumen für Engagement zu schaffen (vgl. Gensicke & Geiss 2010, S. 150; vgl. weiter Picot 2011, S. 16). 83

84 Der Migrationshintergrund spielt ebenfalls eine Rolle für die Engagement-Beteiligung. Dabei sind Ähnlichkeiten in den Aussagen über Jugendliche mit niedrigem Bildungsstatus zu erkennen wird im Freiwilligensurvey festgestellt, dass der Anteil der Jährigen Jugendlichen mit Migrationshintergrund weiter bei 22 % liegt, der Anteil der Nicht-Aktiven bei 34 %. Im Vergleich zu den Jugendlichen ohne Migrationshintergrund fallen diese Werte deutlich geringer aus (vgl. Picot 2011, S. 20f.). Wie auch schon in 4.3 allgemein festgestellt, hat auch bei den Jugendlichen mit Migrationshintergrund die Bereitschaft sich zu engagieren zugenommen (2004: 29 %, 2009: 38 %). So können Gründe der niedrigen Engagementquote darin liegen, dass bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund ein geringer Zugang zu zivilgesellschaftlichen Strukturen vorliegt. Auch Einwanderungsgeschichte, Dauer der Ansässigkeit am Wohnort, der Wohnort selbst, kulturelle Hintergründe und Bildungsstatus spielen eine Rolle (vgl. ebd., S. 22f.). Was die Unterschiede nach Geschlecht angeht, ist bei den 14- bis 19-Jährigen die Engagement-Beteiligung weiblicher Jugendlicher mit 37 % etwas stärker ausgeprägt als bei männlichen Jugendlichen mit 35 %. Dabei ist das Engagement männlicher Jugendlicher im Zeitraum von 1999 von 41 % auf 35 % 2009 zurückgegangen, dafür sind sie stärker öffentlich aktiv geworden (1999: 38 % auf 2009: 51 %). Ab dem Alter von 20 nimmt das Engagement der männlichen Jugendlichen zu und bleibt stabil bis 30 (2009: 40 %; bei den Jährigen 38 %). Bei den Frauen in dieser Altersgruppe dagegen verläuft es umgekehrt: ab dem Alter von 20 findet ein Rückgang im Engagement statt, der dann ab 25 Jahren wieder abnimmt (2009: 28 %; bei den Jährigen 30 %) (vgl. Picot 2011, S. 25). Einen Erklärungszusammenhang sieht der Freiwilligensurvey in der Sorge um einen stabilen Arbeitsplatz, der ab dem Alter von 20 zunehmend eine Rolle spielt. Die Sorge und Ängste scheinen bei den weiblichen Jugendlichen stärker ausgeprägt zu sein (vgl. ebd.). 84

85 4.4.2 Motive der Engagierten In den verschiedenen Untersuchungen zum Thema des freiwilligen Engagements konnte ein breites Feld von Motiven und Motivbündeln identifiziert werden: An vorderster Stelle steht der Spaß an der Tätigkeit und das Bedürfnis nach Geselligkeit und Gemeinschaft (vgl. Picot 2011, S. 26). Auch die Gemeinwohlorientierung bewegt zum Engagement, das heißt der Wunsch, etwas Sinnvolles zu tun, etwas in der Organisation bewegen und verändern zu können. Daneben spielt auch der Wunsch sich neue Räume und Erfahrungsfelder zu erschließen eine Rolle sowie andere eigene Interessen, zum Beispiel an Inhalten und Zielen der Organisation. Die Interessenorientierung kann u.a. pädagogische, politische, religiöse, ökologische, technische Interessen umfassen (vgl. Düx u.a. 2009, S. 46). Im Freiwilligensurvey wurde auch herausgefunden, dass je jünger die Engagierten sind, desto stärker das Motiv des Nutzens für die eigene berufliche Entwicklung vertreten ist. Dabei wurde zwischen dem beruflichen Vorankommen und dem Erwerb von Qualifikationen unterschieden. 51 % der Jährigen stimmen dem Motiv, sich Qualifikationen im Engagement zu erwerben, die für das Leben wichtig sind, voll und ganz zu, 40 % teilweise. Dem Motiv,berufliches Vorankommen stimmen 35 % voll und ganz zu, 33 % teilweise. Diese Werte sind erheblich höher als die der anderen Altersgruppen, vor allem ab der Altersgruppe der 26-Jährigen (vgl. Picot 2011, S. 26). Abb. 07: Typologie der Erwartungen an das freiwillige Engagement bei Jugendlichen, nach Geschlecht (Bevölkerung ab 14 Jahren, Angaben in Prozent); Quelle: Sozialwissenschaftliche Projekte & TNS Infratest Sozialforschung in: Picot 2011, S. 27 Interessant ist dabei in der Altersgruppe der 14- bis 24-Jährigen der leichte Rückgang der Geselligkeits- und Spaßorientierung (vgl. Abb. 07) als Motiv im Zeitraum zwischen 1999 und Dagegen lässt sich ein Anstieg im Motiv der Interessenorientierung verzeichnen, das heißt insbesondere Bezug auf die Erwartung eigene Interessen vertreten (ebd.) zu können. Ebenfalls weisen die Daten auf eine kontinuierlich steigende Gemeinwohlorientierung hin, die sich von 18 % 1999, über 24% 2004 auf 27% 2009 verändert hat (vgl. Picot 2011, S. 27). Gensicke & Geiss (2010) sagen, dass das Engagement ernster geworden (S. 120) sei. Dies deckt sich auch mit den Entwicklungen der Shell-Studien in den letzten Jahren. Die Shell-Jugendstudie 2010 in 85

86 bezeichnet diese Generation als pragmatische Generation und meint damit eine Generation, die durch eine hohe Handlungsorientierung, wechselseitige Unterstützung und Flexibilität mit den Herausforderungen in Alltag, Beruf und Gesellschaft pragmatisch umgeht (vgl. Shell Holding Deutschland, S. 15). Dabei sind soziale Empathie und Gemeinsinn keine fremden Werte für die Jugendlichen, zugleich aber auch Fleiß und Ehrgeiz. Im freiwilligen Engagement können sie diese verschiedenen Werte miteinander vereinen. Laut Freiwilligensurvey hat der beidseitige Nutzen, für sich selbst und für andere, einen immer größeren Stellenwert in den Engagementmotiven eingenommen (vgl. Picot 2011, S. 28). Leistung und Genuss zugleich schließen sich in dieser Generation nicht aus (vgl. Shell Deutschland Holding 2010, S. 196ff.). Das zeigt sich auch im freiwilligen Engagement, in dem die Orientierung an den eigenen Interessen, Wünschen und Bedürfnissen und das altruistische Motiv sich miteinander vermischen (vgl. Düx u.a. 2009, S. 46; Shell Jugendstudie 2006). So kann man zusammenfassend sagen: Engagierte Jugendliche wollen [...] gemeinsam mit anderen etwas für sich und andere tun, das sinnvoll ist und zugleich Spaß macht (Düx u.a. 2009, S. 46). Der Einstieg in das Engagement wird zumeist über Freunde, Familie oder Bekannte angeregt. Die Jugendlichen sind dann bereit ein Engagement zu übernehmen, wenn darin ein Zusammentreffen mit Gleichaltrigen möglich ist, sie sich zugehörig und anerkannt fühlen sowie ihre Interessen einbringen und umsetzen können (vgl. ebd.). 4.5 Wie wird gelernt? Voraussetzungen und Formen der Lernprozesse im Engagement Jugendlicher Wie finden Lern- und Bildungserfahrungen im freiwilligen Engagement statt und inwiefern unterscheiden sich diese Erfahrungen vom Lernen in anderen Orten, Formen und Modalitäten? Zur Beantwortung der Frage wird in Anlehnung an die Studie nach Düx u.a. (2009) nach Voraussetzungen für Lernprozesse im Engagement und nach Formen des Lernens unterschieden (vgl. ebd., S. 115) Voraussetzungen der Lernprozesse im Engagement Die Studie benennt drei zentrale Voraussetzungen für Lernprozesse im Feld des freiwilligen Engagements: 1. Freiwilligkeit, 2. Frei- und Gestaltungsräume, 3. Verantwortungsübernahme. Von den von Düx u.a. (2009) befragten Engagierten wird die Freiwilligkeit als zentrales Merkmal freiwilligen Engagements betont, da dort ein bedeutsamer Unterschied zu Schul- 86

87 und Ausbildungssystem liegt (vgl. S. 116). Die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages (2002) ergänzt, dass Freiwilligkeit als das wichtigste Merkmal bürgerschaftlichen Engagements im Allgemeinen gesehen werden kann (vgl. S. 32). Dieser empfundene Unterschied bezieht sich gleichermaßen auf Strukturen und Inhalt des Engagements (vgl. Düx u.a. 2009, S. 116). In Bezug auf Strukturen kann das zum Beispiel Zeitaufwand, Fehlen von Bewertungen nach Noten oder die freiwillig zusammen gesetzten Teamkonstellationen meinen. In Bezug auf Inhalte bedeutet es die Möglichkeit, Aufgabenbereiche frei nach eigenen Interessen und individuellen lebensweltlichen Bezügen wählen zu können, was sowohl zur Steigung der Lernmotivation als auch zur Identifikation mit den übernommenen Verantwortungen beiträgt (vgl. ebd., S. 116). Die Motivationsforscher Deci & Ryan (1993) benennen Zwang und als fremdbestimmt erlebte Lernanforderungen als Beeinträchtigungen für die Effektivität des Lernens, während die Möglichkeit der freien Wahl eigener Handlungen und die damit verbundene engagierte Aktivität (Düx u.a. 2009, S. 116) die Lernqualität erhöht und zusätzlich die Persönlichkeitsentwicklung fördert (vgl. ebd., vgl. weiter Deci & Ryan 1993). Außerdem stellen Düx u.a. (2009) in ihrer Studie über informelle Lernprozesse fest, dass die Lernmotivation durch die von den Engagierten empfundene Nachhaltigkeit des Gelernten verstärkt wird. Das Lernen im Engagement wird als,lernen fürs Leben bewertet und weniger kurzfristig als manche schulische Inhalte empfunden (vgl. S. 116). Dies kann sicherlich darauf zurückgeführt werden, dass die Jugendlichen sich die Inhalte des Engagements je nach ihren persönlichen, lebensweltlichen Bezügen ganz frei aussuchen. Damit ist der Bezug zum Alltagsleben im freiwilligen Engagement von Anfang an hergestellt, während der Transfer von Theorie auf Praxis in schulischen Inhalten erst schrittweise erarbeitet werden muss. Die mit dem Engagement verbundene Freiwilligkeit gibt dem menschlichen Bedürfnis nach Autonomie und Selbstbestimmung Ausdruck. Als eine zweite Voraussetzung für Lernprozesse im Feld des freiwilligen Engagements führen Düx, u.a. (2009) die damit verbundenen Frei- und Gestaltungsräume an. Sie eröffnen den Jugendlichen einen Raum mit unterschiedlichen Lebensentwürfen, Werten und Anschauungen zu experimentieren sowie um Kenntnisse, Vorstellungen und Kompetenzen zu erproben, zu erweitern oder zu verändern (ebd., S. 116). Diese Räume sind wichtig für die Bewältigung von Entwicklungsaufgaben 18 im Jugendalter. Sie zielen, ganz im Sinne des in 2.2 definierten Bildungsbegriffes auf eine zunehmende Ermächtigung der Person, sein Leben und seine Entwicklung selbstverantwortlich zu gestalten (Fend 2005, S. 205). Daher 18 Das Konzept der Entwicklungsaufgaben wurde von dem amerikanischen Pädagogen Havighurst (1948) etabliert. Übersetzt von Dreher & Dreher (1985), versteht man unter einer Entwicklungsaufgabe eine Aufgabe, die in [...] einem bestimmten Lebensabschnitt des Individuums entsteht, deren erfolgreiche Bewältigung zu dessen Glück und Erfolg bei späteren Aufgaben führt, während ein Misslingen zu Unglücklichsein, zu Missbilligung durch die Gesellschaft und zu Schwierigkeiten mit späteren Aufgaben führt (ebd., S. 30). 87

