BeR - Alltag: Bewegung und (Selbst-)Regulation im Kindergartenalltag PD Dr. Wolfgang Rauch (Psychologisches Institut) Dr. Ulrike Hegar (Ballschule e.v., Institut für Sport und Sportwissenschaft) Prof. Dr. Klaus Roth (Institut für Sport und Sportwissenschaft) Laufzeit: November 2014 - Mai 2016 Abstract: Körperliche Aktivität (KA) ist nicht nur für die physische und psychische Gesundheit allgemein förderlich, sondern hat insbesondere positive Effekte auf die Selbstregulation, d.h. auf Mechanismen zur Steuerung und Überwachung von kognitiven und emotionalen Prozessen. Bislang gibt es wenig Forschung über KA und Selbstregulation im Kontext Kindergarten. Wir erwarten, dass Faktoren auf drei Ebenen mit der KA von Kindergartenkindern zusammenhängen: Kindergarten, Familie und Individuum. In unserem Projekt wollen wir drei Fragestellungen bearbeiten: 1. Wie aktiv sind Vorschulkinder im Kindergarten und zu Hause? Dazu messen wir die körperliche Aktivität von Vorschulkindern eine Woche lang jeden Tag, indem die Kinder einen Aktigraphen, ein Messgerät zur Erfassung der KA tragen. Diese Geräte sind nicht größer als eine Armbanduhr und stören den Bewegungsablauf nicht.
2. Welche Faktoren auf den drei Ebenen a) Kindergarten, b) Familie und c) Individuum beeinflussen die KA? Dazu wird a) das pädagogische Fachpersonal über das pädagogische Konzept befragt; weiterhin erfragen wir an den Aktigraphie- Tagen eine kurze Zusammenfassung des Tagesablaufes. Außerdem beurteilen unsere TestleiterInnen die physische Gestaltung der Einrichtungen hinsichtlich des Platzangebots, der Verfügbarkeit von Spielgeräten und anderer Eigenschaften. Zu b) werden die Eltern der Kinder ausführlich über die Gestaltung des Tagesablaufs in der Familie, über regelmäßige Aktivitäten und über das Erziehungsverhalten befragt. Die Kinder selbst (c) bearbeiten in der Woche, bevor sie die Aktigraphen tragen, einige kurze spielerische Aufgaben, mit denen wir ihre allgemeine Selbstregulationsfähigkeit sowie ihre motorische Kompetenz einschätzen können. 3. Inwieweit hängen tägliche Schwankungen in der körperlichen Aktivität mit der alltäglichen kognitiven und emotionalen Selbstregulation zusammen? Die Eltern und das pädagogische Fachpersonal werden dazu an allen Aktigraphie-Tagen kurz per Telefoninterview befragt. Diese täglichen Auskünfte zur emotionalen und kognitiven Selbstregulation werden mit den täglich erhobenen Aktigraphie-Daten in Beziehung gesetzt. Insgesamt erwarten wir neue grundlagenorientierte Ergebnisse über die alltägliche körperliche Aktivität von Kindern und deren Zusammenhang mit der kognitiven und emotionalen Selbstregulation sowie anwendungsorientierte Hinweise für die Förderung von der KA und ihrer kognitiven und emotionalen Korrelate.
