Stellungnahme des Naturschutzbund Deutschland, Landesverband Rheinland-Pfalz e.v. (NABU Rheinland-Pfalz) zur
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- Martin Fromm
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1 Stellungnahme des Naturschutzbund Deutschland, Landesverband Rheinland-Pfalz e.v. (NABU Rheinland-Pfalz) zur Fachlichen Stellungnahme zum Gebietsvorschlag DE Ahrgebirge nach den Kriterien der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG) Gutachten des Kölner Büros für Faunistik im Auftrag des Kreises Ahrweiler vom Oktober 2001 Mainz,
2 INHALT 1. ZUSAMMENFASSUNG Thesen des Gutachters Stellungnahme des NABU ANALYSE DER VORGEHENSWEISE IN RHEINLAND-PFALZ Kritik des Gutachters an der Vorgehensweise Stellungnahme des NABU ÜBERPRÜFUNG DER GEBIETSAUSWAHL UND DER ABGRENZUNG Argumentation des Gutachters Stellungnahme des NABU QUELLEN
3 NABU Rheinland-Pfalz Stellungnahme zur Stellungnahme des NABU Rheinland-Pfalz zum Gutachten des Kölner Büros Fachlichen Stellungnahme zum Gebietsvorschlag DE Ahrgebirge nach den Kriterien der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG) Gutachten des Kölner Büros für Faunistik im Auftrag des Kreises Ahrweiler vom Oktober ZUSAMMENFASSUNG 1.1 Thesen des Gutachters Im genannten Gutachten wird gefordert, dass die Ausweisung der Vogelschutzgebiete in Rheinland-Pfalz sich streng an den IBA-Kriterien orientiert. Nur diese seien von der EU akzeptiert und anwendbar. Außerdem wird dargelegt: Die bei der Gebietsauswahl in Rheinland-Pfalz angewandten Kriterien würden über die IBA-Kriterien und damit über die fachlichen Notwendigkeiten hinausgehen. Die vorgelegte Schutzgebietskulisse sei viel zu umfangreich. Dies wird auch durch den Vergleich mit den ausgewiesenen Flächen anderer Bundesländer dargestellt. Die Regelung in NRW etwa würde den IBA-Kriterien und damit den Notwendigkeiten der Vogelschutzrichtlinie entsprechen. Die aktuelle Kulisse betrage ein Vielfaches der bisher gemeldeten IBA-Gebiete in Rheinland-Pfalz. Insgesamt sei die Schutzgebietskulisse in Rheinland-Pfalz überzogen, die angewandten Kriterien gingen über sie Erfordernisse hinaus. Bei einer konsequenten Umsetzung der IBA-Kriterien seien nur 2 der ursprünglich angeführten 8 Arten für die Ausweisung des Gebiets Ahrgebirge relevant. Die Datengrundlage sei in vielen Fällen nicht ausreichend, die Angaben zu den Populationen meist zu hoch. Andere Arten wiesen grundsätzlich keine Konzentrationen oder keine besonderen Konzentrationen im Gebiet auf. Deshalb seien diese Arten bei der Gebietsabgrenzung nicht oder nur ergänzend zu berücksichtigen. In der Konsequenz wird eine Neuabgrenzung des Gebietes mit einer Verringerung der Flächengröße von ca ha auf ha vorgeschlagen. 1.2 Stellungnahme des NABU Die vom Gutachter geäußerte Kritik an der Gebietsauswahl der Vogelschutzgebiete weist der NABU Rheinland-Pfalz entschieden zurück. Die Behauptung, die Ausweisung der europäischen Vogelschutzgebiete (SPA) müsse den IBA-Kriterien folgen, ist falsch. Die IBA-Kulisse stellt lediglich eine Vergleichsmöglichkeit für die Vollständigkeit der Meldung dar. Die einzelnen Bundesländer können gemäß geltender Rechtsprechung innerhalb des von den Fachinstitutionen der EU festgesetzten Rahmens die Kriterien für die Ausweisung von Vogelschutzgebieten selber gestalten. Dabei müssen sie allerdings: 2