88 sind die Frei- und Gestaltungsräume des freiwilligen Engagements wichtige Bestandteile für entwicklungsförderliche Auseinandersetzungen der Jugendlichen mit sich selbst, mit eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten, mit anderen Altersgenossen, und unabhängig von seinen Eltern. Daneben ist eine weitere Entwicklungsaufgabe die Entwicklung und Vertretung eigener Werte, die damit verbundene Klarheit, welche Prinzipien das eigene Handeln leiten und das Finden einer eigenen Weltanschauung (vgl. Oerter & Montada 2008, S. 279). Jede Organisation, die freiwilliges Engagement fördert, vertritt bestimmte Werte, Anschauungen und Prinzipien, worauf das Engagement abzielt. Die Mitarbeit in diesen Engagement-Feldern führt damit auf kurz über lang zu Auseinandersetzungen des Jugendlichen mit den damit verbundenen Werten, Anschauungen und Prinzipien. Das Ausmaß der Frei- und Gestaltungsspielräume kann je nach inhaltlicher und struktureller Ausrichtung der Organisation unterschiedlich hoch sein. In Hilfs- und Rettungsorganisationen sind die Gestaltungsmöglichkeiten aufgrund notwendiger klarer Abläufe und Zuständigkeiten niedriger, als zum Beispiel in weltanschaulich orientierten Organisationen, die weniger auf einen klaren Zweck als in ihren Angeboten auf die ganze Person bezogene Ziele anstreben (Düx u.a 2009, S. 117) und weniger hierarchisch organisiert sind. Eine dritte Voraussetzung für das Lernen im freiwilligen Engagement ist die Verantwortungsübernahme für sich und andere. An der übernommenen Aufgabe hängen stets Menschen, Inhalte und Abläufe. Anders als in anderen Lebensbereichen machen die Jugendlichen hier Erfahrungen konkreter Nützlichkeit sowie gesellschaftlicher Relevanz ihres Tuns (ebd., S. 118). Und sie erleben unmittelbar die Konsequenzen, die unvollständiges oder gar verantwortungsloses Handeln nach sich zieht. Wenn eine Jugendliche zum Beispiel eine Gruppenstunde nicht oder schlecht vorbereitet, wirkt sich das direkt auf die Kinder, die Stimmung im Mitarbeiterteam und damit auf sie selbst aus. Ein Freiwilliger bei der Feuerwehr muss darum wissen, dass unzuverlässiges Handeln zu schwerwiegenden Folgen für sich selbst, andere oder die Organisation führen kann. In der Regel ist ein allmählicher Zuwachs von Verantwortung im freiwilligen Engagement bei Jugendlichen zu erkennen. Je länger sie engagiert sind, desto mehr wächst ihr Wissen, ihre Kompetenzen, die Sicherheit im Umgang mit den Anforderungen der Aufgaben und damit auch die Bereitschaft mehrere größere Verantwortungsbereiche zu übernehmen (vgl. ebd., S. 120). Daraus folgt, dass die Bereitschaft und Fähigkeit zur Verantwortungsübernahme im freiwilligen Engagement nicht nur vorausgesetzt, sondern im Vollzug auch eingeübt und entfaltet wird. Psychologische Studien weisen auf eine positive Korrelation von Engagementbereitschaft und sozialem Verantwortungsbewusstsein hin. Dort, wo Heranwachsende frühzeitig Räume zum Erlernen eines sozialen 88

89 Verantwortungsbewusstseins erleben, steigt ihre Bereitschaft für freiwilliges Engagement (vgl. ebd., S. 118). Insgesamt stellt auch dieses Merkmal einen Unterschied zur Schule dar. Natürlich müssen die Jugendlichen auch in der Schule Verantwortung übernehmen. Allerdings ist diese mehr auf sie selbst, ihre eigene Leistung und den daraus folgenden Konsequenzen für ihre zukünftige Ausbildung bezogen. Die Konsequenzen verantwortungslosen Handelns erleben sie dabei nicht unmittelbar, sondern zum Beispiel erst am Ende des Schuljahres bei einem schlechten Zeugnis oder sogar erst bei einem schlechten Schulabschluss und der Erkenntnis schlechterer Ausbildungs- und Studienchancen. Im freiwilligen Engagement geschehen Bildungsprozesse unmittelbar, wenn die Jugendlichen die gesellschaftliche Relevanz ihres Handelns erkennen und in Ernstsituationen für sich und andere Verantwortung [...] übernehmen (ebd.) Formen der Lernprozesse im Engagement Düx u.a. (2009) arbeiten drei Formen heraus, in denen Bildungsprozesse im Engagement stattfinden:,learning by doing, Lernen im Team und Lernen von erfahrenen Mitarbeitern (vgl. ebd., S. 121). Das Erlernen von Kompetenzen passiert demnach vor allem durch eigenes Handeln, Ausprobieren und Sammeln von Erfahrungen. Dies lässt sich beispielsweise in Team- und Gremienarbeit und der damit verbundenen Einübung formal-demokratischer Spielregeln und Verfahrensweisen feststellen oder bei Organisations- und Leitungsvermögen (vgl. ebd., S. 175). Natürlich müssen in manchen Bereichen, wie der Kinder- und Jugendarbeit oder der Ersten Hilfe, Kurse und Schulungen stattfinden, um den Engagierten bestimmtes Wissen und Kompetenzen zu vermitteln (vgl. ebd., S. 128). Das Gelernte lässt sich dann in der konkreten Handlungspraxis unmittelbar anwenden. Es ist kein Lernen in als-ob-formen (ebd., S. 175) für spätere Anwendungsfälle wie in der Schule. Die Aneignung von Wissen fällt demnach in zeitliche Nähe mit den Ernstsituationen. Das erhöht den Bildungserfolg und die Bildungsmotivation. Zudem geschehen Lern- und Entwicklungsprozesse nicht nur durch die Tätigkeit selbst, sondern auch durch sie begleitende Diskussionen, das Ausprobieren von Handlungsweisen, die Reflexion im Team oder individuell, durch Medien, Spiele und Schulungen (vgl. ebd., S. 124). Darin handelt es sich um informelle Bildungsprozesse, die so nebenbei geschehen. Eine zweite Form ist das Lernen im Team, in sozialen Kontexten mit anderen und bezogen auf andere (vgl. ebd., S. 124). In Hilfs- und Rettungsorganisationen ist dabei die Kooperation und Teamarbeit unbedingt notwendig und entscheidend für die Rettung von Menschenleben. 89

90 In anderen Organisationen übernehmen Jugendliche auch häufiger allein die Durchführung von Aufgaben. Trotzdem werden Erkenntnisse oder Ergebnisse in der Regel an andere weitergegeben, um zum Beispiel gemeinsam diskutiert oder ausgewertet zu werden, wie zum Beispiel bei der Planung einer Aktion von Greenpeace-Aktivisiten der Fall sein kann. Also entstehen auch aus ursprünglich individuellen Lernprozessen [...] kollektive (ebd., S. 124). Dabei sind die sozialen Lernerfahrungen der Engagierten sowohl auf Inhalte (wie Verantwortungsbereitschaft, Helfen, Wertorientierungen u.ä.) als auch auf Kontexte (wie mit anderen lernen, kommunizieren, kooperieren u.ä.) bezogen. Die Teams bestehen aus Gleichaltrigen, Älteren, Hauptberuflichen, Ehrenamtlichen, Vorgesetzten sowie zum Teil auch Partner außerhalb der Organisation (vgl. ebd.). Bedeutsam in diesen Formen der Teamarbeit ist, dass Erwachsene stärker begleitend, anleitend und unterstützend wirken, während die eigentliche Durchführung häufig gemeinsam mit Gleichaltrigen geschieht. Nach Larson (2000) 19 stellt diese Form organisierter, freiwilliger und mit Gleichaltrigen stattfindender Freizeitaktivitäten ein Setting her, das bei den Jugendlichen eine hohe intrinsische Motivation verbunden mit selbst generierter Konzentrations- und Lernbereitschaft schafft. Diese beiden Eigenschaften in Kombination hält er für einzigartig, da er sie weder im Setting des Schulunterrichts noch in nicht-strukturierten Freizeitaktivitäten feststellen kann (vgl. ebd., S. 173). Damit übernimmt die Gleichaltrigengruppe eine wichtige Rolle für die Lernmotivation und auch die Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme. Die Gruppe bietet Sicherheit und gibt Feedback und hilfreiche Anregungen (vgl. Düx u.a. 2009, S. 125). Sie ermöglicht dem Jugendlichen über das Engagement hinaus neue Beziehungen aufzubauen und Freundschaften zu entwickeln, was eine der Entwicklungsaufgaben des Jugendalters darstellt (vgl. Oerter & Montada 2008, S. 279). Fischer (2001) schlussfolgert, dass durch das Gefühl von Zusammengehörigkeit und Zugehörigkeit, das der Einzelne in der Gruppe erlebt, das Interesse an Meinungen, Erfahrungen und Kompetenzen der anderen zu steigen scheint. Damit geht zudem die Bereitschaft einher, eigene Erfahrungen, Kompetenzen und Meinungen an die anderen weiterzugeben (vgl. S. 460f.). 19 Larson (2000) führte an der University of Illinois eine Untersuchung über die Entwicklung von Eigeninitiative bei Jugendlichen zwischen 14 und 19 Jahren durch. Durch die Untersuchung bestätigte sich seine Hypothese, dass Freizeitangebote, die von Erwachsenen organisiert sind, klare Strukturen, Regeln und Ziele aufweisen, Räume der Partizipation bieten, außerhalb der Unterrichtszeit, freiwillig und in einer Gruppe mit anderen Gleichaltrigen stattfinden, für Jugendliche einen Kontext positiver Entwicklung, insbesondere der Entwicklung von Eigeninitiative schaffen. Laut seiner Untersuchung ermöglichen Freizeitaktivitäten mit diesen Merkmalen a unique combination of intrinsic motivation and concentration that is rarely present during their daily experiences in schoolwork and unstructured leisure (ebd., S. 178). Darein fallen Sportvereine, Hobbies, die im künstlerischen und musikalischen Bereich liegen oder das Engagement in Organisationen (vgl. ebd., S. 174). Larson nennt diese Gleichzeitigkeit von Motivation und Konzentration nach Dewey (1913) und Gibson & Rader (1979) freiwillige Konzentration oder selbstbestimmte Konzentration,voluntary attention, selfgenerated attention ). 90

