Kanzleischrift Krankenhauswesen MEYER-KÖRING 2010

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Krankenhaus-Outsourcing Das befindet sich seit Jahren in einem durchgreifenden Wandel. Umstrukturierungen, Stilllegungen, Veräußerungen, Ausgründungen von Tochtergesellschaft, Fusionen, Privatisierungen, Partnerschaften und Outsourcing sind die Folgen. Wir als eine Krankenhäuser in allen rechtlichen Fragen beratende Sozietät kennen die Schwierigkeiten und Fragestellungen, die mit solchen Umstrukturierungsmaßnahmen verbunden sind. Dies beginnt schon bei der Frage, in welche aller denkbaren Umstrukturierungen die begrenzten Kapazitäten des betreffenden Krankenhauses investiert werden. Wir haben hierzu eine aktuelle Umfrage unter den Krankenhäusern durchgeführt, zu denen wir in Verbindung stehen. Es wurde mehrheitlich der Wunsch geäußert, das Thema Outsourcing vorrangig in den Blick zu nehmen. Dem kommen wir hiermit gerne nach. A. Einführung in die Thematik und Überblick I. Zielvorstellungen und Wege Mit dem Outsourcing verbindet sich allgemein die Zielvorstellung, mit geringerem Verwaltungsaufwand und bei geringeren Kosten eine bessere Qualität anbieten zu können. Vorteile gilt es zu verwirklichen: Gewinnung von externem Knowhow und Qualität durch einem Partner der eigenen Wahl; Gewinnung eines Fremdhafters im Falle fehlerhafter Leistungserbringung, Minimierung des eigenen Haftungsrisiko; Verringerung der notwendigen Rücksichtnahme auf interne Belange bei der Leistungserbringung; Verringerung von Eigeninvestitionen; Reduktion von Personalkosten. Nachteile möglichst zu vermeiden: Verlust des direkten Einflusses auf die Ausführung der Leistungen mangels Weisungsbefugnis; Mangel an Know-how infolge einer außerordentlichen Kündigung durch den Outsourcing- Partner oder seiner Insolvenz; Wegfall des weiteren Haftungsträgers im Falle seiner Insolvenz; Volle Mehrwertsteuerlast für die eingekauften bisher mehrwertsteuerfreien Leistungen ohne Möglichkeit des Vorsteuerabzugs. Insbesondere der letzte Gesichtspunkt ist von erheblicher Bedeutung, denn der Mehrwertsteuernachteil erweist sich häufig als Margenkiller. Wegen des Kündigungs- und Insolvenzrisikos ist die Bonität und Versicherungssituation des Outsourcing-Partners entscheidend. Es gibt verschiedene Wege des Outsourcing, bei denen sich die Vor- und Nachteile in unter-schiedlicher Weise verwirklichen können. Die Entscheidung für ein bestimmtes Modell sollte nicht vorschnell getroffen werden. Die nachstehenden Angaben können demgemäß nur einen ersten Eindruck vermitteln. Ein dort als grundsätzlich weniger tauglich bezeichnetes Mo-dell kann dennoch für Ihr Haus die richtige Entscheidung sein. Mit dem Outsourcing auf einen externen Partner, also dem Einkauf von entsprechenden Dienstleistungen, lassen sich die angestrebten Vorteile in der Regel verwirklichen. Allerdings muss man dann auch die vorstehend skizzierten Nachteile als Risiko in Kauf nehmen. 3

Als Alternative kann es in Betracht kommen, an Stelle der Wahl eines externen Partners die hausinterne Konzentration bestimmter bislang dezentral organisierter und erbrachter Leistungen, also das Outsourcing auf die eigene Betriebsabteilung, zu wählen. In der Tat behält der Krankenhausbetrieb als Arbeitgeber dann den direkten Einfluss auf die unmittelbare Leistungserbringung. Auch besteht kein Risiko der Insolvenz des Outsourcing-Partners und nicht der Nachteil der Mehrwertbesteuerung, denn Leistungen eines (zugelassenen) Krankenhauses sind von der Mehrwertsteuer befreit, 4 Ziff. 14 Umsatzsteuergesetz (UStG). Die eigentlich mit dem Outsourcing verbundenen Vorteile ergeben sich hierbei aber