4 die Grundsätze der Vogelschutzrichtlinie berücksichtigen, nach einem einheitlichen, nachvollziehbaren Konzept vorgehen und das Schutzgebietssystem muss tragfähig sein, d.h. geeignet, den Bestand der in den Anhängen genannten Vogelarten zu sichern. Davon kann nach Auffassung der zuständigen EU-Fachbehörde ETC/NC in Paris erst ab einem Erfüllungsgrad von 60% ausgegangen werden, d.h. wenn 60% der Gesamtpopulationen der zu schützenden Arten in den Schutzgebieten erfasst werden. Die rheinland-pfälzische Gebietskulisse ist das Ergebnis der Umsetzung dieser Grundsätze. Dass die Kulisse in Rheinland-Pfalz mit 20% der Landesfläche umfangreicher ist als die der Nachbarbundesländer, liegt daran, dass deren Kriterien zu restriktiv sind (auch in NRW) und die Meldung nicht ausreicht. Dies wird auch dadurch deutlich, dass die von den Verbänden geforderten SPA-Kulissen dort ebenfalls in einer Größenordnung von 15-20% liegen. Im übrigen entspricht die SPA-Kulisse vom Umfang her sehr wohl der aktuellen IBA-Meldung. Der Vergleich mit der alten IBA-Kulisse ist unsinnig, da für 2/3 der Arten gar keine Gebiete definiert waren und diese damit den IBA-Kriterien in keiner Weise genügte. Im übrigen vergessen die Gutachter den Hinweis auf die einleitende Cautionary Note zum deutschen IBA-Verzeichnis (HEATH & EVANS 2000), in der auf die Unvollständigkeit der deutschen Liste hingewiesen wird. Die aktuelle Gebietskulisse ist ebenso EU-Richtlinienkonform wie fachlich fundiert. Die Ausweisung der in ihr aufgeführten Gebiete in vollem Umfange ist erforderlich, um die Ziele der Vogelschutzrichtlinie umzusetzen. Die Argumente, die zu einer Nichtberücksichtigung von 6 Arten führen, sind unzutreffend. Die Bestände werden durchgehend unterschätzt. Mehrfach wurden vorhandene Daten nicht eingeholt, die Datenlage lässt eine Bewertung in den meisten Fällen zu. Ferner ist es nicht hinnehmbar, Anhang I-Arten nicht zu erfassen, weil sie aufgrund ihrer Ökologie keine konzentrierten Vorkommen besitzen. Aufgrund der Bestandsgrößen von Rotmilan, Haselhuhn, Eisvogel, Grauspecht und Schwarzspecht müssen diese bei der Gebietsabgrenzung berücksichtigt werden; für Rheinland-Pfalz sind nirgends größere Populationen dieser Arten nachgewiesen worden. Uhu, Rauhfußkauz und Eisvogel weisen im Gebiet einen eindeutigen landesweiten Schwerpunkt auf und müssen berücksichtigt werden. Der neue, reduzierte Gebietsvorschlag beinhaltet nur je 20-40% der Vorkommen von Uhu und Rauhfußkauz und ist somit völlig unzureichend. Eine Gebietsreduzierung im vorgeschlagenen Umfang ist fachlich unvertretbar und entspricht auch nicht den Verpflichtungen der Richtlinie (siehe dazu einschlägige Rechtsprechung des EuGH). Der NABU fordert die Beibehaltung der Gebietsabgrenzung des Gebiets Ahrgebirge. 3
5 2. ANALYSE DER VORGEHENSWEISE IN RHEINLAND-PFALZ 2.1 Kritik des Gutachters an der Vorgehensweise Wie der Gutachter richtig darstellt, äußert sich die Vogelschutzrichtlinie nur sehr grob zu den Auswahlkriterien für die SPA-(Vogelschutz-) Gebiete: es sind die für die Erhaltung dieser Arten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten zu erklären. (Art. 4, Abs. 1, Satz 4). Allerdings sind die Kriterien durch den Ornis-Ausschuss sowie die Rechtsprechung des EuGH mittlerweile hinreichend konkretisiert. 1. In Ermangelung anwendungsfähiger Vorgaben habe sich der EuGH die Rechtsauffassung zu eigen gemacht, die IBA-Liste als Maßstab für die vollständige Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie zugrunde zu legen, wenn der Nationalstaat keine eigenen, stimmigen Kriterien für seine Gebietsliste vorlegen kann (so geschehen im Urteil gegen die Niederlande (1998) und gegen Frankreich (1999)). Daraus folgert das Gutachten, dass die SPA den für IBA-Ausweisungen üblichen Kriterien genügen müssen und dass sich die Schutzbemühungen des Naturschutzes auf die IBA-Gebiete konzentrieren sollten (S.12). 