Forschung & Innovation: Welche Strategie für Luxemburg?
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- Harald Schulz
- vor 6 Jahren
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1 ESPON 2013 Programme Forschung & Innovation: Welche Strategie für Luxemburg? Es ist ein Schlüsselziel sowohl der EU2020 Strategie als auch der Luxemburger Regierung, Forschung und Innovation zu unterstützen ( smart growth ). Die Programmperiode der Strukturfonds bietet eine Möglichkeit, in diesem Bereich Projekte auf nationaler, grenzüberschreitender und transnationaler Ebene zu fördern. Der Workshop findet in Walferdange am 11. Juli 2013 statt und verfolgt folgende Ziele: 1) Entwicklung eines aktuellen Profils für Luxemburg im Bereich Forschung, Entwicklung und Innovation und 2) Entwicklung von Empfehlungen für die Umsetzung zukunftsorientierter Innovationsstrategien im Kontext Europäischer Territorialer Kooperation. Das ESPON Programm stellt territoriale Evidenz zu einer Bandbreite von Themen zur Verfügung und hilft dabei, Regionen in einen breiteren geografischen Kontext zu setzen. Der Workshop bedient sich dabei einer Reihe von ESPON Ergebnissen, v.a. aber der Ergebnisse des KIT Projektes (Knowledge, Innovation, Territory). Diese Broschüre zeigt die Hauptelemente der im Workshop vorgestellten Argumentation auf. Die Relevanz von Forschung und Technologie in Luxemburg F&E Ausgaben Die Karte zeigt, daß nur wenige europäische Regionen in der Lage sein werden, das 3%-Ziel F&E am BIP der EU2020 Strategie zu erreichen. Humanressourcen im Bereich Forschung und Technologie konzentrieren sich auf die Metropolregionen Nordwesteuropas. In einigen Regionen liegt ein Mismatch zwischen Humanressourcen und F&E Ausgaben vor, beispielweise in Luxemburg oder der Provinz Namur, die gute Humanressourcen in diesem Bereich vorweisen können. Map 1: General expenditure in R&D as percentage of regional GDP, 2009 Source : SIESTA, FR, p.44 Brabant Wallon (7,63%) und Rheinhessen-Pfalz (3,3%) weisen recht hohe F&E Ausgaben auf waren in Luxemburg lediglich 1,66% des BIP in F&E investiert, wobei das nationale Ausgabenziel
2 auch nur 2% beträgt. Die F&E Ausgaben sind dabei leicht gestiegen, auf deutscher Seite auch stärker. Räumliche Muster Technologie Es fällt auf, wie wenige europäische Regionen als technologisch fortgeschritten gezählt werden können. Dies sind Regionen mit einem hohen Anteil an medium/high tech Produktion und wissensintensiven Dienstleistungen. Bedenkt man die vorherige Karte, kann man schlußfolgern, dass nicht alle high-tech Regionen entsprechende F&E Ausgaben anziehen. Map 2: Technologically-advanced regions in Europe Source : KIT, FR, p.4 Luxemburg zusammen mit großen Teilen Wallonien werden als «advanced services region» bewertet, ein wichtiger Teil wissensintensiver Industrie (55% der Angestellten in Luxemburg). Die medium- und high-tech Industrie ist dagegen weniger entwickelt. Lothringen, das Saarland und große Teile von Rheinland-Pfalz stellen «technologically-advanced regions» mit höheren Anteilen an medium und high tech Industrie dar. Räumliche Muster Wissensökonomie Map 3: Scientific regions in Europe Source : KIT, FR, p,4 Ähnlich steckt auch die Wissensökonomie in weiten Teilen Europa noch in den Kinderschuhen. Mit Wissensökonomie wird die Produktion neuen Wissens durch technologisch fortgeschrittene Sektoren bzw. durch die Verlinkung mit anderen Wirtschaftszweigen bezeichnet. Forschungsregionen sind