TTIP: Die Sicht der Chemie
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- Ella Biermann
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1 10. Oktober 2014 TTIP: Die Sicht der Chemie Dr. Matthias Blum, Workshop Chemiemarkt der Zukunft - USA?, 30. Oktober 2014
2 Die Zeit ist reif für TTIP Stagnation WTO EU: Wachstum, Arbeitsplätze TTIP ehrgeizig & umfassend TPP, Aufstieg der BRICs ähnliche Wirtschaftskraft, ähnliches Schutzniveau 2
3 Das Mandat zu TTIP seit 9. Oktober öffentlich: Marktzugang Güterhandel Dienstleistungen/Niederlassung Investitionen Öffentl. Ausschreibungen Regulatorisches / NTBs SPS TBT Regulatorische Kohärenz Sektoren 3 Regeln Geistiges Eigentum Nachhaltige Entwicklung Energie und Rohstoffe Wettbewerb
4 Teil 1: Verbesserter Marktzugang für Güter 4
5 Der deutsch-us-amerikanische Chemiehandel: Deutscher Außenhandelsüberschuss bei Chemie und Pharma gesamt: Pharmazeutika: Chemie: 14,6 Mrd. Euro 8,5 Mrd. Euro 6,2 Mrd. Euro D -> USA: Pharmazeutika: 8,5 Mrd. Euro Fein-/Spezialchemie: 1,9 Mrd. Euro Petrochemie: 1,8 Mrd. Euro Polymere: 1,3 Mrd. Euro Anorganika: 0,7 Mrd. Euro Wasch-/ Körperpflege: 0,4 Mrd. Euro USA -> D: Pharmazeutika: 5,7 Mrd. Euro Fein-/Spezialchemie: 2,0 Mrd. Euro Petrochemie: 1,3 Mrd. Euro Polymere: 1,0 Mrd. Euro Anorganika: 0,3 Mrd. Euro Wasch-/ Körperpflege: 0,4 Mrd. Euro 5 gesamt: Pharmazeutika: Chemie: 10,6 Mrd. Euro 5,7 Mrd. Euro 4,9 Mrd. Euro
6 Zölle im transatlantischen Handel: Vernachlässigbar, ärgerlich oder relevante Hürde? Chemiezölle (CTHA): 0 5,5 6,5% keine offiziellen Zollzahlungs-Daten verfügbar Deutsche Chemie-Exporte in die USA (2013): US-Durchschnittszoll (chem. Produkte): 2,8% -> ca. 180 Mio Euro Zollaussetzungen (ca. 2,2% Durchschnitts-Zollsatz) -> ca. 140 Mio Euro 6,2 Mrd. Euro EU: ca. 700 Mio. US-Chemie-Exporte nach Deutschland (2013): 4,9 Mrd. Euro EU-Durchschnittszoll (chem. Produkte): 4,6% -> ca. 230 Mio Euro Zollaussetzungen (ca. 4,6% Durchschnitts-Zollsatz) -> ca. 230 Mio Euro 6
7 Zollabbau: Was will der VCI? Forderungen (an beide Seiten) Abschaffung aller Industriezölle Abschaffung aller Chemiezölle möglichst kurze Übergangsfristen Übergangsfristen von 5 / 7 Jahre für wenige sensible chem. Produkte -> Strukturanpassung erleichtern Abbau von Agrarzöllen (Input für chemische Industrie) 7 Vorteile: Handelskosten sinken auch für Intrafirmen-Handel Vorteile gegenüber Drittstaaten Exportchancen steigen effiziente Allokation durch bessere Arbeitsteilung Produktivitäts-Steigerungen durch Skaleneffekte/Wettbewerbsdruck/Importe weitere Wohlfahrtsgewinne
8 Teil 2: Energie und Rohstoffe 8
9 Energieversorgung: Verwundbare Flanke Europas EU ist Netto-Energieimporteur Öl und Gas heimische fossile Energierohstoffe Produktion rückläufig Nutzung heimischer Potenziale umstritten (Fracking, Kohle) Energiepreis-Differenz D/EU-USA Sonderrolle Chemie: Öl und Gas (und Biomasse) auch rohstoffliche Inputs Wettbewerbsfaktor (-> Oxford-Studie) (Energie- und Feedstockpreis- Differenzen) 9 USA, Golfstaaten haben aufgrund der Rohstoffbasis Vorteile
10 Energieexport-Politik der USA: Ein unbescholtener Advokat freier globaler Märkte? Die USA beschränken ihre Exporte von Öl und Gas Öl: vollständiges Verbot Flüssiggas: Exportbeschränkungen (restriktives Lizensierungsverfahren, Orientierung an öffentlichem Interesse der USA) Mit der Schiefergas-Revolution werden die USA vom Nettoenergieimporteur zum Nettoenergieexporteur Partner von Präferenzabkommen der USA sind i.d.r. auch präferierte Partner beim Zugang zu US-Flüssiggas Trotz der eigenen Beschränkungen fordern die USA international den Abbau von Exportbarrieren von Rohstoffen (Verbündeter der EU) 10
11 Zugang zu Energie in TTIP: Unterschiedliche Interessenlagen Ist Zugang zu Energie Bestandteil der TTIP-Verhandlungen? zwischen EU und USA umstritten USA wollen/sind entgegenkommen sich aber auf informelle Zusagen beschränken v.a. bei Ölexporten reserviert Energieproduzenten vs Energieverbraucher EU, Cefic- und VCI-Position: privilegierter Zugang zu Energie als TTIP-Vertragsbestandteil (->US-Kanada) am Anfang der Verhandlungen Infrastrukturen 11
12 Teil 3: Schutz von Investitionen 12