91 Eine dritte Form von Lernprozessen im freiwilligen Engagement ist das Lernen von erfahrenen Mitarbeitern. Dabei handelt es sich entweder um ältere ehrenamtliche oder hauptberufliche Mitarbeiter, die ihre Erfahrungen, Kompetenzen und Kenntnisse an die Jugendlichen weitergeben. Häufig ist damit auch die Vermittlung von formellen und informellen Zielen, Werten, Normen und Standards der Organisation verbunden (vgl. ebd., S. 126). Es ist davon auszugehen, dass die Bereitschaft der Jugendlichen das Können und den Erfahrungsvorsprung der Älteren anzuerkennen, daraus resultiert, dass sie als Gleiche anerkannt werden oder [...] sie die Erwachsenen als wichtige Bezugspersonen oder Vorbilder betrachten (ebd., S. 126). Während die vorher genannten Peer-Group- Beziehungen eher auf einer symmetrischen Ebene stattfinden, die intrinsische Motivation, Lernbereitschaft und Konzentration im freiwilligen Engagement verstärken (vgl. Larson 2000, S. 174), wirkt das Lernen von erfahrenen Mitarbeitern als unterstützende Struktur, die eine breite Palette von Handlungsoptionen möglich machen. Für die Jugendlichen sind schulische Bezugspersonen, vor allem Lehrer, eher mit Hierarchie, Leistung und Bewertung verbunden, während die ehrenamtlichen und hauptberuflichen Mitarbeit der Organisationen eher als Förderer und Mentoren (Düx u.a. 2009, S. 126) eingeordnet werden. Damit wird das Feld des freiwilligen Engagements nicht als weiterer pädagogisierter Raum gesehen, sondern als Raum, in dem selbstbestimmtes Handeln mit anderen Gleichaltrigen möglich ist, das freiwillig ist und Spaß macht. 4.6 Welche Kompetenzen können im Engagement erlernt werden? Welche Lern- und Bildungserfahrungen machen Jugendlichen im freiwilligen Engagement? Welche Kompetenzen erlernen sie? Dabei werden die folgenden Ausführungen an die Begriffe der kulturellen, instrumentellen, sozialen und personalen Kompetenzen (vgl. 2.3) angelehnt. Vorweg gestellt werden muss die Tatsache, dass sich Jugendliche nicht nur in einer großen Vielfalt von Tätigkeiten engagieren, sondern darin auch mit hohen Anforderungen konfrontiert sind. Zu den Anforderungen, die besonders die Altersgruppe der 14- bis 24- Jährigen betrifft, zählen,mit Menschen gut umgehen können (74 %), eine hohe Einsatzbereitschaft (64 %), Ideenreichtum und Kreativität (51 %), Belastbarkeit (38 %), ein gutes Zeitmanagement (36 %), Organisationstalent (34 %), Führungstalent (32 %) und Fachwissen (31 %) (vgl. Picot 2011, S. 12). Diese Anforderungen führen zum Erwerb von dafür notwendigen Kompetenzen. 91

92 Als wichtigste Bereiche des Kompetenzerwerbs wird von den Engagierten die Entwicklung sozialer und personaler Kompetenzen hervorgehoben. Dazu werden je nach Engagementfeld und -tätigkeit spezifische Kompetenzen aus dem kulturellen und sozialen Bereich genannt (vgl. Düx u.a. 2009, S. 175). Dazu gehört zum Beispiel engagementspezifisch der Ausbau von Fachwissen, zum Beispiel von pädagogischem, technischem, ökologischem, politischem oder religiösem Fachwissen. Vergleicht man Engagierte und Nicht-Engagierte, so wurde in der empirischen Studie des DJI festgestellt, dass die in ihrer Jugend engagierten Erwachsenen über ein breiteres Erfahrungsspektrum und mehr Kompetenzen als früher Nicht-Engagierte verfügten. Die Unterschiede wurden gerade in den sozialen und kulturellen Kompetenzen deutlich. Darin wurden organisatorische Aufgaben, Gremienarbeit, rhetorische Fähigkeiten, pädagogische Aktivitäten (z.b. Gruppenleitung, Training) und Teamerfahrungen, Publikation eigener Texte sowie Leitungskompetenzen genannt (vgl. Düx u.a., S. 175f.). Dabei werden die Organisations- und Leitungskompetenz von den früher Engagierten besonders herausgestellt. Dazu zählen u.a. das Organisieren großer Veranstaltungen, die Übernahme von Leitungsaufgaben, Gremien- und Teamkompetenz oder die pädagogische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Im Unterschied zum Bildungsort Schule und zur Lernwelt Familie geben die Engagierten an, für diese Kompetenzfelder vor allem im freiwilligen Engagement die Möglichkeit zum Kompetenzerwerb gehabt zu haben. Deswegen schlussfolgert die DJI- Studie, dass diese informell angestoßenen Bildungsprozesse im freiwilligen Engagement eine ergänzende Funktion zum Kompetenzerwerb Heranwachsender in Schule und Familie einnehmen (vgl. ebd., S. 176). Ein ebenso wichtiger Teil der sozialen Kompetenzen ist die damit geförderte Gemeinwohlorientierung, die zum Bestehen einer Bürgergesellschaft und Demokratie unumgänglich ist. Heranwachsende, die sich bürgerschaftlich und freiwillig engagieren, erleben darin einen wichtigen Lernort für demokratische Bildung. Durch die Verantwortungsübernahme entwickeln und üben sie demokratische Fähigkeiten, Kenntnisse und Einstellungen ein. Sie erwerben Fachwissen und Kompetenzen, die für die Prinzipien der Mitbestimmung und Mitgestaltung der Zivilgesellschaft wichtig sind, zum Beispiel Interessenvertretung und Gremienkompetenz, das heißt die Kenntnis und Anwendung formal-demokratischer Verfahrensweisen und Spielregeln (ebd., S. 177). Auch das Reflexionsvermögen und die Handlungswirksamkeit werden im freiwilligen Engagement gestärkt. So setzen sich die Heranwachsenden im Engagement mit bestimmten Inhalten, Normen und Werten praktisch auseinander. Diese Auseinandersetzung im Engagementbereich führt darüber hinaus zu einer persönlichen Reflexion mit diesen Inhalten, Normen und Werten und darüber hinaus einer Reflexion über 92

93 gesellschaftspolitische Bedingungen und der Entwicklung eines sozialen oder politischen Bewusstseins (ebd.). Ebenso kann dies zur Entwicklung von Respekt und Toleranz im Umgang mit anderen Lebensformen beitragen (vgl. BMFSFJ 2005, S. 224). Schließlich ist die Erfahrung der gesellschaftlichen Nützlichkeit etwas ganz Zentrales für den Kompetenzerwerb der Heranwachsenden. Wie im Kapitel diskutiert, hat sich die Jugendphase verlängert. In der Schulphase sind sie abhängig von den Eltern, die Erwerbstätigkeit und die damit einhergehende ökonomische Selbstständigkeit führt dazu, dass Räume für gesellschaftliche Verantwortungsübernahme für andere eher selten sind. Gerade im Engagement erleben die Heranwachsenden einen Raum, in dem sie in geschütztem Rahmen Aufgaben übernehmen, die gesellschaftlich relevant sind und zu Sinnhaftigkeit und Nützlichkeit ihres Handelns führen (vgl Düx u.a. 2009, S. 177). Diese Erfahrungen wirken sich wiederum positiv auf die Motivation zum Kompetenzerwerb der Heranwachsenden im freiwilligen bürgerschaftlichen Engagement aus. Als dies plausibilisiert die Zunahme von personalen Kompetenzen, wie zum Beispiel Selbstwirksamkeitsüberzeugungen und die Stärkung des Selbstbewusstseins, auch im Umgang mit neuen Situationen und Anforderungen (vgl. BMFSFJ 2005, S. 224). Es kann davon ausgegangen werden, dass der Kompetenzerwerb sich nicht nur positiv auf die Engagementtätigkeit selbst auswirkt, sondern auch auf andere Lebensbereiche. So fällt in den eben ausgeführten Darstellungen auf, dass die Anforderungen des bürgerschaftlichen freiwilligen Engagements auch in anderen Lebensbereichen, wie Schule, Ausbildung, Studium und Beruf gestellt werden. Die erworbenen Kompetenzen sind ebenfalls für das Gelingen in diesen Lebensbereichen vonnöten. Das bürgerschaftliche, freiwillige Engagement kann darin als Raum gesehen werden, in dem auf diese Anforderungen reagiert, dementsprechende Kompetenzen erworben und eingeübt werden und auch in anderen Lebensbereichen umgesetzt werden. Diese Annahme kann von der empirischen Studie des DJI (Düx u.a. 2009) unterstützt werden. Ein Teil der Engagierten bestätigt, dass er die erworbenen Kompetenzen in der Schule nutzen kann, zum Beispiel im Einbringen von Fachwissen aus dem jeweiligen Engagementfeld in ein bestimmtes Unterrichtsthema, in der Teamarbeit oder im freien Sprechen vor Gruppen. Dort, wo im Unterricht das sich anzueignende Wissen einem unmittelbaren Übertrag auf die Praxis ermangelt, ist dies im freiwilligen Engagement der Fall, wenn zum Beispiel nach einer Übungsleiter-Schulung das Gelernte in der Gruppenstunde angewendet wird. Diese Erfahrung kann auch die Einstellung zum schulischen Lernen und der vermittelten Theorie positiv beeinflussen. Des Weiteren kann Engagement zu einer stärkeren Eingebundenheit in das Gemeinwesen eröffnen, woraus sich soziales Kapital für den Einzelnen ergibt, das er/ sie für andere Fragestellungen, z.b. Bewerbungen nutzen kann. Diese positiven Verknüpfungen von bürgerschaftlichem, 93

94 freiwilligem Engagement können, aber müssen nicht notwendigerweise bei den Engagierten stattfinden (vgl. ebd., S. 185f.). Für die Auswirkungen auf andere Lebensbereiche sei auf Düx u.a. 2009, S. 181ff. verwiesen. Insgesamt stößt das bürgerschaftliche, freiwillige Engagement bei den Beteiligten Bildungsprozesse an, in denen das Individuum als gesamte Persönlichkeit aktiv wird und sich bildet. Zugleich stellt das bürgerschaftliche, freiwillige Engagement der Heranwachsenden eine wichtige Säule zur Konstitution von Demokratie und Gesellschaft dar. Weiterhin kann festgestellt werden, dass im bürgerschaftlichen, freiwilligen Engagement informelle Bildungsprozesse angestoßen werden, die im Zusammenspiel mit schulischen, formalen Bildungsprozessen zu einem erweiterten Bildungsprozess beitragen. Düx u.a. (2009) fassen zusammen, dass das bürgerschaftliche, freiwillige Engagement als eine Lernwelt bezeichnet werden kann, die durch die Verknüpfung gesellschaftlicher Verantwortungsübernahme und individueller Lernprozesse besondere Chancen und Freiräume für die Entwicklung vielfältiger Kenntnisse und Fähigkeiten eröffnet, die für eine eigenständige und sozial verantwortliche Lebensführung sowie die Beteiligung an demokratischen Verfahren, aber auch für die Übernahme von Leitungs- und Managementaufgaben wichtig sind, die in schulischen Settings jedoch kaum vorkommen (Düx u.a. 2009, S. 179). 4.7 Zwischenfazit An den Ergebnissen der untersuchten Studien (16. Shell-Jugendstudie, Freiwilligensurvey, empirische Studie zum informellen Lernen im Jugendalter) wurde sichtbar, dass es sich bei den jungen Menschen zwischen 12 und 25 Jahren um eine sehr aktive Gruppe handelt. Die wichtigsten Sozialräume für Aktivität und Engagement sind Vereine. Sport und Rettungsdienste sind ebenfalls Schwerpunkte von Engagement, ebenso die Jugendarbeit als weiterhin wichtiger Ort aktiv zu sein und sich selbst zu engagieren. Trotz des leichten Rückgangs des institutionell feststellbaren Engagements wird eine verstärkte Bereitschaft sich zu engagieren sichtbar sowie im Engagement gefordert und gefördert zu werden. Das weist auf eine positive Einstellung sozial für andere tätig zu sein hin. Zunehmend geschieht dies auch außerhalb institutionalisierter Bezüge in Form eines informellen Engagements, wie die 16. Shell-Jugendstudie feststellte. Der Rückgang von Engagement ist u.a. darauf zurückzuführen, dass G8-Absolventen/-innen und Ganztagschüler/-innen weniger Freiräume zur Verfügung sehen, sich in ihrer Freizeit zu engagieren. Diese Entwicklung ist bedenklich, da Ganztagsschulen und G8 zunehmen. Hier sollte bürgerschaftliches, freiwilliges Engagement in den Ganztagsschulen bzw. Klassenzügen mit Ganztagsbetreuung 94

