Unternehmen verkaufen aber wie?



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Transkript:

Unternehmen verkaufen aber wie? Gestaltungsoptionen und Handlungsempfehlungen für den Verkauf von mittelständisch geprägten Unternehmen Frank-Christian Raffel, Raffel GmbH Corporate Development, München* 1. Einleitung u Unternehmensverkäufe sind von hoher Bedeutung und sehr komplex. Für viele Gesellschafter ist der Verkauf von Unternehmen, Unternehmensteilen oder Anteilen an Unternehmen nachfolgend als Unternehmensverkauf bezeichnet ein Akt mit einmaligem Charakter. Die bei Unternehmensverkäufen in der Regel übertragenen Werte betragen häufig ein Vielfaches des übrigen Vermögens der Gesellschafter. Das Gelingen ist also wichtig. Der Unternehmensverkauf ist aus verschiedenen Gründen ein hochkomplexes Projekt. Die Kreise der potentiellen Interessenten je Unternehmen sind unterschiedlich. Der Wert des Unternehmens unterliegt großen Schwankungen, da die Geschäftsentwicklung von Unternehmen instabil und der Markt für Unternehmensanteile volatil sind. Das Verhalten der relevanten Personen während des Verkaufsprozesses (zum Beispiel Management, Mitarbeiter, Schlüsselkunden etc.) ist nicht vollständig prognostizierbar und kann den Unternehmenswert erheblich beeinflussen. Die Potentiale für die zukünftige Unternehmensentwicklung sind häufig nicht vollständig transparent; die Synergiepotentiale für Käufer liegen nicht Abb. 1 Einfluss früher Phasen auf den Verkaufserfolg Einfluss auf den Verkaufserfolg immer gleich auf der Hand. Interessenten sind in der Regel skeptisch und vermuten Veräußerungsmotive, die in mangelhaften Aussichten für die Unternehmensentwicklung begründet liegen. Zudem gewinnen Käufer aus Regionen außerhalb Europas (Asien, USA) an Bedeutung, weshalb interkulturelle Kompetenzen im Verkaufsprozess wichtig sind. Aufgrund der hohen Komplexität hat die Gestaltung des konkreten Verkaufsprozesses, also der Verkaufsstrategie, einen entscheidenden Einfluss auf den Erfolg des Vorhabens. Eine ausgefeilte Verhandlungstechnik beispielsweise ist wichtig, kann aber eine falsche Investorenansprache nicht kompensieren. Abbildung 1 zeigt schematisch die hohe Bedeutung der frühen Phasen im Verkaufsprozess. Da jedes Verkaufsvorhaben eine individuelle Struktur aufweist, kann es einerseits kein allgemeingültiges Rezept für eine erfolgreiche Verkaufsstrategie geben. Andererseits ist es für verkaufswillige Gesellschafter unbefriedigend, auf Basis von gut gemeinten Tipps oder Fallstudien ähnlicher Verkaufsvorhaben das richtige Vorgehen zu ermitteln. Zu hoch ist das Risiko, als dass entscheidende Elemente der Ausgangssituation und Zielsetzung doch vom exemplarischen Fall abweichen. Ziel dieses Artikels ist die Entwicklung einer Guideline für die Wahl des passenden Vorgehens bei Unternehmensverkäufen. Er richtet sich an Gesellschafter, die ein Verkaufsvorhaben in Erwägung ziehen. Eine fundierte Analyse der Ausgangssituation und Zielsetzung sowie eine darauf aufbauende Gestaltung der Verkaufsstrategie für das konkrete Verkaufsvorhaben kann dieser Artikel allerdings nicht ersetzen. Vo Vorbereitung / S trat Strategiegestaltung Ansprache Investoren, Information, Management-Präsentation Due Diligence, Verhandlung und Abschluss * Autorenkontakt: fcr@raffel.eu. Der Autor verfügt über ca. 15 Jahre Erfahrung als Strategie- und M&A-Berater für namhafte, international führende Familienunternehmen. 402 M&A REVIEW 8 9/2010