2. Der Gutachter moniert, dass die in Rheinland-Pfalz von der Arbeitsgruppe SPA Rheinland-Pfalz 1 festgelegen Auswahlkriterien (ARBEITSGRUPPE SPA RHEINLAND- PFALZ 2001) weit über die IBA-Kriterien hinaus gingen, insbesondere weil: nirgends in den IBA-Kriterien davon die Rede sei, dass alle Gebiete über 10 % zu melden sind das Kriterium Erfüllungsgrad nicht enthalten sei die Auswahlkriterien für die Ausweisung für Kranich- und Limikolen- Gebieten sowie die Arten der Feuchtgebiete nicht eindeutig seien. 3. Dem stellt er als Beispiel für eine konsequente Beachtung der IBA-Kriterien die restriktiveren Ausweisungskriterien für NRW gegenüber, die z.b. folgendes fordern: Arten ohne deutliche Konzentrationen werden nicht berücksichtigt (z.b. Wespenbussard, Rauhfußkauz, Grau- und Schwarzspecht) 4. Schließlich sei die Gebietskulisse für die Vogelschutzrichtlinie in Rheinland-Pfalz mit ca ha um ein Vielfaches größer als die bestehende IBA-Kulisse der Naturschutzverbände (v.a. NABU) mit ha. Dabei wird der aktuell noch publizierte Bestand zugrunde gelegt. 5. Ein Vergleich mit dem Flächenumfang der als SPA gemeldeten Flächen in den Nachbarländern NRW, Hessen und Baden-Württemberg (diese haben jeweils 2,5%, 1 Arbeitsgruppe aus Mitgliedern von: Staatlicher Vogelschutzwarte Frankfurt, Landesamt für Umwelt und Gewerbeaufsicht (LfUG), GNOR und NABU 4
6 1,2% bzw. 4,9% der Landesfläche gemeldet) soll suggerieren, dass die Vorstellungen von Rheinland-Pfalz überzogen sind. 2.2 Stellungnahme des NABU 1. Wenngleich es sich sowohl bei IBA als auch SPA um Schutzgebietssysteme handelt, die den Erhalt der Vogelwelt zum Ziel haben, liegen ihnen doch unterschiedliche Ansätze mit jeweils eigenen Auswahlkriterien, Arten und Bezugsräumen zugrunde: Beim IBA-Konzept handelt es sich um ein Konzept der Naturschutzverbände (BirdLife International, in Deutschland der NABU) zur Benennung einer weltweit einheitlichen Fachkulisse, wobei die Kriterien auf Gesamteuropa angewandt werden und nicht nur auf die EU-Staaten. Für die Konkretisierung der Ziele der Vogelschutzrichtlinie hat die Europäische Kommmission jedoch nicht die IBA-Kriterien übernommen, sondern einen Ausschuss gegründet, den ORNIS-Ausschuss. Dieser hat eigene Kriterien formuliert (GRIMMET & GAMMELL 1989) und begleitet die Ausweisung der Vogelschutzgebiete. Da auch diese Kriterien relativ unbestimmt sind, haben die Bundesländer eigene Kriterienkataloge aufgestellt, die aber i.d.r. auf Bestimmungen aus IBA und ORNIS sowie auf die Rechtsprechung des EuGH zurückgreifen. Die EU lässt ihren Mitgliedsstaaten einen Ermessensspielraum bei der Umsetzung der Richtlinie. Dieser hat aber Grenzen: so müssen für jede Art mindestens die geeignetsten Gebiete der jeweiligen NUTS- Region (in D des jeweiligen Bundeslandes) gemeldet werden ( faktische Schutzgebiete, ergibt sich direkt aus der Richtlinie). Im Ornis-Ausschuss und in vielen deutschen Ländern haben sich die 5 geeignetsten Gebiete als Richtwert etabliert. der Ausweisung muss ein einheitliches, nachvollziehbares Konzept zugrunde liegen (vgl. Begründung zum Niederlande-Urteil (EUGH 1998) und DEUTSCHER RAT FÜR VOGELSCHUTZ 2000). Die Gebietskulisse muss tragfähig sein, d.h. geeignet sein, um den Erhaltszustand der Arten im Gebiet langfristig zu sichern. Als Hilfsmittel zu dessen Beurteilung werden sog. Erfüllungsgrade zu Hilfe genommen ab 60% des Gesamtbestandes wird von einer ausreichenden Ausweisung ausgegangen. (vgl. Niederlande-Urteil und für die ebenfalls zu NATURA 2000 zählenden FFH- Gebiete BOILLOT et al ) Beim vom Gutachter angesprochenen Urteil gegen die Niederlande wurde nicht kritisiert, dass die IBA-Kulisse nicht umgesetzt wurde, sondern vor allem dass in den 5