95 berücksichtigt und eingebunden werden sowie in G8-Gymnasien, ein Mehr an zeitlichen Freiräumen für Engagement geschaffen werden. Dass Aktivität und Engagement bildungs- und schichtabhängig sind, ist ein Zusammenhang, der sich in den letzten Jahren noch verstärkt hat. Auch bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund fallen die Engagement-Werte deutlich geringer aus, als bei Jugendlichen ohne Migrationshintergrund. Dieser bedenklichen Entwicklung sollte auf verschiedenen politischen Ebenen begegnet werden und damit verbundene Wertorientierungen und benötigte lebensweltliche Kompetenzen unterstützend außerhalb des Elternhauses fördern. Gerade eine Jugendarbeit, die mit ihrem Bildungsauftrag auch die damit verbundene politische Komponente wahrnimmt, muss an dieser Stelle den gesellschaftlichen Handlungsbedarf und ihre soziale Verantwortung erkennen, selbst aktiv werden, Verantwortung übernehmen und Bedingungen dafür schaffen, um Jugendlichen mehr Teilhabe in der Gesellschaft zu ermöglichen. Dazu kann das Einsetzen für Selbst- und Mitbestimmung gehören, zum anderen das bürgerschaftliche, freiwillige Engagement. Engagierte Jugendliche wollen eigene Interessen in der Tätigkeit verwirklichen, zum Beispiel Spaß haben, durch das Engagement beruflich vorankommen oder Qualifikationen erwerben. Zudem motiviert sie das Bedürfnis nach Gemeinschaft und Gemeinwohlorientierung zum bürgerschaftlichen, freiwilligen Engagement. Das Zusammendenken von individuellen Interessen und Bedürfnissen und der Gemeinwohlorientierung, etwas für sich und andere tun, ist charakteristisch für diese pragmatische Generation. Engagement passiert dort, wo eine Nähe in den Aufgabenbereichen der Engagierten zum lebensweltlichen Umfeld hergestellt ist, dort, wo Fähigkeiten erworben und Neues gelernt werden kann. Wenn man davon ausgeht, dass Schule und Jugendarbeit zum lebensweltlichen Umfeld der Jugendlichen gehören, liegt die Option nahe, beides in Engagementmöglichkeiten zu verknüpfen. Gefördert werden kann dies, wenn Freiwilligkeit gewährleistet ist und Neues gelernt werden kann. Wichtige Voraussetzungen für Bildungsprozesse im freiwilligen Engagement sind die Freiwilligkeit, Frei- und Gestaltungsräume, und die Möglichkeit zur Verantwortungsübernahme. Gerade Freiwilligkeit wird als eine entscheidende Voraussetzung für das Engagement und damit auch für die daraus resultierenden informellen Bildungsprozesse verstanden. Sie ist konstituierend für die Steigung der Lernmotivation, verstärkt die Identifikation mit den übernommenen Verantwortungen bei, erhöht die Lernqualität und liefert insgesamt einen wichtigen Beitrag zur Persönlichkeitsbildung. Zudem ist mit der Freiwilligkeit die lebensweltliche Nähe des Gelernten verbunden, was für nachhaltige Lernprozesse führt. Die Freiwilligkeit ermöglicht, 95

96 dass Jugendliche bedeutsame Bildungserfahrungen machen, die sich von schulischen Bildungs-Settings unterscheiden. Dies weist auf die Bedeutung hin, Freiwilligkeit auch in der Förderung von Engagement im Kontext Schule und Jugendhilfe weiterhin zu gewährleisten, zugleich aber darüber hinaus freiwilliges Engagement weiterhin auch außerhalb der Schule zu fördern. Wenn Frei- und Gestaltungsräume im bürgerschaftlichen, freiwilligen Engagement hergestellt werden, so ermöglicht das den Heranwachsenden einen Raum für entwicklungsförderliche Auseinandersetzungen der Jugendlichen mit sich selbst, mit eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten, mit anderen Altersgenossen, und unabhängig von ihren Eltern. Zudem führen diese Räume zu Auseinandersetzungen mit dem Engagement-Feld verbundenen Werten, Anschauungen und Prinzipien. Damit leistet bürgerschaftliches, freiwilliges Engagement auch einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung von Entwicklungsaufgaben von Heranwachsenden. In der Verantwortungs-übernahme für sich und andere machen die Heranwachsenden die Erfahrung konkreter Nützlichkeit sowie gesellschaftlicher Relevanz ihres Tuns. Zudem erleben sie Lernprozesse unmittelbar. Gerade dort, wo Heranwachsende frühzeitig Räume zum Erlernen eines sozialen Verantwortungsbewusstseins erleben, steigt ihre Bereitschaft für freiwilliges Engagement. Daher sollte auch Schule in der Kooperation mit Jugendhilfe Räume eröffnen, wo soziales Verantwortungsbewusstsein erlernt werden kann. Das Lernen im bürgerschaftlichen freiwilligen Engagement geschieht vor allem in informellen Lernformen, durch,learning by doing, Lernen im Team und Lernen von Erfahrenen Mitarbeitern. Lernen in formalen Settings in Form von Schulungen und Kursen kommen dem gegenüber seltener vor. Die Vielzahl der verschiedenen Kompetenzen, die im bürgerschaftlichen, freiwilligen Engagement erworben werden können, zeigen auf, dass es eine breite Vielzahl an Lerngelegenheiten und Anregungen zur Verfügung stellt, die die Heranwachsenden freiwillig und selbstbestimmt nutzen können. Dabei finden im Engagement vor allem informelle Bildungsprozesse statt, die gegenüber dem Kompetenzerwerb in der Schule eine ergänzende Funktion einnehmen. Als eine solch bedeutsame Lernwelt muss das bürgerschaftliche, freiwillige Engagement im Prozess des Aufwachsens von jungen Menschen stärker gefördert werden. Darin liegen Potentiale für die verschiedenen Träger des bürgerschaftlichen Engagements, aber auch für neue Formen, zum Beispiel der Kooperation mit Schule. Dass über ein Drittel von Jugendlichen angibt, gesellschaftlich und sozial informell engagiert zu sein, führt das Anliegen dieser Arbeit weiter, Engagement in unterrichtlichen oder außerunterrichtlichen Bezügen zu integrieren: Wenn Schule und schulbezogene Jugendarbeit in formalen und non-formalen Settings dazu beitragen, dass noch mehr Jugendliche erfahren, dass Engagement für andere etwas ist, dass nicht nur in institutionellen Bezügen, sondern als 96

97 alltägliches Handeln eingeübt werden kann, kann dies zur alltäglichen Umsetzung in informellen Kontexten führen. Zum anderen wird dadurch die Bürgergesellschaft gestärkt. An den zentralen Aufgabenfeldern, in denen sich Jugendliche einbringen, werden konzeptionelle Hinweise für die Förderung von Engagement deutlich: Ein Teil der heutigen Jugendgeneration, die so stark von Individualismus, von Wettbewerb und Qualifikationsstreben geprägt ist, setzt sich trotzdem für andere ein, für andere Gleichaltrige, aber auch Alte, Kranke, sozial Schwache, Migranten. Und sich für andere einzusetzen führt dazu, dass diese Jugendlichen selbst an Erfahrungen und Kompetenzen gewinnen. Viele Jugendliche sind bereit, sich zu engagieren, insbesondere, wenn eine lebensweltliche Nähe und die Möglichkeit individuelle Interessen und Bedürfnisse darin zu erfüllen, gegeben sind. Das plausibilisiert einmal mehr die Notwendigkeit mehr Gelegenheiten in den formalen und non-formalen Settings der Lebenswelten Jugendlichen zur Verfügung zu stellen, wo Engagement eingeübt werden kann. 97

98 5 Empirische Untersuchung mit qualitativer Ausrichtung 5.1 Forschungsinteresse, Forschungsfragen und Hypothesen Das Forschungsinteresse orientierte sich an drei Bereichen: Bildungsprozesse in der schulbezogenen Jugendarbeit bürgerschaftliches, freiwilliges Engagement im Kontext Schule und schulbezogener Jugendarbeit, Jugendhilfe Zusammenarbeit Schule und Träger aus der Jugendhilfe Aus dem Forschungsinteresse wurden für die Untersuchung mehrere Forschungsfragen entwickelt. Diese ergaben sich aus den theoretischen Vorüberlegungen der Kapitel 1 bis 4. Die Forschungsfragen lauten: Wie sieht schulbezogene Jugendarbeit in der Praxis aus? Wie können Bildungsprozesse in der Kooperation von Schule und schulbezogener Jugendarbeit beschrieben werden? Welche Erfahrungen liegen in der Förderung von bürgerschaftlichem, freiwilligem Engagement im Kontext von Schule und schulbezogener Jugendarbeit vor? Welche Erfahrungen liegen in der Zusammenarbeit zwischen Schule und Kooperationspartnern aus der Jugendhilfe vor? Was sind hilfreiche Bedingungen für eine gelingende Zusammenarbeit zwischen Schule und Kooperationspartnern der Jugendhilfe? Der Untersuchung wurden zehn Hypothesen zugrunde gelegt. Die Hypothesen orientieren sich an den Forschungsfragen und an den Annahmen, die sich aus dem theoretischen Teil ergeben haben. Sie lauten: Hypothese 1: Die schulbezogene Jugendarbeit zeichnet sich durch eine breite Palette von Angeboten und Projekten aus. Hypothese 2: In der schulbezogenen Jugendarbeit geschehen Bildungsleistungen, die in der Schule weniger gefördert werden. Hypothese 3: Die Settings schulbezogener Jugendarbeit unterscheiden sich erheblich von schulischen Settings. Hypothese 4: In der Zusammenarbeit von Jugendarbeit und Schule kann ein erweiterter Bildungsbegriff umgesetzt werden. Hypothese 5: In den aktivierenden Formen des jugendlichen Engagements sind für die darin aktiven Personen Bildungspotentiale enthalten. 98