13 Deutsche Chemie: Kapital im Wert von 57 Mrd. Euro im Ausland Direktinvestitionen der deutschen Chemieindustrie Ausländische Direktinvestitionen (FDI-Bestände) in Mrd. Euro 70,0 davon USA: 13,9 Mrd. Euro 60,0 57,2 50,0 40,0 30,0 20,0 10, Quelle: Deutsche Bundesbank, VCI
14 Nordamerika: Investitionsziel No 1 der deutschen Chemie Entwicklung der Auslandinvestitionen der deutschen chemischpharmazeutischen Industrie nach Regionen, in Mio. Euro Restliches Europa NAFTA Lateinamerika Asien, Australien, Sonstige Quelle; VCI
15 Welchen Schutz bieten bilaterale Investitionsschutzabkommen? Inhalt von BITs: Nichtdiskriminierung Meistbegünstigung Schutz vor kompensationsloser direkter oder indirekter Enteignung o Enteignungen sind nur dann gestattet, wenn die zur Enteignung führende Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis im öffentlichen Interesse vorgenommen wird, nicht-diskriminierend und transparent ist. Die Kompensation muss angemessen sein und zügig erfolgen. Schutz vor unbilliger oder ungerechter Behandlung o Beispiele: Verweigerung des Rechtswegs, intransparente und diskriminierende Regierungsentscheidungen, also Verstoß gegen rechtsstaatliches Verhalten. Kapitaltransfergarantie Investor-Staats-Schiedsgerichtsbarkeit 15
16 Investitionsschutz und TTIP betreten wir Neuland? weltweit: BITs (oder Investitionsschutz in FTAs oder plurilaterale Abkommen, z.b. Energiecharta) EU-weit: ca BITs (9 von EU-MSt mit USA) Deutschland: 131 BITs (keines mit den USA) Die Bundesrepublik Deutschland ist weltweit der Spitzenreiter beim Abschluss von BITs gefolgt von China 16
17 Berechtigte (und unberechtigte) Kritik am bestehenden Regime: Reformvorschläge VCI: ISDS in TTIP verankern, Chance für ISDS-Reform nutzen! Verfahrensfragen Transparenz, Expertise und Unabhängigkeit der Schiedsrichter, Kosten des Verfahrens Inhaltliche Reform Beispielhafte Erläuterung der unbestimmten Rechtsbegriffe, Betonung der Regulierungsautonomie, nicht-diskriminierende Aktivitäten des Staates im öffentlichen Interesse stellen grundsätzlich keinen Verstoß gegen das Abkommen dar. Vorbild: Artikel XX GATT Ausnahmen zum Schutz der Umwelt, der Gesundheit etc. Zweistufiges Verfahren: Schiedsgericht und Revisionsinstanz. 17
18 Teil 4: Nicht-tarifäre Handelshemmnisse und bessere Regeln/ Regelsetzung 18
19 Verschiedene Aspekte der regulatorischen Kooperation Existierende Regulierung Zukünftige Regulierung Vermeidung von Doppelarbeit bei unterschiedlichem Schutzniveau Gegenseitige Anerkennung: nur möglich wenn Schutzstandard vergleichbar effektiv Harmonisierung: ideal, aber Ausnahme Prozedurale Verpflichtung: Mehr Transparenz Frühzeitige Konsultation des Partners Auswirkungen geplanter Initiativen auf EU-US Handel analysieren Annäherung von Rechtsvorschriften und Vermeidung von Unterschieden unter Beibehaltung der regulatorischen Autonomie 19
20 Mögliche regulatorische Kooperation im Chemiesektor: ohne Gesetzesänderung, ohne Standardsenkung Einheitliche Umsetzung von GHS (Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien) Datenaustausch und anerkennung von Agenturen Gemeinsame Priorisierung von Chemikalien Vermeidung von Doppelarbeit (z.b. GMP/GLP) Zusammenarbeit bei neuen Themen (z.b. Nano, hormonwirksame Chemikalien) 20
21 USA und EU: Zwei wirtschaftliche Schwergewichte mit abnehmender Bedeutung nur 12% der Weltbevölkerung noch 45% der Welt-Wertschöpfung Industrieproduktion (36%) und Investitionen (32%) unterproportional 21 Wer setzt künftig globale Regeln und Standards? Beispiel Chemie: Chinas Industrie: bald so groß wie EU- und US- Industrie zusammen USA blicken bereits nach Westen (= Asien: TPP) Konsumenten und Zivilgesellschaft in EU und USA fordern hohe Standards ein gemeinsamer Markt könnte ein globales level playing field erleichtern
22 Fazit: Vorteile von TTIP für die deutschen Chemie-Unternehmen Zollabbau USA: mehr Exporte Zollabbau EU: Zugang zu Vorprodukten Zugang zu Energie/ Schiefergas Zugang zu Dienstleistungen Zugang zu öffentlichen Aufträgen Entsendung von Arbeitnehmern Zugang für / Schutz von Investitionen Weniger Tests & Inspektionen Export gemeinsamer Standards 22
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