Kindern und Jugendlichen gerecht werden durch eine professionelle Gestaltung des Heimalltags: Erfahrungen aus Forschung und Praxis
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- Gregor Armbruster
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1 Univ.-Prof. Dr. Silke Birgitta Gahleitner Kindern und Jugendlichen gerecht werden durch eine professionelle Gestaltung des Heimalltags: Erfahrungen aus Forschung und Praxis Vor ca Jahren... Die Pflegerinnen sollten den Kindern Milch geben,... sie baden und waschen, aber in keiner Weise mit ihnen schöntun und zu ihnen sprechen. (Jacques Benois Méchin, 1982) 1
2 Was brauchen wir dafür? KATA-TWG-Studie (Monika Fey, 2010) Übersicht ExpertInnebefragung Betroffenenbefragung TheoreRscher Hintergrund Schlussfolgernde Skizze Modell Department für Psychotherapie Psychosoziale Medizin und Biopsychosoziale und Psychotherapie Gesundheit 2
3 Wo sind wir? ExpertInnebefragung Betroffenenbefragung TheoreRscher Hintergrund Schlussfolgernde Skizze Modell Department für Psychotherapie Psychosoziale Medizin und Biopsychosoziale und Psychotherapie Gesundheit Gerechtigkeit und Gesundheit Unabhängig vom Reichtum eines Landes, abhängig von der herrschenden Ungleichheit in einer Gesellscha[, steigt die Krankheits und Mortalitätsrate 3
4 Gesundheit und Soziale Arbeit Psychosoziale Fachkrä[e im staronären Alltag... sind großflächig mit der Versorgung traumarsierter und psychisch beeinträchrgter Kinder und Jugendlicher betraut zeigen in ihrem Arbeitsalltag geballte Berufserfahrung und komplexe Wissensbestände haben jedoch häufig ein anderes Selbst und Fremdverständnis Defizit im Selbstverständnis Defizit nicht in fehlender Handungskompetenz, sondern fehlendem klinischen Hintergrundwissen und Selbstverständnis traumabegleitende und traumabearbeitende Anteile z. B. werden nicht wahrgenommen und wertgeschätzt die spezifische Arbeit wird anderen Berufsgruppen zugewiesen (Hebel!) 4
5 Wo sind wir? ExpertInnebefragung Betroffenenbefragung TheoreRscher Hintergrund Schlussfolgernde Skizze Modell Department für Psychotherapie Psychosoziale Medizin und Biopsychosoziale und Psychotherapie Gesundheit Daphneproject 2013 Fragestellung: Wie beschreiben Jugendliche ihre Erfahrungen mit Gewalt in ihrer Lebenswelt und die Unterstützung in den untersuchten stationären Einrichtungen? Beteiligt waren spanische, bulgarische und österreichische Institutionen 5
6 Ergebnisse I. Alle Einrichtungen behandeln Jugendliche mit komplexen Problemlagen und zerstörten Familienstrukturen II. III. IV. Die Gewalt lässt sich auf biographische Problemlagen zurückführen Ausschlaggebend für den Erfolg der Einrichtung ist eine dialogisch verstehende Alltagsarbeit als AlternaRve zu den Vorerfahrungen Basisbestandteil des TherapeuRschen Milieus ist die verstehende Alltagsarbeit, Bindungs und Beziehungarbeit stellt die Kernkompetenz dar, Strukturgebung und Halt bietet das fundamentales Gegenüber dazu V. Das therapeursche Milieu bietet die Chance, Veränderungsprozesse aus dem geschützten Raum in den Lebensalltag zu befördern Was wirkt ist das unmijelbare und im Alltag stakindende umfassende Betreuungsangebot als Basis des TherapeuRschen Milieus Also, früher war das eher, dass ich ausgezuckt bin, also da war s dann ärger als wie jetzt... Ja, die Betreuer. Da hier. Generell. Generell haben sie mir geholfen. Ich find s auch gut, dass mir die Betreuer bei so was helfen. Allein würde ich das nicht schaffen. (Bewohner Benedikt) Die Lebensart, wie wir da leben genial (Bewohnerin Gerlinde) 6
