5. Bildungspartnerkongress Vielfalt. Nutzen, Dortmund

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1 5. Bildungspartnerkongress Vielfalt. Nutzen, Dortmund Seminar S01 Jüdisches Leben in Dülmen Eine Ausstellung zum 75. Jahrestag der Reichspogromnacht Dr. Andrea Peine, Hermann-Leeser-Realschule Dülmen Dr. Stefan Sudmann, Stadtarchiv Dülmen Zahlen und Daten: - Hermann-Leeser-Schule: Städtische Realschule mit 674 Schülerinnen und Schülern in 26 Klassen, von 46 Lehrerinnen und Lehrern unterrichtet, seit 1972 im alten Gymnasialgebäude untergebracht - Stadtarchiv Dülmen: 2 volle Stellen (Archivar des höheren Dienstes + FAMI), eine Honorarkraft, eine ehrenamtliche Mitarbeiterin, gelegentlich Praktikanten und weitere Mitarbeiter/innen (1- -Jobber, Wiedereingliederungsmaßnahmen u.ä.), seit 1919 im Gymnasialgebäude untergebracht Hintergrund der Ausstellung und der Bildungspartnerschaft: Die Schule wurde nach einer kontroversen Debatte im Jahre 1988 nach dem jüdischen Unternehmer Hermann Leeser benannt. Dieser entstammte einer alteingesessenen Dülmener Familie, war im Ersten Weltkrieg Offizier und leitete mit seinem Cousin eine Textilfabrik in Dülmen. Im November 1938 nahm er sich in der Polizeihaft das Leben. Seine aus Groningen stammende Witwe erhielt darauf die niederländische Staatsangehörigkeit zurück und konnte so mit ihren beiden Töchtern in die Niederlande zurückkehren, wo sie in einem Versteck den Krieg überlebten. Die Tochter Helga pflegt eine enge Verbindung mit Stadt und Schule. Aus der Namensgebung ergeben sich für die Schule eine besondere Verantwortung und besondere Zielsetzungen pädagogischer Arbeit: Selbst- und Mitverantwortung, soziale Kompetenz und Demokratiemündigkeit. So ist es auch in der Präambel des Schulprogramms festgeschrieben. Schon in den Jahren vor der Begründung der offiziellen Bildungspartnerschaft (Dezember 2012) haben Schule und Stadtarchiv in verschiedenen Projekten eng kooperiert. Zu nennen sind z.b.: - ab 2005 Verlegung von Stolpersteinen (angeregt von den Schülern; Recherche nach Personen und Daten im Stadtarchiv) - Stadtjubiläum 2011: Ausstellung von Werken des jüdischen Künstlers Jacob Pins, dessen Vater aus einer alten Dülmener Familie stammte (Schule: Kunstwerke; Stadtarchiv: begleitende Exponate zur Geschichte der Familie und der jüdischen Gemeinde) : Ergänzung der Ausstellung Widerstand gegen den Nationalsozialismus im Münsterland durch die Anfertigung weiterer Ausstellungstafeln mit Dülmen-Bezug durch Schüler/innen mit Hilfe des Stadtarchivs - jährlicher Erinnerungsrundgang durch die Stadt am 9. November und Erstellung eines virtuellen Rundgangs auf der Homepage der Schule - Vorbereitung des Volkstrauertags Die Ausstellung: Zum 75. Jahrestag sollte 2013 ein neues Konzept für die Gedenkveranstaltung am 9. November erarbeitet werden. Als Ergebnis der Überlegungen wurde festgelegt, eine Ausstellung Jüdisches Leben in Dülmen Eine Schülerausstellung als Kooperation von Schule und Stadtarchiv zu erstellen.

