Je nach Rechtsgebiet sind hier typischerweise folgende Fragen zu beantworten:
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- Christel Kneller
- vor 7 Jahren
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1 I. Das juristische Gutachten Ziel der Bearbeitung ist i.d.r. die Erstellung eines juristischen Gutachtens. Je nach Rechtsgebiet sind hier typischerweise folgende Fragen zu beantworten: o Zivilrecht: Bestehen Ansprüche der einen Partei gegen eine andere Partei? o Strafrecht: Hat sich eine Person durch ihr Verhalten strafbar gemacht? o Öffentliches Recht: Steht die hoheitliche Maßnahme des Staates im Einklang mit der Rechtsordnung? 1 II. Die Grundlage des juristischen Gutachtens Auf der Basis des vorliegenden feststehenden Sachverhaltes wird das Gutachten verfasst. Um sämtliche Informationen des Sachverhaltes zu ermitteln, ist eine genaue Analyse des Sachverhaltes notwendig. Insbesondere in Staatsrechtlichen Klausuren sind die Probleme, zu denen der Verf. sich äußern soll, im Sachverhalt angelegt (z.b. in rechtlichen Behauptungen). Der Sachverhalt schließt mit einer Fallfrage. Diese kann offen formuliert sein oder aber auch eine konkrete Prüfung vorzeichnen. 2 III. Die Darstellung im sog. Gutachtenstil Die Abfassung des Gutachtens hat sich am sog. Gutachtenstil zu orientieren. 3 1 Für Grundrechtliche Klausuren ist dies v.a. dahingehend zu konkretisieren, dass eine hoheitliche Maßnahme anhand der Grundrechte zu überprüfen ist. 2 In Grundrechtlichen Klausuren ist v.a. darauf zu achten, ob nur bestimmte Grundrechte zu prüfen sind und ob auch eine Verfassungsbeschwerde zu prüfen ist. Dazu mehr in den einzelnen Falldarstellungen. 1
2 Der Gutachtenstil zielt darauf ab, das Ergebnis im Gegensatz zum sog. Urteilsstil nicht direkt zu benennen, sondern es Stück für Stück zu entwickeln. Hierzu bedarf es eines 4-schrittigen Vorgehens: o 1. Obersatz: Aufwerfen einer konkreten Frage. o 2. Definition: Konkretisierung eines abstrakten Begriffes. o 3. Subsumtion: Sind die Merkmale des abstrakten Begriffes (wie er in der Definition umschrieben wurde) im konkreten Fall erfüllt. o 4. Ergebnis: Festlegung des Ergebnisses. Beispiel: Es ist zu prüfen, ob das Objekt mit der Bezeichnung Grundgesetz ein Buch ist. o 1. Obersatz: Das Objekt mit der Bezeichnung Grundgesetz könnte ein Buch sein. o 2. Definition: Ein Buch ist ein rechteckiges Werk aus Papier, das aus vielen Seiten besteht, einen Einband hat und in dem man lesen kann. o 3. Subsumtion: Das Objekt mit der Bezeichnung Grundgesetz ist ein rechteckiges Werk aus Papier. Es besteht aus vielen Seiten, hat einen Einband und man kann in ihm lesen. o 4. Ergebnis: Folglich ist das Objekt mit der Bezeichnung Grundgesetz ein Buch. Die 4-schrittige Gutachtentechnik ist v.a. auf die Besonderheiten unseres Rechtssystems zurückzuführen, das sich abstrakter Rechtsbegriffe bedient, die eine Vielzahl von Fällen abdecken sollen. Um eine möglichst große Zahl von Fällen zu erfassen, muss der Begriff daher auch möglichst 3 Orientieren bedeutet hier nicht, dass dieser sklavisch das gesamte Gutachten zu durchziehen hat. Der Gutachtenstil soll vielmehr v.a. in späteren Semestern nur noch dort zur Anwendung gelangen, wo es einer ausführlicheren Darstellung auch bedarf. Unproblematische Aspekte hingegen dürfen auch im Urteils- oder Feststellungsstil abgearbeitet werden. Diese Vorgehensweise liegt auch den Falllösungen zugrunde. 2
3 abstrakt sein. Hier setzt der Jurist an, wenn er die abstrakten Gesetzesbegriffe im Wege einer Definition mittels juristischer Auslegung 4 konkretisiert, um anschließend prüfen zu können,ob der von ihm zu begutachtende konkrete Fall unter das Gesetz fällt. Es kommt daher auch nicht selten vor, dass ein Begriff unterschiedlich ausgelegt wird. Dies ist der Grund für die sog. Meinungsstreitigkeiten. 