HM I Tutorium 2 Lucas Kunz 3. November 2016 Inhaltsverzeichnis 1 Theorie 2 1.1 Reelle Zahlen.................................. 2 1.2 Intervalle..................................... 2 1.3 Beträge..................................... 2 1.4 Natürliche Zahlen................................ 3 1.5 Beweise durch vollständige Induktion..................... 3 2 Theorie über das Tutorium hinaus 3 2.1 Axiomatische Konstruktion von R....................... 3 2.2 Ganze und Rationale Zahlen.......................... 4 2.3 Formeln und Rechenregeln........................... 5 2.4 Wurzeln und Exponenten............................ 5 3 Aufgaben 6 3.1 Aufgabe 8.................................... 6 1
1 Theorie 1.1 Reelle Zahlen Bevor mit den reellen Zahlen (wie aus der Schule bekannt) in aller Ausführlichkeit gerechnet werden kann benötigt man einige Begrifflichkeiten (für die Beschreibung der axiomatischen Konstruktion von R sei auf Kapitel 2.1 dieses Dokuments verwiesen): Eine Menge heißt nach oben beschränkt, wenn γ R : x γ x M. In diesem Fall bezeichnet man γ als obere Schranke von M. Da man beliebig viele dieser Zahlen γ finden kann (sind alle Elemente von M kleiner gleich 10, dann sind sie auch kleiner gleich 11,12,13,...) ist nur die kleinste von Bedeutung. Diese kleinste obere Schranke einer Menge nennt man ihr Supremum. Liegt dieses γ innerhalb der Menge selbst, dann bezeichnet man es auch als ihr Maximum. Ganz analog wird die größte untere Schranke als Infimum und das kleinste Element von M als Minimum bezeichnet. Es gilt immer inf M sup M und entsprechend auch min M max M. Weiterhin gilt: Ist B A R und A ist nach oben/unten beschränkt, dann ist auch B nach oben/unten beschränkt und es gilt sup B sup A bzw. inf B inf A. Ist A nach oben beschränkt und γ eine obere Schranke von A, dann ist γ = sup A ɛ > 0 x A mit x > γ ɛ. Die Werte x A kommen dem Supremum also beliebig nahe, allen anderen oberen jedoch Schranken nicht. Ist A nach unten beschränkt und γ eine untere Schranke von A, dann ist γ = inf A ɛ > 0 x A mit x < γ + ɛ. Die Werte x A kommen dem Infimum also beliebig nahe, allen anderen unteren jedoch Schranken nicht. 1.2 Intervalle Nach der Einführung dieser Begriffe mangelt es zur Rechnung nur noch an Schreibweisen und einer speziellen Operation. Aus den erstgenannten ist insbesondere eine einfache Methode relevant, Teilmengen aus R zu definieren, sogenannte Intervalle. Die Beschreibung derer verläuft (wie bereits aus der Schule bekannt) folgendermaßen: Geschlossenes Intervall: [a, b] := {x R : a x x b}. Rechtsseitig offenes Intervall: [a, b) := {x R : a x x < b}. Linksseitig offenes Intervall: (a, b] := {x R : a < x x b}. Offenes Intervall: (a, b) := {x R : a < x x < b}. Ist die eine Seite eines Intervalls offen (bis ), dann schreibt man dies als [a, ) := {x R : a x}. Analog verläuft dies mit (, b] := {x R : x b}. 1.3 Beträge Die erwähnte wichtige Operation ist der Betrag einer Zahl. Für ein beliebiges x R ist dieser bekanntlich definiert als { x falls 0 x x = x falls x < 0. (1.1) Sind a, b, c R wobei 0 c, dann gehorcht diese Operation den folgenden Regeln: 2
