Flexible Arbeitszeitregelungen

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Christian Beck Flexible Arbeitszeitregelungen Arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Rahmenbedingungen und Gestaltungsmöglichkeiten für Arbeitszeitkonten Besonderheiten bei Minijob, Abrufarbeit und Mindestlohn TeleLex, ein Gemeinschaftsunternehmen von DATEV eg und Verlag Dr. Otto Schmidt KG

Christian Beck Christian Beck, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, gründete Anfang 2009 eine ausschließlich auf Arbeitsrecht spezialisierte Kanzlei in der Metropolregion Nürnberg und betreut gemeinsam mit seinen Kollegen deutschlandweit überwiegend Arbeitgeber in allen Fragen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts. Zuvor war er neun Jahre für einen Kanzleiverbund aus Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Rechtsanwälten tätig und begleitete schwerpunktmäßig Sanierungen, Restrukturierungen und Unternehmenstransaktionen mittelständischer Unternehmen aus gesellschaftsrechtlicher und arbeitsrechtlicher Sicht. Als Partner leitete er dort bereits verantwortlich das Referat Arbeitsrecht. Neben seiner anwaltlichen Tätigkeit ist Herr Beck stark als Referent in der Fortbildung engagiert, leitete in den vergangenen Jahren diverse Seminare zu mehr als fünfzig arbeitsrechtlichen Themen und veröffentlichte verschiedene Praxisratgeber. BECK Kanzlei für Arbeitsrecht Rechtsanwalt Christian Beck Nordostpark 16, 90411 Nürnberg Telefon: +49 911 495202-0 Telefax: +49 911 495202-99 E-Mail: info@arbeitsrecht-beck.de HTTP: www.arbeitsrecht-beck.de TeleLex GmbH Ein Gemeinschaftsunternehmen von: Verlag Dr. Otto Schmidt KG DATEV eg Gustav-Heinemann-Ufer 58 Paumgartnerstr. 6-14 50968 Köln 90429 Nürnberg

Christian Beck Flexible Arbeitszeitregelungen Arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Rahmenbedingungen und Gestaltungsmöglichkeiten für Arbeitszeitkonten Besonderheiten bei Minijob, Abrufarbeit und Mindestlohn

TeleLex GmbH Virnsberger Str. 63 90431 Nürnberg 2018 Alle Rechte, insbesondere das Verlagsrecht, allein beim Herausgeber. Dieses Buch und alle in ihm enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung der TeleLex GmbH unzulässig. Die E-Books können Sie auf allen PCs und mobilen Endgeräten der Kanzlei bzw. Unternehmens nutzen, für die diese erworben wurden. Eine Weitergabe an Dritte ist nicht zulässig. Im Übrigen gelten die Geschäftsbedingungen der TeleLex GmbH. Angaben ohne Gewähr Stand: Januar 2018 Artikelnummer: 115650 E-Mail: service@telelex.de

Christian Beck Christian Beck, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, gründete Anfang 2009 eine ausschließlich auf Arbeitsrecht spezialisierte Kanzlei in der Metropolregion Nürnberg und betreut gemeinsam mit seinen Kollegen deutschlandweit überwiegend Arbeitgeber in allen Fragen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts. Zuvor war er neun Jahre für einen Kanzleiverbund aus Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Rechtsanwälten tätig und begleitete schwerpunktmäßig Sanierungen, Restrukturierungen und Unternehmenstransaktionen mittelständischer Unternehmen aus gesellschaftsrechtlicher und arbeitsrechtlicher Sicht. Als Partner leitete er dort bereits verantwortlich das Referat Arbeitsrecht. Neben seiner anwaltlichen Tätigkeit ist Herr Beck stark als Referent in der Fortbildung engagiert, leitete in den vergangenen Jahren diverse Seminare zu mehr als fünfzig arbeitsrechtlichen Themen und veröffentlichte verschiedene Praxisratgeber. BECK Kanzlei für Arbeitsrecht Rechtsanwalt Christian Beck Nordostpark 16, 90411 Nürnberg Telefon: +49 911 495202-0 Telefax: +49 911 495202-99 E-Mail: info@arbeitsrecht-beck.de HTTP: www.arbeitsrecht-beck.de 1