7 Was wirkt ist professionelle Bindungs und Beziehungsarbeit als Kernkompetenz zur Gestaltung des TherapeuRschen Milieus, durch welches hindurch die Arbeit inmijen des Alltags geschieht Ich vertraue ihr, ich vertraue auch der XY [Name einer Betreuerin], aber der XY [Name einer anderen Betreuerin] vertraue ich auch, aber normalerweise selten, dass ich wem viel Geheimnisse anvertraue. (Bewohnerin Hanna) Was wirkt ist angemessene Strukturgebung sie bietet als fundamentales Gegenüber den notwendigen SozialisaRonsrahmen Und dadurch dass ich dort diesen Rahmen hase,... fiel es mir dann auch leichter mit der Schule, die ich irgendwie dann genauso gehandhabt habe (Bewohner Claus) Es gibt Regeln... (Bewohnerin Gerlinde) ah da kuckt einer auf mich haargenau, man kriegt dann auch Vertrauen (Bewohner Dirk) 7
8 Was wirkt ist Therapie eingebejet in den Gesamt Kontext mit den Eltern wie deren Kindern, mit der Chance Veränderungsprozesse aus dem geschützten Raum sorgsam in den Lebensalltag zu befördern Ich gehe jetzt in Therapie mit äh, jeden jede Woche einmal, und ich find es auch generell, wenn man mit so, mit jemandem redet, dann lernt man auch zu reden. Weil früher hab ich es nur in mich hineingefressen, und ich wollte nie reden (Bewohnerin Gerlinde) Du bist jetzt blöd in der Situa]on, das ist schon gut so, und dann aber, komm, hol dich jetzt runter und reden wir mal darüber, nicht. (Fachkra` Mar]na) Gelingt über die dyadische Brücke mit dem/der TherapeuRn innerhalb des ganzen Netzwerkes ein posirves Zusammenwirken, so spielen Alltagserfahrungen und atmosphärisch posirv gestaltete Freizeitmomente die größte sozialisatorische Rolle in der staronären Arbeit (Gahleitner, 2011). 8
9 Wo sind wir? ExpertInnebefragung Betroffenenbefragung TheoreRscher Hintergrund Schlussfolgernde Skizze Modell Department für Psychotherapie Psychosoziale Medizin und Biopsychosoziale und Psychotherapie Gesundheit Bedarf(e) trotz rückläufiger demographischer Entwicklung steigt der Hilfebedarf, insbesondere die Intensität in den staronären Einrichtungen der Jugendhilfe Explosion psychischen Störungen Die Intensität der Hilfebedarfe steigt mit dem Jugendlichenalter (verpasste PrävenRonschance?) (Beck, 2011) 9
10 Psychische Störungen und JH image galleryv9-uarw.jpg (Beck, 2011; vgl. auch Schmid, 2007, 2010, 2011) Herausforderung frühe Verletzungen müssen als Ergebnis eines komplexen Entwicklungs und Beziehungsgefüges zwischen psychologischen, physiologischen und sozialen Prozessen gesehen werden lebenslang (Feliq, 2002)! 10
11 Besondere soziale Schwierigkeiten - körperliche bzw. psychosomatische Erkrankungen und Behinderungen, aber auch - (Dauer-) Arbeitslosigkeit oder Armutslagen - gesundheitliche Gefährdung, u. a. durch dauernde Retraumatisierungen - soziale Bindungslosigkeit und Isolation - Alkoholgefährdung oder krankheit - Stigmatisierung aufgrund sozialer Lage oder Vorstrafen - unzureichende oder unsichere Unterkunft - Wohnungslosigkeit oder drohende Wohnungslosigkeit - Mittellosigkeit (ACE-Studie!) Z. B. Klinische Sozialarbeit entwickelt konstrukrve Veränderungsimpulse im Kontext der Umfeldbedingungen Versteht Störungen als kumularv, biografisch und in soziokulturellen Milieus verankert widmet sich schwer erreichbaren Kindern und Jugendlichen in MulRproblemsituaRonen (Pauls & Mühlum, 2005; Gahleitner & Hahn, 2008, 2009, 2010; Pauls, 2004, 2011) 11
