Klinisch relevante Arzneimittelinteraktionen Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Ingolf Cascorbi

Ähnliche Dokumente
Zielgerichtete Therapie bei tiefer Venenthrombose und Lungenembolie

Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln DR. KATALIN MÜLLNER

Block 11 Seminar Pharmakologie Pharmakotherapie Blutgerinnung

Antikoagulation und Niere Was sagen die Guidelines und Studien?

Wechselwirkung mit mir selbst. Pharmakogenetik in der Apothekenberatung. André Farkouh Apotheke zum Schutzengel 1180 Wien

Medikamenteninteraktionen in der dermatologischen Systemtherapie. Bernhard Homey

Blutgerinnungsmanagement aus der Sicht des Gerinnungsexperten

Sekundärprävention von TVT/LE

Orale Antikoagulation

Vorsicht Wechselwirkung! Arzneimittel sicher kombinieren. Dr. Jens Schmitz Institut für Pharmazie und Lebensmittelchemie Universität Würzburg

Kontra DOAK im Alter. Teuer, gefährlich und ohne Zusatznutzen. PD Dr. med. Michael Denkinger

Dr. Simone Heinemann - Meerz Gemeinschaftspraxis Kardiologie-Angiologie

Interaktionen und Medikationssicherheit. Eckhard Beubler Institut für Exp. & Klin. Pharmakologie Medizinische Universität Graz.

PHV-issue: Atorvastatin. Sehr geehrte Damen und Herren,

Schwerwiegende potenzielle Arzneimittelinteraktionen anhand von Routinedaten

Pharmazeutische Biologie Genetik

CYP450 und p-glycoprotein. vermittelte Arzneimittelinteraktionen. Ralf Stahlmann

Moderne antithrombotische Therapie. DOAKs oder Altbewährtes?

Polypharmakotherapie ein Dilemma der modernen Medizin?

X X X X. F * Dosis τ * Clearance. Csteady-state (Exposition) Arzneimittel-Dosierung bei Niereninsuffizienz. Niere. Darm. Leber. Clearance = + + +?

Polypharmakotherapie und Interaktionen: was sollte man zuerst absetzen, was besser nicht?

Vitamin-K- Antagonisten NOAK VKA. Neue orale Antikoagulanzien. Informationen für Ärzte: Umstellung von NOAK auf VKA

Neue Antikoagulantien. Innere Medizin Aus der Klinik für die Praxis

Arzneimittel-Interaktionen: Beachtenswertes bei der Therapie der GAD

Medikamentöse Interaktionen in der Kardiologie

Absetzen oder nicht? Die KHK-Behandlung aus der Sicht eines Geriaters und eines Apothekers

3. Symposium für Transplantierte 21. Januar 2006 Allegro Grand Casino, Kursaal Bern

Pharmakologische Interaktionen in der antimykotischen Therapie

One size fits all? Warum gleiche Dosierungen unterschiedlich wirken können.

Erinnern Sie sich bitte an eine eigene Erfahrung mit Schmerz!

Medikamenteninteraktionen der DOAC

Genetische Varianten: Aufgaben der Pharmakogenetik. Personalisierte Medizin mit Hilfe der Pharmacogenetik

Glomeruläre Filtrationsrate nimmt ca ml/min/1,73 m 2 pro Altersdekade ab (Delanaye et al. 2012)

NOACs, Endoskopie und GI-Blutung. Peter Knoflach, Wels Wolfgang Sturm, Innsbruck Michael Häfner, Wien

Fachinformation. und Amiodaron, Chinidin oder Verapamil. (VTE-Prävention) ] Patienten >75 Jahren [siehe Ältere Patienten

Antikoagulation in besonderen Situationen: Geriatrie was, wann und wie lange?

Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) Multimorbidität als Trigger für Polypharmazie Risiken der Arzneimitteltherapie

Häufigste Arzneimittelwechselwirkungen in der Palliativmedizin. Eckhard Beubler Institut für Exp. & Klin. Pharmakologie Medizinische Universität Graz

Nortriptylin Serum HPLC µg/l Spiegel : CYP2D6-Inhibitoren, z.b. Metoprolol A Spiegel : Rauchen

Arzneimittelinteraktionen mit P2Y12-Antagonisten

Analgetika in der Geriatrie ein Überblick. Mag. pharm. Michaela Mandl ahph

DER ÄLTERE PATIENT UNTER ANTIKOAGULATION

Berliner Dialyseseminar

Antikoagulation bei Vorhofflimmern

Vorhofflimmern und Blutverdünnung: Wann Marcumar und wann eine der neuen Substanzen? (Dabigatran, Rivaroxaban, Apixaban)

Behindert Datenschutz die Arzneimittelsicherheit? Wechselwirkungen von Arzneimitteln - eine unterschätzte Gefahr für die Patienten

Mehrfache Gerinnungshemmung bei Vorhofflimmern und KHK - Wie geht man heute vor? Dr. med. D. Enayat

Arzneimittel Wechselwirkungen. Praktikum Pharmakologie und Toxikologie

noak Indikation, Interaktion, Dosierung, Applikation Ulrike Georgi, Zentralapotheke,

Wichtige Medikamentennebenwirkungen und Interaktionen. Prof. Dr. med. Karin Fattinger

Fallbeispiele. Fallbeispiel 1

Therapeutisches Drug Monitoring bei Antiepileptika

Bedeutung von Nebenwirkungen

Indikationen bei NOAKs: nach Vorhofflimmern, venösen Thromboembolien und bei KHK/Atherosklerose

Off-Label-Medikamente in der Geburtshilfe. Dr. Ioana-Claudia Lakovschek Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Graz

Polypharmazie in der ambulanten Medizin

Therapie der Hypercholesterolämie Sind die Statine vergleichbar oder austauschbar?

Arzneimittel und Interaktionen

Direkte orale Antikoagulantien - kein Problem - oder doch?

Neue orale Antikoagulantien (NOAK) - - blutet es nun weniger im Gastrointestinaltrakt? 14. Februar FRANK SCHMITZ Klinikum Hildesheim GmbH

Statine und Methotrexat ist das individuelle Ansprechen genetisch bedingt? 14.Mai 2014, Uhr

Medikamenteninteraktionen MPA-Fortbildungstage 2015 Auf der Rossweid, Sörenberg Linda Kötter-Spirgi 11. September 2015

NOAC s und NOPAI s. Manfred Gütl Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin

ZENTRALE FORTBILDUNGSTAGUNG DER ÖSTERREICHISCHEN APOTHEKERKAMMER Pharmakologie November 2010, Salzburg November 2010, Wien

6. Thromboseforum, 30. Januar 2016 UNTER ANTITHROMBOTISCHER. Martin Götz


Zertifikatsfortbildung Interaktionen

Leitfaden für den verschreibenden Arzt

Vom 28. Mai I. Die Anlage IV wird um den folgenden Therapiehinweis ergänzt:

Mehr Therapiesicherheit durch DNA-Analyse

Medikamenteninteraktionen in der Onkologie

ANHANG I ZUSAMMENFASSUNG DER MERKMALE DES ARZNEIMITTELS

Klinisch-pharmakologische Online-Visite auf der internistischen Intensivstation zur Erhöhung der Medikationssicherheit

Neue orale Antikoagulantien Was muß jeder Arzt wissen? Chiemgauer Kardiologie - Tage 2013

!"#$"%&&'(()*+)(*,-'./012" %7'8%327

Pharmakodynamik und Pharmakokinetik beim Intensivpatienten, Interaktionen

Interaktionspotenzial neuer Wirkstoffe in der Hämatologie / Onkologie. Prof. Dr. Bernd Mühlbauer Institut für Pharmakologie, Bremen

Arzneimitteltherapie-Sicherheitsprüfung heute und morgen

NOAKS perioperativ Bridging, Switching, Pausing?

Multimorbidität verursacht Mehrfach- Medikation

Viekirax 12,5 mg/75 mg/50 mg Filmtabletten

Wichtige unerwünschte Arzneimittelwechselwirkungen in der Kardiologie

Ich nehme 30 Pulver und mir geht`s no immer schlecht!

