Positionen SODK zum Reformbedarf bei den Ergänzungsleistungen Thema Beschlüsse der Plenarversammlung vom 15. Mai 2014 A Ausgangslage Gemäss den Ausführungen von Bundesrat Berset am Nationalen Dialog Sozialpolitik Schweiz vom 16. Mai 2014 soll vor den Sommerferien 2014 dem Bundesrat ein Aussprachepapier mit dem Handlungsbedarf (Auftrag zur Ausarbeitung einer EL- Reform) und einem Umsetzungsfahrplan (Reformschritte sowie Eckwerte einer EL- Reform) unterbreitet werden. Sodann ist vorgesehen, bis Ende Jahr eine Vernehmlassungsvorlage zu erarbeiten, welche anfangs 2015 den Kantonen zur Stellungnahme unterbreitet wird. Die Generalsekretariate der SODK und GDK haben unter Einbezug der FDK im Hinblick auf die anstehende EL-Reform Positionsvorschläge zu einzelnen Reformmassnahmen erarbeitet. An ihrer Klausursitzung vom 15. Mai 2014 haben die kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren erste Positionen der SODK zu einzelnen prioritären Massnahmen für eine EL-Reform festgelegt. Diese sind mit der FDK und GDK abgestimmt. Im Rahmen des Nationalen Dialogs vom 16. Mai 2014 wurden diese Positionen Bundesrat Berset unterbreitet bzw. mit der Delegation des EDI diskutiert und somit frühzeitig in den vom EDI geplanten EL-Reformprozess eingespiesen. Für die Mehrheit der Massnahmen konnte eine einstimmige Position gefasst werden. Bei einzelnen Massnahmen (insb. Bst. h) Besteuerung der EL) bestehen unterschiedliche Haltungen in den Kantonen. Die nun vorliegenden Positionen sind in diesem Sinne als aktuelle Diskussionsgrundlage zu verstehen. Im Rahmen der angekündigten Vernehmlassung Ende 2014/anfangs 2015 werden die Kantone die Möglichkeit erhalten, zu den vom EDI/BS konkret ausgearbeiteten Massnahmen erneut Stellung zu beziehen. Dabei kann auf die von der SODK am 15. Mai 2014 beschlossenen Positionen zurückgegriffen oder aber auch in dazu abweichender Form Stellung bezogen werden. 1/5 Reg: rdo-2.144.5
B Positionen der SODK zu einzelnen Massnahmen Allgemeine Bemerkungen Die Kostenentwicklung bei den EL ist besorgniserregend und muss gebremst werden, ohne dabei die Kernleistung (Bedarfsleistung zur Existenzsicherung) abzubauen. Dabei ist ein Mix von verschiedenen Leistungssystemen zu vermeiden. Sofern jemand EL bezieht, muss die Existenzsicherung ohne zusätzliche Leistungen (insb. Sozialhilfe) gewährleistet und das Leistungsniveau gesichert sein. Bei Personen, die im Heim leben, ist dies bereits heute der Fall (keine doppelte Dossierführung). Mit der NFA sind massgebliche dynamische Aufgaben an die Kantone übertragen worden, was zu Verwerfungen bzw. zu einer Ablastung der Kosten führt. Der Bund muss sich deshalb wieder stärker an der Finanzierung der EL beteiligen. Prioritäre Massnahmen bei den Ergänzungsleistungen a) Berechnung der EL anhand des Referenzeinkommens Die SODK lehnt das von der FDK vorgeschlagene neue Berechnungsmodell für die EL ab. Die anvisierte neue Berechnung anhand des Referenzeinkommens ist keine alternative Berechnungsgrundlage zum heutigen Bedarfsmodell. Die EL richtet sich am Existenzbedarf aus und ist keine Erwerbsausfallversicherung. Mit der Ausrichtung am Referenzeinkommen besteht bei tiefen Einkommen zudem die Gefahr einer stärkeren Belastung durch die Sozialhilfe. Im Bereich von Menschen mit Behinderungen, die im Heim leben, ergäben sich grosse ungedeckte Kosten. Als stärkster Kostentreiber steht demgegenüber die demographische Entwicklung im Vordergrund, deren finanzielle Auswirkungen durch geeignete Massnahmen zu kompensieren