12 I. Prozessual verstehen 1. operaronalisierbare DiagnosRk 2. biographische DiagnosRk (rekonstrukrv) 3. Sozial und Lebenswelt DiagnosRk (Passung) Psychosoziale Diagnose (mehrdimensionale Problem und Ressourcenmatrix) (Gahleitner& Pauls, 2013) II. Mehrdimensional Versorgen 12
13 Qualifikationsprofil Professionelle Bindungs, Beziehungsund Netzwerk bzw. KooperaRonskompetenz Fachkompetenz in personeller, disziplinärer sowie methodischer Vielfalt Traumapädagogik Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Intervision, Supervision sowie Weiterbildungsangeboten Qualifikationsprofil Professionelle Bindungs, Beziehungsund Netzwerk bzw. KooperaRonskompetenz Fachkompetenz in personeller, disziplinärer sowie methodischer Vielfalt Traumapädagogik Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Intervision, Supervision sowie Weiterbildungsangeboten 13
14 Psychosoziale Zufluchtsorte... stabile psychosoziale Geborgenheit als posirver Gegenhorizont (Keupp, 1997, S. 203; vgl. auch Beck, 1986) TransformaRonsprozesse Brüche und Übergänge Ungleichheitsverhältnisse Verlust von Deutungsmustern OrienRerung? WichAgster Einflussfaktor... emoronal correcrve experiences (Alexander & French, 1949; Rogers, 1957; vgl. auch ; Cremerius, 1979; Crits Christoph, 2013; Grawe et al., 1994; Orlinsky et al., 1994) schützende Inselerfahrungen (Gahleitner 2005, 63; vgl. bereits Petzold 1969, 4; Katz Bernstein 1996, 2004) 14
15 Professionelle Beziehung = mehr als eine Beziehung! Professionelle Beziehung = professionelle Rollenbeziehung und persönliche Beziehung (Großmaß, 2009, S. 545) persönlich in Bezug auf KonRnuität, Nähe, InRmität (Lenz & Nestmann, 2010) Rollenbeziehung als reflekrerte, dezentrierte, theorersch begründbare und lehrbare Beziehung in formal organisatorischen Rahmungen (Dörr, 2007) 15
16 Herausforderung einerseits formale Berufsrollen... auszufüllen, andererseits sich zugleich als ganze Personen auf persönliche, emoronal geprägte und nur begrenzt steuerbare Beziehungen einzulassen (Dörr, 2007, S. 137; vgl. auch Helsper, 2000) nicht frontal, in kleinen Dialogsequenzen kann man ins Gespräch kommen (Stück für Stück Mentalisierung) widersprüchliche diffuse und rollenförmige Anteile (Gaus & Drieschner, 2011, S. 21) mischen sich Professionelle Beziehung = mehr als eine Beziehungsdyade! 16
17 Professionelle Beziehung = Bindungs, Beziehungs und Betreuungsnetzwerk modellha[ erleben können, wie ein Zusammenleben mit anderen Menschen sein kann Ich würde sagen, ich habe es geschao, meine Probleme abzulegen soweit durch Einzelgespräche und dann Nachfragen, immer wieder Nachfragen Herausforderung Bindungs, Beziehungs und Betreuungsnetzwerk muss durch eine angemessene SozialisaRonsstruktur und fundiertes Fachwissen über die jeweiligen ProblemaRken hindurch gewebt werden:... einen Rahmen zu finden, in dem sie sich aufgehoben fühlen erfahrbar als AlternaRverfahrung koordiniert werden: Egal was passiert: ich habe immer ein paar Leute im Hinterkopf Das war auch so n Schwierigkeitsgrad am Anfang, dass ich irgendwie noch nicht ganz realisiert hase, dass sie mir nichts tun 17