Fachinformation (Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels/SPC)

Arzneimittel im Blickpunkt 38

Sind Studienergebnisse pharmakologischer Interventionen auf den Alltag übertragbar?

Personalisierte Medizin Science-Fiction oder Realität?

Antikoagulation bei erhöhtem gastro-intestinalem Blutungsrisiko

GENOM-ANALYSE UND ARZNEIMITTELTHERAPIE SKALIERUNG DER ARZNEIMITTELTHERAPIE IN DER PRAXIS

Herzlich willkommen zu unserem Webinar

Arzneimittelinteraktionen Prinzipien, Beispiele und klinische Folgen

ANHANG I ZUSAMMENFASSUNG DER MERKMALE DES ARZNEIMITTELS

Arzneimittelwechselwirkungen bei Polypharmakotherapie

Differentialtherapie der tiefen Venenthrombose

Transkript:

Klinisch relevante Arzneimittelinteraktionen Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Ingolf Cascorbi Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel Rostock, 8. November 2017

Darstellung von Interessenkonflikten

Die Zahl der eingenommenen Medikamente steigt mit jedem Lebensjahrzehnt Schwabe/Paffrath; Arzneiverordnungs-Report 2011

Arzneimittelnebenwirkungen als Ursache der Hospitalisierung Metaanalyse von 39 ausgewählten prospektiven Studien in den USA in den Jahren 1966 1996 Lazarou et al., JAMA 1998: 279, 1200-1205 Häufigkeit schwerer Arzneimittel-Nebenwirkungen 6,7 % Tödliche Ereignisse 0,32% (106.000 patients)

% Patienten mit UAWs Häufigkeit von UAWs in Abhängigkeit der Anzahl der verordneten Arzneimittel 100 80 60 40 20 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Anzahl der Arzneimittel

Häufigkeit der Nebenwirkungen (% der Patienten) Einfluss des Alters und der mittleren Tagesdosis auf die Häufigkeit von Nebenwirkungen bei Flurazepam-Gabe 40 32 24 16 mittlere Tagesdosis <15 mg 15-29.9 mg >30 mg 2542 Hospital-Patienten 8 0 40 40-49 50-59 60-69 70 Alter [Jahre] Greenblatt et al, Clin Pharmacol Ther 1977, 21: 355-361

Faktoren, die für unerwartete Arzneimittelwirkungen beim älteren Menschen verantwortlich sind eingeschränkte Organfunktion veränderte Arzneimittelkonzentration veränderte Organreaktion herabgesetzte homöostatische Reaktion Nebenwirkung Multiple Arzneimitteleinnahme Multimorbidität veränderte Compliance

Faktoren, die für unerwartete Arzneimittelwirkungen beim älteren Menschen verantwortlich sind eingeschränkte Organfunktion veränderte Arzneimittelkonzentration veränderte Organreaktion herabgesetzte homöostatische Reaktion Nebenwirkung Multiple Arzneimitteleinnahme Multimorbidität veränderte Compliance

Arzneimittel-Interaktionen Pharmakodynamisch: Pharmakokinetisch: Synergismus Antagonismus Enzyminduktion Kompetition Enzyminhibition Resorption Verteilung Metabolismus Elimination

Im Sprachgebrauch leider meist: Arzneimittel-Wechselwirkung = unerwünschtes Ereignis Cave: Nutzen und UAW liegen oft dicht beieinander!!!

Ärztliche Herausforderung - Sicherheit durch Nutzen-Risikoabwägung - ACE-Hemmer + Spironolacton bei Herzinsuffizienz Cephalosporin + Aminoglykosid + Amphothericin B bei Septikämie immunsupprimierter Patienten (z.b. durch Ciclosporin) ASS (100 mg) + Clopidogrel (75 mg) nach Myokardinfarkt erwünscht unerwünscht erwünscht unerwünscht erwünscht unerwünscht zusätzlicher Prognosegewinn Hyperkaliämie Abwendung von Tod und dauerhaften Schäden Nephrotoxizität weniger Reinfarkte als nach ASS 3-4 fach erhöhtes Blutungsrisiko

Spironolacton bei Herzinsuffizienz NYHA III/IV (RALES) N = 822 NYHA III und IV, EF < 35 % zusätzlich zu ACE-Hemmer, Diuretika, Digoxin Gesamtmortalität Spironolacton 34.5 % Placebo 45.9 % signifikant geringe Hospitalisierungsrate

Beobachtete Probleme nach RALES Spironolacton Rezepte (Ontario, Canada) Juurlink et al., N Engl J Med 2004;351:543-51.