5 Darüber hinaus ist es häufig erforderlich, einen gestaffelten Gutachtenstil (= Schachtelprüfung) zu verwenden, der über mehrere (Prüfungs-)Ebenen verfügt, da eine Definition ihrerseits oftmals noch weitere abstrakte Begriffe beinhaltet, die ihrerseits zunächst im Wege einer Definition konkretisiert werden müssen, bevor eine Subsumtion erfolgen kann. Beispiel: Es ist zu prüfen, ob das Objekt mit der Bezeichnung Grundgesetz ein Jura-Buch ist o 1. Ebene Obersatz: Das Objekt mit der Bezeichnung Grundgesetz könnte ein Jura-Buch sein. o 1. Ebene Definition: Ein Jura-Buch ist ein Buch mit juristischem Inhalt Ebene Obersatz: Dazu müsste das Objekt mit der Bezeichnung Grundgesetz zunächst ein Buch sein. 2. Ebene Definition: Ein Buch ist ein rechteckiges Werk aus Papier, das aus vielen Seiten besteht, einen Einband hat und in dem man lesen kann. 2. Ebene Subsumtion: Das Objekt mit der Bezeichnung Grundgesetz ist ein rechteckiges Werk aus Papier. Es besteht aus vielen Seiten, hat einen Einband und man kann in ihm lesen. 4 Die juristische Auslegung geht von den vier Auslegungskriterien: Wortlaut, Systematik, Historie und Telos aus. Die weitergehende Darstellung und Einübung der Auslegung erfolgt anhand der einzelnen Grundrechtsfälle. 5 Die Darstellung von Meinungsstreitigkeiten im Gutachten erfolgt anhand der einzelnen Grundrechtsfälle. 6 Beachte: Diese Ebene kann in Klausurlösungen i.d.r. entfallen, da die anschließenden Obersätze die einzelnen Voraussetzungen nach einander abarbeiten. Stattdessen bietet es sich in Grundrechtlichen Klausuren an, den größeren Prüfungsabschnitten Konditional-Einleitungssätze voranzustellen, wie z.b: Die Verfassungsbeschwerde hat Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist s. hierzu den ausformulierten Fall. 3
4 2. Ebene Ergebnis: Folglich ist das Objekt mit der Bezeichnung Grundgesetz ein Buch. 2. Ebene Obersatz: Ferner müsste das Objekt mit der Bezeichnung Grundgesetz einen juristischen Inhalt aufweisen. 2. Ebene Definition: Unter juristischen Inhalten versteht man solche, die den Rechtswissenschaften zuzuordnen sind. 7 o 3. Ebene Obersatz: Also müsste das Objekt mit der Bezeichnung Grundgesetz einen Inhalt aufweisen, der den Rechtswissenschaften zuzuordnen ist. o 3. Ebene Definition: Unter Rechtswissenschaft fasst man die Auslegung, die systematische und begriffliche Durchdringung gegenwärtiger und geschichtlicher juristischer Texte und sonstiger rechtlicher Quellen. 8 o 3. Ebene Subsumtion: Das Objekt mit der Bezeichnung Grundgesetz enthält Gesetzestexte. Diese enthalten keine Auslegungsergebnisse oder Durchdringungen juristischer Texte, wie sie z.b. ein Kommentar enthält. Die Gesetzestexte bilden vielmehr die Grundlage für derartige Vorgänge. o 3. Ebene Ergebnis: Mithin weist das Objekt mit der Bezeichnung Grundgesetz keinen Inhalt auf, der den Rechtswissenschaften zuzuordnen ist Ebene Ergebnis: Das Objekt mit der Bezeichnung Grundgesetz weist keinen juristischen Inhalt auf. 7 Hier gilt das in Fn 6 gesagte entsprechend. 8 Frei nach Wikipedia. 9 So jedenfalls wenn man die vorstehende Definition bemüht. Hier verbleiben aber durchaus Deutungsmöglichkeiten, die zu einer anderen Definition führen könnten die ebenso vertretbar erscheint und zu einem anderen Ergebnis gelangt, denn vom Gefühl her scheint ein Gesetzesbuch doch ebenfalls ein Jura- Buch zu sein. An dieser Stelle kommen dann wieder die sog. Meinungsstreitigkeiten wie man ein Gesetz auszulegen hat ins Spiel. 4
5 1. Ebene Ergebnis: Das Objekt mit der Bezeichnung Grundgesetz ist kein Jura-Buch. IV. Die Lösungsskizze Der notwendige Zwischenschritt um ein Gutachten sauber umsetzen zu können ist die vorherige Erstellung einer Lösungsskizze. Inhalt der Skizze sollte nach Möglichkeit eine fertige Gliederung 10 sein, die die gesamte Prüfung beinhaltet, nur so wissen Sie bereits bevor Sie den ersten Satz im Gutachten ausformulieren, wo die Schwerpunkte der Klausur liegen und wo Sie u.u. Zeit einsparen können, indem sie unproblematische Punkte nicht ausführlich im Gutachtenstil, sondern knapp im Urteils- oder Feststellungsstil abhandeln. Vorgehensweise in der Klausur: 1. Schritt: Analyse der Fallfrage 2. Schritt: Erfassen und Auswerten des Sachverhalts 3. Schritt: Anfertigung einer Lösungsskizze 4. Schritt: Abfassen des Gutachtens 10 Die Gliederung hat sich bei juristischen Arbeiten an der Abfolge: A.; I.; 1.; a); aa); (1); (a); (aa) zu orientieren. Beachte: Wer A. sagt muss auch B. sagen. 5
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