Wettbewerbsverbot eines Handelsvertreters. Überschreitung unwirksam NEWSLETTER OKTOBER 2013 VERSICHERUNGSVERTRIEBSRECHT VERSICHERUNGSRECHT



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Transkript:

NEWSLETTER OKTOBER 2013 VERSICHERUNGSVERTRIEBSRECHT VERSICHERUNGSRECHT VERSICHERUNGSVERTRIEBSRECHT Wettbewerbsverbot eines Handelsvertreters ist nur im Umfang der Überschreitung unwirksam Mit seiner Entscheidung (Az. VII ZR 56/11) ist der Bundesgerichtshof (BGH) zum Teil von seiner seit 1968 gefestigten Rechtsprechung zu nachvertraglichen Wettbewerbsverboten abgewichen. Der BGH stellte in seiner Entscheidung fest, dass die in 90 a HGB geregelte Wettbewerbsabrede, wonach zeitliche und räumliche Grenzen bei Vereinbarung eines Wettbewerbsverbotes einzuhalten sind, auch auf diejenigen Wettbewerbsabreden Anwendung findet, die zwar nach der formellen Beendigung des Handelsvertretervertrages vereinbart werden, bei denen sich die Parteien jedoch über wesentliche Elemente der Wettbewerbsabrede schon während der Laufzeit des Handelsvertretervertrages geeinigt haben. Zum Sachverhalt: Im konkreten Fall haben die Parteien darum gestritten, ob die zwischen ihnen nach Beendigung eines Handelsvertretervertrages vereinbarte Wettbewerbsabrede wirksam ist und ob der Klägerin, die die Wettbewerbsabrede für unwirksam hielt, gegen die beklagte Versicherungsgesellschaft ein Schadensersatzanspruch zusteht, weil sie sich an das Wettbewerbsverbot gehalten hat und ihr deshalb Gewinn entgangen ist. Das Versicherungsunternehmen hat in dem hier zu entscheidenden Fall ein Vertragsmodell eingeführt, das sogenannte Geschäftswertmodell, wonach die bei dem Unternehmen beschäftigten Handelsvertreter unter gewissen Voraussetzungen nach der Vertragsbeendigung Ausgleichszahlungen erzielen konnten. Nach diesem Modell sollten die zu erwartenden Zahlungen den nach 89 b HGB ermittelten Ausgleich, der auf die Zahlungen nach dem Geschäftswertmodell angerechnet werden sollte, übersteigen. Voraussetzung für die Teilnahme an diesem Geschäftswertmodell war die Unterzeichnung einer Wettbewerbsabrede binnen eines Monats nach Beendigung des Handelsvertretervertrages. Über die Bedingungen dieses Geschäftswertmodells hatten sich die Parteien bereits während der Laufzeit des Handelsvertretervertrages geeinigt. Nach Beendigung des Handelsvertretervertrages haben die Parteien sodann innerhalb der vorgesehenen einmonatigen Frist eine Wettbewerbsabrede getroffen. Der BGH stellte in seiner Entscheidung nun klar, dass 90 a HGB nicht auf vor Beendigung des Vertretervertrages getroffene Wettbewerbsabreden beschränkt sei. Voraussetzung für eine Erweiterung des Anwendungsbereichs ist jedoch, dass wesentliche Elemente der Wettbewerbsabrede bereits während der Vertragslaufzeit vereinbart wurden und der Vertreter einem faktischen Druck unterliegt, die Wettbewerbsabrede zu vereinbaren. Da hier die wesentlichen Elemente der späteren Wettbewerbsabrede bereits während der Laufzeit des Handelsvertretervertrages mit den Bedingungen zum Geschäftswertmodell vereinbart wurden, fand dies zu einer Zeit statt, in der der Handelsvertreter typischerweise vom Unternehmer abhängig war. Theoretisch war der Handelsvertreter rechtlich nicht verpflichtet, sich auch nach Beendigung des Vertrages einer Wettbewerbsbeschränkung zu unterwerfen. Der BGH hat jedoch einen entsprechenden Druck,

