Zur Entwicklung des Evangelischen Religionsunterrichts in der Pfalz im 19. und 20. Jahrhundert Michael Landgraf 2011 Michael Landgraf Entwicklung des
Grundfragen zur historischen Entwicklung des Religionsunterrichts Wie sieht das Verhältnis von Staat und Kirche im Blick auf das Schulwesen und den Religionsunterricht aus? Welche Aufgabe wird der Schule, welche dem RU zugeschrieben? Wie prägen die Leitwissenschaften Theologie und Pädagogik den Religionsunterricht? Was sagen Lehrpläne und Lernmittel über das Wesen und die Inhalte des RU aus? Welche Methoden werden im Religionsunterricht angewandt? Wer unterrichtet das Fach Religion?
1817: Regelungen zur Schule und zum Religionsunterricht (Butenschön) Regelungen zur Lehrerausbildung im Lehrerseminar Kaiserslautern (Balbier)
Stimmen zum Religionsunterricht um 1818 Der Vorzüglichste Gegenstand des Unterrichts ist die Religions- und Sittenlehre. Regierungsverordnung von 1817: Der Religionsunterricht ist wahre Quelle alles Heils für Volk und Vaterland. Diözesansynode Landau Die protestantisch-religiöse Bildung des Menschen fordert eine sorgfältige Erweckung des religiösen Sinnes, Geistes und Gefühls von der zartesten Jugend an und zugleich die kluge, feste Ausbildung des Verstandes oder der gesunden Vernunft. 5. Generalsynode 1818 Der schrift- und vernunftgemäße Religions- und Sittenunterricht soll mit großer Sorgfalt gepflegt werden und hauptsächlich von Pfarrern selbst erteilt werden. Unionsurkunde 1818
Geistliche Schulaufsicht und Nebenberuf eines Lehrers
Dorfschule um 1850
Leitmedium 1823-1860: Katechismus
Oberkonsistorialentschließung 1835 und Lehrordnung 1836 Was soll unterrichtet werden: Geschichtlicher Inhalt der Heiligen Schrift Hauptsätze des Katechismus Bibelsprüche Lieder Christliche Sitten- und Glaubenslehre der Predigt folgen können Der Religionsunterricht soll den Kinder helfen, ihrem Erlöser ähnlich zu werden.
Leitmedium ab 1860: Die Biblische Geschichte
1871-1918: Kritik der Memoriermethode
Instruction 1878: Die Religionsstunden dienen der Erbauung. Die biblische Geschichte bildet den eigentlichen Anschauungsstoff für den religiösen Unterricht und ist die wichtigste Nahrung zur Belebung des religiösen Gefühls. Bei der Verwendung des Katechismus hat Gotteswort dem Menschenworte voranzugehen.
1901: Der unterrichtliche und erzieherische Erfolg hängt in diesem Gegenstand mehr wie in jedem anderen von der Person des Lehrers ab. Lebendige Religiosität des Lehrenden erzeugt religiöses Leben bei den Lernenden, wie Feuer erwärmt.
Religionsunterricht 1818-1933 RU als ordentliches Lehrfach, das in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgesellschaft unbeschadet des Aufsichtsrechts des Staates erteilt wird.
Religionsunterricht 1918-1933
Religionsunterricht in der NS-Zeit
Lehrpläne der Evangelischen Unterweisung 1946-1968
Schulbücher für den Religionsunterricht: 1946-1970
Religionspädagogische Reihen Friedrich Laubscher
Didaktische und politische Wende seit 1964 Spiegel 20/ 1967: Finsternis kommt über Deutschlands Katholiken. `Unter uns sind die Schrittmacher der Gottlosen, sagt Priester Fritz Grübius im pfälzischen Albersweiler... Das ist schriller, verbitterter Abgesang auf den Verlust einer Bastion, die in Deutschland von der katholischen Kirche seit einem halben Jahrhundert verteidigt wird: die staatliche Konfessionsschule.
Hermann Kuntz, Vorsitzender der Konferenz, Ev. Kirchenbote 1970: Der RU steht im Schnittpunkt des Interesses zweier Institutionen, die sich hier als Partner gegenüberstehen... Damit wird die Forderung erhoben, den RU nicht als Kirche in der Schule zu verstehen, sondern ihn vom Wesen und Auftrag der Schule her als notwendig zu begründen. Ziel eines Religionsunterrichts ist es, durch die Begegnung mit dem christlichen Glauben und in der Auseinandersetzung mit anderen Selbst- und Weltverständnissen zu einem eigenen kritischen Selbst- und Weltverständnis des Schülers beizutragen.
LP HS 1970 Allgemeines Ziel des RU ist es, im Horizont des Glaubens das kritische Engagement zu wecken und die religiöse Frage als menschliches Grundphänomen zu erschließen. Es geht um die Selbstbestimmung des Schülers und um dessen gesellschaftliche Integration. Es solle die Fragebereitschaft des Schülers geweckt und ihm das erforderliche sprachliche Instrumentarium vermittelt werden. Bei einem vom bloßen Stoffdenken gelösten, lernzielbestimmten RU muß die Lebenswirklichkeit des Schülers reflektiert werden und angemessen zur Sprache kommen.
Landessynode 1986/1987 Kirche und Staat sind aufeinander angewiesene Partner. Der Religionsunterricht darf eigenständig und gelegentlich auch sperrig sein. In der fairen Partnerschaft sind auch Belastungen zumuten. Das Wesen des RU: Er hat teil an der Gesamtverantwortung der Kirche und ist ein wesentliches Element der Volkskirche. Seine wichtigste Aufgabe: eine Begegnung des jungen Menschen mit der biblischen Botschaft und ihrer Wirkungsgeschichte zu ermöglichen. Dazu gehört, dass sowohl der Inhalt des christlichen Glaubens als auch Grundfragen heutiger Existenz und Gesellschaft den Unterricht bestimmen, sodass ein lebendiger und befreiender Dialog entstehen kann.
Schlussbemerkungen Das Verhältnis von Staat und Kirche heißt heute eine Partnerschaft auf Augenhöhe im gemeinsamen Nachdenken über den konkreten Unterricht und in der Hilfe für die Lehrenden durch ihre Kirche. Das Wesen und die Aufgabenbestimmung des Religionsunterrichts ist immer im Wandel begriffen. Heute setzt er sich mit allen Fragen über Gott und die Welt auseinander. Lehrpläne und Lernmittel haben sich mit dem Wandel und der Neubestimmung der Aufgaben auseinanderzusetzen, ohne ihre Wurzel (Bibel und Tradition) aus dem Auge zu verlieren. Lehrende sind der Schlüssel für den Religionsunterricht: ER (der Religionslehrer) ist es, der mit Lehrplänen, Lehrbüchern und Konzepten arbeiten muss und deshalb wird sich letztlich auch an seiner Person entscheiden, ob die große Aufgabe und Chance des Religionsunterrichts verantwortlich genutzt wird. Das gelebte Vorbild war noch immer das beste Beispiel. Landeskirchenrat der Ev. Kirche der Pfalz 1975
Religionslehrer/innen als Schlüssel des RU