Strategien und Visionen REPORT 2. Zwei Basisregeln für erfolgreiche Verkaufsvorhaben: gute Vorbereitung und hohe Seriosität 2.1 Vorbereitung des Verkaufsvorhabens Grundsätzlich gilt, dass jedes Unternehmen permanent reif zum Verkauf sein sollte, da in dem Fall viele Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensführung befolgt wurden und das Unternehmen auch für die Entwicklung in derzeitiger Gesellschafterhand gut aufgestellt ist. Es hängt von der noch näher zu diskutierenden Situation und Zielsetzung ab, ob Zeit und Geld für eine Vorbereitung des Unternehmens auf den Verkauf investiert werden sollten. Als erste Regel für erfolgreiche Verkaufsvorhaben gilt: Unternehmensverkäufe müssen aufgrund ihrer Komplexität und ihres in der Regel hohen Transaktionswerts sorgfältig vorbereitet werden. Dazu gehört zunächst die Vorbereitung des Unternehmens auf den Verkauf. Ist die Struktur des Unternehmens (zum Beispiel Organisation, Führungsstruktur, gesellschaftsrechtliche Struktur) transparent? Sind die Wertbeiträge der unterschiedlichen Geschäfte (zum Beispiel Geschäftsfelder, Produktgruppen etc.) nachvollziehbar? Existieren dokumentierte Aussagen über Marktpotentiale und -entwicklungen? Weist das Unternehmen befriedigende Erträge und Wachstumsraten auf? 1 Vor dem Start der eigentlichen Verkaufsaktivitäten ist die zu der Gesellschafterzielsetzung und dem Verkaufsobjekt passende Verkaufsstrategie zu entwickeln. Es ist in der Praxis zu beobachten, dass einige Gesellschafter zu schnell an zum Teil bequeme oder vermeintlich schnell realisierbare Lösungen denken. Da werden zum Beispiel lediglich Kontakte aus dem Netzwerk des Gesellschafters ohne weitere Vorbereitung und Dokumentation angesprochen. Oder es werden keine Überlegungen zur realistischen Kaufpreisermittlung angestellt und die in den letzten Jahren getätigten Investitionen als Richtgröße herangezogen. Die im Vorfeld der eigentlichen Vermarktung des Unternehmens zu gestaltenden Elemente bilden den Schwerpunkt der weiteren Ausführungen dieses Artikels. 2.2 Hohe Seriosität Die zweite Basisregel lautet: Seriosität. Bei Unternehmensverkäufen ist von einer grundsätzlichen, auch durchaus nachvollziehbaren Skepsis der potentiellen Kaufinteressenten auszugehen. Wie lange wird die Technologie noch am Markt nachgefragt? Wurde genügend in Marktbearbeitung, Forschung & Entwicklung und Ausstattung investiert? Wie abhängig ist der Unternehmenserfolg von Schlüsselführungskräften oder gar vom jetzigen Inhaber? Sind wichtige Kunden bereits wechselwillig? Diese und weitere Fragen wird der potentielle Käufer (Investor) kritisch beleuchten. Um der Skepsis keinen weiteren Nährboden zu liefern, müssen während des gesamten Verkaufsprojekts vertrauensbildenden Maßnahmen umgesetzt werden. Dazu gehören zum Beispiel folgende Verhaltensmuster: klare Definition und glaubhafte Einhaltung der Informationspolitik im gesamten Projekt, d.h. beginnend mit dem ersten Kontakt und bis zum Abschluss der Vertragsverhandlungen, terminliche und inhaltliche Einhaltung zugesagter Informationen, klare Aussagen über den Grad der Vertrauenswürdigkeit von Informationsquellen (zum Beispiel relevante Marktvolumen, Wettbewerbsentwicklungen). 