99 Hypothese 6: Die Jugendhilfe kann im Kontext Schule bürgerschaftliches, freiwilliges Engagement fördern. Hypothese 7: Für die Umsetzung bürgerschaftlichen, freiwilligen Engagements im Kontext Jugendhilfe und Schule bedarf es der Prinzipien Freiwilligkeit, Mitbestimmung und Selbstorganisation. Hypothese 8: Die Förderung von innerschulischem oder nach außen gerichtetem freiwilligem, bürgerschaftlichem Engagement kann in der Ganztagsschulentwicklung eine Form der Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe sein. Hypothese 9: Eine für beide Seiten gelingende Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule bedarf klarer Rahmenbedingungen. Hypothese 10: Die Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe stellt für die beteiligten Partner eine Win-Win-Situation dar. Um die Hypothesen beantworten zu können, wurde die Untersuchung in ein Auswertungsschema von Dimensionen und Kategorien eingeordnet. Die vier Dimensionen sind: 1. Dimension: schulbezogene Jugendarbeit 2. Dimension: Bildung 3. Dimension: bürgerschaftliches, freiwilliges Engagement 4. Dimension: Kooperation von Schule und Jugendhilfe In der folgenden Darstellung sind Dimensionen und Kategorien aufgeführt. 99

100 Dimensionen und Kategorien der Untersuchung: Schulbezogene Jugendarbeit Bildung BürgerschaNliches, freiwilliges Engagement KooperaHon von Schule und Jugendhilfe Angebote schulbezogener Jugendarbeit Rahmenbedingungen schulbezogener Jugendarbeit: > Zielgruppe > Ort > Zeit > Personal > Finanzierung > Projektcharakter > neue Möglichkeiten Vergleich von formaler und nonformaler Bildung : > Noten vs. Bewertungsfreiheit > Menschenbild > Lehrplan vs. Offenheit der Angebote > BedürfnisorienHerung > Verbindung schulischer und außerschulischer Zeiten > Ehrenamt > Zusammenspiel von Bildungsdimensionen > Verbindlichkeit vs. Freiwilligkeit > Persönlichkeitsbildung vs. Noten > Förderung von sozialem Lernen > Bildungsdimension in der Jugendarbeit Defini=on von Bildung innerschulische Angebote/Projekte nach außen gerichtete Angebote/ Projekte Vorbereitung: > Beweggründe der Einführung > SchriQe der Vorbereitung > Beteiligte Personen; Zielgruppen Durchführung: > MoHve der Schüler/ innen > Lernformen > Handlungsleitende Prinzipien Evalua=on: > Erfahrungen der Beteiligten > Formen der EvaluaHon > Hindernisse der Ausweitung von Engagement > Förderung von Engagement im Ganztagsbetrieb Entwicklung der Zusammenarbeit Gründe für die Zusammenarbeit Schwierigkeiten Bedingungen für die Zusammenarbeit: > Aufrechterhaltung typischer Prinzipien > regelmäßige KommunikaHon > KooperaHves Arbeiten > Flexibilität > Aufgabenverteilung Lehrer/ n Sozialpädagoge/in Verhältnis der KooperaHonspartner zukünnige Herausforderungen für die Jugendarbeit zukünnige Herausforderungen für die Schule 100

Ganztagsgrundschule und Jugendhilfe

Ganztagsgrundschule und Jugendhilfe Ganztagsgrundschule und Jugendhilfe Treff Sozialarbeit Stuttgart 24.1.2013 Dr. Margarete Finkel Abteilungsleitung Jugendhilfeplanung Jugendamt Stuttgart Ganztagsgrundschule als Zukunftschance weil damit

Mehr

2. Sitzung des Fachbeirats. Thüringer Bildungsplan bis 18 Jahre

2. Sitzung des Fachbeirats. Thüringer Bildungsplan bis 18 Jahre 2. Sitzung des Fachbeirats Thüringer Bildungsplan bis 18 Jahre Erfurt am 19.03.2012 TOPs 2 Protokoll vom 19.01.2012 und Aktuelles Kapitel 1 Struktur des TBP-18 Jahre Ausführungen Unterkapitel 1.1 (Bildungsverständnis)

Mehr

Indikatorenbestimmung für eine sozialräumliche Mittelverteilung zur

Indikatorenbestimmung für eine sozialräumliche Mittelverteilung zur Indikatorenbestimmung für eine sozialräumliche Mittelverteilung zur Verringerung von Bildungsungleichheit im frühen Kindesalter Gemeinsames Jahrestreffen des AK Quartiersforschung und des AK Bildungsgeographie

Mehr

Die Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen

Die Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen Die Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen Ein Überblick aus soziologischer und pädagogischer Sicht Dr. Ulrich Deinet, Fachhochschule Düsseldorf, Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften Lebenslagen

Mehr

3. Sitzung des Fachbeirats. Thüringer Bildungsplan bis 18 Jahre

3. Sitzung des Fachbeirats. Thüringer Bildungsplan bis 18 Jahre 3. Sitzung des Fachbeirats Thüringer Bildungsplan bis 18 Jahre Erfurt am 26.04.2012 TOPs 2 Protokoll vom 19.03.2012 und Aktuelles Kapitel 1, Unterkapitel 1.1 (Bildungsverständnis) Einleitende Bemerkungen

Mehr

Fortbildungsmodul. Bildung junger Menschen fördern: Aufgabe von Schule und Jugendhilfe

Fortbildungsmodul. Bildung junger Menschen fördern: Aufgabe von Schule und Jugendhilfe Fortbildungsmodul Bildung junger Menschen fördern: Aufgabe von Schule und Jugendhilfe Bildungsverständnisse und -definitionen Schulische Ausbildung Intellektualität Erziehung Bildung? Kultiviertheit Allgemeinbildung

Mehr

Schulische Ganztagsangebote im Jugendalter Ambivalenzen und Potenziale

Schulische Ganztagsangebote im Jugendalter Ambivalenzen und Potenziale Schulische Ganztagsangebote im Jugendalter Ambivalenzen und Potenziale Tagung des Jugendministeriums des Freistaats Thüringen 20. Sept. 2017 Prof. Klaus Schäfer Das Jugendalter und auch das frühe Erwachsenenalter

Mehr

Examensthemen in Allgemeiner Pädagogik: Realschule

Examensthemen in Allgemeiner Pädagogik: Realschule Examensthemen in Allgemeiner Pädagogik: Realschule Herbst 2018 Stellen Sie die Erziehungstheorie Deweys in ihren wesentlichen Zügen vor! Arbeiten Sie den Zusammenhang von Erziehung und Demokratie an Deweys

Mehr

Bildung im Netzwerk - Netzwerke bilden

Bildung im Netzwerk - Netzwerke bilden Bildung im Netzwerk - Netzwerke bilden Impulsvortrag der 4. TischMesse der Kinder- und Jugendhilfe in Radolfzell Anke Schlums, Bildungsmanagerin Was ist Bildung? Annäherung an einen modernen Bildungsbegriff

Mehr

Museumspädagogik* LV (17W) Aktuelle Herausforderungen für Praxisberatung, Schulentwicklung und Qualitätsmanagement im Bildungssystem

Museumspädagogik* LV (17W) Aktuelle Herausforderungen für Praxisberatung, Schulentwicklung und Qualitätsmanagement im Bildungssystem Museumspädagogik* LV 900.135 (17W) Aktuelle Herausforderungen für Praxisberatung, Schulentwicklung und Qualitätsmanagement im Bildungssystem Kulturelle Bildung ist ein unverzichtbarer Bestandteil unseres

Mehr

Die beste Schulpause

Die beste Schulpause Die beste Schulpause Qualitative Weiterentwicklung der Kooperation von Schule und Offener Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) im Ganztag. Prozessbegleitung der Zusammenarbeit des Schorsch mit der Stadtteilschule

Mehr

Bildung - Auftrag der Jugendsozialarbeit

Bildung - Auftrag der Jugendsozialarbeit Ev. Fachhochschule NürnbergN Bildung - Auftrag der Jugendsozialarbeit Überlegungen zur Situation und konzeptionelle Perspektiven Fachtag der LAG Jugendsozialarbeit Nordrheinwestfalen Düsseldorf, 24.4.2009

Mehr

Was ist Jugendbildung?

Was ist Jugendbildung? Was ist Jugendbildung? Positionen Definitionen - Perspektiven Kulturelle Jugendbildung Thüringen e.v. Wer spricht? Praxis: Jugendarbeiter und Lehrer Arbeitsbereich: u. a. Jugendbildung Uni Siegen neue

Mehr

Begriffsdefinitionen

Begriffsdefinitionen Begriffsdefinitionen Sozialisation: Unter Sozialisation versteht man die Entstehung und Bildung der Persönlichkeit aufgrund ihrer Interaktion mit einer spezifischen materiellen, kulturellen und sozialen

Mehr

Sozialisation und Jugendbildung in einer alternden und demokratisch-kapitalistischen Gesellschaft

Sozialisation und Jugendbildung in einer alternden und demokratisch-kapitalistischen Gesellschaft Sozialisation und Jugendbildung in einer alternden und demokratisch-kapitalistischen Gesellschaft Themen Sozialisation Jugendbildung Lebenslauf Sozialisationsinstanzen Familie Medien soz.päd. Familienhilfe

Mehr

LEITBILD DER JUGENDARBEIT REGENSDORF

LEITBILD DER JUGENDARBEIT REGENSDORF LEITBILD DER JUGENDARBEIT REGENSDORF 2013 2017 Präambel: Zur Zielgruppe der Jugendarbeit Regensdorf gehören Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 12 und 25 Jahren. Die Jugendarbeit ist ein freiwilliges

Mehr

Frühe Bildung eine kommunale Aufgabe?

Frühe Bildung eine kommunale Aufgabe? Frühe Bildung eine kommunale Aufgabe? Vortrag zum Fachtag Kommunen gestalten: Frühe Bildung am 11.10.2016 Dr. Susanne v. Hehl 2 Gliederung 1. Frühe Bildung und ihre Bedeutung für die Kommunen 2. Rolle

Mehr

Evangelisches Bildungsverständnis als Herausforderung für Kindertageseinrichtungen und

Evangelisches Bildungsverständnis als Herausforderung für Kindertageseinrichtungen und Matthias Spenn Evangelisches Bildungsverständnis als Herausforderung für Kindertageseinrichtungen und Kirchengemeinden i Berlin 18. November 2008 1. Evangelisches Bildungshandeln orientiert sich am Sich-

Mehr

Leitbild Kinder- und Jugendhilfe in der Stadt Freiburg

Leitbild Kinder- und Jugendhilfe in der Stadt Freiburg Leitbild Kinder- und Jugendhilfe in der Stadt Freiburg Stand 21.11.2011 Präambel Die Stadt Freiburg schafft und erhält positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder-,

Mehr

Informationen zum Unterrichtsfach Pädagogik / Erziehungswissenschaften

Informationen zum Unterrichtsfach Pädagogik / Erziehungswissenschaften Pädagogik Informationen zum Unterrichtsfach Pädagogik / Erziehungswissenschaften 1. Allgemeines zum Fach 2. Gegenstand des erziehungswissenschaftlichen Unterrichts 3. Ziele des Unterrichtsfaches 4. Inhaltliche

Mehr

Kindheit Lebenslagen von Kindern im Spiegel des 14. Kinder- und Jugendberichts

Kindheit Lebenslagen von Kindern im Spiegel des 14. Kinder- und Jugendberichts Kindheit Lebenslagen von Kindern im Spiegel des 14. Kinder- und Jugendberichts Birgit Riedel, Deutsches Jugendinstitut e.v. Gliederung 1) Lebensphase Kindheit 2) Lebenslagen von Kindern 3) Kernaussagen

