Fallbeispiel. Fallbeispiel zur Vorlesung Richard Kuttenreich Fakultät Maschinenbau und Verfahrenstechnik. Fallbeispiel PROCOS AG - Aufgabe -
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- Nelly Hofmeister
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1 Fallbeispiel Fallbeispiel zur Vorlesung Richard Kuttenreich Fakultät Maschinenbau und Verfahrenstechnik Fallbeispiel PROCOS AG - Aufgabe - Prof. Richard Kuttenreich Fakultät Maschinenbau und Verfahrenstechnik Telefon Fax richard.kuttenreich@hs-augsburg.de Hochschule Augsburg University of Applied Sciences Baumgartnerstraße 16 D Augsburg Telefon Fax poststelle@hs-augsburg.de Seite 1 von 8
2 Firmenprofil und Aufgabenstellung PROCOS AG Die ProCos AG ist ein seit 50 Jahren etablierter Lieferant von Spezialgußteilen für die Automobilindustrie.mit ca Mitarbeitern mit Sitz in Gütersloh. Die ProCos AG ist ein bodenständiges Unternehmen mit guten Ruf in Deutschland und im Ausland. Durch die Globalisierung haben sich die Produktionstechniken und orte, die Beschaffungs-Logistik und auch die Verkaufsmöglichkeiten stark verändert. Ein Teil der Gußteile wird unter anderem in China und in den USA gefertigt. Beschichtungen und sonstige Veredelungen werden bei Zulieferern in Deutschland und Osteuropa im verlängerte-werkbank-verfahren durchgeführt. Die Gußteile werden weltweit verkauft und nicht nur durch ihr Made-in-Germany Image als qualitativ hochwertig gehandelt. Aufgrund der seit Jahren gestiegenen und steigenden Gemeinkosten in den indirekten Leistungsbereichen - wie Entwicklung, Konstruktion, Beschaffung, Materialwirtschaft, Produktionsplanung, Qualitätssicherung und Vertrieb des Unternehmens soll eine Prozesskostenanalyse durchgeführt werden. Seite 2 von 8
3 Hindergrund zum Fallbeispiel ProCos AG Die wissenschaftliche Betrachtung der Prozesskostenrechnung hat Ende der achtziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum durch die Veröffentlichungen zum Activity-based costing von Robin Cooper und Robert S. Kaplan an Fahrt aufgenommen. Zwar wurden erste Ansätze einer prozessorientierten Kostenrechnung schon früher besprochen, die Internationale Beachtung erfolgte aber jedoch erst mit den Werken von Cooper/Kaplan. Peter Horváth und Reinhold Mayer haben diesen Ansatz 1989 modifiziert und somit die Grundlage der deutschen Prozesskostenrechnung gelegt. Dieser Ansatz von Horváth/Mayer wird deshalb in den nachstehenden Kapiteln näher betrachtet. Die Notwendigkeit einer Neuorientierung der Vollkostenrechnung im amerikanischen Raum war dadurch begründet, dass ein Großteil der Unternehmen sich an der traditionellen Kostenrechnung orientierte. Durch steigende Gemeinkosten, die nicht direkt dem Produkt zugeordnet werden konnten, wurden Gemeinkostenzuschläge auf Basis der Lohneinzelkosten von mehreren hundert Prozent erreicht (1). Die Zugrundelegung von Lohneinzelkosten wurde durch die technische Entwicklung problematisch, da eine zunehmende Automatisierung der Produktion erfolgte, was einen Anstieg der Fixkosten zum Beispiel durch Abschreibungen zufolge hatte. Andererseits führte die technische Entwicklung auch zu immer kürzer werdenden Produktlebenszyklen und somit zu höheren Entwicklungsausgaben, da das enorme Potential von Prozessoren und Speicherchips kaum ein Produkt vernachlässigen konnte. Gleichzeitig gewannen auch Service- und Vertriebsleistungen durch den Druck zur Diversifikation am Markt an Bedeutung. Dies führte bei Verwendung der Vollkostenrechnung auf Basis der Lohneinzelkosten zu einer nicht