Editorial Das moderne Arbeitsleben stellt veränderte Anforderungen an Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die flexible Gestaltung der Arbeitszeit und der bedarfsgerechte Einsatz von Mitarbeitern stellen für viele Unternehmen einen wichtigen Wettbewerbsvorteil dar. Dies gilt nicht nur für Aushilfen, deren Einsatz je nach Bedarf des Arbeitgebers gestaltet werden soll, sondern auch für Vollzeitbeschäftigte, für die der Arbeitsbedarf oftmals schwankt. Die Möglichkeiten der Gleitzeit oder die Einführung von Langzeit- oder Lebensarbeitszeitkonten können zudem die Attraktivität des Arbeitgebers im umkämpften Fachkräftemarkt entscheidend steigern. Die Abkehr von starren, hin zu flexiblen Arbeitszeiten kann gleichermaßen Vorteile für Unternehmen und Beschäftigte bringen, z. B. Optimierung von Lieferterminen, Verbesserung des Service, (langfristige) Bindung von Fachpersonal, Anpassung der Arbeitszeit an persönliche Verhältnisse, Vereinbarkeit von Familie und Beruf (sog. Work-Life- Balance ) und Steigerung der Attraktivität des Arbeitgebers. Allerdings sind viele gesetzliche Vorgaben zu beachten. Dies gilt nicht erst seit dem Flexi-II-Gesetz und dem Mindestlohngesetz und den darin enthaltenen strengen Regelungen für Arbeitszeitkonten. Nürnberg, im Januar 2018 Christian Beck 2

Der Inhalt im Überblick 1 Einleitung... 7 1.1 Regelungsbedarf zur Flexibilisierung der Arbeitszeit...7 1.2 Unterscheidung von Arbeitszeitkonten...9 1.2.1 Sonstige ( einfache ) Arbeitszeitkonten...10 1.2.2 Arbeitszeitkonten als Wertguthaben...12 2 Rechtliche Rahmenbedingungen... 13 2.1 Rechtliche Vorgaben zur Arbeitszeit...13 2.1.1 Geltungsbereich...14 2.1.2 Begriff der Arbeitszeit...15 2.1.3 Höchstarbeitszeit...16 2.1.3.1 Zeitlicher Umfang...16 2.1.3.2 Abweichende Regelungen...18 2.1.3.3 Dokumentationspflicht...18 2.1.4 Ruhezeiten und Ruhepausen...19 2.1.4.1 Ruhezeit...19 2.1.4.2 Ruhepause...20 2.1.5 Zeitliche Lage der Arbeitszeit...21 2.1.6 Sonn- und Feiertagsruhe...22 2.1.7 Abweichende Regelungen im Tarifvertrag und Arbeitsvertrag...24 2.1.8 Besonderer Arbeitsschutz für bestimmte Personengruppen...24 2.2 Direktionsrecht des Arbeitgebers...25 2.3 Arbeitszeitflexibilisierung unter Berücksichtigung des gesetzlichen Mindestlohns nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) und anderer zwingender Mindestlöhne...28 3

