Aktuelle Entwicklungen in den Hilfen zur Erziehung in Nordrhein-Westfalen Impulse zum Weiterdenken. Weiterentwickeln. Weitergehen aus der amtlichen Statistik Vortrag auf der Fachtagung Weiterdenken. Weiterentwickeln. Weitergehen. Hilfen zur Erziehung im Dialog 7. Juni 2016 in Gelsenkirchen, Dr. Jens Pothmann Die Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik ist ein vom BMFSFJ und dem MFKJKS NRW gefördertes Forschungsprojekt im Forschungsverbund DJI/TU Dortmund an der Technischen Universität Dortmund. Aktuelle Entwicklungen in den Hilfen zur Erziehung Impulse zum Weitedenken, Weiterentwickeln, Weitergehen I. Ergebnistransfer im Rahmen der HzE-Berichterstattung Weiterentwicklungen beim landesweiten Berichtswesen II. III. IV. Ausgaben- und Fallzahlenzunahme Zeitreihen Hilfen zur Erziehung und angrenzender Maßnahmen Keine weitere Ambulantisierung Verteilung von Erziehungshilfen in der Gewährungspraxis Überproportionale Armuts- und Migrationszunahme Familien nach Transfergeldbezug, Herkunft und Sprache bei Neuhilfen V. Kaum Veränderungen bei der Qualität von Hilfen Auswertungen zu den Dauerklassen und den Gründen für die Beendigung VI. Resümee 1
I. Ergebnistransfer im Rahmen der HzE-Berichterstattung Neue Ausrichtung des Ergebnistransfers im Rahmen einer landesweiten HzE-Berichterstattung Veröffentlichung des HzE Berichtes alle zwei Jahre (nach 2015 wieder 2017, aber jährliche Fortschreibung und Kommentierung von Eckwerten Alle zwei Jahre Fachtagung zu Ergebnissen der landesweiten HzE-Berichterstattung Hilfen zur Erziehung im Dialog (beginnend 2016) 2
Ein herzlicher Dank an die Arbeitsgruppe zum landesweiten Berichtswesen! Mitglieder der Arbeitsgruppe zum landesweiten Berichtswesen und zur Qualitätssicherung für die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik 1. Ute Belz Jugendamt der Stadt Hilden 2. Sandra Fendrich Technische Universität Dortmund 3. Thomas Fink Landschaftsverband Westfalen-Lippe Landesjugendamt 4. Gabriele Hard Jugendamt Kreis Steinfurt 5. Andreas Hopmann Landschaftsverband Rheinland Landesjugendamt 6. Michael Menzhausen Jugendamt der Stadt Bad Oeynhausen 7. Jens Pothmann Technische Universität Dortmund 8. Ruth Piedboeuf-Schaper Jugendamt der Stadt Bochum 9. Inga Ribbentrup Jugendamt Kreis Lippe 10. Anja Riemann Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW ) 11. Beate Rotering Landschaftsverband Westfalen-Lippe Landesjugendamt 12. Wolfgang Schreck Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern Gelsenkirchen / Jugendamt Gelsenkirchen 13. Agathe Tabel Technische Universität Dortmund 14. Jan Traeder Jugendamt der Stadt Kleve II. Ausgaben- und Fallzahlenzunahme 3
Ausgaben in 1.000 EUR 3.000.000 2.500.000 2.000.000 1.500.000 1.000.000 500.000 0 412 286 303 314 327 363 335 250 260 195 198 211 219 230 778.464 1995 798.143 1996 Beschleunigung (Nordrhein-Westfalen; der Ausgabenzunahme 1995-2014) ab 2008 Ausgaben ( ) pro unter 21-J. Angaben in 1.000 EURO Ausgaben pro unter 21-J. 622 657 700 594 561 524 600 480 500 856.216 1997 891.113 1998 938.345 1999 1.018.753 2000 1.058.851 2001 1.161.555 2002 1.223.415 2003 1.258.664 2004 Abb.: Entwicklung der finanziellen Aufwendungen für die Durchführung von Leistungen der Hilfen zur Erziehung und