solche mit hoher Forschungsaktivität und überdurchschnittlich gut ausgebildetem Humankapital (in braun). Mit diesen Karten als Hintergrund kann das 3%-Ziel der EU2020 Strategie sowohl im Bezug auf Umsetzbarkeit als auch auf den potenziellen Effekt auf Wachstum und Beschäftigung in Frage gestellt werden. Während Luxemburg und Brabant Wallon eine klare Wissensspezialisierung aufweisen, sind Lothringen, das Saarland und Rheinland-Pfalz auf Technologie spezialisiert (siehe vorige Karte). Der Rest Walloniens ist schwächer sowohl im Bereich Wissen als auch Technologie, aber dennoch humankapital-intensiv. 2
3 Innovationsstrukturen in Luxemburg und der Großregion Innovationstypen Map 4 : Share of firms introducing product innovation Source: KIT, FR, p. 12 Diese Karte zeigt Unternehmensaktivitäten im Bereich Produktinnovation, basierend auf Daten des Community Innovation Survey. Die Analyse zeigt, daß zwar Produktinnovation oft zu neuer Beschäftigung führt, Prozeßinnovation in weniger forschungs-intensiven Regionen aber durch entsprechend niedrige Elastizität zwischen Beschäftigung und Prozeßinnovation zu Beschäftigungsverlusten führen kann. aufgrund des regionalen Innovations-musters (siehe nächste Karte). Regionale Innovationsmuster Map 5: Territorial patterns of innovation in Europe Source : KIT, DFR, p.15 Weder Luxemburg noch die Großregion als Ganzes sind sonderlich aktiv bei Produktinnovationen. Dies ist bei Prozeßinnovation ähnlich, dagegen besser im Bereich der stärker inkrementellen Marketing- und Organisationsinnovation. In Lothringen und Wallonien besteht die Gefahr des Beschäftigungsabbaus durch Prozeßinnovation Fünf regionale Innovationsmuster wurden durch das KIT Projekt auf Grundlage empirischer Studien entwickelt. Diese stellen unterschiedliche Kombinationen von Innovationsprozeßphasen dar. Die Typologie basiert auf einer großen Anzahl von Indikatoren, darunter F&E-Ausgaben, Patentanzahl, Unternehmertum. Diese Innovationspfade unterscheiden sich regional und in ihrer Effizienz. Zur effizienten Nutzung bedürfen F&E-Ausgaben einer kritischen Masse. Die unterschiedlichen Muster stellen die Gießkannen - Innovationspolitik und den starken Fokus der EU2020 Strategie auf F&E in Frage. Luxemburg, Brabant Wallon, die Region Lüttich, das Saarland und Rheinland-Pfalz verfügen über diverse endogene Wissensbasen, einem Schwerpunkt auf angewandten Wissenschaften, hohen F&E-Ausgaben und sind Teil globaler Wissensnetzwerke. Die Provinzen Luxemburg und Hainaut weisen ein hohes Maß an Kreativität auf, mit dem externes Wissen in Innovation umgewandelt werden kann, aber nur einen begrenzten Grad an angewandter Forschung. Lothringen und die Provinz Namur verfügen über einen niedrigen Grad an angewandtem Wissen, beschränkter interner Innovationskapazität, aber einem hohen Maß an lokalen Kompetenzen. 3
4 F&E als regionaler Wachstumsfaktor? Graph 1: Elasticity of GDP growth rate to R&D by patterns of innovation Source: KIT, FR, p. 41 Die Grafik verdeutlicht die Elastizität von BIP Wachstum zu F&E nach regionalen Innovationsmustern. Die Werte sind dort am höchsten, wo Forschungslandschaft und endogene Potenziale stark sind. Die Verbindung zwischen F&E, Innovation und Wachstum ist daher nicht so direkt, wie oft angenommen. Der Fokus auf F&E und Technologie als Innovationsstrategie ist in Folge nicht ausreichend. Innovation, andererseits, hat einen stärkeren Effekt auf das BIP Wachstum als F&E, da sie auch auf anderen