PFLEGERECHT. Recht im Arbeitsalltag von Pflegekräften im Heim
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- Volker Böhler
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1 PFLEGERECHT Recht im Arbeitsalltag von Pflegekräften im Heim Austauschtreffen für gerontopsychiatrische Pflegefachkräfte Achim Uhl, M.Sc Heilbronn
2 AGENDA Dekubitus Medikation Betreuung 2
3 DEKUBITUS I Allgemeines: Dekubiti sind nach Sturzereignissen die zweithäufigsten unerwünschten Zwischenfälle in der Pflege Zentrale Fragestellung: Wer hat was zu verantworten? Verdacht: Nicht fachgerecht ausgeführte Prophylaxe Prozessarten: Regress Strafverfahren Einzelpersonen - selten Der Dekubitus ist kein voll beherrschbares Risiko in der pflegerischen Versorgung Dekubitusprophylaxe ist eine originäre Pflegehandlung Pflegefehler in der Dekubitusprophylaxe werden unter dem Gesichtspunkt des medizinischen Behandlungsfehlers beurteilt 630a-630h BGB (Behandlungsvertrag) kommt zur Anwendung Besonderheiten: Beweislage Dokumentation Exkurs: Expertenstandard Dekubitusprophylaxe 3
4 DEKUBITUS I Beweislage: Kranken- und Pflegekassen: Dekubiti sind vermeidbar: OLG Köln (Aktz.: 5U 19/99): Dekubiti lassen auf einen groben Pflegefehler schließen dass, was nicht dokumentiert wurde, im Zweifel als nicht erbracht gilt dass nur schriftlich festgehaltene Interventionen als erbracht gelten OLG Köln (Aktz.: 5U 87/07): Klarstellung erfolgt, das es keinesfalls den Grundsatz aufgestellt habe, dass ein Dekubitus immer vermeidbar sei die Vermeidbarkeit haben sie auf den konkreten Fall bezogen (schwere Pflegedefizite) 4
5 DEKUBITUS II Beweislage: Kranken- und Pflegekassen: Dekubiti sind vermeidbar!: LG Köln (Aktz.: 25 O 73/14): Dekubitus kein voll beherrschbares Risiko: Landesgericht (LG) Köln stellt erneut klar, dass ein Dekubitus kein voll beherrschbares Risiko darstellt.» Bei einer 82-jährigen Patientin musste ein Herzschrittmacher implantiert werden. Aufgrund von zwei lebensbedrohlichen Komplikationen folgten zwei Revisionsoperationen. Aufgrund der drei operativen Eingriffe und des ohnehin erheblich eingeschränkten Allgemeinzustands - die Patientin wies unter anderem Demenz, Adipositas, Hypertonie und terminale Niereninsuffizienz auf kam es zu weiteren Komplikationen, insbesondere zu einem Dekubitus. Dekubitus als auch der Sturz kein voll beherrschbares Risiko im Plfegealltag. Klagender Patient trägt Beweislast! Nur wenn Pflegefehler feststehen, kommen Beweiserleichterungen infrage.» es kann nicht einfach ein Pflegefehler unterstellt werden 5
6 DEKUBITUS III Dokumentation: Haftungsrechtliche Bezugnahme auf 630f BGB Pflegedokumentation: Prophylaxebedarf und Interventionen sind aufzuzeichnen Grundsatz: Je gefährdeter ein Klient, desto mehr ist zu dokumentieren LG Köln (Aktz.: 25 O 73/14): Bedarf und Interventionen der Dekubitusprophylaxe sind zu dokumentieren durch Zeugenbeweise und Anhörung der beklagten Pflegekräfte können Lücken in der Dokumentation geschlossen werden Ausnahme: bei schwerwiegenden Pflegefehlern: hier gilt im Zweifel nicht Dokumentiertes als nicht erbracht! 6
7 DEKUBITUS IV Exkurs: Expertenstandard Dekubitusprophylaxe: Rechtlich: vorweggenommenes Sachverständigengutachten Sorgfaltspflichten im Rahmen des Fahrlässigkeitsbegriffs werden inhaltlich näher erfasst FAZIT: Persönliche Haftung der Pflegefachkraft: kommt in der Regel nicht in Betracht Ausnahme: Pflegeversäumnisse im Sinne gefährlicher Pflege Haftung der Einrichtung und der Mitarbeiter: kommt bei Versäumnissen in der Prophylaxe vor jedoch Beweislasterleichterung nur bei groben Pflegefehlern Expertenstandard beeinflusst im Sinne eines vorweggenommenen Sachverständigengutachtens in dem es Sorgfaltspflichten im Rahmen des Fahrlässigkeitsbegriffs näher bestimmt 7