3. Motivation und Ziele typischer Gesellschaftergruppen bei Verkaufsvorhaben Woran misst sich der Erfolg eines Unternehmensverkaufs? Ein Unternehmensverkauf ist dann erfolgreich, wenn die Ziele und die Motive der Gesellschafter angemessen berücksichtigt werden. Drei wichtige Gesellschaftergruppen, die sich mit Unternehmensverkäufen befassen, sind: Private Gesellschafter von zum Beispiel Familienunternehmen. Konzerne als Gesellschafter von Tochtergesellschaften. Finanzinvestoren, die Private Equity in Unternehmensanteile investiert haben. Die drei Gesellschaftergruppen verfolgen in der Regel unterschiedliche Ziele. So ist privaten Gesellschaftern häufig die Entwicklung des Unternehmens auch nach einem Verkauf wichtig, und sie streben eine weitere Begleitung des Unternehmens zum Beispiel als Beiratsmitglied an. Bei Finanzinvestoren ist das in der Regel nicht der Fall. Typische Ziele der drei genannten Gruppen bei Unternehmensverkäufen zeigt Abbildung 2 im Überblick. Darüber hinaus ist für die passende Vorgehensweise bei einem Verkauf die Motivation der verkaufenden Gesellschafter wichtig. Verkauft ein Gesellschafter sein Unternehmen beispielsweise aufgrund einer Unternehmenskrise, steht die kurze Prozessdauer in der Regel im Vordergrund und andere Zielsetzungen treten in den Hintergrund. 1 Ein Diskussionspapier mit den Elementen des verkaufsreifen Unternehmens kann bei Raffel Corporate Development unter info@raffel.eu angefordert werden. M&A REVIEW 8 9/2010 403

Abb. 2 Typische Bedeutung von Zielen verschiedener Gesellschaftergruppen Gesellschaftergruppen Maximierung des Preises Typische Ziele verschiedener Gesellschaftergruppen Wahrung der Reputation Weiterführung des Unternehmens hohe Prozessgeschwindigkeit weitere Begleitung des Untermehmens Private Gesellschafter Konzerne Finanzinvestoren Abb. 3 Exemplarische Motive der Unternehmensverkäufer Private Gesellschafter Konzerne Finanzinvestoren Nachfolgeregelung Vermögensumschichtung Kapitalfreisetzung für weitere unternehmerische Aktivitäten persönliche Gründe Kapitalmangel Krise Finanzierung anderer Geschäfte Portfoliobereinigung Krise maximale Haltedauer erreicht Gelegenheit günstige Phase im M&A-Marktzyklus Krise Abbildung 3 zeigt die häufig zu beobachtenden Motive der drei genannten Gesellschaftergruppen. Während Gesellschafter von Familienunternehmen mit einem Anteilsverkauf häufig die Nachfolge regeln, stellt der Unternehmensverkauf bei Finanzinvestoren den von vornherein angestrebten Exit dar. Es liegt auf der Hand, dass diese extrem unterschiedlichen Motive bei der Vorbereitung des Verkaufs angemessen berücksichtigt werden müssen. Die Vorbereitung des Verkaufsvorhabens, also die Gestaltung der richtigen Strategie, basiert auf drei Fragestellungen: (1) Welche Ziele und Motivationen der Gesellschafter sind zu berücksichtigen? (2) Wie ist die Attraktivität des Unternehmens für potentielle Käufer zu beurteilen (zum Beispiel Branche, Skalierbarkeit, Technologieattraktivität)? (3) Wie ist die derzeitige Situation des Unternehmens (zum Beispiel Ertrags- und Wachstumsstärke, Führung, Technologie)? Diese drei Fragebündel bilden die wesentlichen Determinanten der Verkaufsstrategie (vgl. Abb. 4). Die Gestaltung der Verkaufsstrategie erfolgt vor dem Hintergrund der wesentlichen Einflussfaktoren und klärt Fragestellungen wie (vgl. Abb. 5): 4. Gestaltung der Verkaufsstrategie am Beispiel von Familienunternehmen 4.1 Wesentliche Elemente der Verkaufsstrategie und deren potentielle Ausprägungen Wer sind mögliche Interessentengruppen für das Unternehmen? Sind vertikal, horizontal und lateral alle relevanten Wertschöpfungsgruppen als potentielle Interessenten berücksichtigt und bewertet? Könnten Finanzinvestoren interessiert sein? Welches Interesse könnten sie aufgrund ihrer spezifischen Renditemechanik am Unternehmen haben? In welchen Regionen außerhalb Europas (zum Beispiel Asien, USA) sind relevante Interessenten zu vermuten? 404 M&A REVIEW 8 9/2010