als formellen Wissenquellen basieren kann. Die Verbindung zwischen F&E und BIP Wachstum ist in Luxemburg, dem Saarland, Rheinland- Pfalz, Brabant Wallon und der Region Lüttich verhältnismäßig direkt. In den Provinzen Luxemburg und Hainaut ist sie niedriger, sehr schwach sogar in der Provinz Namur und Lothringen. Zusammenfassung: Luxembourgs Profil im Bereich RDI 1. Aufgrund der starken Dienstleistungsorientierung seiner Wirtschaft hat Luxemburg ein niedrigeres F&E-Ausgabenziel als das der EU2020 Strategie. F&E-Ausgaben in Höhe von 3% bis 2020 sind in weiten Teilen der Großregion ohnehin kein realistisches Ziel. 2. Außer durch Dienstleistungen ist Luxemburg durch eine starke Forschungsinfrastruktur geprägt. Dieser Sektor speist sich aus einem hohen Anteil an wissensintensiven Humanressourcen und der Teilhabe an Forschungsnetzwerken. 3. Im Bezug auf Innovation steht Luxemburg gut im Bereich der Marketing- und Organisationsinnovation dar, aber weniger stark im Bereich Produkt- und Prozeßinnovation. 4. Mit Blick auf Wissensökonomie und Innovation zeigt die Großregion ein heterogenes Muster auf. Erkennt man die Begrenzungen von Einheitsstrategien an, muß man für regional angepaßte Strategien argumentieren. 5. Die Wirkung von F&E-Ausgaben auf regionales Wachstum ist ungleich und hängt von einer vorhandenen kritischen Masse an F&E sowie dem Maße, zu dem jede Region Wissen in Innovation umwandeln kann, ab. Diskussion und Konsequenzen für Politik Das KIT Projekt empfiehlt regional angepaßte Innovationsstrategien. Für die Großregion würde dies bedeuten, aufgrund der dort hohen Forschungsaktivität und gut ausgebildetem Humankapital, angewandte F&E-Ausgaben auf Luxemburg zu fokussieren. Das Verständnis über das jeweilig relevante regionale Innovationsmuster erlaubt Regionen ihre Innovationseffizienz zu erhöhen. Sollte 4
5 diese schon hoch sein, können evolutionäre Entwicklungen in Betracht kommen (z.b. die Erweiterung der applied science region Luxemburg zur mehr Grundlagenforschung und höherer Wissensgenerierung). Anwendung der Empfehlungen von KIT zur Erhöhung der Innovationseffizienz in der Großregion Regionen wie Luxemburg, Saarland, Rheinland-Pfalz, Provinzen Lüttich/Brabant Wallon Angewandte F&E-Ausgaben Diversifizierung auf verwandte Sektoren Vielfalt der Anwendungen Regionen wie Provinzen Luxemburg und Hainaut Maximierung des Nutzens durch neue Anwendungen Interregionale Kooperation zu Anwendungen Anreize für Technologieprojekte zur kreativen Nutzung von Wissen Regionen wie Lothringen und Provinz Namur Anreize zur Marketexploration für neue Produkte / Marktdiversifizierung und Unternehmenskreativität Interregionale Kooperation zu Anwendungen Hypothesen 1. Die europäischen Regionen brauchen angepaßte Strategien zur Unterstützung ihres Innovations- und Wettbewerbspotenzials. Eine vereinheitlichte F&E-Politik wird den Bedingungen und Innovationspfaden der Vielfalt europäischer Regionen nicht gerecht. Stattdessen sind weitere Faktoren mindestens so bedeutsam wie F&E. 2. Luxemburg kann als «applied science region» seine Effizienz noch erhöhen, z.b. durch Diversifizierung in verwandte Sektoren und mehr Vielfalt der relevanten Anwendungen. 3. Mit Blick auf die fünf regionalen Innovationsmuster bietet die Komplementarität der Regionen vielfältige Kooperationspotenziale für Wissenstransfer und regionale Arbeitsteilung. 