verursachungsgerechten Umlage der Fertigungsgemeinkosten. Die Folgen dieser Verschiebung der Kostenstruktur endeten nicht selten in einer falschen Produktund Preispolitik der Unternehmen (2). Vorgehensweise bei Anwendung der Prozesskostenrechnung Die Prozesskostenrechung ist auf eine detaillierte Erfassung und Verrechnung der Gemeinkosten ausgerichtet, die in den sog. indirekten Leistungsbereichen bzw. Kostenstellen anfallen. (3) Als indirekter Leistungsbereich werden unter anderem Entwicklung, Konstruktion, Beschaffung, Materialwirtschaft, Produktionsplanung und steuerung, Instandhaltung, Qualitätssicherung sowie Vertrieb angesehen. Die hier anfallenden Gemeinkosten sollen verursachungsgerechter durch die prozessbezogene Verteilung dem Produkt zugeordnet werden. Die direkt dem Produkt zuordenbaren Einzelkosten bleiben davon unberührt. Die Implementierung der Prozesskostenrechnung erfolgt in 3 Schritten, wobei im ersten Schritt Prozesse bestimmt werden, weiter dann Bezugsgrößen zu ermitteln sind, mit denen letztlich die Prozesskostensätze gebildet werden. Zuerst erfolgt die Analyse von Prozessen Die Kostenstellen des indirekten Leistungsbereichs lassen sich in verschiedene Tätigkeitsfolgen, den Teilprozessen untergliedern. Bei der Erhebung der Teilprozesse einer Kostenstelle ist auf die Wirtschaftlichkeit der Datenerhebung zu achten. Als mögliche Instrumente können Interviews mit den Kostenstellenleitern, Fragebögen oder Beobachtungen verwendet werden. Seite 3 von 8
4 Die genannten Instrumente sollten aber nicht zu detailliert angewandt werden sondern ihren Fokus auf die bekannten Kostenschwerpunkte legen. So lässt sich beispielsweise in Abbildung 1 die Kostenstelle Einkauf in vier Teilprozesse unterteilen. Bei der Erhebung ist der Output der Kostenstelle sowie deren Mittelbedarf festzustellen und den Teilprozessen zuzuordnen. Die eingesetzten Mittel können beispielsweise durch die Festlegung von Mannjahren pro Teilprozess verteilt werden. Bei überwiegend Personalkostenintensiven Teilprozessen kann aus Gründen der Wirtschaftlichkeit auf eine analytische Betrachtung der weiteren Kosten verzichtet werden und diese proportional auf die Personalkosten verteilt werden (4). Innerhalb der Kostenstelle sind die Teilprozesse nun danach zu kategorisieren, welche Maßgröße dem jeweiligen Teilprozess zugeordnet werden kann. Als Maßgröße ist eine Maßeinheit anzusehen, die aufgrund ihrer Ausprägung den Arbeitsaufwand der Tätigkeit beherrscht. Diese Maßgrößen sind die Kostentreiber des Prozesses und werden deshalb auch als Cost Driver bezeichnet. So ist in Abbildung 1 der Aufwand des Teilprozesses Bestellungen durchführen mit der Maßgröße Anzahl der Bestellungen am besten zu beschreiben. Hier unterscheiden Horváth/Mayer in leistungsmengenneutrale (lmn) Kosten und leistungsmengenindizierte (lmi) Kosten (5). Lmi-Kosten werden als die Kosten angesehen, denen eindeutig eine Maßgröße zugeordnet werden kann und deren Höhe von der Häufigkeit der Tätigkeit getrieben ist. Lmn-Kosten sind demzufolge Kosten, die unabhängig von der Repetitivität der Tätigkeit entstehen. Kostenstellen Teilprozesse Einkauf Rechnungswesen Qualitätssicherung Lager Lieferantenauswahl [Anzahl Bestellungen] Kreditorenbuchhaltung [Anzahl Bestellungen] Qualitätsprüfung Wareneingang Anzahl Bestellungen] Materialien einlagern [Anzahl Bestellungen] Bestellungen durchführen [Anzahl Bestellungen] Lieferantenreklamation en buchen [Anzahl Reklamationen] Qualitätsprüfung Warenausgang [Größe Los] Produkte einlagern [Anzahl