18 Umsetzungsprobleme? 18
19 Wo sind wir? ExpertInnebefragung Betroffenenbefragung TheoreRscher Hintergrund Schlussfolgernde Skizze Modell Department für Psychotherapie Psychosoziale Medizin und Biopsychosoziale und Psychotherapie Gesundheit Unterschied? können im Alltag (Schulze, 2010) eine von weniger qualifizierten MitarbeiterInnen unterschiedliche Arbeit leisten entwicklungssensible Nähe (Böhnisch, 1996): Mhm, ich würde nicht sagen, dass ich diesen Betreuern unbedingt vertraut habe mhm in gewisser Weise habe ich ihnen schon vertraut, als Personen die mir weiter helfen aber durch die Kompetenz, würde ich sagen, ist es gelungen, diesen Pädagogen, mich zu überzeugen 19
20 Unterschied? Fachlich qualifizierte MitarbeiterInnen... Genau, in dem Zusammenhang übrigens habe ich angefangen, mich mit der Bindungstheorie zu beschä`igen also, ich denke, dass das... auch etwas ganz Wich]ges war So haben wir unser Angebot auch extra gestrickt, auch mit diesem Bezugsbetreuungssystem also auch so n Stück nachbeeltert werden und korrigierende Beziehungserfahrungen machen können Alle reden von Bindung aber ist es üblich, in der pyschosozialen Arbeit: den Bindungsstatus bindungsdiagnosrsch präzise zu erfassen? die Bindungstypen für die Hilfeplanung zu Rate zu ziehen? den Hilfeverlauf stets bindungssensibel zu reflekreren? möglichst o[ feinfühlig zu intervenieren, zu mentalisieren? den pädagogischen Bezug entwicklungssensibel zwischen Nähe und Distanz zu verorten? 20
21 Alle reden von Netzwerken aber wer in der pyschosozialen Arbeit hat Kenntnis über: primäre, sekundäre und terräre, totale, parrelle und egozentrierte Netzwerke? Größe, Dichte, Reziprozität von Netzwerken funkronale Aspekte wie emoronale, kognirve, materielle bzw. instrumentelle Unterstützung, Begleitung und Bindung, jeweils als Haupt und Puffereffekte über negarve Aspekte von Netzwerken und behutsame dialogische Netzwerkarbeit Alle reden von Kooperation aber welche KooperaRonsnetzwerke... treffen sich oder tagen regelmäßig? verfügen über geteilte interdisziplinäre Wissensbestände? sind in insrturonalisierte Hilfeabläufe dauerha[ eingebejet? überleben vereinzelte persönliche Verbindungsnahtstellen? sind materiell wie insrturonell strukturelle gut ausgestajet? 21
22 Wo sind wir? Studie aus einem klinischem Arbeitsfeld Begriffsklärungen TheoreRscher Hintergrund Schlussfolgernde Skizze Modell Department für Psychotherapie Psychosoziale Medizin und Biopsychosoziale und Psychotherapie Gesundheit (Monika Fey, 2010) 22
23 image galleryv9-uarw.jpg Schlussfolgerungen Psychosoziale Fachkrä[e benörgen: Aus, Fort und Weiterbildungsangebote, die auf den komplexen Arbeitsbereich ausgerichtet sind Verantwortungsübernahme und souveräne interdisziplinäre KooperaRon angemessene Anerkennung für anspruchsvolle Arbeit 23
24 Literatur zum Weiterlesen... Silke Birgitta Gahleitner Wenn einem irgendein Mensch mehr oder weniger egal ist, dann lässt man von da kommende Ratschläge oder Gespräche, die kommen einfach nicht so an, die verinnerlicht man nicht so, als wenn man mit jemanden spricht, den man mag, dem man vertraut. Dann denkt man zweimal drüber nach, über die Gespräche fyitdo71czld5r/ AABCmcJQN7wYXDt _SOPKPb80a 24
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