diese Wettbewerbsabrede tatsächlich zu unterzeichnen, angenommen, weil der Handelsvertreter nur auf diese Weise, also mit der Vereinbarung der Wettbewerbsabrede, die Ansprüche aus dem Geschäftswertmodell realisieren konnte, dessen Grundlage er bereits während der Laufzeit des Handelsvertreterverhältnisses geschaffen hatte. Im konkreten Fall hat die Wettbewerbsabrede in zeitlicher Hinsicht den Anforderungen des 90 a HGB nicht entsprochen und war ebenfalls hinsichtlich der örtlichen und gegenständlichen Vorgaben nicht unbedenklich. Der BGH hielt das streitgegenständliche Wettbewerbsverbot daher für unwirksam. Dies führte jedoch nicht zur Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbotes im Ganzen, sondern nur in dem Umfang der Überschreitung der gesetzlichen Vorgaben. Da im konkreten Fall die Wettbewerbsabrede individuell ausgehandelt wurde und deren Wirksamkeit nicht nach 307 Abs. 1 BGB beurteilt wurde, hat das Gericht die Wettbewerbsabrede insofern auf das zulässige gesetzliche Maß reduziert. Festzuhalten bleibt zusätzlich, dass sich der Unternehmer gegebenenfalls schadensersatzpflichtig macht, wenn er trotz eines entsprechenden Verlangens der Gegenseite, auf eine zu weit gehende, unzulässige Wettbewerbsabrede nicht verzichtet. Eine Partei, die von ihrem Vertragspartner etwas verlangt, das ihr nach dem Vertrag nicht geschuldet ist, oder auch ein Gestaltungsrecht ausübt, das tatsächlich nicht besteht, verletzt insoweit ihre Pflicht zur Rücksichtnahme nach 241 Abs. 1 BGB. Das Festhalten an einem unwirksamen Wettbewerbsverbot stellt folglich eine Pflichtverletzung dar. FAZIT Der BGH hat durch diese Entscheidung den Schutz des Handelsvertreters gestärkt. Folge dieser Entscheidung ist, dass bei der Gestaltung von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten, die sich aus 90 a HGB ergebenden Grenzen bereits auch dann beachten werden sollten, wenn noch während des bestehenden Handelsvertreterverhältnisses zwischen den Parteien über den Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes gesprochen oder auch bereits zu diesem Zeitpunkt der wesentliche Inhalt des Wettbewerbsverbotes erörtert wurde. VERSICHERUNGSRECHT Deckungsschutz in der Rechtsschutzversicherung In Fortführung der bisherigen Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 24.04.2013, Az. IV ZR 23/12 entschieden, dass sich die Festlegung des verstoßabhängigen Rechtsschutzfalles im Sinne von 4 Abs. 1 Satz 1 c) Allgemeine Rechtsschutzversicherungsbedingungen 2004 (ARB 2004) allein nach der vom Versicherungsnehmer behaupteten Pflichtverletzung seines Anspruchsgegners richtet, auf die er seinen Anspruch stützt. Mit der Klage begehrte der Kläger die Festlegung, dass der beklagte Rechtsschutzversicherer ihm für eine Auseinandersetzung mit seinem früheren Lebensversicherer für die Rückzahlung von Versicherungsprämien Deckungsschutz gewähren müsse. Bei dem beklagten Rechtsschutzversicherer unterhielt der Kläger in der Zeit vom 04.08.2005 bis zum 31.12.2010 eine Rechtsschutzversicherung. Der Versicherung lagen die Allgemeinen

Rechtsschutzversicherungsbedingungen 2004 zugrunde. Dort hieß es unter anderem: 4 Voraussetzung für den Anspruch auf Rechtsschutz 1. Anspruch auf Rechtsschutz besteht nach Eintritt eines Rechtsschutzfalles a) in Schadensersatz-Rechtsschutz gemäß 2 a) [ ] b) im Beratungs-Rechtsschutz für Familien- Lebenspartnerschafts- und Erbrecht gemäß 2 k) [ ] c) in allen anderen Fällen von einem Zeitpunkt an, in dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll. Die Voraussetzungen nach a) bis c) müssen nach Beginn des Versicherungsschutzes gemäß 7 und vor dessen Beendigung eingetreten sein. [ ] 2. Erstreckt sich der Rechtsschutzfall über einen Zeitraum, ist dessen Beginn maßgeblich. Sind für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen mehrere Rechtsschutzfälle ursächlich, ist der erste entscheidend, wobei jedoch jeder Rechtsschutzfall außer Betracht bleibt, der länger als ein Jahr vor Beginn des Versicherungsschutzes für den betroffenen Gegenstand der Versicherung eingetreten oder, soweit sich der Rechtsschutzfall über einen Zeitraum erstreckt, beendet ist. 3. Es besteht kein Rechtsschutz, wenn a) eine Willenserklärung oder Rechtshandlung, die vor Beginn des Versicherungsschutzes vorgenommen wurde, den Verstoß nach Absatz 1 c) ausgelöst hat; [ ] Der Kläger hatte beginnend am 1.12.1995 eine Lebensversicherung