Behandlung älterer Suchtkranker. 1. Sucht im Alter 2. Therapiekonzept 3. Therapieziele 4. Patientenbeispiele 5. Therapiesetting / Therapieplan

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Transkript:

Behandlung älterer Suchtkranker 1. Sucht im Alter 2. Therapiekonzept 3. Therapieziele 4. Patientenbeispiele 5. Therapiesetting / Therapieplan

Altersbegriff: Heute und vor 30 Jahren ein Unterschied. Neue Lebensphase zwischen 50 und etwa 70 Jahren. 55plus erwartet ein aktiver Lebensabschnitt: Vorbereitung auf die Rente Verwirklichung von Träumen Kinder aus dem Haus, diese aber unterstützend Enkelkinderbetreuung Neuer Lebensabschnittsgefährte durchschnittlich besserer Gesundheit längerer Lebenserwartung mit höherer Mobilität und besserer materieller Absicherung

Sucht im Alter: Die Altersgruppe wurde spezifisch und höchst unterschiedlich durch Krieg, Nachkriegszeit oder als 68er Generation sozialisiert und geprägt. In der Lebenslinie steigt der Anteil von Pat. mit Verlusten von Angehörigen. Durch die Sucht findet eine Verschiebung der Übergänge ins Rentenalter statt. Insgesamt nehmen tendenziell der Konsum, Missbrauch und Abhängigkeit von Alkohol, Drogen und Nikotin im Alter ab, aber in der demografischen Entwicklung gibt es immer mehr Ältere und dabei tendenziell einen Frauenüberschuss. Schätzung 2050 werden 40 % über 60 sein!

Sucht im Alter und Gesundheit: Abhängigkeit im Alter kann Alterungsprozesse im zentralen Nervensystem und bei anderen Organen beschleunigen. Die Suchtmitteltoleranz sinkt ab Mitte 40 schneller ab. Eine Suchterkrankung wird oft erst spät diagnostiziert, weil sie von anderen Krankheitssymptomen überlagert wird. Im Bezug auf Medikamentenmissbrauch und abhängigkeit sieht die Situation anders aus. Die Nachfrage nach psychotropen Substanzen steigt im Alter tendenziell an. Suchtbegleitende körperliche Beeinträchtigungen treten häufiger und mit gravierenderen Alltagsbarrieren auf.

Therapiekonzept: Dieses Therapieangebot richtet sich an Patienten über 55 Jahre, bei denen eine Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit nicht mehr erforderlich oder nicht mehr zu erwarten ist oder kurzfristig nicht erreicht werden kann. Zum einen handelt es sich in der Regel um Patienten, die bereits aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind oder kurz vor einer Verrentung oder Pensionierung stehen.

oder Betroffene, deren subjektive Haltungen und Wahrnehmungen sich gravierend von objektiven Einschätzungen bezüglich ihrer zukünftigen Berufstätigkeit unterscheiden.

Nach objektiven Kriterien hätten Sie aufgrund ihres Lebensalters und dem regulären Renteneintrittsalter von 65 Jahren oder längerfristig bis zum 67. Lebensjahr noch 10 oder mehr Berufsjahre vor sich. Für diese älteren Patienten sind andere Instrumente notwendig als für jüngere Rehabilitanden.

Aufgrund manifestierter Grundhaltungen durch altersbedingte Kündigungen, längerfristige Arbeitslosigkeit, vielfache erfolglose Bewerbungen können sie nicht kurzfristig und unmittelbar von einer weiteren Erwerbstätigkeit überzeugt werden. In einem längeren Integrationsprozess müssen die fehlende innere Haltung zur Fortsetzung einer beruflichen Tätigkeit und der Glaube an die Überwindung der Integrations- und Vermittlungshemmnisse im Sinne der kleinen Schritte durch entsprechende positive Erfahrungen in der Vielfalt des Behandlungskontextes der Fachklinik erarbeitet und ausgebaut werden.