Strategien und Visionen REPORT Abb. 4 Determinanten der Verkaufsstrategie Ziele/Motivation Gesellschafter Situation und Potentiale des Unternehmens Attraktivität des Unternehmens für Investoren (Marktumfeld) Gestaltung der adäquaten Verkaufsstrategie Abb. 5 Elemente der Verkaufsstrategie Element der Verkaufsstrategie (ausgewählt) Anzahl der anzusprechenden Investoren Art der potentiellen Investoren (Strategie, Finanz, Wettbewerb etc.) regionale, internationale oder globale Käufersuche Aussagegehalt der zu erstellenden Unterlagen Einflussfaktoren (exemplarisch) Attraktivität Ziele und Motive der Gesellschafter Ziele und Motive der Gesellschafter (z.b. Erhalt des Unternehmens nach dem Verkauf) Ziele der Gesellschafter Zeitrahmen Branchen- und Unternehmenskenntnisse der anzusprechenden Interessenten wertsteigernde Ausprägung relativ hoch umfassend global (selektiert) sehr aussagekräftig mit wertsteigernden Aspekten Art der externen Unterstützung vorhandene Kapazitäten/Kompetenz professionelles Projektmanagement Welche möglichen Interessentengruppen sind aufgrund von Zielkonflikten auszuschließen? Wie hoch ist die Anzahl der parallel anzusprechenden Interessenten? Wie soll dabei vorgegangen werden ( Teaser, Vertraulichkeitserklärung, Informationsmemorandum, Management-Präsentation, Letter of Intent, Due Diligence etc.)? Was ist der realistische Zielverkaufspreis? Wer steuert und koordiniert das Projekt? Eine der Kernfragen für die Gestaltung des Verkaufsprozesses besteht in der Anzahl der parallel anzusprechenden Interessenten (vgl. Abb. 6). Wird nur ein Interessent angesprochen, besteht die Chance einer sehr hohen Vertraulichkeit und eines geringen Aufwands für Koordination und Projektmanagement. Allerdings ist die Verhandlungsposition des Verkäufers relativ schwach. Werden in einer breiten Auktion parallel sehr viele Interessenten angesprochen, ist die Vertraulichkeit des Verkaufsvorhabens in der Regel nur schwerlich zu gewährleisten. Wettbewerber versuchen dann in der Regel, die Verkaufsabsichten zu ihrem Nutzen marktwirksam weiter zu verbreiten. Allerdings kann die Wirkung dieser Wettbewerbsaktivitäten je Unternehmen und Branche sehr unterschiedlich sein. Zum Beispiel reagieren Kunden von Konsumgüterherstellern auf Verkaufsgerüchte anders als Kunden von B2B- Lieferanten. Häufig können bei der parallelen Ansprache von 3 bis 15 Unternehmen die Vorteile der verbesserten Verhandlungsposition mit den Vorteilen der gesteigerten Vertraulichkeit des Verkaufsvorhabens vereinbart werden. M&A REVIEW 8 9/2010 405