7 Niederlanden keinerlei systematisches Konzept für die Ausweisung vorlag. In Ermangelung eines solchen wurde die (systematisch erarbeitete) IBA-Kulisse als Vergleich herangezogen. Eine Umsetzungsverpflichtung für die IBA-Kulisse wurde daraus nicht formuliert. Bei der darauf folgenden Nachmeldung der Niederlande wurden dann auch nicht einfach die IBA-Gebiete übernommen, sondern ein eigenes Kriteriensystem erstellt, bei dem das vom ORNIS-Ausschuss genannte TOP5-Kriterium und der Erfüllungsgrad eine zentrale Rolle spielten. Die Bundesländer sind nicht verpflichtet, sich bei der Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie an den IBA-Kriterien oder der IBA-Kulisse zu orientieren. Insofern ist auch die Behauptung der Landräte und der Regionalen Planungsgemeinschaft Mittelrhein-Westerwald falsch, nur diese könne Rechtssicherheit bieten. Die Rechtssicherheit ist dann gewährleistet, wenn der Ausweisung ein fachlich nachvollziehbares Konzept zugrunde liegt und die Schutzkulisse tragfähig ist, d.h. geeignet, um einen günstigen Erhaltungszustand der Vogelwelt zu gewährleisten. 2. Die von der Arbeitsgruppe SPA Rheinland-Pfalz erarbeiteten und in der Folge zur Ermittlung der aktuellen Schutzgebietskulisse angewandten - Auswahlkriterien entsprechen voll und ganz den oben formulierten, von der EU geforderten Grundsätzen. Die zentralen Kriterien: TOP 5 10% Erfüllungsgrad von 60% leiten sich aus den von ORNIS-Ausschuss geforderten Grundsätzen und aus der Rechtsprechung des EuGH ab. Die genannten Kriterien werden auch in anderen Bundesländern bzw. EU-Staaten angewandt. Dieses vom ORNIS-Ausschuss vorgelegte System ist transparent, logisch und gründet auf den Anforderungen der EU (Ausführliche Herleitung der angewandten Kriterien vgl. WERNER (2001)). Im Gegensatz zur Auffassung des Gutachters ist das Vorgehen bei der Ausweisung daher vollkommen nachvollziehbar. Die Kriterien zur Auswahl in Rheinland-Pfalz gehen tatsächlich vom Ansatz her geringfügig über den IBA-Kriterienkatalog hinaus. Prüft man jedoch den Ansatz, so kann man feststellen, dass die zusätzlichen Kriterien nicht so viel an der Gebietskulisse ändern. 6
8 10%-Kriterium: In der Praxis wird dieses Kriterium nie zu mehr als 2-3 weiteren Gebieten führen, da die TOP 5 für sich entweder alle unter 10% der Population erfassen (dann haben Nr. 6 und alle weiteren Gebiete in der Rangfolge noch weniger), oder aber diese Gebiete haben zusammen deutlich über 50%, da wohl kaum alle TOP5 genau 10% des Vorkommens beherbergen. Das Kriterium Erfüllungsgrad kann nur bei Arten zum Tragen kommen, deren Bestände sehr verteilt sind, so dass sich nie Schwerpunktvorkommen ausmachen lassen. Dies könnte theoretisch tatsächlich bis zu 10 Gebieten (festgelegte Obergrenze) führen. Die geäußerte Kritik, die Auswahlkriterien für die Kranich- und Limikolengebiete seien nicht eindeutig, ist unzutreffend. Die Auswahlkriterien für die Ausweisung von Gebieten für diese Arten von sowie von Arten der Feuchtgebiete sind in den Kriterien der