Mehr

Leitbild Bildung des Landkreises Elbe-Elster

Leitbild Bildung des Landkreises Elbe-Elster Leitbild Bildung des Landkreises Elbe-Elster Bildungsleitbild für den Landkreis Elbe-Elster Mit unserem Bildungsleitbild definieren wir die Ziele und setzen den Rahmen für die Gestaltung der Bildungslandschaft

Mehr

Thüringer Bildungsplan bis 18 Jahre

Thüringer Bildungsplan bis 18 Jahre !! Thüringer Bildungsplan bis 18 Jahre Bildungsansprüche von Kindern und Jugendlichen Michael Wiegleb Vortrag zur Abschlusskonferenz Comenius Regio 16.04.2013 Gliederung 2 1 2 3 4 5 6 Grundideen und Ziele

Mehr

Prinzip Nachhaltigkeit PädagogischeÜberlegungen zum professionellen Selbstverständnis von Jugendsozialarbeit an Schulen

Prinzip Nachhaltigkeit PädagogischeÜberlegungen zum professionellen Selbstverständnis von Jugendsozialarbeit an Schulen Ev. Hochschule NürnbergN Institut für f r Praxisforschung und Evaluation Prinzip Nachhaltigkeit PädagogischeÜberlegungen zum professionellen Selbstverständnis von Jugendsozialarbeit an Schulen Fachtagung

Mehr

Beschluss. Positionspapier Bildung in Jugendverbänden

Beschluss. Positionspapier Bildung in Jugendverbänden Beschluss 81. Vollversammlung 24./25.10.2008 in Berlin Positionspapier Bildung in Jugendverbänden Einstieg Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf die optimale Entwicklung und Förderung aller geistigen

Mehr

Erläuterung Mission-Statement: Unser Auftrag Die Mission

Erläuterung Mission-Statement: Unser Auftrag Die Mission Unser Auftrag Wir fördern die ganzheitliche Entwicklung von jungen Menschen zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten durch ein Wertesystem, das auf Gesetz und Versprechen der Pfadfinder und Pfadfinderinnen

Mehr

Kinder und Jugendliche fördern Bildung und Erziehung als Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe 8. Kinder- und Jugendbericht der Landesregierung 2005

Kinder und Jugendliche fördern Bildung und Erziehung als Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe 8. Kinder- und Jugendbericht der Landesregierung 2005 Kinder und Jugendliche fördern Bildung und Erziehung als Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe 8. Kinder- und Jugendbericht der Landesregierung 2005 8. Kinder- und Jugendbericht der Landesregierung Inhalt

Mehr

Konzept Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) der Stadt Zug. Kurzfassung

Konzept Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) der Stadt Zug. Kurzfassung Konzept Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) der Stadt Zug Kurzfassung Stadträtin Vroni Straub-Müller Kleine Kinder lernen spielend Spielen ist für Kinder die natürlichste und gleichzeitig

Mehr

Non-formale und informelle Lernorte und Bildungsmonitoring. Beitrag zur KVJS-Tagung Jugendhilfe und Ganztagsschule

Non-formale und informelle Lernorte und Bildungsmonitoring. Beitrag zur KVJS-Tagung Jugendhilfe und Ganztagsschule Non-formale und informelle Lernorte und Bildungsmonitoring Beitrag zur KVJS-Tagung Jugendhilfe und Ganztagsschule Gliederung 1. Formales, non-formales und informelles Lernen zur Klärung und Abgrenzung

Mehr

von Alexander Mavroudis LVR-Landesjugendamt Rheinland Input beim 3. Fachtag Kooperation Jugendhilfe & Schule am 26. April 2016 in Aachen

von Alexander Mavroudis LVR-Landesjugendamt Rheinland Input beim 3. Fachtag Kooperation Jugendhilfe & Schule am 26. April 2016 in Aachen Der Stellenwert von Schulsozialarbeit in den Bildungslandschaften in Nordrhein-Westfalen von Alexander Mavroudis LVR-Landesjugendamt Rheinland Input beim 3. Fachtag Kooperation Jugendhilfe & Schule am

Mehr

Sozialraumanalyse, Sozialraumorientierung. Wahlfach 2: Jugendarbeit

Sozialraumanalyse, Sozialraumorientierung. Wahlfach 2: Jugendarbeit Sozialraumanalyse, Sozialraumorientierung Wahlfach 2: Jugendarbeit Zusammenhänge der Lebenswelten von Heranwachsenden Aufgabe 1: O Welche Räume und Orte gibt es an dieser Schule? O Was passiert dort objektiv

Mehr

Jugendliche in neuen Lernwelten

Jugendliche in neuen Lernwelten Peter Wahler Claus J.Tully Christine Preiß Jugendliche in neuen Lernwelten Selbstorganisierte Bildung jenseits institutioneller Qualifizierung 2., erweiterte Auflage VS VERLAG FÜR SOZIALWISSENSCHAFTEN

Mehr

Frühes Lernen: Kindergarten & Schule kooperieren

Frühes Lernen: Kindergarten & Schule kooperieren Frühes Lernen: Kindergarten & Schule kooperieren Herford, den 13. März 2012 Gliederung des Vortrags (1) Zur Beeinflussbarkeit institutioneller Differenzen (2) Heterogenität, Inklusion als Herausforderung

Mehr

Digitale Demokratie: Chancen und Herausforderungen von sozialen Netzwerken. Bachelorarbeit

Digitale Demokratie: Chancen und Herausforderungen von sozialen Netzwerken. Bachelorarbeit Digitale Demokratie: Chancen und Herausforderungen von sozialen Netzwerken Bachelorarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Bachelor of Science (B.Sc.) im Studiengang Wirtschaftswissenschaft der Wirtschaftswissenschaftlichen

Mehr

Leitbild der Jugendarbeit Bödeli

Leitbild der Jugendarbeit Bödeli Leitbild der Jugendarbeit Bödeli Inhaltsverzeichnis Leitbild der Jugendarbeit Bödeli... 3 Gesundheitsförderung... 3 Integration... 3 Jugendkultur... 3 Partizipation... 3 Sozialisation... 4 Jugendgerechte

Mehr

Jugendpartizipation in Einrichtungen der Jugendhilfe und Jugendsozialarbeit

Jugendpartizipation in Einrichtungen der Jugendhilfe und Jugendsozialarbeit Jugendpartizipation in Einrichtungen der Jugendhilfe und Jugendsozialarbeit Bestandsaufnahme (Auszug) Dr. Thorsten Bührmann / Pia Prior / Franziska Fedrowitz Universität Paderborn 16.04.2015 Ziel der Erhebung

Mehr

Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule. Staatliches Studienseminar für das Lehramt an Gymnasien Trier/ TDS Daun

Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule. Staatliches Studienseminar für das Lehramt an Gymnasien Trier/ TDS Daun Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule Staatliches Studienseminar für das Lehramt an Gymnasien Trier/ TDS Daun Vorhaben Begrifflichkeit Rechtlicher Rahmen, gesellschaftliche Verankerung Schulische

Mehr

1+1 ist mehr als 2. Leben und Lernen gemeinsam gestalten Neue Perspektiven. Vernetzungstreffen Jugendarbeit und Schule am 13.5.

1+1 ist mehr als 2. Leben und Lernen gemeinsam gestalten Neue Perspektiven. Vernetzungstreffen Jugendarbeit und Schule am 13.5. 1+1 ist mehr als 2 Leben und Lernen gemeinsam gestalten Neue Perspektiven Vernetzungstreffen Jugendarbeit und Schule am 13.5.2013 Damaris Knapp, ptz Stuttgart Inhaltliche Aspekte Aktuelle Situation (Kinder,

Mehr

kultur- und sozialwissenschaften

kultur- und sozialwissenschaften Christiane Hof Kurseinheit 1: Lebenslanges Lernen Modul 3D: Betriebliches Lernen und berufliche Kompetenzentwicklung kultur- und sozialwissenschaften Redaktionelle Überarbeitung und Mitarbeit Renate Schramek

Mehr

Inhalt. Abkürzungsverzeichnis 11 Tabellen-und Abbildungsverzeichnis 13

Inhalt. Abkürzungsverzeichnis 11 Tabellen-und Abbildungsverzeichnis 13 Inhalt Abkürzungsverzeichnis 11 Tabellen-und Abbildungsverzeichnis 13 1. Einleitung 15 1.1 Hauptschüler und ihre Vorstellungen von Arbeit und Arbeitslosigkeit I 18 1.2 Leitende Thesen der Untersuchung

Mehr

Bildungsgerechtigkeit: Kommunale Gestaltungsmöglichkeiten

Bildungsgerechtigkeit: Kommunale Gestaltungsmöglichkeiten Bildungsgerechtigkeit: Kommunale Gestaltungsmöglichkeiten Dr. Karsten McGovern Gerechtigkeitslücken Starke soziale Ungleichheit bei der Bildungsbeteiligung und beim Bildungserfolg (Bildungsbericht der

Mehr

Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule. Staatliches Studienseminar für das Lehramt an Gymnasien Trier/ TDS Daun

Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule. Staatliches Studienseminar für das Lehramt an Gymnasien Trier/ TDS Daun Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule Staatliches Studienseminar für das Lehramt an Gymnasien Trier/ TDS Daun Vorhaben Begrifflichkeit Rechtlicher Rahmen, gesellschaftliche Verankerung Schulische

Mehr

Entdeckungen im Alltag! Bildungsarbeit mit Mädchen und Jungen im Kindesalter

Entdeckungen im Alltag! Bildungsarbeit mit Mädchen und Jungen im Kindesalter Dr. phil. Vera Bamler, Technische Universität Dresden Entdeckungen im Alltag! Bildungsarbeit mit Mädchen und Jungen im Kindesalter Wie Natur Wissen Schafft Ansätze mathematischer und naturwissenschaftlicher

Mehr

Kapitel 2, Führungskräftetraining, Kompetenzentwicklung und Coaching:

Kapitel 2, Führungskräftetraining, Kompetenzentwicklung und Coaching: Führungskräftetraining mit Pferden. Können Menschen von Tieren lernen? von Tanja Hollinger 1. Auflage Führungskräftetraining mit Pferden. Können Menschen von Tieren lernen? Hollinger schnell und portofrei

Mehr

OFFENE KINDER- & JUGENDARBEIT ALS KOOPERATIONSPARTNER. für starke Persönlichkeiten.

OFFENE KINDER- & JUGENDARBEIT ALS KOOPERATIONSPARTNER. für starke Persönlichkeiten. OFFENE KINDER- & JUGENDARBEIT ALS KOOPERATIONSPARTNER 1 für starke Persönlichkeiten www.agjf.de Die Bildungsfrage im Kindes- und Jugendalter hängt eng mit Anerkennung, Wertschätzung und Erfolg zusammen.

