In unserem Umfeld treffen wir immer wieder auf alte Menschen,
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- Frauke Lehmann
- vor 6 Jahren
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1 Vitalität im Alter In unserem Umfeld treffen wir immer wieder auf alte Menschen, die sehr jung wirken, weil sie vor Energie sprühen, weil sie immer wieder Neues lernen, weil sie sich bewegen und aktiv sind. Wir treffen aber auch auf alte Menschen, denen es nicht gut geht, die mit starken Einschränkungen leben müssen, kaum noch aus dem Haus kommen und zunehmend unselbstständiger werden. Im Alter von 75 Jahren ist beides möglich: Man kann mitten im Leben stehen oder aber an der Grenze zur Pflegebedürftigkeit. Man kann in den Prozess des Älterwerdens eingreifen und ihn beeinflussen! Klar ist: Zwischen dem kalendarischen Alter, das im Personalausweis dokumentiert wird, und dem funktionalen Alter, das wesentlich durch körperliche und geistige Fitness sowie durch die Erscheinung und Ausstrahlung einer Person bestimmt wird, besteht oft ein großer Unterschied. Diese Unterschiede machen aber auch deutlich, dass der Prozess des Älterwerdens nicht automatisch und nach einem immer gleichen Schema abläuft. Man kann in diesen Prozess eingreifen und ihn beeinflussen. Im Grunde ist alles ganz einfach: Körperliche und geistige Aktivität und zwar möglichst vielfältig und umfassend ist das Geheimnis der Vitalität im hohen Alter. Körperliche und geistige Aktivität erhält alte Menschen vital und selbstständig. Das Problem: Im hohen Alter gibt es viele Gründe, die Menschen davon abhalten, aktiv zu bleiben. Denn die körperliche Leistungsfähigkeit nimmt ab, die Muskelkraft schwindet. Das Treppensteigen fällt immer schwerer und irgendwann geht s vielleicht sogar überhaupt nicht mehr. Wegen der Arthrose müssen die Wanderungen am Wochenende ausfallen und Skifahren wie früher das geht schon lange nicht mehr. Manchmal wird die Angst zu stürzen übermächtig. Lieber nicht mehr mit dem Bus fahren das ist zu unsicher! Auch psychisch verändert sich einiges. Altwerden wird 12
2 Vitalität im Alter oft als ein großer Verlust erlebt, ein Verlust von Kompetenz, von Anerkennung, von sozialen Kontakten. Und das hat natürlich Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl. Viele ältere Menschen ziehen sich immer weiter zurück. Manchmal fühlen sie sich ausrangiert und nutzlos und sie werden dabei immer unglücklicher und einsamer. Jeder vierte über 70-Jährige nimmt regelmäßig Psychopharmaka. Kopf und Körper fordern Personen, die einen älteren Menschen betreuen, sollten wissen: Die Fähigkeiten, die Ältere brauchen, um das tägliche Leben selbstständig bewältigen zu können, bleiben nur erhalten, wenn die Senioren körperlich und geistig aktiv bleiben. Die Aufrechterhaltung der körperlichen und geistigen Fähigkeiten im höheren Alter wird durch ein biologisches Grundgesetz bestimmt. Dieses Gesetz besagt, dass Funktionen nur dann erhalten bleiben, wenn sie regelmäßig eingesetzt werden. Was nicht gebraucht wird, wird automatisch abgebaut. Wer also Tag für Tag die gleiche Routine erlebt, wer keine geistigen Anregungen bekommt und kaum noch ein paar Schritte geht, der wird immer schwächer und dadurch schließlich auch pflegebedürftig. Anstrengung im Alter ist also notwendig. Wer sich anstrengt, bleibt fit. Anstrengung bedeutet nicht, dass es den Menschen schlecht geht. Im Gegenteil: Es wurde herausgefunden, dass etwas Stress, ein wenig Zeitdruck, neue Herausforderungen und INFO Fehlende Bewegung beschleunigt den Abbau Bei Älteren verringert sich bei fehlender Bewegung im Alltag die Fähigkeit, vom Stuhl aufzustehen, um 11 Prozent pro Jahr. Und das Jahr für Jahr. Es ist also eine Frage der Zeit, ab wann das Aufstehen gar nicht mehr klappt! 13
3 körperliche Anstrengung die Lebensqualität steigern können. Das gilt jedoch nur, solange es nicht zu viel wird und die Älteren die Situation unter Kontrolle haben. Wird die Anstrengung oder der Stresspegel zu hoch, weil man dauerhaft an der Leistungsgrenze agiert, dann wirkt sich das negativ auf die körperliche und die psychische Gesundheit aus. Für Angehörige und Betreuer alter Menschen gilt es also, sich auf die Suche nach einem Weg zu begeben, diesen Teufelskreis aus Rückzug, Inaktivität, nachlassender Leistungsfähigkeit und schwindender Energie zu durchbrechen. Mögliche Hinderungsgründe Woran liegt es, dass alte Menschen sich so häufig zurückziehen und im Laufe der Jahre zunehmend inaktiv werden? Woran liegt es, dass sie ihren Elan und ihre Energie verlieren, das Haus nicht mehr verlassen und nicht mehr bereit sind, sich auf Neues einzulassen? Dafür gibt es sicherlich verschiedene Gründe. Die wichtigsten sollten Sie als Angehöriger oder Betreuer kennen und sich damit auseinandergesetzt haben, um angemessen darauf reagieren zu können. Wie sehen die Grundüberzeugung und die Erfahrungen Ihres älteren Angehörigen aus? Sind Sie eher förderlich oder hinderlich für mehr geistige und körperliche Aktivität? Grundüberzeugung. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Grundüberzeugung eines Menschen ein entscheidendes Kriterium ist. Wer glaubt, dass man selbst seine körperliche und geistige Gesundheit positiv beeinflussen kann, der wird auch im hohen Alter aktiv bleiben. Wer jedoch der Meinung ist, dass körperlicher und geistiger Funktionsverlust, Schmerzen und Beeinträchtigungen schicksalhaft vorbestimmt sind, der neigt viel eher dazu, sich in sein vermeintliches Schicksal zu fügen und sich zurückzuziehen. Erfahrungen. Wenn Sie einen alten Menschen zu mehr Aktivität anregen wollen, dann haben Sie es vergleichsweise leicht, wenn dieser alte Mensch bereits die Erfahrung gemacht hat, 14
4 Vitalität im Alter dass Bewegung und geistige Anregung guttun und die Stimmung und die Gesundheit positiv beeinflussen. Sie haben es jedoch sehr viel schwerer, wenn der alte Mensch glaubt, dass Aktivität sowieso nichts verändert. Überzeugungen lassen sich auch im hohen Alter noch beeinflussen, vor allem durch eigene Erfahrungen und Erlebnisse. Wer spürt, dass Bewegung gute Laune macht und wer merkt, dass geistige Herausforderungen die Bewältigung des Alltags auf Dauer erleichtern, der wird seine Grundüberzeugung verändern auch im hohen Alter noch. Schmerzen. Oftmals sind es auch Schmerzen, die alte Menschen daran hindern, körperlich aktiv zu bleiben. Wenn schon beim Sitzen der Rücken oder die Knie wehtun, warum sollte man sich dann sogar noch bewegen? Wahr ist jedoch, dass diese Schmerzen häufig nachlassen, wenn man sich regelmäßig bewegt. Denn Schmerzen sind oft eine Folge von Bewegungsmangel und der dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigung. Rücken- oder Gelenkschmerzen sind also erst einmal kein Grund, sich nicht zu bewegen. Sind Bewegungen für Ihren Angehörigen schmerzhaft? Dann sollten Sie sich vor Beginn des Übungsprogramms von einem Arzt beraten lassen. Aktivierende Betreuung Wie geht das? Wenn Sie einen älteren Menschen zu Hause betreuen oder mit ihm zusammen leben, dann unterstützen Sie ihn dabei, sich körperlich und geistig aktiv zu betätigen. Unterscheiden Sie zwischen einer Betreuung, die zur Selbstständigkeit anregt und einer solchen, die den älteren Menschen träge werden lässt. Übernehmen Sie keine Arbeiten, die der alte Mensch risikolos allein bewältigen kann. Denn: Anstrengung ist notwendig, um körperliche und geistige Funktionen zu erhalten. Springen Sie jedoch sofort ein, wenn der Senior sich überfordert oder Unfallgefahr besteht. Achten Sie darauf, dass Sie körperliche und geistige Aktivität des alten Menschen nicht durch gut gemeinte Hilfeleistungen unterbinden. Im Gegenteil: Regen Sie die Erhaltung der Selbstständigkeit gezielt an! 15
5 TIPP Nicht immer helfen! Zugegeben, manchmal fällt es ganz schön schwer, sitzen zu bleiben und zusehen zu müssen, wie sich der alte Vater oder die alte Mutter aus dem Sessel quält und die Kaffeetasse allein holt. Schließlich liebt man seine Eltern und will alles tun, damit es ihnen gut geht. Aber: Jeder Schritt, den die Alten nicht tun, schadet ihnen, weil Muskelkraft und Standsicherheit dadurch abnehmen. Auch das Gehirn braucht das Gehen, um gut durchblutet zu werden und dadurch leistungsfähig zu bleiben. Verhalten ändern aber wie? Vielen alten Menschen fällt es sehr schwer, ein Verhalten, das sie seit vielen Jahren oder Jahrzehnten leben, zu verändern. Die Macht der Gewohnheit ist äußerst stark. Gutes Zureden hilft da oft wenig. Dabei ist es wichtig, auch im Alter noch den Mut und die Energie aufzubringen, Neues zu lernen, Neues auszuprobieren oder ein altes Verhalten durch ein anderes zu ersetzen. Nur dann sind Wachstum und Entwicklung möglich und die sind der Motor für ein körperlich und geistig reges und selbstständiges Leben. Hier ein paar Motivationstipps: Auf ganz niedrigem Level beginnen Wenn Menschen etwas Neues beginnen, ist es ganz wichtig, darauf zu achten, dass sie sich nicht überfordern. Wenn Sie also einen alten Menschen überzeugen wollen, sich mit körperlichen und geistigen Übungen fit zu halten, sollten Sie dafür sorgen, dass er dabei am Anfang unterhalb seiner Leistungsgrenze bleibt. Also, nur Übungen machen, die ihm leichtfallen. Der Übende fühlt sich dadurch motiviert, findet Bestätigung und kann Selbstvertrauen aufbauen. Die Auffassung»Ich kann sogar noch mehr!«ist für viele alte Menschen wichtig, um am Beginn einer ungewohnten und vielleicht auch angstbesetzten Situation nicht aufzugeben, sondern weiterzumachen. 16
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