SPA-Arbeitsgruppe (ARBEITSGRUPPE SPA RHEINLAND-PFALZ 2001) im letzten Spiegelstrich, zweiter Anstrich in Verbindung mit dem 5. Spiegelstrich formuliert. Beim Kranich und den Limikolen handelt es sich fast ausschließlich um Zugvogelarten. In der Praxis spielen diese drei Kriterien nur eine untergeordnete Rolle. Entscheidend bleibt das TOP5-Kriterium. Deswegen ist die Kulisse fast identisch mit einer ausschließlich an IBA-Kriterien orientierten Kulisse, wie sie vom Gutachten postuliert wird. Naturgemäß kann es auch vorkommen, dass Anhang I-Arten darüber hinaus auch in anderen SPA vorkommen; sie werden dann dort zwar aufgeführt, aber nicht als ausweisungsrelevant gekennzeichnet. Nur 3 Arten wird mehr als 5 mal eine Ausweisungsrelevanz zugeordnet: Wendehals (8mal), Rohrweihe und Zwergdommel (je 6mal). Die dadurch ausgewiesenen Gebiete werden jedoch gleichzeitig von einer Liste weiterer Anhang I-Vogelarten legitimiert; es sind bei einer Streichung dieser Arten aus der Gebietsbegründung allenfalls geringfügige Änderungen in der Gebietsabgrenzung der betreffenden Gebiete diskutabel. Auch wenn man die IBA-Kriterien zugrunde legen würde, würde sich die Kulisse nur unwesentlich ändern. 3. Die nordrhein-westfälische Regelung ist restriktiver als die IBA-Kriterien und die Vogelschutz-RL und nicht unbedingt als Positivbeispiel geeignet. Die dort festgeschriebene Nichtbeachtung gleichmäßig verteilter Vogelarten des Anhangs I bei der Ausweisung von Schutzgebieten (BROCKSIEPER & WOIKE 1999, S. 23/24) widerspricht dem Sinn der Richtlinie. Zudem schließt sich der Gutachter offenbar selbst dem von ihm zitierten Inhalt der nordrhein-westfälischen Regelung nicht an: auf S.20 führt er auf, dass für den Rauhfußkauz in NRW wegen dessen annähernd gleichmäßiger Verbreitung keine Schutzgebiete auszuweisen seien. 7
9 Genau dies tut er aber auf S. 44 ff. bei der Begründung von Schutzstatus und Angrenzung des Vogelschutzgebietes Ahrgebirge. 4. Ein Vergleich der IBA-Liste von 1989 bzw mit der SPA-Vorschlagsliste von 2001 ist nicht legitim. Wie dem Gutachter bekannt sein dürfte, wies diese gravierende Defizite auf und genügte weder den Anforderungen von IBA noch der Vogelschutzrichtlinie. So wurden von den 22 in Rheinland-Pfalz vorkommenden Anhang-I-Arten 15 Arten durch die gemeldeten SPA überhaupt nicht erfasst und bei zwei weiteren Arten waren nur 2% bzw. 3% der Population in SPA erfasst. Ebensolche Defizite wies die IBA-Meldung auf. Die IBA-Liste von 1989 bzw ist daher als Vergleichmaßstab nicht geeignet. Aufgrund dieser Defizite arbeiteten die Naturschutzverbände NABU und GNOR eine neue Kulisse aus, die weitgehend den SPA-Vorschlägen entspricht und im Jahr 2001 gemeldet wurde. Das Argument, das Ahrgebirge sei von den Naturschutzverbänden nicht als fachlich geeignetes IBA-Gebiet betrachtet worden, ist schon seit Beginn der IBA-Überarbeitung im Jahr 2000 nicht mehr zutreffend! 5. Der geringe Flächenanteil der Nachbarbundesländer ist darauf zurückzuführen, dass diese nicht ausreichend gemeldet haben. Die Gebiete wurden in Hessen zudem nicht danach ausgewählt, ob dort besonders wertvolle Vogelvorkommen sind, sondern es galt die Voraussetzung, dass das Gebiet bereits als FFH-Gebiet gemeldet worden sei ein für die Meldung von SPAs irrelevantes Kriterium und ein mit der Vogelschutzrichtlinie unvereinbares Vorgehen! Der NABU hat Gebietsvorschläge für Hessen erarbeitet, die auch die Größenordnung 15% der Landesfläche umfassen. Auch der NABU Hessen argumentiert mit dem Ziel 20-60% der Gesamtpopulation in den Vogelschutzgebieten zu erfassen, was durch die offizielle Meldung bei weitem noch nicht erreicht ist. Ähnliches trifft für Baden-Württemberg zu (20% der Fläche als SPA-Vorschlag, 28% SPA und FFH zusammen). Der Naturschutzverbände in Baden-Württemberg fordern für alle Anhang I-Arten eine Erfüllungsgrad von mindestens 60%. Daraus folgt, dass nicht Rheinland-Pfalz zuviel, sondern die Nachbarbundesländer zu wenig gemeldet haben. 8
