Thorakale Messerstichverletzung Praeklinisches Versorgungsmanagement
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- Ulrich Beyer
- vor 6 Jahren
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Transkript
1 Thorakale Messerstichverletzung Praeklinisches Versorgungsmanagement M. W. Schneider, Notarztwache Hövelhof
2 Penetrierendes Thoraxtrauma l... meist Folge einer Stichverletzung oder kriminellen Handlung l... ca Fälle/Jahr in nordamerikanischen Traumazentren l... ca. 20 Fälle/Jahr in vergleichbaren deutschen Schwerpunktkliniken
3 Einsatzmeldung l Sommertag im August, ca. 18:00 Uhr l Männlicher Patient (90 Jahre!) mit Messerstichverletzung im Brustkorb, nicht ansprechbar l Eingesetzt werden von der Leitstelle Paderborn der RTW aus Delbrück und das NEF aus Hövelhof
4 Situation am Notfallort
5 Situation am Notfallort l Ansprechbarer Mann in Seitenlage im Treppenhaus liegend. l Von Angehörigen wird mitgeteilt, dass er sich in Selbsttötungsabsicht eine Messerstichverletzung in den linken vorderen Brustkorb zugefügt habe. l Bekannte Suizidalität (Anamnestisch Z. n. Fenstersturz mit OS-Frakturen vor Jahren) Einsatztaktik... Frühzeitige Anfrage über die Leitstelle in der Thoraxchirurgie im Brüderkrankenhaus Paderborn zwecks Patientenaufnahme. Alternativ: RTH-Nachforderung bei längerem Transport.
6 Erstbefunde l Patient ansprechbar, orientiert, GCS 13 l Atmung vorhanden, Sa0 2 93%, AF 20/ min. l Periphere Pulse tastbar, HF 120/ min., SR l Blutdruck systolisch 140 mmhg l Einstichverletzung linker vorderer Brustkorb etwa in Mamillenhöhe, ein 10 cm langer Messerschaft ist sichtbar, die Klinge vollständig im Brustkorb l Atemgeräusch Lunge links, Emphysemknistern in den Weichteilen
7 Gefahren l Mitverletzung lebenswichtiger Gefäß- und Organstrukturen à anspruchsvolle praeklinische Einsatzsituation!
8 Erstmaßnahmen im Haus l O 2 -Gabe und assistierte Beatmung l Anlage von zwei peripheren venösen Zugängen an den Unterarmen l Blutabnahme und Infusion von 2000 ml Ringer-Laktat und 500 ml HAES 6% l Monitoring l Belassen des Fremdkörpers! Einsatztaktik... Frühzeitige Laborblutabnahme und Nachforderung der Polizei zum Bluttransport in die Zielklinik.
9 Praeklinische Maßnahmen I l Bodycheck l Sicherung der Vitalfunktionen l Monitoring l Belassen des Fremdkörpers in der Wunde l Ggf. umpolstern des Fremdkörpers l Frühzeitige Transportorganisation Einsatztaktik... Frühzeitige Anfrage über die Leitstelle in einer Thoraxchirurgischen Zielklinik zwecks Patientenaufnahme. Ggf. RTH-Nachforderung bei längerem Transportweg.
10 Praeklinische Maßnahmen II Einsatztaktik... Stay and play oder Scoop and run? l Abwägung zwischen rascher Erstversorgung versus zeitintensiver therapeutischer Maßnahmen
11 Weiterer Verlauf am Notfallort l Narkoseeinleitung mit Etomidate, Fentanyl und Dormicum l Endotracheale Intubation (Ch 7,5) l Kontrollierte Beatmung mittels Medumat (AMV 8 l, AF 12/ min., FiO 2 1,0) l Umlagerung mit Schaufeltrage und Transport in den RTW wg. Störung durch Angehörige (u. a. Filmaufnahmen ) l Lagerung mit erhöhtem Oberkörper l Anlage einer Thoraxdrainage li. (Ch 24)
12 Thoraxdrainage l Seltene Maßnahme im Rettungsdienst l Anzuwenden bei... Pneumothorax l l l l Spannungspneumothorax Hämatothorax Kombination von Hämato-, Pneumo- oder Spannungspneumothorax Prophylaktisch bei RTH-Transport
13 Maßnahmen Transport l Nochmalige Anmeldung in Zielklinik über RLSt. l Fortsetzung Volumengabe l Fortsetzung von Narkose und Beatmung l Fortsetzung Monitoring: Puls/ Blutdruck (HF 72/ min., RR syst. 120 mmhg), EKG (stabiler Sinusrhyhtmus), Sauerstoffsättigung (98%).