2.3.1 Verbindlicher Mindestlohn seit 01.01.2015...28 2.3.2 Fälligkeit des Mindestlohns...29 2.3.3 Arbeitszeitkonten...31 2.3.3.1 Vorgaben nach dem MiLoG...31 2.3.3.2 Negativer Saldo...32 2.3.4 Vorrang der Regelungen zu Branchenmindestlöhnen...33 2.4 Tarifvertragliche Vorgaben...35 2.5 Betriebsverfassungsrechtliche Vorgaben...37 2.5.1 Mitbestimmung des Betriebsrats...37 2.5.2 Verhältnis Tarifvertrag zu Betriebsvereinbarungen...38 2.5.3 Zwingende Mitbestimmung des Betriebsrats...40 2.5.4 Verhältnis Betriebsvereinbarung zu Arbeitsvertrag...41 2.6 Arbeitsvertragliche Grenzen bei der Flexibilisierung der Arbeitszeit...42 2.6.1 Arbeitsvertrag als AGB...42 2.6.2 Inhaltskontrolle von Formularklauseln...44 2.6.3 Besondere Regelungen bei Arbeitszeitkonten aus Gesichtspunkten des AGB-Rechts...45 2.6.4 Pauschalabgeltung von Überstunden als einfachste Form der Arbeitszeitflexibilisierung?...46 2.7 Arbeitszeitkonten und geringfügige Beschäftigung (Minijob)...47 2.7.1 Entgeltprognose zur Bestimmung der Geringfügigkeitsgrenze...47 2.7.2 Verstetigtes Entgelt beim Arbeitszeitkonto und 450-Euro-Grenze...48 2.8 Abrufarbeit...49 4

3 Sozialversicherungs- und Steuerrecht bei Arbeitszeitkonten... 52 3.1 Sozialversicherungsrechtliche Beurteilung flexibler Arbeitszeiten...52 3.1.1 Ausgangssituation...52 3.1.2 Wertguthabenvereinbarung...53 3.1.2.1 Abgrenzung...53 3.1.2.2 Definition des Wertguthabens, 7b SGB IV...54 3.1.2.3 Wertguthaben...57 3.1.2.4 Beiträge zur Sozialversicherung in der Arbeits- und Freistellungsphase...57 3.1.2.5 Beschäftigungsfiktion in der Freistellungsphase, 7 Abs. 1a SGB IV...58 3.1.2.6 Gesetzliche und vertragliche Freistellungszwecke...59 3.1.3 Pflichten des Arbeitgebers bezüglich des Wertguthabens... 60 3.1.3.1 Aufzeichnungspflichten...60 3.1.3.2 Anlagevorschriften...61 3.1.3.3 Werterhaltungsgarantie...61 3.1.3.4 Insolvenzsicherungspflicht nach 7e SGB IV...62 3.1.3.5 Prüfung der Insolvenzschutzmaßnahmen durch den Rentenversicherungsträger...63 3.1.3.6 Schadensersatzpflicht bei unzureichender Insolvenzsicherung...64 3.1.3.7 Nicht vereinbarungsgemäße Verwendung des Wertguthabens (Störfall)...64 3.1.4 Übertragung bestehender Wertguthaben...65 3.2 Steuerliche Besonderheiten von Zeitwertkonten...66 3.2.1 Begriff des Zeitwertkontos...66 3.2.2 Besteuerungszeitpunkt...66 3.2.3 Begünstigter Personenkreis...67 3.2.4 Weitere Voraussetzungen der steuerlichen Anerkennung... 67 3.2.5 Zeitwertkonten bei Geschäftsführern...69 3.2.6 Planwidrige Verwendung von Wertguthaben...69 5

4 Rechtliche Besonderheiten bei flexibler Arbeitszeit... 71 4.1 Urlaub und Urlaubsentgelt...71 4.1.1 Grundlagen...71 4.1.2 Zeitgutschrift auf dem Arbeitszeitkonto...72 4.2 Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit und an Feiertagen...73 4.2.1 Grundlagen...73 4.2.2 Lohnausfallprinzip...74 4.2.3 Zeitgutschrift auf dem Arbeitszeitkonto...74 4.3 Arbeitsunfähigkeit während der Freistellung...76 4.4 Arbeitszeitkonten und Kurzarbeit...78 4.4.1 Vermeidbarkeit des Arbeitsausfalls bei Arbeitszeitkonten... 78 4.4.2 Geschützte Arbeitszeitguthaben ( 96 Abs. 4 Satz 3 SGB III)...79 4.5 Arbeitszeitkonten und Sozialleistungen...81 4.5.1 Krankengeld...81 4.5.2 Arbeitslosengeld...82 4.6 Pfändung von Arbeitseinkommen bei Arbeitszeitkonten... 83 Anlage 1 Arbeitszeit, Gleitzeit Anlage 2 Arbeitszeit, Arbeitszeitflexibilisierung, Arbeitszeitkonto 6