Aufträge] Lieferantenreklamation en bearbeiten [Anzahl Reklamationen] Debitorenbuchhaltung [Anzahl Aufträge] Transport Materialien [Größe Los] Abteilung leiten [Mengen neutral] Kundenreklamationen buchen [Anzahl Reklamationen] Aufträge disponieren [Anzahl Aufträge] Abbildung 1: Darstellung von Teilprozessen auf Kostenstellenebene In einem weiteren Schritt sind die erhobenen Teilprozesse kostenstellenübergreifend zu Hauptprozessen zu verdichten. Dabei ist darauf zu achten, dass bei der Zusammenführung alle Teilprozesse der gleichen Maßgröße folgen. Seite 4 von 8
5 Des Weiteren können Prozesse zusammengefasst werden, deren Kostentreiber in einem festen Verhältnis zueinander stehen (Gesetz der Austauschbarkeit der Maßgrößen). (6) Die Verdichtung ist in Abbildung 1 in den grau unterlegten Feldern zu erkennen. Die Teilprozesse Lieferantenauswahl, Bestellungen durchführen, Kreditorenbuchhaltung, Qualitätsprüfung Wareneingang und Material einlagern werden zu dem Hauptprozess Bestellung zusammengeführt. Die somit entstandenen Hauptprozesse bilden die Grundlage der prozessorientierten Kalkulation. (7) Bildung von Prozesskosten und deren Umlage Um das Ziel der Prozesskostenrechnung eine verursachungsgerechte Umlage der Gemeinkosten zu erreichen, müssen die aggregierten Kosten der Hauptprozesse wieder einer Aufschlüsselung unterzogen werden, die die Inanspruchnahme eines Prozesses von dem jeweiligen Produkt widerspiegelt. Die Basis hierfür bilden die sogenannten Prozessmengen. Diese können als Ausprägung der Maßgröße eines Hauptprozesses anhand des Fertigungsplans ermittelt werden oder als Ist-Wert zur Verfügung stehen. Als gemeinsame Maßgröße des Hauptprozesses Bestellung aus obigem Beispiel kann die Anzahl der Bestellungen verwendet werden, die sich aus der Bestellmengenplanung ermitteln lies. Auf Basis dieser Daten kann nun der Prozesskostensatz ermittelt werden: Prozesskostensatz = Prozesskosten/Prozessmenge Der Prozesskostensatz stellt die Kosten in Geldeinheiten je Prozessinanspruchnahme dar. Bei der Berücksichtigung der leistungsneutralen Kosten werden in der Literatur zwei unterschiedliche Verfahren vorgeschlagen. Zum einen schlagen Horváth/Mayer vor, die Umlage der leistungsmengenneutralen Prozesskosten proportional zur Höhe der leistungsmengeninduzierten Prozesskostensätze (8) vorzunehmen. Umlagefaktor = 1+ Prozesskosten(lmn )/ Prozesskosten(lmi) Vorgehen I: Der Umlagefaktor soll mit dem Prozesskostensatz multipliziert werden und das Ergebnis stellt den Gesamtprozesskostensatz dar. Vorgehen II: Einen anderen Weg zeigen Coenenberg/Fischer auf. Die lmn-kosten sollen in einer Sammelposition zusammengefasst werden und letztlich prozentual auf die Gesamtsumme der produktbezogenen Einzel- und Prozesskosten verteilt werden.(9) Beide Verfahren weisen Schwächen auf. Während bei erst genanntem Verfahren die Problematik darin besteht, dass in den (Gesamt-)Prozesskostensätze nicht mehr ausschließlich von den Leistungen abhängige Kosten verrechnet werden ist die Problematik des zweit genannten Verfahrens darin zu sehen, dass eine beanspruchungsgetreue Verteilung wohl schwer zu erreichen ist. Seite 5 von 8