sind. b) Vollständige Anrechnung des Erwerbseinkommens von Ehepartnern Die SODK ist gegen eine vollständige Anrechnung des realen Erwerbseinkommens der Ehepartnerin oder des Ehepartners. Um den Erwerbsanreiz aufrecht zu erhalten soll höchstens eine teilweise Anrechnung vorgesehen werden. Mögliche Varianten sind zu prüfen. c) Bestimmungen zur Anrechnung hypothetischer Erwerbseinkommen bei IV- Rentenbeziehenden und deren Ehepartnern Die SODK lehnt eine konsequente Anrechnung von hypothetischen Erwerbseinkommen ab (bspw. hypothetisches Einkommen aufgrund der zugeschriebenen Resterwerbstätigkeit), da dadurch ein Teil der betroffenen Personen neben der EL auch auf Sozialhilfe angewiesen wäre. Möglichkeiten zur Verhinderung negativer Erwerbsanreize bzw. für die Eingliederung bei der IV sind zu prüfen (Auszuweisen wären dabei u.a. die Anzahl der betroffenen Personen; Auswirkungen für die EL und die Sozialhilfe). d) Vermögensfreibetrag auf das Niveau vor der Pflegfinanzierung zurücksetzen Die mit der neuen Pflegefinanzierung eingeführten Vermögensfreibeträge haben zu einer Ausdehnung der Anspruchsberechtigten und einem Vermögensschutz zu Gunsten der Erben geführt. Die Mehrkosten werden von den Steuerzahlenden über die EL aufgefangen. 2/5
Die SODK spricht sich für eine Zurücksetzung der Vermögensfreibeträge auf das Niveau vor der Einführung der neuen Pflegfinanzierung aus. Es ist allerdings zu prüfen, ob bei selbstbewohntem Wohneigentum der Freibetrag belassen, aber das Wohneigentum mit einem Grundpfand bis zur Erbteilung belastet werden soll. e) Höhe der anrechenbaren Mietkosten anpassen vgl. Stellungnahme SODK im Rahmen der Vernehmlassung des Bundes betr. anrechenbarer Mietzinsmaxima vom 20. Mai 2014 (unter: http://www.sodk.ch/aktuell/). f) Referenzprämie bei der Krankenkassenversicherung senken und Entflechtung der EL und der individuellen Prämienverbilligung (IPV) Der EL-Beitrag an die Prämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung wird anhand einer Pauschale berechnet. Mit einer Berechnung anhand einer tieferen Referenzprämie können Kosten gesenkt werden, ohne die Versicherten zu benachteiligen. Die SODK spricht sich grundsätzlich für eine Senkung der Referenzprämie bei der Krankenversicherung aus, ohne sich bereits auf eine Variante festzulegen. Ziel wäre mit der Festlegung der Prämien resp. Prämienverbilligungen eine stärkere sozialpolitische Steuerfunktion für die Kantone zu erreichen. Folgende mögliche Varianten sollen vom Bund weiterverfolgt bzw. geprüft und deren Auswirkungen ausgewiesen werden: - Berücksichtigung der effektiven Prämie anstelle der Durchschnittsprämie, falls effektive Prämie tiefer ist; - Festlegung der Referenzprämie bei 90% der Durchschnittsprämie; - Übertragung der Kompetenz zur Festsetzung der IPV an EL-Bezüger auf die Kantone (12.3435 Mo Graber: Bezüger von EL. Gleichbehandlung bei Prämienverbilligung mit übriger Bevölkerung) - Systemwechsel : die Entflechtung EL und IPV soll die Bevorzugung von EL- Bezügern gegenüber Personen, welche ebenfalls in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen leben und nur IPV beziehen, aufheben (zwei Varianten prüfen: keine Anrechnung der KV-Prämie bei der EL-Berechnung aber 100% Verbilligung der Prämien für EL-Beziehende oder komplette Integration der Krankenkassenprämie in die EL). g) Ausdehnung der Auskunftspflicht auf BVG-Einrichtungen und der Verrechnungsmöglichkeit auf BVG-Renten Die SODK erachtet diese Massnahme als prüfenswert. h) Besteuerung der EL Die SODK spricht sich