Mehr

Das Erste Staatsexamen in den Erziehungswissenschaften LPO I. Zur schriftlichen Prüfung in der Allgemeinen Pädagogik

Das Erste Staatsexamen in den Erziehungswissenschaften LPO I. Zur schriftlichen Prüfung in der Allgemeinen Pädagogik Das Erste Staatsexamen in den Erziehungswissenschaften LPO I Zur schriftlichen Prüfung in der Allgemeinen Pädagogik Inhaltliche Teilgebiete der Allgemeinen Pädagogik gemäß 32 LPO I a) Theoretische Grundlagen

Mehr

Leitbild Kantons schule Rychen berg Winterthur

Leitbild Kantons schule Rychen berg Winterthur Leitbild Kantons schule Rychen berg Winterthur Präambel Die Kantonsschule Rychenberg gibt sich ein Leitbild, das für alle Akteure an unserer Schule verbindlich ist und an dem wir uns auch messen lassen

Mehr

Freundschaft am Arbeitsplatz - Spezifika einer persönlichen Beziehung im beruflichen Umfeld

Freundschaft am Arbeitsplatz - Spezifika einer persönlichen Beziehung im beruflichen Umfeld Geisteswissenschaft Daniel Rössler Freundschaft am Arbeitsplatz - Spezifika einer persönlichen Beziehung im beruflichen Umfeld Bachelorarbeit Bakkalaureatsarbeit Daniel Rössler Freundschaft am Arbeitsplatz

Mehr

Entwickelt und erarbeitet von Trägern der Freien und Öffentlichen Jugendhilfe im Bezirk

Entwickelt und erarbeitet von Trägern der Freien und Öffentlichen Jugendhilfe im Bezirk Entwickelt und erarbeitet von Trägern der Freien und Öffentlichen Jugendhilfe im Bezirk März 2006 1 Sozialraumorientierung heißt Lebensweltorientierung Wir als Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe im

Mehr

VISION FÜR EINE EVANGELISCHE JUGENDARBEIT 2017

VISION FÜR EINE EVANGELISCHE JUGENDARBEIT 2017 VISION FÜR EINE EVANGELISCHE JUGENDARBEIT 2017 Neuwürschnitz 15.06.2013 Tobias Bilz Glauben auf evangelische Art In der evangelischen Jugendarbeit sind wir überzeugt davon, dass unsere Glaubenspraxis dem

Mehr

Leitbild trifft auf Praxis Bochum, 04. / 05. November. Studium als wissenschaftliche Berufsausbildung

Leitbild trifft auf Praxis Bochum, 04. / 05. November. Studium als wissenschaftliche Berufsausbildung Leitbild trifft auf Praxis Bochum, 04. / 05. November Studium als wissenschaftliche Berufsausbildung Gliederung Die Formulierungen des Leitbildes die Qualifikationsziele des Akkreditierungsrates das Konzept

Mehr

Professionalität in Hort und Grundschule

Professionalität in Hort und Grundschule Prof. Professionalität in Hort und Grundschule Zum Entwurf GOrBiKs II SFBB Glienicke, 18. Juni 2015 1 Vorbemerkung: GOrBiKs II zu Hort und Grundschule schön, dass es ihn gibt! Frühere Anmerkungen: - Es

Mehr

EMOTIONALITAT, LERNEN UND VERHALTEN. Ein heilpadagogisches Lehrbuch

EMOTIONALITAT, LERNEN UND VERHALTEN. Ein heilpadagogisches Lehrbuch EMOTIONALITAT, LERNEN UND VERHALTEN Ein heilpadagogisches Lehrbuch von Konrad Bundschuh 2003 VERLAG JULIUS KLINKHARDT BAD HEILBRUNN / OBB. Inhalt Vorwort 9 Einleitung 13 1. Die Bedeutung der Emotionalitat

Mehr

Auftrag Inklusion Perspektiven für eine neue Offenheit in der Kinder- und Jugendarbeit

Auftrag Inklusion Perspektiven für eine neue Offenheit in der Kinder- und Jugendarbeit Auftrag Inklusion Perspektiven für eine neue Offenheit in der Kinder- und Jugendarbeit Eine Standortbestimmung von Kinder- und Jugendarbeit im Kontext von Inklusion Handlungsempfehlungen für die Praxis

Mehr

Jugendliche in neuen Lernwelten

Jugendliche in neuen Lernwelten Peter Wahler-Claus J.Tully Christine Preiß Jugendliche in neuen Lernwelten Selbstorganisierte Bildung jenseits institutioneller Qualifizierung VS VERLAG FÜR SOZIALWISSENSCHAFTEN Inhalt 1 Vorbemerkung :

Mehr

Materialien für die interne Evaluation zum Berliner Bildungsprogramm

Materialien für die interne Evaluation zum Berliner Bildungsprogramm Materialien für die interne Evaluation zum Berliner Bildungsprogramm Aufgabenbereich A1 Das pädagogische Handeln basiert auf einem Bildungsverständnis, das allen Kindern die gleichen Rechte auf Bildung

Mehr

Kooperationsvereinbarung

Kooperationsvereinbarung Kooperationsvereinbarung zwischen dem Landesverband der Musikschulen Baden-Württembergs e.v. und dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport über die Bildungsarbeit der öffentlichen Musikschulen an Ganztagsschulen

Mehr

Wie passt das zusammen? Bildungs- und Lehrpläne der Länder und das Haus der kleinen Forscher. Am Beispiel des Landes Nordrhein-Westfalen

Wie passt das zusammen? Bildungs- und Lehrpläne der Länder und das Haus der kleinen Forscher. Am Beispiel des Landes Nordrhein-Westfalen Wie passt das zusammen? Bildungs- und Lehrpläne der Länder und das Haus der kleinen Forscher Am Beispiel des Landes Nordrhein-Westfalen Worum geht s? Jedes Bundesland hat eigene Bildungs- und Lehrpläne.

Mehr

Anstelle eines Vorwortes: Danke Einleitung... 17

Anstelle eines Vorwortes: Danke Einleitung... 17 Inhalt Anstelle eines Vorwortes: Danke... 15 Einleitung... 17 Kapitel I Alltag im privaten Haushalt: Gesellschaftswissenschafltiche Analysen zum Alltagsleben im 21. Jahrhundert 1 Veränderter Alltag in

Mehr

Kommunikation zwischen Pflegenden und onkologischen Patienten

Kommunikation zwischen Pflegenden und onkologischen Patienten Kommunikation zwischen Pflegenden und onkologischen Patienten Eine empirische Kompetenzerfassung als Beitrag zur Qualifikationsforschung im Berufsfeld Pflege Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades

Mehr

Ziele, Möglichkeiten und Grenzen von Peer-Involvement-Ansätzen

Ziele, Möglichkeiten und Grenzen von Peer-Involvement-Ansätzen Veranstaltungsreihe Wie tickt die Zielgruppe? Beratung auf Augenhöhe durch Laienhelfer_innen und Peers Workshop Peer-Involvement-Ansätze für ein gesundes Aufwachsen Ziele, Möglichkeiten und Grenzen von

Mehr

Kompetenzen zur Übergangsgestaltung: ein neues Profil pädagogischer Fachkräfte

Kompetenzen zur Übergangsgestaltung: ein neues Profil pädagogischer Fachkräfte Fachforum II Kompetenzen zur Übergangsgestaltung: ein neues Profil pädagogischer Fachkräfte Dr. Ursula Bylinski Bundesinstitut für Berufsbildung Dr. Andreas Oehme Universität Hildesheim Ergebnisse aus

Mehr

Jugendhilfe und Schule. Thomas A. Fischer

Jugendhilfe und Schule. Thomas A. Fischer Jugendhilfe und Schule von Thomas A. Fischer Dokument aus der Internetdokumentation des Deutschen Präventionstages www.praeventionstag.de Herausgegeben von Hans-Jürgen Kerner und Erich Marks im Auftrag

Mehr

Neuere konzeptionelle Entwicklungen auf dem Gebiet der psychosozialen Beratung

Neuere konzeptionelle Entwicklungen auf dem Gebiet der psychosozialen Beratung Fachgruppentreffen Systemische Beratung in Magdeburg am 24.09.2015 Neuere konzeptionelle Entwicklungen auf dem Gebiet der psychosozialen Beratung Franz-Christian Schubert I. Einleitung: Entwicklung und

Mehr

Schulsozialarbeit heute Standortbestimmungen

Schulsozialarbeit heute Standortbestimmungen Schulsozialarbeit heute Standortbestimmungen Fachtag AWO NRW Perspektiven der Schulsozialarbeit in NRW 07.03.2018 Prof. Dr. Gertrud Oelerich Bergische Universität Wuppertal Erziehungswissenschaft / Sozialpädagogik

Mehr

Workshop 1: Das Recht der Kinder auf bestmögliche Bildung von Anfang an

Workshop 1: Das Recht der Kinder auf bestmögliche Bildung von Anfang an Workshop 1: Das Recht der Kinder auf bestmögliche Bildung von Anfang an Karin Günther, Kristin Rützel 19.03.2018 Fachdienst Jugend, Familie, Sport, Ehrenamt Das Recht der Kinder auf bestmögliche Bildung

Mehr

Anerkennung non-formalen Lernens in der Jugendarbeit Möglichkeiten und Grenzen

Anerkennung non-formalen Lernens in der Jugendarbeit Möglichkeiten und Grenzen Anerkennung non-formalen Lernens in der Jugendarbeit Möglichkeiten und Grenzen Vortrag im Rahmen des Fachgespräches Anerkennung non-formalen Lernens Möglichkeiten und Grenzen SFBB, Berlin, 02.10.2014 baumbast@dji.de

Mehr

Die Entwicklung der Schulsozialarbeit

Die Entwicklung der Schulsozialarbeit Die Entwicklung der Schulsozialarbeit aus Sicht der Bildungsadministration Ulrich Thünken Ministerium für Schule und Weiterbildung Referat 524 Gliederung 1. Schule heute: Ein Bild voller Widersprüche 2.

Mehr

Pädagogische Ordnung von Kompetenzerwartungen des Kernlehrplans

Pädagogische Ordnung von Kompetenzerwartungen des Kernlehrplans 1 Pädagogische Ordnung von Kompetenzerwartungen des Kernlehrplans > Angebote in den PP-Heften Pädagogische Ordnung von Kompetenzerwartungen des Kernlehrplans 2 anthropologische Voraussetzungen Erziehung

Mehr

Die Bildungsberichterstattung Ganztagsschule NRW

Die Bildungsberichterstattung Ganztagsschule NRW Die Bildungsberichterstattung Ganztagsschule NRW Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen Ausschuss für Schule, Kultur und Sport Andrea Conraths & Heike Thee Düsseldorf, 11.3.2015 +++ BiGa NRW +++

Mehr

Lehrplan Volksschule TG (LP 21) Das Wichtigste in Kürze

Lehrplan Volksschule TG (LP 21) Das Wichtigste in Kürze Lehrplan Volksschule TG (LP 21) Das Wichtigste in Kürze I. Einleitung Die nachstehenden Informationen zum neuen Lehrplan (Volksschule TG 21) sind zusammengetragen aus verschiedenen Veröffentlichungen zu

Mehr

Abenteuer Pupertät - Jugendliche zwischen Entwicklungsaufgaben und Jugendkulturellem Jetzt.