abgeschlossen, für die er Prämien in Höhe von 2.815,61 Euro leistete, bevor er das Versicherungsverhältnis durch eine von ihm ausgesprochene Kündigung zum 01.09.2006 beendete. Der Lebensversicherer zahlte ihm daraufhin den Rückkaufswert in Höhe von 1.747,16 Euro aus. Vier Jahre später widersprach der Kläger seiner Erklärung über den Abschluss des bereits abgewickelten Lebensversicherungsvertrages mit einem anwaltlichen Schreiben vom 02.08.2010 und forderte vom Lebensversicherer die Rückerstattung sämtlicher Prämienzahlungen. Für die klageweise Geltendmachung des Rückzahlungsverlangens hat der Kläger zeitgleich bei dem beklagten Rechtsschutzversicherer um Deckungsschutz nachgefragt. Den Rechtsschutzfall hat der Kläger damit begründet, dass dieser erst durch seine Ausübung des Widerspruchsrechts mit Schreiben vom 02.08.2010 ausgelöst wurde. Weiter führte er in diesem Zusammenhang aus, dass ihm bei Abschluss des Lebensversicherungsvertrages nicht alle für seine Willensbildung maßgeblichen Informationen, insbesondere die Vertragsbedingungen, nicht zur Verfügung standen. Da dies nach seiner Ansicht einen Verstoß gegen Art. 35 Abs. 1, 36 Abs. 1 i.v.m. Anhang III. A. a.13 der Lebensversicherungsrichtlinie sowie gegen Art. 5 Satz 1 und Anhang Nr. 1 lit. i der Klausel Richtlinie darstelle, stünde ihm infolge dieses Verstoßes ein unbefristetes Widerspruchsrecht zu. Der Lebensversicherer verweigerte mit Schreiben vom 10.08.2010 die vom Kläger begehrte Rückzahlung der Prämien und berief sich dabei auf eine nach seiner Ansicht vorliegende Vorvertraglichkeit. Nach den Ausführungen des Lebensversicherers lag der angelastete Verstoß gegen Rechtspflichten schon bei Abschluss des Lebensversicherungsvertrages im Jahr 1995 vor. Damit ereignete sich der Rechtsverstoß bereits vor Beginn des Versicherungsschutzes in der Rechtsschutzversicherung. Nach den Entscheidungsgründen des Gerichts greift der Vorvertragseinwand des beklagten Rechtsschutzversicherers allerdings nicht durch. Das Gericht bestätigte insbesondere, dass für die Festlegung der dem Vertragspartner des Versicherungsnehmers vorgeworfene Pflichtverletzung der Tatsachenvortrag entscheidend ist, mit dem der Versicherungsnehmer den Verstoß begründet. Als frühestmöglicher Zeitpunkt kommt dabei das dem Anspruchsgegner vorgeworfene pflichtwidrige

Verhalten in Betracht, aus dem der Versicherungsnehmer seinen Anspruch herleitet. Im konkreten Fall war dies hier nicht die mangelnde Information bei Vertragsschluss, sondern die Weigerung des Lebensversicherers, das Widerspruchsrecht des Klägers anzuerkennen und ihm die verlangte Differenz aus Prämienzahlung und Rückkaufswert zurückzuzahlen. In diesem Rahmen stellte das Gericht weiter fest, dass der Kläger tatsächlich sein Begehren nach Rechtsschutz von vornherein mit dem Vorwurf begründet hat, dass der Lebensversicherer die Berechtigung des Klägers, dem Abschluss des Lebensversicherungsvertrages noch zu widersprechen, in vertrags- und insbesondere europarechtswidriger Weise bestritten hat. Die Weigerung, die Prämien auszuzahlen, hat der Lebensversicherer erst mit Schreiben vom 10.08.2010 konkret erklärt. Der Kläger hat aber, wie sich seinem Leistungsverlangen entnehmen ließ, mit einer solchen Ablehnung des Lebensversicherers fest gerechnet, weil Lebensversicherer häufig so entscheiden und sie deshalb bereits vorausgesetzt. vermissten Verbraucherinformationen durchzusetzen. Er verfolgte vielmehr das Ziel, den Versicherungsvertrag rückabzuwickeln. Der dem Versicherer angelastete Pflichtverstoß lag folglich erst im Bestreiten der Fortgeltung des Widerspruchsrechts. Damit kam es nicht mehr darauf an, dass der Kläger selbst meinte, den Versicherungsfall schon mit der Ausübung des Widerspruchsrechts ausgelöst zu haben. Der dem Versicherer angelastete Verstoß lag damit in der versicherten Zeit, so dass Versicherungsschutz im konkreten Fall zu