2. Dirichlet-Reihen. Arithmetische Funktionen 2.. Eine Dirichlet-Reihe ist eine Reihe der Gestalt a n f(s = n, s wobei (a n n eine Folge komplexer Zahlen und s eine komplexe Variable ist. 2.2. σ a (f := inf σ : a n } n < σ heißt absolute Konvergenz-Abszisse. Dabei können auch die Fälle σ a (f = + (Reihe konvergiert nirgends absolut und σ a (f = (Reihe knovergiert überall absolut auftreten. Bemerkung. Die Reihe konvergiert absolut für alle s C mit Re s > σ a (f und sogar gleichmäßig in jeder Halbebene s C : Re s σ a (f+δ} = H ( σ a (f + δ, δ > 0. Die Funktion f(s = a n ist also holomorph in der Halbebene H ( σ a (f = s C : Re s > σ a (f}. Zum Beispiel gilt für die Zeta-Funktion ζ(s = n, σ a(ζ =. s Weiteres Beispiel: ( n f(s = = 2 + s 3 s 4 ±..., σ a(f = ; s nach dem Leibniz-Kriterium für alternierende Reihen gilt: f(σ konvergiert (bedingt, d.h. nicht notwendig absolut für alle σ > 0. 2.3. σ c (f := inf Re s : a } n n konvergiert s heißt bedingte Konvergenz-Abszisse. Die Reihe konvergiert dann in der Halbebene H ( σ c (f = s C : Re s > σ c (f}, vergleiche dazu den folgenden Satz. 0 Mitschrift von Andreas Wadhwa. Letzte Änderung: 2009-- 2.
2.4. Satz. Sei f(s = a n eine Dirichlet-Reihe, die für s = s 0 (nicht notwendig absolut konvergiert. Dann konvergiert die Reihe gleichmäßig in jedem Winkelbereich W (s 0, α := s 0 + re iφ : r 0, φ α}, 0 α < π 2. s 0 α Beweis.. Schritt: O.B.d.A. s 0 = 0. an = a n 0 s 0 Dann konvergiert also a n. = a n 0, a n = a n 0, s = s s 0. 2. Schritt: O.B.d.A. a n = 0, sonst Abänderung von a. 3. Schritt: Setze A(x := n x a n. Mit Abelscher partieller Summation erhält man a n A(x x A(u = + s du, ns x s us+ n x x<n y a n x<n y a n n = A (y s y s A(x x s y + s x A(u du, us+ y A(u A(y + A(x + s x u du σ+ 2.2
für s W (0, α. Sei nun ε > 0 vorgegeben. Setze ε := ε 2 + a cos α > 0. Sei x 0 so groß, dass A(ξ ε für alle ξ x 0, dann folgt für s W (0, α und x 0 x < y a s ε n, falls s W (0, α 0}, 2ε σ x + σ 0, falls s = 0. x<n y Unter Beachtung von a x σ und der Skizze s s 0 φ α cos α cos φ = σ s σ erhält man a n x<n y ( 2 + cos α ε = ε für alle s W (0, α. Dies zeigt die Behauptung. 2.5. Corollar. In der Halbebene H ( σ c (f konvergiert f(s = a n Kompaktum gleichmäßig gegen eine holomorphe Funktion. auf jedem 2.3
2.6. Satz. Für eine Dirichlet-Reihe f(s = a n σ a (f σ c (f. gilt: Beweis. Die Reihe konvergiere für s = s 0 (bedingt. Nur zu zeigen ist: Für jedes ε > 0 konvergiert die Reihe für s = s 0 ++ε sogar absolut. Es gibt eine Konstante M R +, so dass a n M für alle n. Dann gilt n σ 0 a n n σ 0++ε M n < +ε Für f(s = ( n gilt σ c (f = 0, σ a (f =. 2.7. Satz (Identitätssatz für Dirichlet-Reihen. Sei f(s = a n eine Dirichlet-Reihe mit σ a (f <. Es gebe eine Punktfolge s, s 2, s 3,... mit Re s ν > σ a (f, lim Re s ν =, so dass f(s ν = 0 für alle ν. Dann gilt ν a = a 2 = a 3 =... = 0. Beweis. Annahme: Nicht alle a ν = 0. Sei k minimal mit a k = 0. f(s = a k k + a n s n = ( a s k s k + a n. (n/k s n>k n>k Die Reihe konvergiert für ei 0 absolut: n>k Dann gilt n=k+ a n (n/k σ 0 =: M <. a n (n/k s 0+r a n (n/k σ 0 n>k ( k Re r ( k Re r M 0 k + k + für Re r. Daraus folgt: Es gibt ein σ R, so dass a n (n/k s < a k für Re s σ. n>k Also f(s = 0 für Re s σ, Widerspruch! Bemerkung. F (s = si, F (νπ = 0 für alle ν Z, aber F ist nicht identisch 0. 2.4