Hilfen für junge Volljährige in Nordrhein-Westfalen; 1995 bis 2014 (einschl. der Ausgaben für Eingliederungshilfen gem. 35a SGB VIII, aber ohne Ausgaben für Erziehungsberatung) Quelle: IT.NRW, Ausgaben und Einnahmen; versch. Jahrgänge; eig. Berechnungen 1.297.734 2005 1.315.912 2006 1.406.022 2007 1.570.912 2008 1.800.429 2009 1.935.996 2010 2.037.921 2011 2.128.667 2012 2.201.939 2013 2.291.395 2014 400 300 200 100 0 Abb.: Inanspruchnahme Hilfen zur Erziehung (einschl. der Hilfen für junge Volljährige) in Nordrhein- Westfalen; 2008 bis 2014 (Aufsummierung der zum 31.12. andauernden und der innerhalb eines Jahres beendeten Leistungen; Angaben pro 10.000 der unter 21-Jährigen) Quelle: IT.NRW, Erzieherische Hilfen, versch. Jahrgänge; eig. Berechnungen 4
Inanspruchnahme bei Eingliederungshilfen mehr als verdoppelt 80 70 67 73 60 50 40 30 33 39 43 48 53 20 10 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Abb.: Inanspruchnahme von Eingliederungshilfen gem. 35a SGB VIII in Nordrhein-Westfalen; 2008 bis 2014 (Aufsummierung der zum 31.12. andauernden und der innerhalb eines Jahres beendeten Leistungen; Angaben pro 10.000 der 6- bis unter 21-Jährigen) Quelle: IT.NRW, Erzieherische Hilfen, versch. Jahrgänge; eig. Berechnungen 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 Zunahme bei Fallzahlen und Ausgaben im Bereich der Inobhutnahmen stärkerer Anstieg bei finanziellen Aufwendungen Fälle pro 10.000 der unter 18-J. 29 45 2008 2014 Abb.: Fallzahlenentwicklung der Inobhutnahmen in Nordrhein-Westfalen; 2008 bis 2014 (Angaben pro 10.000 der unter 18-Jährigen) 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 Quelle: IT.NRW, Vorläufige Schutzmaßnahmen (links) sowie Ausgaben und Einnahmen (rechts), versch. Jahrgänge; eig. Berechnungen Ausgaben in EUR pro unter 18-J. 9 27 2008 2014 Abb.: Ausgabenentwicklung für die Inobhutnahmen; 2008 bis 2014 (Angaben pro unter 18-Jährigen in EUR) 5
III. Keine weitere Ambulantisierung 6
Abb.: Begonnene Hilfen zur Erziehung (einschl. der Hilfen für junge Volljährige) nach Leistungssegmenten in Nordrhein-Westfalen; 2008 bis 2014 (begonnene Hilfen; Angaben jeweils pro 10.000 der unter 21-Jährigen) Quelle: IT.NRW, Erzieherische Hilfen, versch. Jahrgänge; eig. Berechnungen Abb.: Begonnene Hilfen zur Erziehung (einschl. der Hilfen für junge Volljährige) nach Hilfearten in Nordrhein-Westfalen; 2008 bis 2014 (begonnene Hilfen; Angaben jeweils pro 10.000 der unter 21-Jährigen) Quelle: IT.NRW, Erzieherische Hilfen, versch. Jahrgänge; eig. Berechnungen 7
IV. Überproportionale Armuts- und Migrationszunahme 8
6 von 10 Familien mit einer HzE sind mit auf Transferleistungen angewiesen und von Armut bedroht Abb.: Begonnene Hilfen zur Erziehung (einschl. der Hilfen für junge Volljährige) nach Hilfearten in Nordrhein-Westfalen; 2008 bis 2014 (begonnene Hilfen; Angaben jeweils pro 10.000 der unter 21-Jährigen) * Einschließlich der in der Statistik ausgewiesenen ergänzenden bzw. sonstigen Hilfen. ** Erziehungsbeistandschaften, Betreuungshelfer Quelle: IT.NRW, Erzieherische Hilfen, 2014; eig. Berechnungen +26% +15% 9
+7% +32% +11% +34% 10