gewähren war. FAZIT In der Praxis berufen sich die Rechtsschutzversicherer oft auf Vorvertraglichkeit und verweigern mit dieser pauschalen Behauptung den Deckungsschutz. Eine Ablehnung des Rechtsschutzversicherers sollte daher eingehend daraufhin überprüft werden, ob der behauptete Rechtsverstoß nicht doch innerhalb der Versicherungszeit liegt. Dem Kläger selbst ging es nicht darum, nachträglich die Übergabe der bei Vertragsschluss Die beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eingereichte Verfassungsbeschwerde betraf die zivilrechtliche Auseinandersetzung über die durch 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 b) Versicherungsvertragsgesetz (VVG) nur unter bestimmten Voraussetzungen ermöglichte Portabilität von Altersrückstellungen beim Wechsel eines privat krankenversicherten Versicherungsnehmers zu einem anderen privaten Krankenversicherer. Übertragbarkeit der Altersrückstellung in der privaten Krankenversicherung Im konkreten Fall war der Beschwerdeführer bei der Beklagten des Ausgangsverfahrens, einer privaten Versicherungsgesellschaft, seit 1986 privat im Volltarif krankenversichert. Mit Schreiben vom 29.06.2009 kündigte der Beschwerdeführer den Versicherungsvertrag und schloss eine neue private Krankenversicherung im Volltarif bei einem anderen privaten Krankenversicherer ab. Mit der eingereichten Klage im Ausgangsverfahren verlangte der Beschwerdeführer die Auszahlung der für ihn gebildeten Altersrück-

stellungen an den neuen Krankenversicherer. Seine Klage wurde in allen Instanzen abgewiesen. Mit der Verfassungsbeschwerde hat sich der Beschwerdeführer gegen die Zurückweisung seiner Revision durch den Bundesgerichtshof (BGH) sowie dessen vorausgegangenen Hinweisbeschluss gewendet. Das BVerfG hat in seinem Nichtannahmebeschluss vom 26.06.2013, Az.: 1 BvG 1148/13 die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen und klargestellt, dass die gesetzlich nur eingeschränkte Möglichkeit der Übertragung von Altersrückstellungen in eine neue private Versicherung nicht gegen das Grundgesetz verstößt. Altersrückstellungen in der privaten Krankenversicherung unterliegen nach Feststellung des BVerfG nicht dem Eigentumsschutz des Grundgesetzes. Eine Ungleichbehandlung von wechselwilligen Versicherungsnehmern mit vor dem 01.01.2009 abgeschlossenen Versicherungsverträgen liegt jedoch vor, da nur bei einem Wechsel in den Basistarif, nicht aber bei einem Wechsel in den Volltarif Altersrückstellungen - zumindest teilweise - übertragen werden können. Diese zu einer Ungleichbehandlung führende Differenzierung sieht das Gericht allerdings durch Gemeinwohlinteressen gerechtfertigt, so dass das Grundrecht auf Gleichbehandlung nicht verletzt wird. FAZIT Die gesetzliche Regelung in 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 b) VVG ist nach Auslegung durch das Gericht mit dem Grundgesetz vereinbar und daher wirksam. Folge dieser Entscheidung ist, dass Versicherte, die über mehrere Jahre hinweg in ihrer privaten Krankenversicherung durch Beitragszahlungen hohe Altersrückstellungen gebildet haben, faktisch vom Versicherungswechsel abgehalten werden, weil dabei ein erheblicher Teil der gebildeten Altersrückstellungen verloren geht. In diesem Fall bleibt den Versicherungsnehmern nur die Möglichkeit, prüfen zu lassen, ob innerhalb ihrer eigenen Versicherung die Möglichkeit besteht, den Tarif zu wechseln und einen für sie wirtschaftlich attraktiveren Neukundentarif bei der eigenen Versicherung zu wählen. Kündigung von Lebensversicherungen - Berechnung des Rückkaufswerts Mit zwei Urteilen vom 11.09.2013, Az. IV ZR 17/13 und 114/13, hat der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) über die Berechnung des Rückkaufswerts von Lebensversicherungen nach erfolgter Kündigung, die bis Ende 2007 geschlossen wurden, entschieden. Die klagenden Versicherungsnehmer schlossen in den zu beurteilenden