Kiga BeR: Kindergarten, Bewegung, Regulation PD Dr. med. Freia De Bock (MPH Mannheimer Institut für Public Health, Sozial- und Präventivmedizin) Prof. Dr. Klaus Roth (Institut für Sport und Sportwissenschaft) Prof. Dr. Jeanette Roos (PH Heidelberg, Institut für Psychologie) Laufzeit: Mai 2016 Februar 2017 Abstract: Regelmäßige körperliche Aktivität ist für die physische und psychische Entwicklung von Kindern wichtig (Ahn & Fedewa, 2011; Ketelhut, Mohasseb, Gericke, Scheffler, Ketelhut, 2005; Krug, Jekauc, Poethko-Müller, Woll & Schlaud, 2012). Dennoch zeigt das repräsentative Kinder- und Jugendgesundheitssurvey, dass lediglich 29,2% der vier- bis sechsjährigen Kinder in Deutschland die WHO-Empfehlung von mindestens 60 Minuten mittlerer bis starker körperlicher Aktivität pro Tag erfüllen (Krug et al., 2012). Graf und Kollegen (2013) betonen deshalb die Wichtigkeit von körperlicher Aktivität insbesondere in den relevanten Lebensräumen der Kinder; das sind im Vorschulalter neben der Familie vor allem die Kindergärten. Bisherige Studien aus Skandinavien und den USA liefern bereits erste Hinweise auf bewegungsförderliche Kontextfaktoren des Kindergartens wie z.b. die Vegetation auf dem Gelände oder die Anzahl an bewegungsförderlichen Spielgeräten (Boldemann et al., 2006; Gunter, Rice, Ward & Trost, 2012; Olesen, Kristensen, Korsholm & Froberg, 2013). Da es bislang jedoch kaum Studien im deutschen Sprachraum gibt, die den Einfluss struktureller und prozessualer Bedingungen des Kindergartens auf die objektiv gemessene körperliche Aktivität der Kinder untersuchen, soll mit der vorliegenden Studie ein Teil zur Schließung dieser Forschungslücke beigetragen werden. Darüber hinaus sollen Zusammenhänge der
körperlichen Aktivität mit individuellen Unterschieden in motorischen Kompetenzen (Barnett, van Beurden, Morgan, Brooks & Beard, 2009; Bös et al., 2009; Williams et al., 2008) und der Selbstregulation, der Fähigkeit das eigene Denken, Fühlen und Handeln zu regulieren, untersucht werden. Aus amerikanischen Studien sind kurzfristige positive Effekte von körperlicher Aktivität auf die Selbstregulation bekannt (Best, 2010; Diamond & Lee, 2011). In einem vorangegangenen FoF4-Projekt ( BeR-Alltag ) haben wir bereits signifikante Zusammenhänge zwischen körperlicher Aktivität und Selbstregulation sowie anderen Faktoren auf Individualebene gefunden. Mit dem vorliegenden Pilotprojekt möchten wir einerseits an BeR-Alltag anknüpfen sowie einen ersten Beitrag auf Kindergartenebene leisten und folgende Fragestellungen bearbeiten: 1. Welche strukturellen und prozessualen Merkmale des Kindergartens (z.b. physische Gegebenheiten und Bewegungsangebote im Kindergarten, Qualifikation der MitarbeiterInnen, Einstellungen zu Bewegung, pädagogisches Konzept u.a.) beeinflussen die körperliche Aktivität der Kinder? 2. Inwieweit hängt die körperliche Aktivität der Kinder im Kindergartenalltag mit Selbstregulationskompetenzen und anderen Faktoren auf der Individualebene (z.b. motorische Fähigkeiten und Kompetenzen) zusammen? Die körperliche Aktivität der Kinder soll dabei alltagsnah und objektiv mittels Bewegungssensoren (ActiGraph wgt3x-bt) gemessen werden. Die Fragestellungen sollen im interdisziplinären Dialog bearbeitet werden. Das geplante Projekt erweitert die ( typisch psychologische ) Perspektive auf das Individuum um die strukturelle (pädagogische) Ebene des Kindergartens, der einen wichtigen Lebensraum für die frühkindliche und Elementarbildung sowie Entwicklung darstellt. Die intensive, objektive Messung der körperlichen Aktivität mittels Akzelerometrie bietet darüber hinaus eine ideale Schnittstelle zwischen psychologischen, pädagogischen, sportwissenschaftlichen und präventivmedizinischen Fragestellungen.
Das Projekt hat außerdem konkrete anwendungsorientierte Ziele: Die Ergebnisse sollen nicht nur tiefere Einblicke über den Zusammenhang der körperlichen Aktivität mit der Fähigkeit zur Selbstregulation liefern, sondern vor allem auch Erkenntnisse für eine optimale Gestaltung von Kindergärten zur Förderung körperlicher Aktivität.