1 Einleitung 1.1 Regelungsbedarf zur Flexibilisierung der Arbeitszeit Nach dem in 106 Satz 1 GewO geregelten Direktionsrecht, hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher zu bestimmen. Das Direktionsrecht umfasst daher auch die Konkretisierung der Lage der Arbeitszeit. Die Höhe des Entgelts und der Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung sind als Kernbereiche des arbeitsvertraglichen Austauschverhältnisses nicht vom einseitigen Weisungsrecht des Arbeitgebers umfasst. Maßgeblich insbesondere für die Dauer der geschuldeten Arbeitszeit ist die vertragliche Vereinbarung (oder ein ggf. anwendbarer Tarifvertrag). Ohne besondere vertragliche oder tarifliche Regelung ist der Arbeitnehmer daher nicht verpflichtet, über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus, Überstunden zu leisten. Die Anordnung von Mehrarbeit in auftragsstarken Zeiten ist hierdurch erschwert. Gleichzeitig trägt der Arbeitgeber nach den Gesichtspunkten des Annahmeverzugs das Betriebs- und Wirtschaftsrisiko. Kann oder will der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht im vereinbarten Umfang entgegennehmen bzw. trägt er das Risiko des Arbeitsausfalls, kann der Arbeitnehmer für die infolge des Annahmeverzugs des Arbeitgebers nicht geleisteten Dienste dennoch die vereinbarte Vergütung verlangen ( 615 BGB). Diese Regelung würde verhindern, dass der Arbeitgeber in auftragsschwachen Zeiten vom Arbeitnehmer zuvor aufgebaute Überstunden abbaut oder sogar Minusstunden gesammelt werden, die der Arbeitnehmer zu einem späteren Zeitpunkt durch Mehrarbeit wieder ausgleicht. 615 BGB kann zwar durch die Vertragsparteien ausgeschlossen oder abgeändert werden. Er ist allerdings wegen seines hohen Gerechtigkeitsgehalts gesetzliches Leitbild. Daher ist ein Anspruchsausschluss 7

1 Einleitung für den Fall der unterbliebenen Inanspruchnahme der Arbeitsleistung durch den Arbeitgeber unter dem Gesichtspunkt der unangemessenen Benachteiligung des Arbeitnehmers nach 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn die Arbeitspflicht fortbesteht und der Arbeitnehmer grundsätzlich jederzeit mit einem Abruf der Arbeit durch den Arbeitgeber rechnen muss. Das einseitige Recht des Arbeitgebers, die Arbeitspflicht und damit den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers zu bestimmen, ist mit wesentlichen Grundgedanken der 611, 615 BGB nicht zu vereinen. 1 Möchte der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer dennoch flexibel einsetzen und in auftragsstarken bzw. auftragsschwachen Zeiten mehr oder weniger Arbeitsleistung zuweisen, als vertraglich festgelegt, bedarf es zwingend der Vereinbarung von Arbeitszeitkonten. Beispiel: Zwischen Arbeitgeber A und Arbeitnehmer B wurde im Arbeitsvertrag eine feste wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden vereinbart. Weitere Regelungen zur Arbeitszeit enthält der Arbeitsvertrag nicht. In der ersten Februarwoche (1. bis 7. Februar) hat B am Donnerstagabend bereits 37 Stunden gearbeitet. Als ihn der Arbeitgeber am Freitag nach 3 Stunden Arbeit auffordert, in den folgenden 3 Stunden noch einen wichtigen Kundenauftrag fertig zu stellen, verweigert dies B und geht nach Hause. Weil auch in der zweiten Februarwoche ein Kundenauftrag fertig werden muss, arbeitet B (freiwillig) 45 Stunden. Da das Auftragsvolumen in der dritten Februarwoche sehr gering ist, wird B vom Arbeitgeber täglich nur 7 Stunden, insgesamt also 35 Stunden, eingesetzt. Die restlichen Tage im Februar arbeitet B genau 8 Stunden täglich. Obwohl sich B am Freitag der ersten Februarwoche der Anweisung des Arbeitgebers widersetzt, muss er keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen, wie etwa eine Abmahnung, befürchten. Er hat am Freitag 5. Februar nach 3 Stunden Arbeit seine geschuldete Leistung ( 40 Stunden pro Woche ) erbracht, sodass er ohne vertragliche (oder gegebenenfalls tarifvertragliche) Regelung nicht verpflichtet ist, 1 Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 35, Rn. 82 8