2 Seit September 2013 ist die Hermann-Leeser-Schule (als erste Realschule in Deutschland) Partnerschule der International School for Holocaust Studies Yad Vashem. Auf Grundlage eines von dieser Einrichtung entworfenen Ausstellungskonzepts erarbeiteten die Schüler aus Archivalien des Stadtarchivs unter Anleitung der beteiligten Lehrerinnen und mit Unterstützung des Stadtarchivars die geplante Ausstellung. Diese zeigte nach dem Konzept der ISHS nicht nur die Verfolgung der Juden im Nationalsozialismus, sondern auch das jüdische Leben in Dülmen vor 1933 und das Schicksal der einzelnen Familien nach Neben Schülern der Hemann-Leeser-Schule wirkten auch Schüler/innen der Pestalozzi-Schule (Förderschule und Partnerschule im Bereich Inklusion) mit. Die Schüler/innen führten die Besucher selbst durch die Ausstellung (in den Räumen der VHS) und boten eine szenische Lesung zur Deportation der Juden ins Ghetto Riga ( Salitter-Report ). Die Besucher wurden auch aktiv in die Erinnerungsarbeit integriert: Sie erhielten Rosen, die sie selbst in der Stadt an den Stolpersteinen niederlegen konnten. Nach der Ausstellung folgte die offizielle Gedenkfeier von Stadt und DGB. Beteiligt waren auch: Theo Schwedmann (Bezirksregierung Münster); die städtische Musikschule, die für das musikalische Begleitprogramm sorgte; der Heimatverein, der sich um den Druck der Plakate kümmerte und Unterstützung bei der Erstellung von Unterrichtsmaterialien aus der Ausstellung zusagte. Auch eine erfreuliche Resonanz war die von dem hiesigen Abgeordneten ausgesprochene Einladung der beteiligten Realschüler zum Gedenktag 60 Jahre Yad Vashem 50 Jahre Gerechter unter den Völkern im Landtag. Die erworbenen Kompetenzen Aus Lehrersicht wichtig war, dass die Schüler/innen durch die Vorbereitung der Ausstellung in Zusammenarbeit mit dem Archiv entscheidende Kompetenzen laut Lehrplan erworben haben. Beispielhaft genannt seien: - Sachkompetenz: Die Schülerinnen und Schüler o stellen die Entrechtung, Verfolgung und Ermordung von verfolgten Gruppen (u.a. Juden) im Dritten Reich dar - Urteilskompetenz: Die Schülerinnen und Schüler o Beurteilen die Auswirkungen der nationalsozialistischen Zwangsherrschaft auf das Leben der Menschen o bewerten den gegenwärtigen Umgang mit der NS-Vergangenheit. - Handlungskompetenz: Die Schülerinnen und Schüler o erstellen in Inhalt und Struktur klar vorgegebene Medienprodukte (u.a. Plakate) zu fachbezogenen Sachverhalten und präsentieren diese im Unterricht o organisieren angeleitet ein überschaubares Projekt im schulischen Umfeld und präsentieren die gewonnenen Ergebnisse in geeigneter Form o vertreten die eigenen Positionen auch in der Auseinandersetzung mit kontroversen Sichtweisen in angemessener Form im (schul-) öffentlichen Raum - Methodenkompetenz: Die Schülerinnen und Schüler o stellen historische Zusammenhänge und Sachverhalte strukturiert und kriterienorientiert mithilfe von Zeitleisten, Schaubildern und Mind Maps dar o wählen geeignete sprachliche Mittel zur Darstellung der zeitlichen Abfolge und Beziehung aus und wenden diese an o beschaffen angeleitet Informationen aus schulischen wie

3 außerschulischen Medien und stellen diese dar o beschaffen selbstständig Informationen aus schulischen wie außerschulischen Medien (u.a. Archiv), werten diese aus und stellen diese dar. Fazit: Möglichkeiten und Grenzen bei der Arbeit von Schülern im Archiv Möglichkeiten: Produktive Archivarbeit ist mit Schülern aller Altersklassen und Schultypen möglich. Gerade die Einbeziehung von Schülern der Förderschule wurde von allen Beteiligten als wichtiges Element dieser kooperativ erstellten Ausstellung angesehen. Grenzen: Zu beachten gilt jedoch, dass man die Schüler/innen der unterschiedlichen Altersklassen und Schultypen nicht mit den gleichen (hohen) Erwartungshaltungen konfrontieren darf. Nicht alle Fragestellungen können mit allen Schülern bearbeitet werden (z.b. hier: die juristischen Feinheiten und das nicht immer leicht verständliche Verwaltungsschriftgut der Wiedergutmachung nach 1945). Bei Beachtung der Möglichkeiten und auch der Grenzen einer solchen Kooperation und eines solchen Projekts lassen sich jedoch für alle Beteiligten positive Ergebnisse erzielen. Schulen und Stadtarchiv ziehen ein positives Fazit aus diesem Projekt und freuen sich auf die weitere Vertiefung der Bildungspartnerschaft.

4 Anhang: Zeitungsartikel

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