Abb. 6 Einfluss und Auswirkung der Anzahl anzusprechender Interessenten auf den Verkaufsprozess Quelle: in Anlehnung an Povaly 2006, S. 186* Hoch Niedrig Vertraulichkeit Prozesskontrolle Prozessgeschwindigkeit Exklusivverhandlungen Ansprache eines logischen Käufers Käufers Preis/Value Störung des Tagesgeschäfts Prozesskomplexität Private Sale Ansprache von 2 bis 7 ausgewählten Interessenten maximiert möglicherweise nicht den Verkaufspreis Verkaufspreis Kontrollierte Auktion Ansprache von 8 bis 15 Kaufinteressenten; sowohl Strategen als auch Finanzinvestoren gute Balance zwischen Wahrung der Vertraulichkeit und Maximierung des Preises Niedrig Öffentliche Auktion Möglichkeit, einen breiten Kreis an nationalen und internationale Kaufinteressenten anzusprechen Möglichkeit einen breiten Kreis an nationalen und internationale Kaufinteressenten anzusprechen Vertraulichkeit kann nicht gewahrt werden; möglicher Schaden durch abwandernde Mitarbeiter Vertraulichkeit und Kunden kann nicht gewahrt werden; möglicher Schaden durch abwandernde Mitarbeiter und Kunden Öffentliche Auktion nur sinnvoll bei einem hohen Handlungsdruck, schwierig zu identifizierenden Kaufinteressenten und und primärem Verkaufsmotiv Verkaufspreis maximieren Anzahl der möglichen Käufer Hoch * Povaly: Private Equity Exits: An Analysis of Divestment Process Management in Relation to Leveraged Buyouts, St.Gallen, 2006. 4.2 Auswahl der externen Begleiter des Verkaufsvorhabens Für ein erfolgreiches Verkaufsvorhaben sind bestimmte inhaltliche Kompetenzen in gewisser zeitlicher Kapazität erforderlich, die ein Unternehmen üblicherweise nicht vorhält. Dazu gehören: Fähigkeiten zur Markt-, Wettbewerbs- und Unternehmensanalyse, Strategiedefinition und Business-Planung, Fähigkeit zur anschaulichen, nachvollziehbaren und transparenten Strukturierung und Dokumentation oben genannter Inhalte, ausgeprägte Projektmanagement-Kompetenzen mit einer hohen Anzahl externer Parteien, nachgewiesene interkulturelle Kompetenz (insbesondere Asien und USA), Business Sense zur Ermittlung der strategischen Prämien, die potentielle Käufer bereit sein könnten, zu bezahlen, Seriosität und Verantwortungsbewusstsein, Verhandlungsgeschick, Abschlussorientierung. Nicht der Gesellschafter, sondern ein Dienstleister sollte alle am Verkaufsprozess beteiligten Parteien (Gesellschafter, Management, Anwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Finanzierer, Interessenten etc.) koordinieren. Umfang, Komplexität und Zeitbedarf der Koordinationsaufgabe werden häufig unterschätzt. Für ein wertmaximierendes Verkaufsvorhaben ist ein tiefes Verständnis von Geschäftsmodell und Strategie der Kauf interessenten erforderlich. Erst durch die Einschätzung der strategischen Synergiepotentiale, die der Käufer möglicherweise erkennt, kann die strategische Preisprämie abgeschätzt werden. Entsprechend der zu erwartenden Charakteristika des Verkaufsprozesses und der dafür notwendigen Kompetenzen sollten Gruppen externer Dienstleister ausgewählt werden. Abbildung 7 enthält einen groben Überblick über typische Kompetenzfeldern von potentiellen Dienstleistern für M&A-Prozesse. Die Berufsgruppe kann nur einen ersten Anhalt geben; entscheidend sind selbstverständlich die jeweiligen individuellen Kompetenzen der handelnden Personen. Werden Familienunternehmen veräußert, muss der externe Dienstleister umfangreiche Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit Gesellschaftern und ein echtes Verständnis für die Erfolgsfaktoren von Familienunternehmen haben. Aus diesem Grund wird in der überwiegenden Zahl der Fälle ein bereits mit dem Unternehmen vertrauter Dienstleister (Wirtschaftsprüfer, Anwalt) mit 406 M&A REVIEW 8 9/2010