1 Einleitung weitere Arbeitsleistung anzubieten, d. h. Überstunden zu machen. Der Arbeitgeber ist zur Anordnung einseitig nicht berechtigt. 2 In der zweiten Februarwoche hat B fünf Überstunden geleistet, die als Mehrarbeit grundsätzlich vergütungspflichtig sind. In der dritten Februarwoche trägt der Arbeitgeber nach 615 Satz 1 BGB das Betriebs- und Wirtschaftsrisiko. Kann er den Arbeitnehmer aufgrund der Auftragslage nur 35 Stunden einsetzen, behält B trotzdem seinen, auf Basis von 40 Stunden pro Woche zu bestimmenden, Vergütungsanspruch. In der Praxis würde B aufgrund der Minusstunden in der dritten Februarwoche keine Überstundenvergütung erhalten, da der Arbeitgeber die Plus- und Minusstunden der zweiten und dritten Februarwoche als Freizeitausgleich verrechnen würde. Dies ist grundsätzlich auch zulässig, bedarf allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einer gesonderten Vereinbarung. 3 Eine solche Vereinbarung stellt nichts Anderes als eine (sehr einfache) Form des Arbeitszeitkontos dar. 1.2 Unterscheidung von Arbeitszeitkonten Für die Flexibilisierung der Arbeitszeit gibt es verschiedenste Modelle, die sich nach Umfang, Lage und Verteilung der Arbeitszeit unterscheiden. In der Literatur wird eine Vielzahl von Modellen diskutiert. Zum Verständnis der komplexen Regelungen ist aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht zwischen zwei Grundmodellen von Arbeitszeitkonten und auch aus arbeitsrechtlicher Sicht zwischen zwei Grundtypen zu unterscheiden. Die wichtigste Unterscheidung nimmt zunächst das Sozialversicherungsrecht vor. Durch das Gesetz zur sozialen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen vom 06.04.1998 (FlexiG I) 4 wurde der Begriff 2 Eine Ausnahme bilden Notfälle, bei denen die Existenz des Arbeitgebers gefährdet ist. Ein solcher Notfall liegt nicht vor, wenn nur ein Auftrag fertig gestellt werden muss, selbst wenn der Arbeitgeber bedroht ist, einen wichtigen Kunden zu verlieren. Hier muss der Arbeitgeber entsprechende Organisationsmaßnahmen treffen, damit Aufträge im Rahmen der vereinbarten Arbeitszeit fertiggestellt werden können. 3 BAG, Urteil vom 17.03.2010, 5 AZR 296/09 4 BGBl I 1998, S. 688 9