10 3 ÜBERPRÜFUNG DER GEBIETSAUSWAHL UND DER ABGRENZUNG 3.1 Argumentation des Gutachters 1. Die Überprüfung der Gebietauswahl und Abgrenzung erfolgte ausschließlich aufgrund von Literaturauswertungen und Gesprächen. 2. Die Datengrundlage wurde als sehr mangelhaft dargestellt; seit 1995 liegen aus dem Gebiet keine neuen Erhebungen mehr vor. Zu einigen Arten fehlen ausreichende Daten: Rotmilan, Haselhuhn, Eisvogel, Grauspecht, Mittelspecht, Schwarzspecht, Neuntöter. Hingegen wird die Datengrundlage für Schwarzstorch, Rauhfußkauz und Uhu als ausreichend bis mit Abstrichen ausreichend bezeichnet. 3. Der Gutachter stellt eigene Einschätzung aufgrund Literaturauswertung den LfUG / SPA-Arbeitsgruppen-Daten gegenüber. Diese fallen oft geringer aus als die von der LfUG genannt. Dies trifft zu auf: Rotmilan, Rauhfußkauz, Schwarzspecht und Neuntöter. Seine Auswertung der Daten ergibt, dass nur die Vorkommen von Schwarzstorch und Rauhfußkauz zu den Top 5 zählen und so konzentriert sind, dass eine SPA- Ausweisung Sinn mache. Für das Haselhuhn sei die Datengrundlage zu mangelhaft, als dass der Bestand eingeschätzt werden könne. 4. Für Wespenbussard, Rotmilan, Uhu, Eisvogel, Schwarzspecht, Grauspecht, Mittelspecht und Neuntöter wird dargestellt, dass die Arten (aufgrund ihrer Lebensweise) keine Schwerpunktvorkommen bilden bzw. im konkreten Fall keine Schwerpunktvorkommen besitzen. In der Konsequenz führt die Analyse des Gutachters dazu, dass die Abgrenzung allein aufgrund der Arten Schwarzstorch und Rauhfußkauz und ihren Lebensraumansprüchen gemacht wurde. Die Lebensräume von Eisvogel, Haselhuhn, und den anderen genannten Arten des Anhangs I wurden nur Zur Abrundung einbezogen; die der anderen wurden nicht berücksichtigt. Dies führt zu einer deutlichen Reduzierung des Gebietvorschlages von ca auf ca ha (30% statt 65% des Kreisgebietes). 3.2 Stellungnahme des NABU 1. Eigene Geländerhebungen wären sinnvoll gewesen. Ebenso wäre eine Konsultation mit ehrenamtlichen NABU-Fachleuten und Experten vor Ort wichtig gewesen (T. Loose, A. Leuers u.a.) So fußt das Gutachten im wesentlichen auf alten Gutachten und alten Daten von ehrenamtlichen Naturschützern und Ornithologen. 9
11 2. Dass die Datengrundlage seitens des Landes mangelhaft war, ist als massive Kritik an der Politik des Landes Rheinland-Pfalz anzusehen, das es offenbar nicht für nötig befindet, eigene Daten über die Umwelt in ausreichendem Maße zu erheben. Gerade deshalb ist es notwendig, diese in größerem Umfang bei ehrenamtlichen Naturschützern abzufragen, will man die Erfordernisse der Vogelschutzrichtlinie erfüllen. Dies ist nur zum Teil geschehen. Die Argumentation einer nicht ausreichenden Datenbasis darf überdies nicht dazu führen, dass Arten, über deren Gesamtbestand zu wenig bekannt ist, nicht im Schutzgebietssystem erfasst werden. Ist zu wenig bekannt, sollten die Gebiete mit dem größten bekannten Vorkommen ausgewiesen werden. Ähnliches gilt für gleichmäßig verteilte Arten: auch für sie müssen Schutzgebiete ausgewiesen werden. Der Nichtberücksichtigung von Rotmilan, Haselhuhn, Eisvogel, Grauspecht und Schwarzspecht bei der (neuen) Gebietsabgrenzung und Definition kann daher nicht gefolgt werden; bei all diesen Arten sind keine nachweislich größeren Vorkommen in Rheinland-Pfalz belegt bzw. sie stehen zumindest im Verdacht, zu den Top 5 zu gehören. Die Gebietsabgrenzung sollte sich also auch nach diesen Arten richten. 