Abenteuer Pupertät - Jugendliche zwischen Entwicklungsaufgaben und Jugendkulturellem Jetzt. Abenteuer Pupertät - Jugendliche zwischen Entwicklungsaufgaben und Jugendkulturellem Jetzt. Offene Kinder- und Jugendarbeit orientiert sich mit ihrem Programm, den Angeboten und Projekten an den Lebenslagen,

Mehr

Das Erste Staatsexamen in den Erziehungswissenschaften neue LPO I. Zur schriftlichen Prüfung in der Allgemeinen Pädagogik

Das Erste Staatsexamen in den Erziehungswissenschaften neue LPO I. Zur schriftlichen Prüfung in der Allgemeinen Pädagogik Das Erste Staatsexamen in den Erziehungswissenschaften neue LPO I Zur schriftlichen Prüfung in der Allgemeinen Pädagogik Inhaltliche Teilgebiete der Allgemeinen Pädagogik gemäß 32 LPO I a) theoretische

Mehr

I NFORMATIONSVERANSTALTUNG

I NFORMATIONSVERANSTALTUNG I NFORMATIONSVERANSTALTUNG ZUR P RÜFUNG IM F ACH S CHULPÄDAGOGIK NACH LPO I VOM 13.03.2008 Termine Staatsexamen Nach der LPO I vom 13.03.2008 wählen Sie aus den Erziehungswissenschaften ein Fach, in dem

Mehr

Förderung sozialer Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen am Lebensort Schule. Theresa Reckstadt. Möglichkeiten und Grenzen

Förderung sozialer Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen am Lebensort Schule. Theresa Reckstadt. Möglichkeiten und Grenzen Bachelorarbeit BESTSELLER Theresa Reckstadt Förderung sozialer Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen am Lebensort Schule Möglichkeiten und Grenzen Reckstadt, Theresa: Förderung sozialer Kompetenzen

Mehr

Codes Definitionen Ankerbeispiele Codierregeln 1. Bildung in der. Befragte schildern allgemein die Aufgaben Offener Kinderund

Codes Definitionen Ankerbeispiele Codierregeln 1. Bildung in der. Befragte schildern allgemein die Aufgaben Offener Kinderund Codes Definitionen Ankerbeispiele Codierregeln 1. Bildung in der Offenen Kinderund Befragte schildern allgemein die Aufgaben Offener Kinderund. ich denke die Aufgabe einer Jugendeinrichtung ist, die Jugendlichen

Mehr

Allgemeinbildung und Persönlichkeitsentwicklung

Allgemeinbildung und Persönlichkeitsentwicklung Hans-Joachim Hausten Allgemeinbildung und Persönlichkeitsentwicklung Ein Beitrag zur Aufarbeitung der DDR-Pädagogik PETER LANG Frankfurt am Main Berlin Bern Bruxelles New York Oxford Wien Inhaltsverzeichnis

Mehr

Offene Kinderund Jugendarbeit & Ganztagsschule. Kooperation für einen Qualitätssprung in der ganztägigen Bildung in Hamburg.

Offene Kinderund Jugendarbeit & Ganztagsschule. Kooperation für einen Qualitätssprung in der ganztägigen Bildung in Hamburg. Hamburg Landesverband der Inneren Mission e.v. Kinder- und Jugendhilfe Offene Kinderund Jugendarbeit & Ganztagsschule Kooperation für einen Qualitätssprung in der ganztägigen Bildung in Hamburg 02 Ganztagsschule

Mehr

Lehrplan 21 Kompetenzorientiert unterrichten

Lehrplan 21 Kompetenzorientiert unterrichten Lehrplan 21 Kompetenzorientiert unterrichten Elterninformation Primarschule Henggart, 15. Februar 2018 Susanna Larcher Lagerstrasse 2 8090 Zürich Lehrplan 21 Kompetenzorientierter Unterricht Schul und

Mehr

Einführung in die Pädagogik der

Einführung in die Pädagogik der Einführung in die Pädagogik der frühen Kindheit Korrespondenzen Prof. Dr. G. E. Schäfer SS 2009 Überblick Teil I: Allgemeine Grundlagen Teil II: Frühe Formen des Denkens Teil III: Soziale und kulturelle

Mehr

Jugendarbeit und Ganztagsschule Zum Stand der Kooperation in Deutschland

Jugendarbeit und Ganztagsschule Zum Stand der Kooperation in Deutschland Non-formale Bildung, ein brandaktuelles Thema: Chance oder Herausforderung für die Jugendarbeit? Deutsch-französische Fachtagung: in Lyon 14-16.10. Jugendarbeit und Ganztagsschule Zum Stand der Kooperation

Mehr

Religionsunterricht wozu?

Religionsunterricht wozu? Religionsunterricht wozu? Mensch Fragen Leben Gott Beziehungen Gestalten Arbeit Glaube Zukunft Moral Werte Sinn Kirche Ziele Dialog Erfolg Geld Wissen Hoffnung Kritik??? Kompetenz Liebe Verantwortung Wirtschaft

Mehr

Jugendarbeit ist Bildungsarbeit

Jugendarbeit ist Bildungsarbeit Positionen zum Bildungsauftrag der Kinder- und Jugendarbeit in Friedrichshain-Kreuzberg Jugendarbeit ist Bildungsarbeit Positionen zum Bildungsauftrag der Kinder- und Jugendarbeit in Friedrichshain-Kreuzberg

Mehr

SCHOKJA Ein Kooperationsprojekt von Schule und Offener Kinder- und Jugendarbeit

SCHOKJA Ein Kooperationsprojekt von Schule und Offener Kinder- und Jugendarbeit Hamburg Landesverband der Inneren Mission e.v. Jugendsozialarbeit/ Kooperation Jugendhilfe und Schule SCHOKJA Ein Kooperationsprojekt von Schule und Offener Kinder- und Jugendarbeit SCHOKJA ist eine Initiative

Mehr

Teil A: Zentrale Ziele des Pragmatischen Pädagogikunterrichts

Teil A: Zentrale Ziele des Pragmatischen Pädagogikunterrichts III Vorwort der Reihenherausgeber IX Vorwort 1 Einleitung Bezeichnung, Form und Anliegen der Didaktik 5 1. Die Bezeichnung Pragmatische Fachdidaktik Pädagogik" 5 2. Die Präsentation der Fachdidaktik in

Mehr

Verbindung von Forschung und Praxis

Verbindung von Forschung und Praxis Verbindung von Forschung und Praxis Erwerb von Praxiskompetenzen an Fachhochschulen Fachschulen im Dialog mit der Praxis, LVR-Landesjugendamt Rheinland, 23.11.2011 Prof. Dr. Claus Stieve BA Pädagogik der

Mehr

Anforderungen an die Professionalität des Bildungspersonals im Übergang von der Schule in die Arbeitswelt

Anforderungen an die Professionalität des Bildungspersonals im Übergang von der Schule in die Arbeitswelt BIBB-Forschungsprojekt Anforderungen an die Professionalität des Bildungspersonals im Übergang von der Schule in die Arbeitswelt Dr. Ursula Bylinski Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) Bonn, 23. Mai

Mehr

Grußwort der Ministerin für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen. Sylvia Löhrmann

Grußwort der Ministerin für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen. Sylvia Löhrmann Grußwort der Ministerin für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen Sylvia Löhrmann Tag der Freien Schulen, zentrale Veranstaltung im Deutschen Theater Berlin 18. September 2015 Sehr geehrte

Mehr

Die Bedeutung bürgerschaftlichen Engagements für eine gelingende Integration

Die Bedeutung bürgerschaftlichen Engagements für eine gelingende Integration Die Bedeutung bürgerschaftlichen Engagements für eine gelingende Integration Engagement für alle! Kooperation zwischen Engagementförderung und Integrationsarbeit Fachtagung des Hessischen Ministeriums

Mehr

Bildungslandschaften entwickeln: Konzepte und Verfahren

Bildungslandschaften entwickeln: Konzepte und Verfahren Bildungslandschaften entwickeln: Konzepte und Verfahren SS 2009 Fortsetzung zu: Zur Theorie und Praxis von Schul- und Organisationsentwicklung. Teil 1 17. + 24. April 2009 20. + 21. Juli 2009 Bettina Pauli

Mehr

Prof. Dr. Jörn Borke & Carmen Hoffmann

Prof. Dr. Jörn Borke & Carmen Hoffmann Workshop zum Lernfeld 3: Lebenswelt und Diversitäten verstehen und Inklusion fördern Fachtagung Lernwerkstätten zur Entwicklung von en für Lernfelder der Fachschule Sozialpädagogik vom Kompetenzzentrum

Mehr

Leitbild Schule Teufen

Leitbild Schule Teufen Leitbild Schule Teufen 1 wegweisend Bildung und Erziehung 2 Lehren und Lernen 3 Beziehungen im Schulalltag 4 Zusammenarbeit im Schulteam 5 Kooperation Schule und Eltern 6 Gleiche Ziele für alle 7 Schule

Mehr

Hinweise zur zentralen schriftlichen Prüfung im Rahmen der Abschlussprüfung an der Fachschule für Sozialpädagogik

Hinweise zur zentralen schriftlichen Prüfung im Rahmen der Abschlussprüfung an der Fachschule für Sozialpädagogik Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Hinweise zur zentralen schriftlichen Prüfung im Rahmen der Abschlussprüfung an der Fachschule für Sozialpädagogik Schwerpunkte der schriftlichen Prüfung

Mehr

Ganztagsschule und sozialräumliche Bildungskultur

Ganztagsschule und sozialräumliche Bildungskultur Uwe Sielert Ute Kohrs Ulrich Selle Ulrich Ziermann Ganztagsschule und sozialräumliche Bildungskultur Ganztagsschule und sozialräumliche Bildungskultur Überblick: 1. Das ist Gaarden : ein audiovisueller

Mehr

Gemeinsam Bildung vor Ort gestalten Aufgaben Gelingensbedingungen Mindestanforderungen

Gemeinsam Bildung vor Ort gestalten Aufgaben Gelingensbedingungen Mindestanforderungen Schaffung einer Bildungslandschaft in Oldenburg - Wissenschaftliche Begleitung - Gemeinsam Bildung vor Ort gestalten Aufgaben Gelingensbedingungen Mindestanforderungen Prof. Dr. Thomas Coelen 1. Aufgaben:

Mehr

Lehrplan 21 Kompetenzorientiert unterrichten

Lehrplan 21 Kompetenzorientiert unterrichten Lehrplan 21 Kompetenzorientiert unterrichten Elterninformation der Schulen Pfäffikon 17. Mai 2018 Susanna Larcher Lagerstrasse 2 8090 Zürich Lehrplan 21 Kompetenzorientierter Unterricht Schul und Unterrichtsebene

Mehr

Partizipation - Anforderungen an eine diversitätsbewusste Jugendarbeit

Partizipation - Anforderungen an eine diversitätsbewusste Jugendarbeit Partizipation - Anforderungen an eine diversitätsbewusste Jugendarbeit Vielfalt & Partizipation Fachtagung zu interkultureller Jugendarbeit Linz am 17. 11. 07 Vortrag: Dr. Richard Krisch to do s: 1. Entgrenzung

Mehr

Kindheits- und Jugendforschung

Kindheits- und Jugendforschung Cathleen Grunert Kindheits- und Jugendforschung Einführung zum Modul Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung

Mehr

Soziale Arbeit Schulsozialarbeit ein Beitrag zur Reduktion von Ungleichheit

Soziale Arbeit Schulsozialarbeit ein Beitrag zur Reduktion von Ungleichheit Soziale Arbeit Schulsozialarbeit ein Beitrag zur Reduktion von Ungleichheit Impuls von FH-Prof.DSA Mag.Dr.Monika Vyslouzil am LBI Health Promotion Research 30.Mai 2012 Warum Schulsozialarbeit Ausgangspunkt

Mehr