Beobachtete Probleme nach RALES Hospitalisierung wegen Hyperkaliämien (Ontario, Canada) Juurlink et al., N Engl J Med 2004;351:543-51.

Beobachtete Probleme nach RALES Krankenhaustodesfälle wegen Hyperkaliämien (Ontario, Canada) Juurlink et al., N Engl J Med 2004;351:543-51.

Fallbeispiel 1 Interaktionen als Ursache einer retroperitonealen Blutung Gonzalez: Medicine 2003; 82:257-262

Interaktion von Phenprocoumon mit Fluconazol Fluconazol (z.b. Diflucan ) Phenprocoumon (z.b. Marcumar ) INR CYP3A4 Metabolite

Mechanismus der Interaktion von Phenprocoumon mit Makroliden Clarithromycin Phenprocoumon INR CYP3A4 Metabolite

Mechanismus der Interaktion von Phenprocoumon mit Naringin Naringin Phenprocoumon INR CYP3A4 Metabolite

Charakteristik der 49 fatalen unerwünschten Arzneimittelwirkungen 100 80 11.000 Todesfälle 1.574 randomisiert ausgewählt 49 tödliche UAWs (= 3.1%) Anteil (%) 60 40 20 0 Blutungen Kardiovaskulär Nierenversagen Diverse

Interaktionen als Ursache eines vasodilatatorischen Schocks Clarithromycin (z.b. Klacid ) Nifedipin CYP3A4 Vasodilatation Metabolite Gerónimo-Pardo et al. Ann Pharmacother.2005; 39: 538-542

Pharmakokinetische Interaktionen von Phenprocoumon Wirkungsverstärkung: Hemmung der Metabolisierung durch CYP3A4-Inhibitoren Inhibitoren: Azolantimykotika, Makrolide (Erythromycin, Clarithromycin), Verapamil, HIV-Protease-Inhibitoren, Naringin, Amiodaron

Pharmakokinetische Interaktionen von Phenprocoumon Wirkungsabschwächung: Hemmung der enteralen Absorption durch Cholestyramin. Beschleunigung der Metabolisierung (Enzyminduktion von CYP3A4) Induktoren: Barbiturate, Carbamazepin, Rifampicin, Efavirenz, Enzalutamid, Johanniskraut,

Substrate der wichtigsten Cytochrom P450 (CYP)-Enzyme des Arzneistoffwechsels Cascorbi. Dtsch. Ärztebl. 2012, 33-34: 546-555

Inhibitoren der wichtigsten Cytochrom P450 (CYP)-Enzyme des Arzneistoffwechsels Cascorbi. Dtsch. Ärztebl. 2012, 33-34: 546-555

Induktoren der wichtigsten Cytochrom P450 (CYP)-Enzyme des Arzneistoffwechsels Cascorbi. Dtsch. Ärztebl. 2012, 33-34: 546-555

Sind NOACs weniger anfällig für Interaktionen?

Faktoren für ein erhöhtes Blutungsrisiko von Dabigatran Niedriges Körpergewicht (<50 kg) Erkrankungen Eingriffe mit besonderem Blutungsrisiko Pharmakodynamische Interaktionen z-.b. ASS, Clopidogrel, NSARs, SSRIs oder SNRIs Faktoren für ein erhöhtes Blutungsrisiko Pharmakokinetische Interaktionen P-Glykoprotein-Inhibitoren (Verapamil, Makrolide, Amiodaron etc.) Nierenfunktion CrCl 30 50 ml/min) 75 Jahre