Fällen jeweils im Jahr 2004 Lebensversicherungsverträge ab, die sie 2009 wirksam kündigten. Auf Grundlage der vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen rechneten die beklagten Versicherer den ermittelten Rückkaufswert ab und zahlten diesen an ihre Versicherungsnehmer aus. Unter Berufung auf das Urteil des BGH vom 25.07.2012, Az. IV ZR 201/10, verlangten die Kläger eine höhere Zahlung des Rückkaufswerts. In der genannten Entscheidung vom Juli 2012 hat der BGH bereits Klauseln, die vorsehen, dass die Abschlusskosten im Wege des sogenannten Zillmerverfahrens mit den ersten Beiträgen des Versicherungsnehmers verrechnet werden, wegen unangemessener Benachteiligung des Versicherungsnehmers für unwirksam erachtet. Um derartige Klauseln handelte es sich auch in den hier zur Entscheidung vorliegenden Fällen. Der BGH hatte in der Entscheidung vom Juli 2012 allerdings noch nicht zu beurteilen, welche Rechtsfolgen sich aus der materiellen Unwirksamkeit dieser Klauseln für die Berechnung des Rückkaufswerts bei vorzeitiger Kündigung

ergeben. Diese Frage wurde nunmehr geklärt. Die Vertragslücke ist nach den Ausführungen des BGH im Wege ergänzender Vertragsauslegung dahingehend zu schließen, dass dem Versicherungsnehmer für den Fall der vorzeitigen Vertragsbeendigung zunächst die versprochene Leistung zusteht. Der vereinbarte Betrag der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufswerts dürfe aber einen Mindestbetrag nicht unterschreiten, der durch die Hälfte des mit den Berechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals bestimmt wird. Mit dieser Entscheidung hat der BGH seine Rechtsprechung zur Berechnung des Rückkaufswerts bei wegen Intransparenz unwirksamer Klauseln aus der Tarifgeneration 1994 bis 2001 fortgeführt und auch auf die Berechnung des Rückkaufswerts von bis Ende 2007 geschlossenen Verträgen erstreckt, bei denen die Klauseln über die Berechnung des Rückkaufswerts und die Verrechnung der Abschlusskosten wegen unangemessener Benachteiligung des Versicherungsnehmers unwirksam sind. Zum 1. Januar 2008 gab es ein neues Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Erst bei ab 2008 geschlossenen Verträgen ist für die Berechnung des Rückkaufswerts die Regelung des 169 Abs. 3 Satz 1 VVG maßgeblich. Diese Regelung sieht vor, dass zumindest die hohen Abschlussgebühren auf die ersten fünf Beitragsjahre verteilt werden müssen. Eine rückwirkende Anwendung der Vorschrift auch für vor dem 01.01.2008 geschlossene Verträge kommt ausweislich des gesetzgeberischen Willens jedoch nicht in Betracht. FAZIT Bei Kündigungen von Lebensversicherungen gibt es daher nun zwei Gruppen. Für Versicherungsverträge ab 01.01.2008 gilt 169 Abs. 3 Satz 1 VVG. Für die Rückzahlung auf ältere Verträge, d.h. bis zum 31.12.2007, ist für die Rückzahlung danach die frühere Rechtsprechung, wonach Versicherungen zwar Abschlusskosten abziehen dürfen, aber mindestens die Hälfe des Deckungskapitals an die Versicherungsnehmer auszahlen müssen, anzuwenden. Bei Versicherten mit älteren Verträgen wird folglich anders gerechnet, als bei versicherten Verträgen ab 2008. Wer hier eine Neuberechnung seiner Rückkaufswerte fordert, sollte auf die in der Regel drei Jahre betragende Verjährungsfrist achten, da sich die Versicherer auf diese nach deren Ablauf berufen können. Dies bedeutet, dass diejenigen, die ihren Vertrag bis 2009 gekündigt haben, damit rechnen müssen, dass sie gegebenenfalls leer ausgehen. AUTORINNEN ULRIKE SPECHT Rechtsanwältin Fachanwältin für Erbrecht Leitung Referat Versicherungsund Versicherungsvertriebsrecht TATIANA AUBURGER, LL.M. Rechtsanwältin Referat Versicherungs- und Versicherungsvertriebsrecht

Paluka Sobola Loibl & Partner Rechtsanwälte Prinz-Ludwig-Straße 11 93055 Regensburg Tel: 0941 58 57 1-0 Fax 0941 58 57 1-14 info@paluka.de www.paluka.de Partnerschaftsgesellschaft Amtsgericht Regensburg PR39