gerade nicht: Die Haftung für fehlerhafte Leistungen bleibt im Haus, die Know-how- Zuführung unterbleibt, eine Verschlankung der Strukturen und damit der Kosten ist nur schwer zu erreichen, die Notwendigkeit von Eigeninvestitionen bleibt erhalten. Auch das Outsourcing auf die eigene Betriebsabteilung unter fachlicher Anleitung durch einen externen Partner kann den Nachteilen der beiden vorstehend genannten Modelle nicht vollständig begegnen. Das Krankenhaus trägt zwar keinerlei Insolvenzgefahr des Partners und auch nicht den Mehrwertsteuernachteil, gewinnt gleichwohl Know-how hinzu. Allerdings bleibt das Haftungsrisiko ebenso im Haus wie die Notwendigkeit von Eigeninvestitionen. Die Kostenvorteile sind wenn überhaupt als gering einzustufen. Sinnvoll erscheint diese Gestaltungsvariante allerdings als Vorstufe des Outsourcing auf eine Tochtergesellschaft, um den vorgesehenen Partner besser kennen lernen und einschätzen zu können. Von vielen wird das Outsourcing auf eine Tochtergesellschaft als der Königsweg bezeichnet, da es die Nachteile am besten vermeiden und die Vorteile am ehesten erreichen lässt. Gemeint ist die Leistungserbringung durch eine in der Regel zu gründende Tochtergesellschaft, an der ein externer Know-how-Träger als Partner beteiligt wird. Bei der Umsetzung der Entscheidung für dieses Modell handelt es sich um ein in rechtlicher - wie auch in tatsächlicher - Hinsicht äußerst komplexes Projekt. II. Rechtliche Implikationen Die arbeitsrechtlichen Konsequenzen müssen durchdacht werden. Will man den Mehrwertsteuervorteil (s.o.) nicht gefährden, muss die umsatzsteuerliche Organschaft erreicht werden. Die Gemeinnützigkeit sollte nicht unbewusst aufs Spiel gesetzt werden. Die kommunal-, sozialund vergaberechtlichen Vorgaben dürfen ebenso wenig übersehen werden. Ferner müssen die Vertragsbeziehungen zwischen Krankenhausbetrieb (Mutter) und dem Leistung erbringenden Outsourcingunternehmen (Tochter) geregelt werden. 1. Arbeitsrechtliche Aspekte des Krankenhaus-Outsourcing Recht und Politik nehmen in nicht zu unterschätzender Weise auf die arbeitsrechtliche Gestaltung des Outsourcing Einfluss. Insbesondere können die Arbeitnehmervertreter nicht früh genug mit in die Entscheidungs- und Umsetzungsvorgänge einbezogen werden, um diesbezügliche Probleme frühzeitig erkennen und lösen zu können. Dies spielt insbesondere bei dem Betriebsübergang nach 613 a BGB eine große Rolle. Im Einzelfall kann es schwierig sein, festzustellen, ob mit dem Outsourcing die Voraussetzungen des Betriebsübergangs nach 613a BGB erfüllt sind, nämlich der Übergang eines Betriebs oder Betriebsteils, mit dem ein Betriebsinhaberwechsel verbunden ist. Weil die Folgen des Betriebsübergangs nach 613a BGB gravierend sind, muss dieser Aspekt frühzeitig bedacht werden. Dann kann durch organisatorische Maßnahmen Einfluss auf die Gestaltung genommen werden. Liegt ein Betriebsübergang vor, gehen die Arbeitsverhältnisse der in dem Betrieb oder Betriebsteil beschäftigten Arbeitnehmer kraft Gesetzes auf den Erwerber über. Seit April 2002 besteht dabei eine umfangreiche gesetzliche Unterrichtungspflicht. Folge der mangelnden Unterrichtung ist, dass die Frist nicht zu laufen beginnt, innerhalb derer der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den neuen Inhaber wider-sprechen kann. Dies bedeutet eine erhebliche Rechtsunsicherheit für den Übernehmer wie für den bisherigen Betriebsinhaber. Der Arbeitnehmer, der innerhalb eines Monats ab vollständiger Unterrichtung den Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses schriftlich erklärt, geht das Risiko ein, wegen fehlender Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei dem bisherigen Arbeitgeber betriebsbedingt gekündigt zu werden. Besondere Probleme können sich dann vor allem für kommunale und kirchliche Häuser ergeben, in denen Kündigungen oftmals ausgeschlossen sind. Dann kann nämlich auch im Falle des Widerspruchs zumeist nicht gekündigt werden. In problematischen Fäl- 4