14 ... weiterer Verlauf l Übergabe an Thoraxchirurg, Unfallchirurg und Anaesthesie. l Sofortige Notfall-OP mit linksseitiger Thorakotomie, Messerentfernung, Resektion von Durchstichstelle und Unterlappenanteilen, Thoraxdrainage, Antibiotikagabe, intensivmedizinische Nachbehandlung. l Entlassung nach 19 Tagen ohne Folgeschäden!
15 ... das Messer
16 Praeklinische Volumengabe l Mehrere großlumige Venenzugänge l 1 l kristalloide Lösungen... l (0,5 l kolloidale Lösungen innerhalb der ersten Minuten à permissive Hypotension heutzutage anzustreben bei [unkontrollierter] Blutung!). l Weiteres Infusionsregime in Abhängigkeit von der Kreislaufsituation des Patienten, frühzeitige thoraxchirurgische Versorgung anstreben!
17 Komplikationen der Volumentherapie l Zunahme des hydrostatischen Drucks durch kristalloide Lösungen à Zunahme von Sickerblutungen. l Verdünnung setzt die Viskosität des Blutes herab und erhöht die Blutungsbereitschaft, auch intraoperativ. l Schwere Hypotonie erhöht hingegen die Schockfolgen (z. B. Organversagen, Infektionen, Probleme im Bereich der Intensivmedizin, ).
18 Small-volume-Lösungen Literatur... l... scheinen die Sterblichkeit im unkontrollierten hämorrhagischen Schock nicht wesentlich zu verringern. BICKELL et al.: Immediate versus delayed fluid resuscitation for hypotensive patients with penetrating torso injuries. N. Engl. J. Med. 1994
19 Verbesserung des Überlebens l Wenn der drohende Volumenmangel sowohl durch blutstillende Maßnahmen als auch durch gezielte Flüssigkeitsgabe beseitigt werden kann, darf eine Verbesserung der Überlebensrate erwartet werden.
20 Intensivtherapie praeklinisch? l Nach derzeitigem Kenntnisstand scheinen von außerklinischen intensivmedizinischen Behandlungen nur schwerverletzte Patienten zu profitieren, die nicht innerhalb der ersten 30 Minuten versterben. Literatur... KRAUSZ et al.: Scoop and run or stabilize hemorrhagic shock with saline or small-volume hypertonic saline. J. Trauma 1992 KALYANARAMAN et al.: Managemet of chest injuries. Injury 1998 ROSSI: Erstversorgung vor Ort oder schnellstmöglicher Transport? Anästhesist `97
21 Einsatzzeiten l Alarmierung 18:03 Uhr l Ankunft beim Patienten 18:09 Uhr l Abfahrt 18:42 Uhr (Zeit vor Ort: 33 Minuten) l Übergabe Krankenhaus 18:59 Uhr l Einsatzende 19:49 Uhr Einsatztaktik... Stay and play oder Scoop and run?
22 Diskussion l Rasche Erstversorgung oder zeitintensive therapeutische Maßnahmen praeklinisch? l Menge der außerklinischen Volumengabe? Literatur... BICKELL et al.: Immediate versus delayed fluid resuscitation for hypotensive patients with penetrating torso injuries. N. Engl. J. Med KRAUSZ et al.: Scoop and run or stabilize hemorrhagic shock with saline or small-volume hypertonic saline. J. Trauma 1992 KALYANARAMAN et al.: Managemet of chest injuries. Injury 1998 ROSSI: Erstversorgung vor Ort oder schnellstmöglicher Transport? Anästhesist `97
23 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!!!
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