Strategien und Visionen REPORT Abb. 7 Kompetenzen von Beratern beim Unternehmensverkauf Analyse Ausgangssituation (Markt) Unternehmensanalyse Datenaufbereitung Erstellung Informationsmemorandum Identifikation potentieller Käufer Kontaktieren potentieller Käufer Verhandlung Vertragsgestaltung Projektmanagement M&A-Berater Investmentbank Bankgebundene M&A-Einheit Unternehmensmakler Wirtschaftsprüfer/Steuerberater Rechtsanwälte Strategieberater der Projektbegleitung beauftragt. Kritisch zu hinterfragen ist jedoch, ob die erforderlichen Kompetenzen und die Motivation zur Unterstützung des Verkaufsvorhabens bei diesen Dienstleistern in erforderlichem Umfang vorhanden sind 2. 4.3 Ermittlung des realistischen Unternehmenswerts Verkaufsvorhaben scheitern am häufigsten an unterschiedlichen Preisvorstellungen. Die Entwicklung einer realistischen Idee über den Wert des Unternehmens ist im Vorfeld der Verhandlungen daher essentiell. Verfahren zur Bewertung von Unternehmen existieren viele 3. Zum Teil werden erhebliche Anstrengungen für eine möglichst exakte Wertermittlung aufgewendet. Letztlich entscheidet jedoch nur eine Instanz über den tatsächlichen Wert eines Unternehmens: der Markt für Unternehmensanteile. Ergebnis solcher Gutachten: errechnete theoretische Unternehmenswerte in zum Teil unrealistischen Höhen. Unternehmenswerte, die nach obigem Muster entstanden sind, sollten aus folgenden wesentlichen Gründen nicht unreflektiert in den Verkaufsprozess Eingang finden: Zukünftige Cashflows sind immer mit sehr großem Risiko behaftet. Markterschließungsaktivitäten in der Zukunft können fruchten, können jedoch auch komplett scheitern. Für gelungene Markterschließungen steht dem Käufer aus seiner Sicht eine überdurchschnittliche Rente zu. Der Zyklus des M&A-Marktes und dessen aktuelle Phase werden mit Verfahren wie oben skizziert nicht berücksichtigt. Folgender knapp skizzierter Praxisfall veranschaulicht das hohe Risiko theoretisch errechneter Unternehmenswerte : Der verkaufswillige Gesellschafter lässt sich ein Wertgutachten gemäß obigem Muster anfertigen. Der Gutachter preist signifikantes zusätzliches Umsatzwachs- Gutachter, die den Wert von Unternehmen ermitteln wollen, gehen in der Regel wie folgt vor: Der derzeitige Cashflow wird zunächst als Basis in die Zukunft projiziert. Es wird angenommen, dass der Käufer des Unternehmens die Weltmärkte mit einigen Marketingmaßnahmen weiter erschließen wird. Dadurch erhöht sich der zukünftige Cashflow (zum Teil substantiell). Die so errechneten zukünftigen Cashflows werden auf den Barwert abgezinst mit zum Teil konservativen Zinssätzen. 2 Vgl. zu diesem Zusammenhang die umfangreiche Studie zu Unternehmenstransaktionen im Mittelstand von Freiland/Müller/Tomaselli (COE Center of Entrepreneurship der Universität Hohenheim): Dienstleistungsansätze bei Unternehmenstransaktionen und Unternehmensfinanzierungen im Mittelstand am Beispiel Baden Württembergs, 2006, S. 77 ff. 3 Gängige Bewertungsverfahren sind die DCF-Methode (mit Varianten wie FCFF), Ertragswertverfahren und Multiplikator-Methoden (EBIT, EBITDA, Umsatz etc.). Für nähere Erläuterungen vgl. zum Beispiel Picot: Handbuch Mergers & Acquisitions, 2. Aufl., Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart, 2005, S. 255 ff. M&A REVIEW 8 9/2010 407