8 MEDIKATION Allgemeines: Haftung für das Stellen und Ausgeben von Medikamenten richtet sich nach der Handlungstheorie Zentrale Fragestellungen: Müssen Medikamente von einer Fachkraft gestellt werden? Vor dem Verteilen von einer zweiten Person kontrolliert werden? Kann die Person, die die gestellten Medikamente verteilt, verantwortlich gemacht werden, wenn diese falsch gerichtet wurden Landesarbeitsgericht Schleswig- Holstein (Urteil vom , Az.: 1 Sa 78 e/01): Bezug: Stellen von Tropfen: es wurde klar hervorgehoben, dass für das Richten der Medikamente derjenige verantwortlich ist, der diese Tätigkeit ausführt das Ausgeben im Auftrag dieses Mitarbeiters erfolgt. Haftung für Medikamentengabe: Derjenige der stellt, haftet für das Stellen Derjenige der ausgibt, für das Ausgeben 8
9 Betreuung I Allgemeines: Der Betreute steht im Mittelpunkt Zentrale Regelungen: 1896ff. BGB Betreuer muss wichtige Angelegenheiten mit dem Betreuten persönlich besprechen (jedoch: LG Nürnberg-Fürth (Aktz.: 13 T 7478/12: keine Verpflichtung auf eine Anzahl von Besuchen pro Monat) Pflichten des Betreuers: Regelungen der Angelegenheit des Betreuten zu dessen Wohle Wünsche des Betreuten, selbst wenn sie unvernünftig erscheinen, sind im Rahmen der Möglichkeiten umzusetzen Wünsche des Betreuers, von Angehörigen, Ärzten und Pflegepersonal nicht entscheidend Pflichten aus zugewiesenen Aufgabenkreisen: Gesundheitsvorsorge Bestimmung des Aufenthaltsortes Finanzsorge Im Notfall: Betreuer muss auch in dem Aufgabenkreis tätig werden, der nicht vom Gericht übertragen wurde Generell muss der Betreuer dazu beitragen, das die Möglichkeiten genutzt werden, die Krankheit oder Behinderung des Betreuten zu beseitigen, zu bessern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern gilt auch, wenn der Aufgabenbereich Gesundheitssorge nicht übertragen wurde 9
10 Betreuung II Pflichtverletzung des Betreuers: Abwägung: Kann der unter Betreuung stehende Pflegebedürftige noch selbst Entscheidungen treffen? Hintergrund: Bei einer Betreuung wird der Betreuer lediglich zur Seite gestellt Betreuter kann weiterhin Entscheidungen selbst treffen: Rechtsgeschäfte: Vorliegen der Geschäftsfähigkeit Einwilligung in medizinisch-pflegerische Maßnahmen: Vorliegen der Einwilligungsfähigkeit Alleine die Einrichtung einer Betreuung hat weder auf die Geschäftsfähigkeit noch auf die Einwilligungsfähigkeit Einfluss Kann der Betreute keine Entscheidung rechtswirksam selbst treffen, Anliegen schriftlich an den Betreuer richten Keine Reaktion des Betreuers: Betreuungsgericht 10
11 Betreuung III Pflichtverletzung des Betreuers: Eingabe Betreuungsgericht: Eingabe wird als Anregung gewertet Aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes muss dieser nachgegangen werden Möglichkeiten des Betreuungsgerichtes: Aufsichtsrechtliche Maßnahmen: Betreuungsgericht kann gegenüber dem Betreuer Anordnungen treffen Keine Befolgung: Zwangsgeld gegen den Betreuer Jedoch: Betreuungsgericht darf nicht anstelle des Betreuers handeln! Anweisungen: insbesondere wenn Gesundheit oder Leben tangiert sind 11
12 Betreuung IV Pflichtverletzung des Betreuers: Eingabe Betreuungsgericht: Entlassung des Betreuers: Zwingend: wenn die Eignung des Betreuers, die Angelegenheiten des Betreuten zu erledigen, nicht mehr gewährleistet ist Grund: persönliche und fachliche Inkompetenz des Betreuers (eine Schädigung des Betreuten ist nicht notwendig) Vorliegen:» Überforderung bei rechtlicher Beurteilung von Verträgen» längere Krankheiten oder Abwesenheiten des Betreuers» Pflichtverletzungen, wie vorsätzliche falsche Abrechnung oder der persönliche Kontakt zum Betreuten werden nicht gehalten» Unzulängliche oder interessenswidrige Bewältigung des zugewiesenen Aufgabenkreises» andere wichtige Gründe, wie z.b. ein anderer Betreuer könnte die Betreuung wesentlich besser führen Folge: Berufung eines neuen Betreuers (Gericht kann einen vorgeschlagenen Betreuer berücksichtigen) Aufhebung der Betreuung Eine Betreuung ist immer dann aufzuheben, wenn deren Voraussetzungen nicht mehr vorliegen BGB Teilweise Aufhebung auch möglich 12
13 VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT! 13
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