a 0, a = 0 a = 0 a b = a b a a, a a a c c a c Dreiecksungleichung: a + b a + b umgekehrte Dreiecksungleichung: a b a b 1.4 Natürliche Zahlen Eine Menge A wird als Induktionsmenge bezeichnet, wenn 1. 1 A und 2. aus n A immer folgt, dass n + 1 A. Sei a := {A R : A ist eine Induktionsmenge} die Menge aller solchen Induktionsmengen. Beispiele für solche Mengen sind Intervalle wie [1, ) oder ganz R. Man definiert die natürlichen Zahlen wie folgt: N := A a A := {B a : B A A a}. (1.2) Die natürlichen Zahlen sind also der Schnitt aller Induktionsmengen, also das, was in jeder dieser Mengen A enthalten ist. Dadurch sind sie selbst auch die kleinstmögliche Induktionsmenge. Aufgrund der zweiten Anforderung an Induktionsmengen ist N nicht nach oben beschränkt bzw. die Folge 1 mit n N kommt der 0 beliebig nahe. n 1.5 Beweise durch vollständige Induktion Es sei A(n) eine Aussageform in Abhängigkeit der Variablen n mit den Eigenschaften, dass einerseits A(1) wahr ist und andererseits aus der Wahrheit von A(n) immer folgt, dass auch A(n + 1) wahr ist. In diesem Fall ist A wahr für alle n N. Um dies zu zeigen muss man also nur das Anfangselement A(1) betrachten (Induktionsanfang) und auf diese Aussage auf Wahrheit überprüfen sowie für ein beliebiges (allgemeines) wahres A(n) (z. B. jenes für n = 1, Induktionsvoraussetzung) zeigen, dass daraus auch folgt, dass A(n+1) wahr ist (Induktionsschluss oder -schritt). Sehr einfach ist die Anwendung dieser Beweisart bei rekursiv definierten Rechenvorschriften wie beispielsweise der Fakultät. 2 Theorie über das Tutorium hinaus 2.1 Axiomatische Konstruktion von R Die reellen Zahlen R sind die Grundmenge der Analysis. Auf dieser Menge sind zwei Verknüpfungen Plus + : R R R und Mal : R R R definiert, die jeweils zwei Elemente aus R auf ein drittes abbilden, das ebenfalls in R liegt. Weiterhin nehmen wir insgesamt 15 Axiome als gegeben an: 3
1. Assoziativgesetz der Addition: a, b, c R : (a + b) + c = a + (b + c). 2. Neutrales Element der Addition: 0 R a R : a + 0 = a. 3. Inverses Element der Addition: a R a R : a + ( a) = 0. 4. Kommutativgesetz der Addition: a, b R : a + b = b + a. 5. Assoziativgesetz der Multiplikation: a, b, c R : (a b) c = a (b c). 6. Neutrales Element der Multiplikation: 1 R a R : a 1 = a. 7. Inverses Element der Multiplikation: a R \ {0} a 1 R : a a 1 = 1. 8. Kommutativgesetz der Multiplikation: a, b R : a b = b a. 9. Distributivgesetz: a (b + c) = a b + a c. Diese neun Axiome bezeichnet man als die Körperaxiome. Diese werden nicht nur von R, sondern von jedem mathematischen Körper erfüllt. Über diese hinaus gelten für R aber auch die sogenannten Anordnungsaxiome. Diese beziehen sich auf die auf R definierte Ordnungsrelation : 10. a, b R : a b oder b a. 11. Aus a b und b a folgt stets a = b. 12. Aus a b und b c folgt stets a c. 13. Aus a b folgt a + c b + c c R. 14. Aus a b und a c folgt a c b c. Das letzte der bereits erwähnten 15 Axiome ist das sogenannte Vollständigkeitsaxiom. Dieses lautet folgendermaßen: 15. Ist M R und ist M nach oben beschränkt, so existiert das Supremum sup M. Analog existiert für nach unten beschränkte Mengen M das Infimum inf M. 2.2 Ganze und Rationale Zahlen Auf Basis der eben eingeführten natürlichen Zahlen lassen sich auch einige weitere häufig verwendete Zahlenmengen definieren: Natürliche Zahlen mit 0: N 0 := N {0}. Ganze Zahlen: Z := N 0 { n : n N}. Rationale Zahlen: Q := { p q : p Z, q N}. Da Z nicht kontinuierlich ist (man findet zwischen zwei beliebigen Zahlen aus Z nicht unendlich viele weiter Zahlen in Z) existiert bei Beschränkung nicht nur ein Supremum/Infimum, sondern auch immer ein Maximum/Minimum. Weiterhin existieren zwischen jeweils zwei Zahlen aus Z immer unendlich viele Zahlen in R und in Q. 4