Pharmakokinetik von Dabigatran Bioverfügbarkeit 6,5% cave: Öffnung der Hartkasel erhöht die Bioverfügbarkeit um bis zu 75% Halbwertzeit 14-18 h Elimination: Überwiegend renal cave Niereninsuffizienz Nierenfunktion (CrCl in ml/min) Halbwertzeit (h) 80 ca. 13 50 bis <80 ca. 15 30 bis <50 ca. 18

Pharmakodynamische Interaktionen von Dabigatran Wegen des erhöhten Blutungsrisikos, ist die gleichzeitige Behandlung mit anderen Antikoagulanzien (Heparine, Vitamin K-Antagonisten, andere DOACs) kontraindiziert. Vorsicht bei Substanzen, die die Thrombozytenaggregation beeinflussen Spezifisch: 81 mg bzw. 325 mg ASS: Erhöhung des Blutungsrisikos von 12% auf 18% bzw. 24% Keine Verlängerung der Blutungszeit in Kombination mit Clopidogrel, aber 30-40% Erhöhung der Dabigatran AUC und C max Daueranwendung von NSAIDs: Erhöhung des Blutungsrisikos um 50% Fachinformation Pradaxa

Pharmakokinetische Interaktionen von Dabigatran Dabigatranetexilat ist ein Substrat des Effluxtransporters P-Glykoprotein. Fachinformation Pradaxa

P-Glykoprotein (P-gp, MDR1) Vorkommen Tumorzellen Intestinum Leber Blut/Hirnschranke Niere

Pharmakokinetische Interaktionen von Dabigatran Dabigatranetexilat ist ein Substrat des Effluxtransporters P-Glykoprotein. Vorsicht bei gleichzeitiger Gabe von starken P-Glykoprotein-Hemmern (Amiodaron, Dronedaron, Verapamil, Chinidin, Ketoconazol und Clarithromycin) Erhöhte Dabigatran-Plasmakonzentrationen: Verapamil: Steigerung der AUC um 150% 50%-Dosisreduktion Verapamil-retardiert: Steigerung der AUC um 70% Clarithromycin: Steigerung der AUC um 100% Fachinformation Pradaxa J Thromb Haemost. 2017;15:273

Pharmakokinetische Interaktionen von Dabigatran Dabigatran plus P-Glykoprotein-Induktoren (wie Rifampicin, Johanniskraut [Hypericum perforatum], Carbamazepin oder Phenytoin) Es ist ein verringerter Dabigatran-Plasmaspiegel zu erwarten. Dabigatran plus Rifampicin: Eine Vordosierung mit Rifampicin (einmal täglich 600 mg über 7 Tage) verminderte den Gesamt-Peak (Cmax?) sowie die Gesamtexposition (AUC?) von Dabigatran um 65,5% bzw. 67%. Konsequenz: Die gleichzeitige Anwendung mit P-gp-Induktoren sollte vermieden werden.

Einflussfaktoren auf die Kinetik von Dabigatran Gong and Kim. Can J Cardiol 2013

Einflussfaktoren auf die Kinetik von Rivaroxaban Gong and Kim. Can J Cardiol 2013

Arzneimittelinteraktionen von Antikoagulantien Gruppe Arzneistoff Dabigatran Apixaban Rivaroxaban Edoxaban Calcium-Antagonisten Verapamil - - Diltiazem - ( ) - - Antiarrhythmika Amiodarone - - Dronedaron - - Azolantmykotika Voriconazol Itraconazol Makrolidantibiotika Erythromycin - - Clarithromycin - - HIV Proteaseinhibitoren Ritonavir - Aikens et al. World J Orthop 2014;5:188-203 Di Minno et al. Blood Rev 2017;31:193-203

Arzneimittelinteraktionen von Antikoagulantien Pharmakokinetik CYP3A4- Inhibitoren P-Glykoprotein- Inhibitoren Pharmakodynamik ASS P2Y 12 - Inhibitoren Phenprocoumon XX X X X (X) Dabigatran - XX X X (X) Rivaroravan X X X X (X) Apixaban X X X X (X) Edoxaban X X X X (X) SSRI