V. Kaum Veränderungen bei der Qualität von Hilfen Konsolidierung bei der Dauer der Heimunterbringungen 24 21 18 15 12 9 6 3 0 Durchschnittliche Dauer in Monaten 19 19 19 18 18 19 19 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Abb.: Entwicklung der durchschnittlichen Dauer in der Heimerziehung in Nordrhein-Westfalen; 2008 bis 2014 (Angaben in Monaten) Quelle: IT.NRW, Erzieherische Hilfen, versch. Jahrgänge; eig. Berechnungen Durchschnittliche Dauer in Monaten 21 bis unter 27 J. 18 bis unter 21 J. 15 bis unter 18 J. 12 bis unter 15 J. 9 bis unter 12 J. 6 bis unter 9 J. 3 bis unter 6 J. 1 bis unter 3 J. unter 1 J. 3 7 11 17 16 16 14 24 49 2014 2008 0 20 40 60 Abb.: Veränderung der durchschnittlichen Dauer in der Heimerziehung nach Altersgruppen; 2008, 2014 (Angaben in Monaten) 11
Fallzahlenzunahmen bei beendeten Heimunterbringungen höchster Anstieg bei sonstigen Gründen Insgesamt* Beendigung gemäß Hilfeplan** Beendigung abweichend vom Hilfeplan Beendigung wegen sonst. Gründe 2008 5.820 2.345 2.477 998 2009 7.328 2.829 3.074 1.425 2010 7.484 3.282 2.933 1.269 2011 7.851 3.401 3.089 1.361 2012 8.594 3.688 3.335 1.571 2013 8.783 3.729 3.380 1.674 2014 9.092 3.741 3.586 1.765 2008 2014 (absolut) 3.272 1.396 1.109 767 2008 2014 (in %) 56,2 59,5 44,8 76,9 Abb.: Veränderungen bei der Verteilung der Gründe für die Beendigung von Heimunterbringungen in Nordrhein-Westfalen; 2008 bis 2014 (Anzahl absolut sowie Veränderungen in absolut und in %) * Angaben ohne die beendeten Hilfen aufgrund eines Zuständigkeitswechsels ** Einschließlich der beendeten Hilfe aufgrund einer Adoption(spflege) Quelle: IT.NRW, Erzieherische Hilfen, versch. Jahrgänge; eig. Berechnungen Konstante Verteilung bei den Beendigungsgründen in der Heimerziehung Abb.: Verteilung der Gründe für die Beendigung von Heimunterbringungen in Nordrhein-Westfalen; 2008 bis 2014 (Angaben in %) Quelle: IT.NRW, Erzieherische Hilfen, versch. Jahrgänge; eig. Berechnungen 12
VI. Resümee Anstieg der Hilfen zur Erziehung führt zu einer Qualitätsveränderung für die Inanspruchnahme Anstieg der Inanspruchnahme geht über die Grenzen der Erziehungshilfen hinaus und betrifft weitere durch den ASD vermittelte bzw. organisierte Leistungen. Aktuelle Zunahme der Hilfen zur Erziehung ist kein weiterer Umbau in Richtung einer Ambulantisierung des Feldes, sondern familienersetzende Hilfen steigen gleichermaßen und hier insbesondere die Heimerziehung. Zunahmen sind für alle Altersgruppen zu beobachten, insbesondere aber für die Jugendlichen bis zum Erreichen der Volljährigkeit; mit der Volljährigkeit gehen Inanspruchnahme und die Gewährung von Hilfen zurück. Familien in ökonomisch prekären Lebenslagen nehmen häufiger Erziehungshilfen in Anspruch ihr Anstieg ist genauso überproportional wie der bei Alleinerziehenden u. der für junge Menschen und ihre Familien mit einem Migrationshintergrund. Bei aller Dynamik zu den Fallzahlen und den Ausgaben sowie der Verteilung von Leistungen erweisen sich andere Indikatoren zu den beendeten Hilfen wie Dauer und Endegründe in der Heimerziehung als eher stabil. 13
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und jetzt sind unsere Expert_innen auf dem Podium gefordert Kontakt: Dr. phil. Jens Pothmann Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik www.akjstat.tu-dortmund.de jens.pothmann@tu-dortmund.de 0231/755-5420 14