6 Wir wenden in unserem Fallbeispiel Vorgehen I an!! Folgende Eckdaten sind in der ProCos AG gegeben! Kostenstelle Kostentreiber Prozessmenge Prozesskosten Einkauf Lieferantenauswahl Anzahl Bestellungen Bestellungen durchführen Anzahl Bestellungen Lieferantenreklamationen bearbeiten Anzahl Reklamationen Abteilung leiten Rechnungswesen Kreditorenbuchhaltung Anzahl Bestellungen Lieferantenreklamationen buchen Anzahl Reklamationen Debitorenbuchhaltung Anzahl Aufträge Kundenreklamationen buchen Anzahl Reklamationen Qualitätssicherung Qualitätsprüfung Wareneingang Anzahl Bestellungen Lager Materialien einlagern Anzahl Bestellungen Aufgabenstellung! Ermitteln Sie nun auf Basis der gegebenen Eckdaten folgende Prozesskosten: den Umlagefaktor der lmn-kosten in der Kostenstelle Einkauf den Teilprozesskostensatz Lieferantenauswahl den Teilprozesskostensatz Bestellungen durchführen den Teilprozesskostensatz Kreditorenbuchhaltung den Teilprozesskostensatz Qualitätsprüfung Wareneingang den Teilprozesskostensatz Materialien einlagern und den Gesamtprozesskostensatz des Hauptprozesses Bestellung, der aus den oben genannten Teilprozessen siehe Abbildung 1 besteht. Seite 6 von 8
7 Lösungsblatt zur Prozesskostenanalyse: Umlagefaktor der lmn-kosten in der Kostenstelle Einkauf Umlagefaktor = = Teilprozesskostensatz Lieferantenauswahl : α Lieferantenauswahl = = TPKS Lieferantenauswahl =α Lieferantenauswahl Umlagefaktor = Teilprozesskostensatz Bestellungen durchführen : α Bestellungendurchführen = = TPKS Bestellungendurchführen = Teilprozesskostensatz Kreditorenbuchhaltung : TPKS Kreditorenbuchhaltung = = Teilprozesskostensatz Qualitätsprüfung Wareneingang : TPKS Qualitätsprüfung = = Teilprozesskostensatz Materialien einlagern : TPKS Materialieneinlagern = = Gesamtprozesskostensatz des Hauptprozesses Bestellung GPKS Bestellung = Seite 7 von 8
8 Literaturverzeichnis: Coenenberg, Adolf (Kostenrechnung 2003): Kostenrechnung und Kostenanalyse, 5. Aufl., Stuttgart 2003 Coenenberg, Adolf/Fischer, Thomas (Prozesskostenrechnung 1991): Prozesskostenrechnung Strategische Neuorientierung in der Kostenrechnung, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft (51) 1991, S Cooper, Robin/Kaplan, Robert (activity-based costing 1988): Measure Costs Right: Make the Right Decisions, in: Harvard Business Review 1988, S Ewert, Ralf/Wagenhofer, Alfred (Interne Unternehmensrechnung 2004): Interne Unternehmensrechnung, 6. Aufl., Berlin 2004 Franz, Klaus-Peter (Prozesskostenrechnung 1991): Die Prozesskostenrechnung - Darstellung und Vergleich mit der Plankosten- und Deckungsbeitragsrechnung, in: Finanz- und Rechnungswesen als Führungsinstrument. Festschrift für Herbert Vormbaum, hrsg. v. Dieter Ahlert, Klaus-Peter Franz und Hermann Göppl, Wiesbaden 1990, S Glaser, Horst (Prozesskostenrechnung 1992): Prozesskostenrechnung Darstellung und Kritik, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaftliche Forschung (44) 1992, S Horváth, Peter/Mayer, Reinhold (Controlling 1989): Controlling, 3. Aufl., München 1989 Küpper, Hans-Ulrich (Prozesskostenrechnung 1991): Prozesskostenrechnung ein strategisch neuer Ansatz?, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft (51) 1991, S Riebel, Paul (Einzelkostenrechnung 1983): Thesen zur Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung, in: Entwicklungslinien der Kosten- und Erlösrechnung, hrsg. v. Klaus Chmielewicz, Stuttgart 1983, S Schweitzer, Marcell/Küpper, Hans-Ulrich (Systeme 2003): Systeme der Kosten und Erlösrechnung, 8. Aufl., München 2003 Quellverweise im Fallbeispiel ProCos AG: 1 Coenenberg/Fischer (1991), S Franz, Klaus-Peter (1990), S Glaser, Horst (1992), S Glaser, Horst (1992), S Horváth/Mayer (1989), S Ewert/Wagenhofer (2004), S Coenenberg/Fischer (1991), S. 30 Quelle zum Gesamttext: Seminararbeit zur Prozesskostenrechnung von Martin Mack WS 2007 / 2008 Seite 8 von 8
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