4. Da die INTERREG Programme ohnehin nicht auf F&E zielen, können sie eine besondere «Nische» für Innovationsstrategien bilden. Diese «Nische» könnte auf den durch das KIT Projekt identifizierten alternativen Faktoren aufbauen, wie Innovationssysteme, Humankapital und weitere Rahmenbedingungen. 5. Vor der Anwendung regional angepaßter Innovationsstrategien auf grenzüberschreitender oder transnationaler Ebene bedürfen sie der Abstimmung auf regionaler bzw. nationaler Ebene. Fragen für die Diskussion Welche weiteren Informationen, Aspekte und Perspektiven sind zur Spezifizierung des Innovationsprofils Luxemburg s relevant? Welche Innovationsstrategien bieten sich im Rahmen von grenzüberschreitender, transnationaler und interregionaler Kooperation besonders an? Wie kann die Kooperation von Luxemburg als «science region» mit seinen Nachbarn (und darüber hinaus) konkret aussehen? Wie können regional angepaßte Innovationsstrategien konkret umgesetzt werden, z.b. im INTERREG Kontext? 5
6 Weitere Information Informationsquellen zu Forschung und Innovation in Europa ESPON KIT, (2012): Knowledge, Innovation and Territory, final report, espon.eu/kit ESPON SIESTA (2012): Spatial Indicators for Europe 2020 strategy, draft final report, espon.eu/siesta European Commission (2011) : Innovation Union Competitiveness report, DG Research Informationsquellen zu Forschung und Innovation in Luxemburg und der Großregion European Commission (2011) : Overall review of EU Member states and Asociated countries, Country profile Luxembourg, DG research Lacave, M. (2010) : Expert evaluation network delivering policy analysis on the performance of cohesion policy , Task 1 : Policy paper on innovation, Luxembourg ; Report to the European Commission, DG Regio TIGRE transfert de technologies et innovation en Grande Région (2012) : Clusters de la Grande Région 2012, Projet cofinancé par le programme INTERREG IVA, tigre-gr.eu Das ESPON Programm Das ESPON 2013 Programm wird finanziert durch den Europäischen Fond für Regionalentwicklung (EFRE), die EU Mitgliedstaaten sowie die Partnerstaaten Island, Liechtenstein, Norwegen und Schweiz. Es unterstützt Politikberatung im Bereich der territorialen Kohäsion und der ausgewogenen Entwicklung des europäischen Territoriums. ESPON unterstützt die Kohäsionspolitik mit europaweit vergleichbaren Information, Evidenz, Analysen und Szenarien zu Entwicklungsbedingungen von Regionen, Städten und größeren Territorien. Dabei ermöglicht ESPON die Mobilisierung von territorialem Kapital und Entwicklungsmöglichkeiten und trägt zur Verbesserung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit, der Erweiterung und Vertiefung europäischer Kooperation und nachhaltiger sowie ausgewogener Entwicklung bei. Nähere Informationen über ESPON und alle Forschungsergebnisse stehen auf der Programm- Webseite zur Verfügung: Das USESPON Projekt Das USESPON Projekt hat zum Ziel, die Ergebnisse des ESPON 2013 Programms zu fördern und zu verbreiten. Es unterstützt Akteure in ganz Europa durch die Bereitstellung von Anleitungen zur Nutzung von ESPON Ergebnissen für politische Entscheidungsfindung. Nähere Informationen zu USESPON stehen auf der Projekt-Webseite zur Verfügung: Kontakt: Dr. Estelle Evrard, Campus Walferdange, Route de Diekirch, B.P. 2, L 2631 Luxembourg * Estelle.evrard@uni.lu ( (+352) Die Texte und Karten der Forschungsprojekte des ESPON Programms in dieser Broschüre stellen nicht unbedingt die Meinung des ESPON Monitoring Kommittees dar. 6
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