3. Die Bestände einiger Arten werden vom NABU anders eingeschätzt: Art Gutachten NABU RLP Rotmilan Schwarzspecht Neuntöter Rauhfußkauz (2000/2001) (Angaben in Brutpaaren) Anzumerken ist, dass außer beim Neuntöter- auch die vom Gutachter eingeschätzten Bestandsgrößen das Gebiet zu den Top 5 der in der Tabelle genannten Arten zählen ließe. 4. Zur Argumentation, dass einige allgemein oder im Gebiet gleichmäßig verteilte Arten nicht zur Schutzgebietsabgrenzung herangezogen werden dürfen, ist anzumerken: Die Auffassung, welche Arten schutzfähige Konzentrationen bilden und welche nicht, unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland (siehe NRW, wo keine Gebiete für den Rauhfußkauz ausgewiesen werden). Die Vogelschutzrichtlinie legt in Art. 4, Abs. 1 fest, dass für die in Anhang I aufgeführten Arten besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Lebensräume anzuwenden sind und insbesondere die für die Erhaltung dieser Arten zahlenund flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten erklärt werden sollen. 2 Anzahl der brütenden Paare in schlechten Mäusejahren 10
12 Hieraus ist keine besondere Verpflichtung zu einer starken Konzentration abzuleiten, wie sie das Gutachten postuliert. Eine gleichmäßige Verbreitung von Vogelarten darf nicht dazu führen, dass die genannten, in Art. 4 festgelegten Maßnahmen nicht durchgeführt und die Lebensräume der Arten nicht geschützt werden. Auch für diese Arten sind in ausreichendem Maße Schutzgebiete zu benennen. Der Schutzforderung stimmt der Gutachter zwar grundsätzlich zu (S.45), lässt diesen nachrangig schutzwürdigen Arten aber nur einen punktuellen Beitrag zur Gebietsabgrenzung zukommen. Manche Arten weisen sehr wohl Konzentrationen auf: so der Uhu- dies zeigen z.b. die Gebietsvorschläge der Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen (GESELLSCHAFT ZUR ERHALTUNG DER EULEN 2001, DALBECK & BREUER i.v.) der Schwarzspecht besitzt im Gebiet die höchsten bekannten Bestandszahlen in Rheinland-Pfalz mit besonders hohen Dichten; LOOSE (2001, mdl.) gibt eine Dichte von ha/brutpaar an, was auf die für den Schwarzspecht optimale Mischung aus jährigen Fichten (Nahrung) und Buchenaltholz (Brutbäume) zurückzuführen ist auch die Eisvögel kommen mit BP nach LfUG (2001, im Gutachten zitiert) konzentriert an der Ahr vor. Von zentraler Bedeutung für die Gebietsabgrenzung sind konkret mindestens zwei Punkte: 1. Die Gebietsabgrenzung des Neuvorschlags reicht im Bereich der Hohen Acht nicht einmal bis zur Kreisgrenze (!). Für den Rauhfußkauz würde dies bedeuten, dass nur ein geringer Teil seines Lebensraumes berücksichtigt wird. (das gesamte Hochplateau über 550m NN stellt einen geeigneten Raufußkauz- Lebensraum dar) dass von 13 sicheren Brutnachweisen in den Jahren 2000/2001 nur 6 im Neuvorschlag enthalten sind, von denen auch noch 2 direkt auf der Grenze liegen. Über 50% der Brutnachweise liegen außerhalb des Neuvorschlags! Dieses Vorgehen ist bei einer der beiden Arten, die selbst vom Gutachter als ausweisungsrelevant akzeptiert werden, nicht nachvollziehbar. Um dieses wichtigste Vorkommen in Rheinland-Pfalz zu sichern, ist eine Beibehaltung der bisherigen Süd- und Ostgrenze des Gebietsvorschlags zwischen Nürburg und Ramersbach/Blasweiler zwingend erforderlich. Somit sollten auch Teile des Kreises Mayen-Koblenz in den Gebietvorschlag einbezogen werden, an dessen Kreisgrenze der Neuvorschlag aus nicht nachvollziehbaren Gründen abrupt aufhört. 