len ist an alternative Gestaltungen zu denken, wie etwa die Arbeitnehmergestellung/-überlassung oder das Projektmanagement, die ihrerseits sorgfältig vorbereitet werden müssen. Das Gesetz bestimmt für den Fall des Übergangs des Arbeitsverhältnisses die Fortgeltung der arbeitsvertraglichen Regelungen. Hierbei existieren Unterschiede je nachdem, ob Veräußerer und Arbeitnehmer tarifgebunden sind oder nicht. Insbesondere die Fragen nach der Weitergeltung von tarifvertraglichen Vereinbarungen und/oder Betriebsvereinbarungen sowie deren Transformation in individualarbeitsrechtliche Vereinbarungen bei dem neuen Inhaber und Arbeitgeber sollten in jedem Falle zuvor bedacht werden, weil sie maßgeblichen Einfluss auf die notwendige Gestaltung des Projekts nehmen können. Durch entsprechende Gestaltung der Arbeitsverträge kann die Weiche entscheidend gestellt werden. Der Betriebsübergang hat ferner Folgen für die betriebliche Altersversorgung. Der neue Inhaber tritt nach dem Gesetz in die bestehenden Versorgungsverpflichtungen ein. Er hat dabei nicht nur für die zukünftig noch zu erwerbenden Anwartschaften einzustehen, sondern haftet insbesondere auch für die bereits erdienten Anwartschaften. Lediglich die bereits entstandenen Versorgungsansprüche von Rentnern und die unverfallbaren Anwartschaften ausgeschiedener Arbeitnehmer gehen nicht über. Besondere Probleme birgt der gerade im Bereich der öffentlichen Hand häufig anzutreffende Fall der Zusatzversorgung durch die VBL oder die ZVK. Der Erwerber wird dann regelmäßig die Mitgliedschaft anstreben, weil er andernfalls die Versorgungslasten bei Eintritt des Versorgungsfalls selbst zu tragen hätte. Die Mitgliedschaft setzt allerdings je nach Satzung der betroffenen VBL/ZVK in der Regel voraus, dass der Erwerber das Tarifrecht des öffentlichen Dienstes oder ein Tarifrecht wesentlich gleichen Inhalts anwendet. Häufig wird insbesondere gefordert, dass gleiches Versorgungsrecht Anwendung findet, so dass der Erwerber auch bei Neuanstellungen gezwungen ist, die Zusatzversorgung einzurichten. In der Regel muss zudem eine Person des öffentlichen Rechts die überwiegende Beteiligung an der Gesellschaft halten, mindestens aber den maßgeblichen Einfluss ausüben. Bei der Gestaltung des Outsourcing-Projekts dringend zu beachten ist, dass die ZVK/VBL die Mitgliedschaft des nicht outgesourcten Betriebsteils (also des Krankenhausbetriebs) kündigen kann, wenn ein wesentlicher Teil der Arbeitnehmer des Mitglieds durch das Outsourcing in Wegfall gerät. Wegen der erheblichen finanziellen Folgen sollten diese Aspekte bereits im Planungsstadium geklärt und ggf. alternative Finanzierungsmöglichkeiten beispielsweise durch eine private Versicherung ins Auge gefasst werden. Von besonderer Bedeutung für den Erfolg des Outsourcing ist ferner das Mitbestimmungsrecht im Betriebsverfassungsgesetz oder den Personalvertretungsgesetzen der Länder; das Projekt kann betriebswirtschaftlich und rechtlich in jeder anderen Hinsicht so gut wie möglich vorbereitet sein ein Fehler hier kann das Projekt erheblich gefährden. Alles in Allem bieten die arbeitsrechtlichen Fragestellungen eine Vielzahl von Fehlermöglichkeiten bei der Umsetzung von Outsourcing- Entscheidungen. Es kann daher nur zu der frühzeitigen Hinzuziehung des professionellen Beraters geraten werden, der