1 Einleitung des sog. Wertguthabens geschaffen, das nichts anderes ist, als eine spezielle Form eines Arbeitszeitkontos. Das zum 01.01.2009 in Kraft getretene Gesetz zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen und zur Änderung anderer Gesetze vom 21.12.2008 (FlexiG II) 5 hat präzisiert, welche Arbeitszeitkonten Wertguthaben darstellen und als solche zu führen sind. Vereinbarungen, die (lediglich) eine flexible Gestaltung der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit beinhalten oder betriebliche Auslastungsschwankungen ausgleichen, fallen danach nicht unter den Begriff der Wertguthaben. 6 Wertguthaben sind deshalb solche Arbeitszeitkonten, deren Zweck die Freistellung des Arbeitnehmers über einen längeren Zeitraum hinweg ist, z. B. zum vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand. Für Wertguthaben gelten besondere sozialversicherungsrechtliche Vorschriften und insbesondere strenge Vorgaben, die der Arbeitgeber z. B. zum Insolvenzschutz und dem Werterhalt einzuhalten hat. 1.2.1 Sonstige ( einfache ) Arbeitszeitkonten Vereinbarungen, die eine flexible Gestaltung der täglichen oder wöchentlichen Arbeit beinhalten oder betriebliche Auslastungsschwankungen ausgleichen, stellen keine Wertguthaben im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Regelungen dar und werden daher als sonstige oder einfache Arbeitszeitkonten bezeichnet. In den sonstigen Arbeitszeitkonten können zwei Grundmodelle, das Flexi-Konto und das Gleitzeitkonto unterschieden werden: Das Gleitzeitkonto soll dem Arbeitnehmer die Möglichkeit geben, ggf. unter Beachtung bestimmter Rahmenbedingungen, wie etwa Kernarbeitszeiten, selbst über die Lage und Dauer der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit zu entscheiden. Der Arbeitnehmer trägt dabei eine Eigenverantwortung über seine Arbeitsleistung 5 BGBl I 2008, S. 2940 6 Man bezeichnet diese als sonstige oder einfache Arbeitszeitkonten 10

1 Einleitung und soll diese im Hinblick auf den konkreten Arbeitsanfall selbst disponieren. Wie bei den meisten einfachen Arbeitszeitkonten ist ein wesentliches Merkmal die Vergütung nach einem verstetigten, d. h. gleichbleibenden Entgelt. Mehr- oder Minderarbeit, d. h. Plus- oder Minusstunden im Vergleich zur vereinbarten Soll-Arbeitszeit, werden innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums über ein Arbeitszeitkonto ebenfalls in Eigenverantwortung des Arbeitnehmers ausgeglichen. Im Gegensatz zum Gleitzeitkonto soll das Flexi-Konto vorwiegend den Interessen des Arbeitgebers dienen und einen Ausgleich von Schwankungen in der Produktion und/oder Auftragslage ermöglichen. Dies kann z. B. die Verpflichtung zum Ausgleich teurer Überstunden ersparen und möglicherweise Kurzarbeit und Stellenabbau sowie damit verbunden den Verlust von Fachkräften verhindern. Auch beim Flexi-Konto erhält der Arbeitnehmer typischerweise ein verstetigtes, d. h. gleichbleibendes Arbeitsentgelt. Vom Arbeitgeber angeordnete Mehrarbeit wird in der Regel durch ebenfalls angeordnete, bezahlte Freizeit in auftragsschwachen Zeiten ausgeglichen. Aufgrund der Arbeitszeitsouveränität des Arbeitnehmers beim Gleitzeitkonto können hier sehr weitgehende Regelungen getroffen werden. Zulässig ist z. B. die Streichung von Mehrarbeitsstunden, die eine bestimmte Obergrenze überschreiten und nicht zuvor im Einzelfall mit dem Arbeitgeber abgestimmt wurden. Je nach den Umständen des Einzelfalles können Vorgaben zur Gleitzeit sogar einseitig durch den Arbeitgeber im Wege des Direktionsrechts eingeführt werden. Da beim Flexi-Konto nicht nur die Lage der Arbeitszeit, sondern auch der Umfang im Vergleich zur vereinbarten Sollarbeitszeit einseitig durch den Arbeitgeber innerhalb vorgegebener Ausgleichszeiträume flexibel gestaltet werden soll, sind hierfür strengere Regelungen zu 11