Interaktionen von Clopidogrel

Aktivierung von Clopidogrel durch Cytochrom-P450 Enzyme

CYP2C19 und Clopidogrel-Nonresponse Mega et al. NEJM 2009;360:354-362

Anteil Tod oder rekurrentes ACS Omeprazol inhibiert die Bildung von aktiven Metaboliten von Clopidogrel none PPI Clopidogrel + PPI Clopidogrel Ho et al. JAMA 2009;301:937-944

Die FDA empfiehlt Prasugrel oder alternative Dosierungen bei CYP2C19-Poor-Metabolisierern bzw. Vermeidung der gleichzeitigen Anwendung von Omeprazol

Interaktionen von Statinen

Fallbeispiel 2 Pat. 54 Jahre, weiblich nach Nierentransplantation Ciclosporin wegen Hypercholesterinämie Simvastatin Kreatinin: 180-215 µmol/l Ciclosporin: konstant 100-160 ng/ml

Fallbeispiel Pat. 54 Jahre, weiblich Anamnese nach Nierentransplantation Ciclosporin wegen Hypercholesterinämie Simvastatin Kreatinin: 180-215 µmol/l Ciclosporin: konstant 100-160 ng/ml Befund und Verlauf Handinfektion durch Mycobacterium haemophilum Clarithromycin 2 x 500 mg/tag Hospitalisierung wegen Muskelschmerzen und stark erhöhten CPK Patientin klagt über Kopfschmerzen und Zittern der Hände Kreatinin 340 µmol/l ; Ciclosporin 1200 ng/ml

Mechanismus der Interaktion von Simvastatin und Clarithromycin Clarithromycin Simvastatin CYP3A4 Metabolite

Interaktionspotential von Statinen Pravastatin Simvastatin 3A4 First-pass 12% bioverfügbar 18% First-pass 65% 3A4 nicht resorbiert 70% nicht resorbiert 30% bioverfügbar 5% Geringes Interaktionspotential Steigerung des verfügbaren Anteils um Faktor 1,7 bei CYP3A4-Hemmung Hohes Interaktionspotential Steigerung des verfügbaren Anteils um Faktor 13 bei CYP3A4-Hemmung

Statine Rosuvastatin Pitavastatin Atorvastatin Simvastatin Lovastatin Pravastatin Fluvastatin hoch potent, kaum Interaktionen hoch potent, kaum Interaktionen hoch potent, mäßige Interaktionen potent, starke Interaktionen mäßig potent, mäßige Interaktionen mäßig potent, kaum Interaktionen geringe Potenz, wenig Interaktionen

Statine sind Substrate von Aufnahmetransportern der Leber SLCO1B1 Sodium-independent organic anion transporter

Whole genome analysis on genetic association to statin-induced rhabdomyolysis Results of Tests for a Trend in the Association between Myopathy and Each SNP Measured in the Genomewide Association Study OATP1B1 521 T>C The SEARCH Collaborative Group. N Engl J Med 2008;10.1056/NEJMoa0801936

Einfluss von SLCO1B1 c.521 C>T auf Bioverfügbarkeit und Myopathierisiko unter 80 mg Simvastatin 1-4% 15-32% 64-85% Niemi et al. Pharmacol Rev 2011; 63:157 181

Concentration Assoziation des OATP1B1-Genotyps zur Statin-induziereten Rhabdomyolyse Statin OATP1B1 521TT OATP1B1 CYP3A4 Metabolite Time

Concentration Assoziation des OATP1B1-Genotyps zur Statin-induziereten Rhabdomyolyse Statin OATP1B1 521CC OATP1B1 CYP3A4 Metabolite Time

Beispiel: Fachinformation Zocor Was empfiehlt die EMA bezüglich Simvastatin und SLCO1B1? Sofern verfügbar, sollten eine Genotypisierung bezüglich des Vorliegens des C-Allels als Teil der Nutzen-Risiko-Bewertung bei einzelnen Patienten vor einer Verordnung von Simvastatin 80 mg in Betracht gezogen sowie hohe Dosen bei identifizierten Trägern des CC- Genotyps vermieden werden. Die Abwesenheit dieses Gens bei der Genotypisierung schließt allerdings nicht aus, dass eine Myopathie auftreten kann. Auch Interaktionen mit Simvastatin können Myopathien bedingen!