Spezifische Therapieziele: Entwicklung von Krankheitsakzeptanz und einem Verständnis für das Bedingungsgefüge, in dem die Sucht begünstigt wurde. Rückfallaufarbeitung und Stabilisierungsbehandlung bei Patienten mit Therapieerfahrung und mehrjährigen Abstinenzerfolgen. Aufarbeitung der Suchtproblematik unter Einbeziehung von Angehörigen. Klärung der beruflichen Perspektive. Bewältigung von Krisen durch den Übergang vom Beruf in den verdienten Ruhestand Wertschätzung des Lebenswerkes. Entwicklung von Kompetenzen zur Freizeitbeschäftigung, Selbststrukturierung und Sinn erfüllender Beschäftigung. Kompensation nachlassender Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit. Verbesserung von Autonomie und Mobilität.

Verbesserung des Ausdrucks emotionaler Erlebnisinhalte. Stärkung von Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen. Bewältigung von Verlusterlebnissen durch Tod naher Angehöriger. Bearbeitung eines sich in Veränderung befindenden Identitätsgefühls. Behandlung von körperlichen und psychischen Begleiterkrankungen. Erlernen eines angemessenen Umgangs mit einer Schmerzproblematik. Klärung sozialrechtlicher Fragen. Vermittlung von Nachsorge- und weiterführenden Behandlungen.

Beispiel 1 Heinrich P.: 70 Jahre alt Beruf: Großhandelskaufmann und zuletzt als Schulassistent tätig Seit 7 Jahren Rentner 4 erwachsene Kinder und 6 Enkelkinder Lebt mit seiner Ehefrau seit 50 Jahren zusammen Problemtrinken seit ca. 12 Jahren Trinkgründe: Schwierigkeiten mit Vorgesetzten am Arbeitsplatz Vor 3 ½ Jahren eine Herzklappen-OP überstanden Beeinträchtigungen im Alltag: Sozialer Rückzug Interessenverflachung Verschlechterung der allgemeinen Gesundheit Angst vor neuen Herzproblemen Niedriges Selbstwertgefühl, Schuldgefühle, Selbstvorwürfe, etc.

Beispiel 2 Wolfgang C.: 55 Jahre alt Beruf: Zimmermann mit Auslandserfahrung Verlor 2008 seine Arbeit 1 erwachsene Tochter und 1 Enkelkind Lebt mit seiner Ehefrau seit 35 Jahren zusammen Über viele Jahre schleichend ansteigender riskanter Alkoholkonsum Führerschein verloren, dann 10 Jahre trocken Nach Rückfall bald tägliches Trinken; klassische Symptomatik Beeinträchtigungen im Alltag: Arbeitsplatzverlust Sozialer Rückzug, Interessenverflachung Konflikte mit Frau und Tochter Enkelkind nicht mehr sehen dürfen, wenn er trinkt Verschlechterung des allgemeinen Gesundheitszustandes

Beispiel 3 Wolfgang K.: 66 Jahre alt Beruf: Apotheker im Unruhestand mit eigener Apotheke Verheiratet, 2 Kinder 1 Tochter arbeitet mit im Betrieb, 1 Tochter studiert im Ausland Zwar offiziell in Rente, aber dennoch voll im Betrieb tätig Seit ca. 35 Jahren Problemtrinken durch Stress in Beruf und Familie Machte die Therapie auf Druck seiner Familie, die Angst vor Suizid hat Beeinträchtigungen im Alltag: Fühlt sich in der Selbstverwirklichung eingeengt Konflikte mit Frau und Tochter Du willst ja nicht! Innerer Rückzug, Depression Ernsthafte Suizidversuche Tabletten Er weiss, wie es geht!

Therapeutisches Setting:

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Ich danke Herrn L. Klenke, Gruppentherapeut der Gruppe 55plus, für seine Mitwirkung. Josef Müller Dipl. Pädagoge und Dipl. Sozialpädagoge Leitender Therapeut Fachklinik St. Marienstift Dammer Berge GmbH 49434 Neuenkirchen Tel 05493-502115 Fax 05493-502189 e-mail: mueller@marienstift.de www.marienstift.de