2.8. Arithmetische Funktionen und Dirichlet-Reihen. Eine arithmetische Funktion ist eine Abbildung a : N C. Dieser Funktion ist eine Dirichlet-Reihe a(n f(s = zugeordnet. Wenn diese Reihe irgendwo in C konvergiert, ist umgekehrt die arithmetische Funktion durch die holomorphe Funktion f : H ( σ c (f C eindeutig bestimmt. 2.9. Satz und Definition. Seien a, b : N C zwei arithmetische Funktionen, so dass die Dirichlet-Reihen a(n f(s = n, g(s = b(n s absolute Konvergenz-Abszissen < haben. Für Re s > max ( σ a (f, σ a (g gilt dann c n h(s := f(s g(s = mit c(n = dn ( n a(d b = a(k b(l. d kl=n Machreibt hierfür c = a b ( Dirichlet-Faltung arithmetischer Funktionen. Beweis. ( k= ( a(k k s l= b(l = l s k,l= a(k b(l (kl s = ( a(k b(l n. s kl=n 2.5
2.0. Satz. Die Dirichlet-Faltung für arithmetische Funktionen genügt folgenden Rechenregeln: (i (ii a b = b a, (a b c = a (b c, (iii a (b + b 2 = a b + a b 2, (iv a δ = a für alle a, wobei δ : N C wie folgt definiert ist:, falls n =, δ (n = δ n = 0, falls n >. Beweis. Leicht. 2.. Definition. Die Möbius-Funktion μ : N Z ist definiert durch für n =, μ(n := 0, falls n nicht quadratfrei, ( r für n = p p 2 p r, p j paarweise verschieden. 2.2. Satz. μ(d = δ n. dn Beweis. n = : Klar. n 2: Sei n der quadratfreie Kern von n. Es folgt μ(d = μ(d = ( ( α = ( 0 + ( r = 0 dn dn α 0,} r (n = p p 2 p r, r, α = α ν. Andere Formulierung: Sei : N Z, (n =. Dann ist μ(d = dn dn also μ = δ. ( n μ(d, d 2.6
2.3. Corollar. ( μ(n ( =, d.h. = μ(n. ζ(s 2.4. Definition. Die Von-Mangoldt-Funktioneind definiert durch log p, falls n = p m, p prim, m, Λ(n := 0, sonst, m Λ (n :=, falls n = pm, p prim, m, 0, sonst. Es gilt Λ(n = Λ (n log n. Die Teileranzahl-Funktion τ ist definiert durch τ(n = Anzahl der Teiler d von n, d n, dn. Anders ausgedrückt: τ(n = dn. 2.5. Satz. Für Re s > gilt (i (ii ζ(s = ζ (s = (iii log ζ(s = (iv μ(n, ζ (s ζ(s = (v ζ 2 (s = log n, Λ (n, Λ(n, τ(n. 2.7
Beweis. (i und (iii wurden bereits früher gezeigt; (ii folgt durch Differenzieren der Dirichlet-Reihe für ζ, (iv durch Differenzieren von (iii. Zu (v: ( ( c n ζ(s ζ(s = = k s l s k= l= mit c n = dn = τ(n (Dirichlet-Produkt, d.h. c = = τ. 2.6. Mellin-Transformation. Sei f : [, [ C eine messbare Funktion. Es gebe ein σ 0 R, so dass f(x = O(x σ 0 für x. Dann existiert für Re s > σ 0 das Integral F (s := f(xx s dx x, und F (s ist eine holomorphe Funktion. Die Zuordnung f F heißt Mellin-Transformation. Bemerkung (Vergleich mit der Laplace-Transformation. Mit der Variablen- Substitution x = e t, dx = dt lässt sich die Mellin-Transformatiochreiben als x F (s = G(s := 0 0 f(e t e ts dt. g(t e ts dt ist die Laplace-Transformation einer messbaren Funktion g : [0, [ C, die geeigneten Wachstums-Bedingungen genügt. 2.7. Satz. Sei (a n n eine arithmetische Funktion und A(x := n x a n. Es gelte A(x = O(x σ 0 mit σ 0 R. Dann konvergiert die Dirichlet-Reihe a n f(s := für Re s > σ 0, und es gilt f(s = s A(x x s dx x (Mellin-Transformation. 2.8
Beweis. Abelsche partielle Summation liefert: n x a n A(x = + s ns x s A(u du u s u. Die Behauptung ergibt sich durch Grenzübergang x. Bemerkung. Spezialfall: ζ(s = s x x s+ dx für Re s >. 2.9