Fallbeispiel 3 Patient: Medikation: Verlauf: männlich, 60 Jahre Fluoxetin (20 mg/tag) für 4 Wochen ohne Erfolg, ersetzt durch Amitryptilin (150 mg/tag) Stetig verschlechterter Allgemeinzustand, verwirrt, anticholinerge UAWs

Fallbeispiel 1 Saroten (Amitryptilin) Fluctin (Fluoxetin) CYP2D6 Halbwertszeit: Fluoxetin 8 Tage Norfluoxetin 19 Tage Abbauprodukte Verlauf: vollständige Rückbildung der Symptomatik nach Dosisadaptaion

Substrate der wichtigsten Cytochrom P450 (CYP)-Enzyme des Arzneistoffwechsels Cascorbi. Dtsch. Ärztebl. 2012, 33-34: 546-555

Inhibitoren der wichtigsten Cytochrom P450 (CYP)-Enzyme des Arzneistoffwechsels Cascorbi. Dtsch. Ärztebl. 2012, 33-34: 546-555

Induktoren der wichtigsten Cytochrom P450 (CYP)-Enzyme des Arzneistoffwechsels Cascorbi. Dtsch. Ärztebl. 2012, 33-34: 546-555

Fallbeispiel 4 Patientin 27 Jahre, Z.n. bilateraler Lungentransplantation wg. fortgeschrittener zystischer Fibrose Polytherapie unter anderem mit Cyclosporin 2 x 100mg Neu: Tazobactam, Metronidazol, Vancomycin, Acetylcystein und Orlistat (w.g. Obstruktionssyndrom) Problem: Absinken der Cyclosporin-Plasmakonzentrationen

Fallbeispiel 4?

Medikamenten-Interaktionen Interaktionen auf der Ebene der Resorption Interaktionen auf der Ebene der Metabolisierung Pharmakodynamische Interaktionen

Interaktionen von ACE-Hemmern Vasopressin AT1-R Angiotensin converting enzyme Angiotensin II ACE-Hemmer und NSAIDs incl. ASS Verminderung der ACE- Hemmer-Wirkung Angiotensin I Angiotensinogen Renin AT1-R Aldosteron AT1-R Na + H 2 O

Die gleichzeitige Gabe von ASS und SSRIs erhöht zusätzlich das Blutungsrisiko Abajo et al, BMJ 1999;319:1106-9

Thrombozytenaggregationshemmung Citalopram

Interaktion von SSRIs mit NSAIDs BMJ 1999;319:1106-1109

Interaktion von ASS und Ibuprofen an der Cyclooxygenase 1 Hohlfeld et al. Thromb Haemost 2013;109:825-33 Catella-Lawson et al. New Engl. J. Med. 2001;345:1809-17

Interaktion von ASS und NSAIDs an COX1 Neben Ibuprofen, hemmen u.a. auch Naproxen, Celecoxib und Metamizol die ASS-vermittelte Acetylierung von COX1 Hohlfeld et al. Thromb Haemost 2013;109:825-33

Beispiele typischer additiver pharmakodynamischer Interaktionen Cascorbi. Dtsch. Ärztebl. 2012, 33-34: 546-555

Beispiele typischer antagonistischer pharmakodynamischer Interaktionen Cascorbi. Dtsch. Ärztebl. 2012, 33-34: 546-555

Fazit Interaktionen treten auf pharmakokinetischer und pharmakodynamischer Ebene auf Interaktionen sind i.d.r. vorhersagbar, IT kann hilfreich sein Interaktionen stellen nicht zwangsläufig eine Kontraindikation dar Interaktionen bedürfen hingegen der engmaschigeren Beachtung von klinischen Parametern Interaktionen können ggf. durch Dosisanpassung beherrscht werden Interaktionen können ggf. durch alternative Medikation vermieden werden

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Interaktionsdatenbanken im Internet Böhm et al. DAZ 2012