Abb. 8 Checkliste zur Gestaltung der Verkaufsstrategie Element 1. Die Ziele und die Motivation des Verkaufs sind geklärt. 2. Die Risiken sind klar erkannt (zum Beispiel Kundenabwanderung, Mitarbeiterverlust). Check 3. Der Zeitrahmen ist definiert. 4. Der Gesellschafterbeschluss über Verkauf und Art (z.b. Asset / Share Deal) liegt vor. 5. Die Preisvorstellungen (realistisch) liegen vor. 6. Die Führungskontinuität ist gewährleis tet. tum durch weitere Markterschließungen ein. Zeitgleich lässt der potentielle Käufer eine Commercial Due Diligence (CDD) anfertigen. Die CDD zeigt auf, dass das zur Disposition stehende Unternehmen bereits einen dominanten Marktanteil hat. Der Markt wächst nur schwach. Aufgrund der spezifischen Abnehmerstruktur ist ein weiteres Verdrängen von Wettbewerbern relativ unwahrscheinlich. Auf globalen Märkten werden vorwiegend andere Technologien eingesetzt. Die Wachstumsphantasie ist durch Fakten aus Markt und Wettbewerb untermauert nur sehr eingeschränkt. Statt einer pauschal angenommenen Wachstumsrate sollte die mögliche strategische Preisprämie auf Basis der potentiellen strategischen Synergien des Käufers ermittelt werden. Ein deutlich anderes, erfolgreicheres, allerdings auch schwierigeres Vorgehen. Im skizzierten Fall konnte der potentielle Käufer die realistischen Wachstumschancen des Unternehmens deutlich besser einschätzen als der Wertgutachter. Der Verkauf des Unternehmens scheiterte. 5. Zusammenfassung 7. Die zukünftige Wunschrolle des/der Gesellschafter ist definiert. 8. Die für das Verkaufsvorhaben erforderlichen Kompetenzen sind definiert. 9. Die Anforderungen an unterstützende Dienstleister (M&A-Berater, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte) sind auf Basis der notwendigen Kompetenzen definiert. 10. Die Wertsteigerungspotentiale sind bekannt. 11. Das Eigenkapital des Unternehmens ist richtig bemessen. 12. Die Maßnahmen zur Erhaltung der Loyalität des Managements sind definiert. 13. Die Attraktivität des zu verkaufenden Unternehmens ist realistisch eingeschätzt. 14. Die Inhalte des zu erstellenden Informationsmemorandums sind klar. 15. Die Anzahl der parallel anzusprechenden Interessenten ist definiert. 16. Die Phasen des Verkaufsprozesses sind klar strukturiert. Obwohl inzwischen viele Erfahrungswerte für den erfolgreichen Verkauf von Unternehmen vorliegen, wird der Verkaufsprozess häufig noch immer zu unsys tematisch durchgeführt. Dadurch wird der Erfolgsgrad des Verkaufsvorhabens reduziert. Wesentlich ist die Vorbereitung des Verkaufsvorhabens in Form einer Verkaufsstrategie. In ihr wird die für das spezifische Verkaufsobjekt und für die Ziele und Motivationen der Gesellschafter passende Vorgehensweise klar definiert. Dazu gehören beispielweise die Art und Anzahl der zu kontaktierenden Unternehmen sowie die Gestaltung der Phasen des Verkaufsprozesses. Als Basisunterstützung zur Gestaltung der Verkaufsstrategie kann eine Checkliste dienen (vgl. Abb. 8). Die Checkliste enthält ausgewählte Elemente, die vor dem Start eines Verkaufsvorhabens im Sinne der Gestaltung der Verkaufsstrategie erarbeitet werden sollen. Die Checkliste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll dem Unternehmensverkäufer einen ersten Anhalt geben. Ein Verkaufsprojekt erfordert bestimmte Kompetenzen, die dem Gesellschafter nicht immer zur Verfügung stehen. Bei der Auswahl externer Dienstleister sollte der Unternehmensverkäufer auf das jeweils erforderliche Kompetenzprofil achten. Unternehmenskäufer, auch zum Beispiel aus Asien, gewinnen an Erfahrung beim Kauf von Unternehmen. Entsprechend sollte die Professionalisierung von Verkaufsprozessen auch im Mittelstand weiter fortschreiten. 408 M&A REVIEW 8 9/2010