2. Die Uhubrutplätze sollen fast komplett aus dem Schutzgebiet herausgenommen werden. Begründung: angeblich keine nennenswerte Konzentration. Dem stehen die Gebietsmeldungen der Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen 11
13 entgegen, die hier auf engem Raum 7 Brutvorkommen mit insgesamt dem zweithöchsten Fortpflanzungserfolg in der Eifel belegt hat (GESELLSCHAFT ZUR ERHALTUNG DER EULEN (2001), DALBECK und BREUER (2002, i.v.)). Das Ahrtal samt Felsen muss in seiner Ausdehnung wieder wie ursprünglich geplant bis Bad Neuenahr ins Gebiet aufgenommen werden (Beibehaltung der Nordgrenze!) Diese Defizite müssen für eine vollständige Meldung behoben werden. Hierzu ist aus den genannten Gründen nach Datenlage und Einschätzung des NABU Rheinland-Pfalz eine komplette Meldung des Gebiets Ahrgebirge (im Umfang von März 2001) erforderlich. Friedrich Wulf, Naturschutzreferent des NABU Rheinland-Pfalz,
14 4 QUELLEN ARBEITSGRUPPE SPA RHEINLAND-PFALZ (2001): EG-Vogelschutzrichtlinie Auswahlkriterien zur Ermittlung von Besonderen Schutzgebieten (SPA= Special Protection Areas) Oppenheim. BOILLOT, F., VIGNAULT, M.-P., DE BENITO, J.M. (1997): Process of assessing national lists of proposed sites of community interest (psci) at biogeographical level.- Natur und Landschaft 72 (11): BROCKSIEPER, R. & WOIKE, M. (1999): Kriterien zur Auswahl der FFH- und Vogelschutzgebiete für das europäische Schutzgebietssystem NATURA LÖBF-Mitteilungen 2/1999:15-26 DALBECK, L. BREUER (2002, i.v.): Schutzgebiete nach der europäischen Vogelschutzrichtlinie für den Uhu (Bubo Bubo) in der Eifel. DEUTSCHER RAT FÜR VOGELSCHUTZ (2000): Arbeitstagung zur Umsetzung der EG- Vogelschutzrichtlinie am 26. und 27. Januar 2000 in der Staatlichen Vogelschutzwarte Frankfurt EUROPÄISCHER GERICHTSHOF (EUGH) (1998): URTEIL DES GERICHTSHOFES vom 19. Mai 1998 Erhaltung der wildlebenden Vogelarten - Besondere Schutzgebiete" in der Rechtssache C-3/96 GESELLSCHAFT ZUR ERHALTUNG DER EULEN (2001): SPA-Gebietsvorschläge zum Schutz des Uhus - Unveröff. Mskr., Bonn. GRIMMET, R.F.A. & GAMMELL, A.B. (1989): Inventory of Important Bird Areas in the European Community (unpublished report prepared for the Directorate-General for the Environment, Consumer Protection and Nuclear Safety of the European Community, Study contract B ). International Council für Bird Preservation, Cambridge. HEATH, M.F. & EVANS, M.I. (HRSG.,2000): Important Bird Areas in Europe Priority sites for conservation. Cambridge. KÖLNER BÜRO FÜR FAUNISTIK (2001): Fachliche Stellungnahme zum Gebietsvorschlag DE Ahrgebirge nach den Kriterien der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG). Gutachten im Auftrag des Kreises Ahrweiler. LOOSE, T (2001): Lage der Brutvorkommen des Rauhfußkauzes (Aegolius funereus) in den MTB 55o8,56o7 und 56o8. 3 Karten (Mskr.) WERNER, M. (2001): Zur Umsetzung der EG-Vogelschutzrichtlinie in Rheinland- Pfalz Fachwissenschaftliche Herleitung der Kriterien zur Identifizierung von EG- Vogelschutzgebieten in Rheinland-Pfalz. - Unveröff. Manuskript. 13
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