mehrheitlich im Grundsatz für die Steuerbefreiung des Existenzminimums bei gleichzeitiger Besteuerung aller Bedarfsleistungen (insb. EL und der Sozialhilfeleistungen) aus. Bei der Umsetzung kommt der Definition des Existenzminimums eine zentrale Bedeutung zu. Der Fokus muss auf der Beseitigung der Schwelleneffekte und der Verhinderung eines Sozialabbaus zu liegen kommen. Es darf aber nicht sein, dass wegen einer Ungerechtigkeit in Bezug auf erwerbstätige Personen mit einem Existenzminium, nun die Gruppe der Sozialhilfeempfangenden in Zukunft auch benachteiligt wird. Es ist fraglich, ob ein 3/5
steuerbefreites Existenzminium in genügender Höhe politische Chancen hat. Wenn nicht, werden die Sozialhilfeempfangenden letztlich weniger Geld zur Verfügung haben und der administrative Aufwand steigt erneut. Bei dieser Massnahme bestehen unterschiedliche Haltungen in den Kantonen, was zu keiner einheitlichen Position führt. Die hier vorliegende Position wird aber dennoch als provisorische Diskussionsgrundlage gutgeheissen. i) Vereinheitlichung und Verbesserung der Durchführung Die SODK begrüsst grundsätzlich eine Vereinheitlichung und Verbesserung bei der Durchführung der EL. Insbesondere zu folgenden Punkten soll der Bund Vorschläge ausarbeiten und die entsprechenden Auswirkungen prüfen: - Standardisierung der Abklärungen für die Leistungsbemessung und schweizweiter einheitlicher Vollzug bei den EL; - Einheitliche Regelung bei Auslandaufenthalten; - Beschleunigung der Behandlungsdauer von EL-Anmeldungen (Befristung der Gesuchsbehandlung auf bspw. 3 Monate). Massnahmen in anderen Versicherungszweigen j) Vorsorgefähigkeit der 2. Säule muss erhöht werden Die SODK spricht sich für eine Ausdehnung des Versichertenkreises in der 2. Säule und die Beseitigung von Fehlanreizen für den Bezug des Vorsorgekapitals aus. Entsprechende Massnahmen sind in der Vorlage zur Reform der Altersvorsorge 2020 vorzusehen (vgl. Stellungnahme SODK zur Reform der Altersvorsorge vom 18. März 2014). Bei den vorliegenden Varianten für die Einschränkung von Kapitalbezügen legt sich die SODK noch nicht fest. Weiter zu verfolgen und zu prüfen sind folgende Massnahmenvorschläge: - Kein Kapitalbezug im Bereich BVG-Obligatorium (Vorsorgefall, Wohneigentumsförderung, selbständige Erwerbstätigkeit); - Begrenzung Kapitalbezug auf Freizügigkeitsleistung, die vor Alter 45 erworben wurde; - Ausschluss Kapitaloption auf BVG-Alterskapital im Vorsorgefall. k) Pflegefinanzierung (Individuelle Vorsorge für Pflegebedürftigkeit muss gestärkt werden) Die Pflegfinanzierung ist ein grosser Kostentreiber für die Kantone. Mitunter wird die private Vorsorge für Pflegebedürftigkeit nicht begünstigt und die Pflegefinanzierung orientiert sich nicht am finanziellen Bedarf der Pflegebedürftigen. Die öffentliche Hand hat damit Pflegekosten auch bei Personen zu finanzieren, die über ausreichend finanzielle Mittel verfügen. Da die EL aber nur bei einem kleinen Teil der gesamten Pflegefinanzierung relevant sind (nur beim Eigenanteil der Pflegebedürftigen), spricht sich die SODK dafür aus, dass die Kostenproblematik bei der Pflegefinanzierung gesamtheitlich und in einem separaten Prozess betrachtet werden soll (inkl. Prüfung einer eigentlichen Pflegeversicherung anstelle der bestehenden Pflegefinanzierung). 4/5
5/5 Die Federführung für dieses Thema liegt bei der GDK, welche einen entsprechenden Prozess in diese Richtung bereits angestossen hat. Die zeitliche Dringlichkeit ist ausgewiesen und der Prozess entsprechend voranzutreiben.