2.3 Formeln und Rechenregeln Es seien a, b R und n N, dann: ( n ) a n+1 b n+1 = (a b) a n k b k. (2.1) Mit n = 1 folgt daraus die aus der Schule bekannte dritte binomische Formel. Setzt man Hingegen a = 1 und benennt b = q 1, dann ergibt sich eine Möglichkeit zur Auswertung der geometrischen Reihe: n q k = 1 qn+1 1 q. (2.2) Die anderen beiden bekannten binomischen Formeln ergeben sich als Spezialfälle des binomischen Satzes für n = 2: n ( ) n (a + b) n = a n k b k. (2.3) k Mit a = b = 1 erhält man, dass die Summe der Binomialkoeffizienten 2 n ergibt, also n ( ) n = 2 n. (2.4) k Ist x R und x 1 sowie n N, dann gilt weiterhin die Bernoulli sche Ungleichung: 2.4 Wurzeln und Exponenten Der Exponent a n mit a R und n N ist definiert als (1 + x) n 1 + n x. (2.5) a n := a } a {{... a}. (2.6) n Faktoren Die Umkehrung dessen ist die n-wurzel. Ist b = a n, dann ist n b := a. Diese Wurzel ist zu jeder positiven Zahl existent und eindeutig bestimmt. Als Wurzel wird im reellen immer nur ein positiver Wert bezeichnet. Man definiert n x 0 und damit x2 := 2 x 2 := x. (2.7) Achtung: Die Lösungen quadratischer Gleichungen sind dennoch auch negative Zahlen. Ist z.b. x 2 1 = 0, dann ist x = ± 1 = ±1. Es ist jedoch 4 = 2 und 4 2. Im Falle rationaler Zahlen r = p Q ist der Exponent folgendermaßen definiert: q a r = a p q = ( q a ) p. (2.8) Wie genau der Bruch p erweitert ist spielt dabei für das Ergebnis keine Rolle, z. B. ergibt q 5 das selbe wie 1. Ebenso ist es egal, ob man ( q a) p oder q (a 10 2 p ) berechnet. Was bei Exponenten weiterhin beachtet werden sollte ist ihr Grenzwertverhalten und ihr Einfluss 5
auf die Ordnung ( ). Ist a > 1, dann strebt a n für n gegen. Ist hingegen a < 1, dann gilt a n 0 für n. Aus diesem Grund konvergiert die unendliche Reihe (n = ) in Gleichung 2.2 nur für q < 1. Unabhängig von Grenzwertprozessen gilt aber für x, y R mit x y für alle n N, dass auch x n y n. Fürderhin existiert auch für beliebige n N eine Ungleichung zwischen geometrischem und arithmetischem Mittel: n a1 a 2... a n a 1 + a 2 +... + a n. (2.9) n Die zweite dieser Methoden der Mittelwertbildung entspricht der aus Schulen bekannten. 3 Aufgaben Die Musterlösungen der Tutoriumsaufgaben 8, 10 und 12 finden sich nach Ablauf der zugehörigen Semesterwoche auf der Internetseite der Vorlesung unter http://www.math. kit.edu/iana1/lehre/hm1phys2016w/. Es gibt aber auch auf diesem Blatt einige alternative Wege, welche verständlicher oder zeitsparender sind: 3.1 Aufgabe 8 Natürlich wurden Ableitungen und Grenzwerte in der Vorlesung noch nicht eingeführt, aber sobald dies geschehen ist sind Infima und Suprema mit diesen wesentlich bequemer zu berechnen. bereits aus der Schule bekannt ist, dass man Extrema einer Funktion bestimmt, indem man die Nullstellen der Ableitung sucht. Im gegebenen Fall hätte man also die Nullstellen der Ableitungen von x + 1 bzw. von x2 suchen müssen. Im letzteren Falle x 1+x 2 liegen diese einmal bei x = 0 und einmal asymptotisch bei x. Für diesen Fall ist also neben der Differentialrechnung der bereits erwähnte Grenzwert vonnöten: lim x 1 ( x + 1 x ) x 2 x 2 = 2 = inf A ; lim = 0 = inf B ; lim = 1 = sup B. x 0 1 + x2 x 1 + x2 Damit man aber sicher sein kann, dass z. B. das Supremum von B im Grenzfall x auftritt müsste man weiterhin zeigen, dass die Funktion x2 (die B definiert) monoton 1+x 2 wachsend ist im Intervall [0, ). Dies wiederum setzt natürlich auch die Differentialrechnung voraus, weil Monotonie durch das Vorzeichen der ersten Ableitung bedingt ist. Da diese Rechenvorschriften allerdings bislang nicht in der Vorlesung eingeführt wurden (auch wenn sie natürlich aus der Schule bekannt sind) finden sie trotz des geringeren Rechenaufwands in der Musterlösung seitens der Übungsleitung keine Anwendung. 6