Ihnen hilft, die maßgeblichen Fragen zu erkennen und für Sie richtig zu beantworten. Auf wesentliche Aspekte gehen wir nachstehend weiter ein. 2. Steuerrechtliche und gemeinnützigkeitsrechtliche Aspekte des Krankenhaus- Outsourcing Die steuerlichen Folgen stellen als Kostenfaktoren die Weichen für den betriebswirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg des Outsourcing-Projekts. Dasselbe gilt insbesondere für die Bedeutung des Outsourcing für die Gemeinnützigkeitskriterien des Veräußerers und des Erwerbers. Sie sind daher von mindestens ebenso großer Bedeutung. Nachfolgend einige ausgewählte Aspekte. Leistungen eines Krankenhauses sind gem. 4 Ziff. 14 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Dafür ist der Krankenhausbetrieb nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Bei dem Outsourcing gilt es zu beachten, dass bisher in Eigenregie und daher umsatzsteuerfrei erbrachte Leistungen zukünftig umsatzsteuerpflichtig eingekauft werden müssen, wenn nicht durch die richtige Gestaltung dies vermieden wird. Ob die Mehrwertsteuerpflichtigkeit ein Dealbreaker ist oder für die Outsourcing-Entscheidung nur eine untergeordnete Rolle spielt, muss im Einzelfall entschieden werden. Wichtig ist nur, dass der Entscheidung sachliche Kriterien zugrundegelegt werden, was ein Bewusstsein für diese Problematik voraussetzt. Das Stichwort zur Vermeidung der Mehrwertsteuerpflichtigkeit lautet: Umsatzsteuerliche Organschaft. 5

Um die umsatzsteuerliche Organschaft zu errichten, bedarf es der wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen Eingliederung des Leistungserbringers in den Kran-kenhausbetrieb. Die finanzielle Eingliederung erfordert die über 50%ige Beteiligung (Stimmenmehrheit) des Krankenhausbetriebs an der der Tochtergesellschaft. Für die wirtschaftliche Eingliederung ist es erforderlich, dass die Tochter gemäß dem Willen der Mutter tätig ist, also die Beherrschung der Tochter durch die Mutter. Je nach Rechtsform sind hier verschiedene Gestaltungen denkbar. Wichtig ist die rechtzeitige Abstimmung mit den zuständigen Finanzbehörden; vorsorglich sollte eine verbindliche Auskunft des Finanzamtes über die dortige Bewertung der ins Auge genommenen Gestaltung eingeholt werden. Die organisatorische Eingliederung liegt vor, wenn die Mutter durch organisatorische Maßnahmen sicherstellt, dass ihr Wille auch tatsächlich ausgeführt wird, etwa durch Personenidentität der Geschäftsführung. Das besondere Problem liegt darin, dass eine Gestaltung gefunden werden muss, an der sich der Know-how-Träger als Leistungserbringer im Rahmen eines gemeinsamen Unternehmens trotz seiner Stellung als beherrschter Minderheitsgesellschafter noch beteiligen möchte: Wie werden die Kompetenzen verteilt, wie werden die Gewinne verteilt (Gewinnanteil oder Management-Fee?), etc.? Dies alles gilt es im Rahmen des für die umsatzsteuerliche Organschaft recht engen Spielraums zu gestalten. Von besonderer Bedeutung ist ferner die Beachtung der gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben bei der Entscheidung über das Outsourcing. Auch hier gilt, dass im Einzelfall etwas dafür sprechen kann, die Gemeinnützigkeit der Tochter nicht einzurichten oder diejenige der Mutter aufzugeben. Schlimm ist, wenn der Verlust der Gemeinnützigkeit Folge einer unachtsamen Gestaltung ist, denn die Folgen können empfindlich sein: 10 Jahre rückwirkende Nachversteuerung gem. 61 Abs. 3 AO, Besteuerung stiller Reserven, Grunderwerbssteuer, Umsatzsteuer, laufende Ertragsbesteuerung. Wenn die Gemeinnützigkeit der Tochter eingerichtet und diejenige der Mutter erhalten bleiben soll, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden: Auch hierauf gehen wir nachstehend noch konkreter ein. 3. Kommunal-, sozial- und vergaberechtliche Aspekte des Krankenhaus-Outsourcing Die Kommunen müssen bei wirtschaftlichen Betätigungen die Vorgaben des Kommunalrechts beachten. Zwar bestehen von Land zu Land unterschiedliche Regelungen. In der Regel besteht aber das Gebot der Wirtschaftlichkeit. Auch auf die gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung wirken sich die Vorschriften der Gemeindeordnungen aus, um einen hinreichenden Einfluss der Gemeinde auf das Unternehmen zu sichern. Auf Land- und Stadtkreisebene stellt sich ferner die Frage, ob durch einen teilweisen Rückzug aus der Krankenversorgung eine Gefährdung des Sicherstellungsauftrags folgt; dem stünde neben der Gemeindeordnung dann insbesondere das Landeskrankenhausgesetz entgegen. Auch die Gemeinde hat unabhängig von einer rechtlichen Verpflichtung häufig ein vitales Interesse am Fortbestand des Krankenhausbetriebs. Dem kann durch entsprechende vertragliche Gestaltungen (Stichwort: Rückabwicklungsregelungen) für bestimmte Fälle Rechnung getragen werden. Der Vollständigkeit halber seien als weiterer im Zusammenhang mit Umstrukturierungen immens wichtiger Punkt die sozialrechtlichen Vorgaben erwähnt. Einem Plan-/Versorgungsvertrags- Krankenhaus nutzt es wenig, wenn in arbeitsund steuerrechtlicher Hinsicht alles optimal vorbereitet wurde, wenn nicht zugleich sichergestellt ist, dass die Umstrukturierungsmaßnahme nicht an dem Status als zugelassenes Krankenhaus nach 108 Abs. 5 SGB V rührt. Statusinhaber ist dann der Krankenhausträger, der das Krankenhaus betreibt. Bei jeder Umstrukturierungsmaßnahme muss geprüft werden, ob diese zu einem Wechsel des Krankenhausbetreibers führt. Der neue Betreiber wird nämlich nicht automatisch Statusinhaber. Bei einzelnen Outsourcing- Maßnahmen wird dies selten virulent, kann aber bei größeren Umstrukturierungen im Zusammenhang Bedeutung erlangen. Bei öffentlich-rechtlichen Krankenhausbetrieben stellt sich ferner die Frage, ob Leistungen ohne weiteres bei der Outsourcing-Tochter eingekauft werden können, oder ob vergaberechtliche Vorgaben zu beachten sind, respektive ob die entsprechenden Leistungen ausgeschrieben werden müssen. Selbst bei grundsätzlicher Anwendbarkeit des Vergaberechts könnte es sich hierbei um ein sog. vergaberechtsfreies In-House- Geschäft handeln. Hierfür gelten allerdings enge Grenzen. 6

4. Vertragsbeziehungen zwischen Krankenhausbetrieb und Outsourcing-Partner Die Phalanx der im Rahmen eines Outsourcing- Projekts zu gestaltenden Vertragsbeziehungen ist lang: Gesellschaftsvertrag, Konsortial-/ Kooperationsvertrag, Leistungsvertrag, Finanzierungsverträge, Arbeitnehmerüberlassungsverträge, Individualverträge mit bestimmten Arbeitnehmern etc. Alle Verträge sind wichtig und müssen mit aller Sorgfalt gestaltet werden, um dem Projekt zum Erfolg zu verhelfen. Insbesondere der Leistungsvertrag sollte neben allen anderen Regelungen die notwendige Aufmerksamkeit geschenkt werden. Er bestimmt den Erfolg des Outsourcing- Projekts im täglichen Miteinander. In ihm wird der Ankauf vorhandener Betriebsmittel durch die Outsourcing-Tochter ebenso geregelt, wie die konkreten Fragen der Leistungserbringung (etwa: Mengen, Zeitabläufe, Qualitäten, Instandhaltungen, Dokumentation, etc.). Daneben sind insbesondere die Regelung der Zahlungsverpflichtungen und der Leistungsstörungsrechte von großer Bedeutung. Besonders sensibel ist die Frage der Gestaltung der Beendigung des Vertragsverhältnisses; insbesondere der Krankenhausbetrieb hat an einer reibungslosen Fortführung mit wem auch immer Interesse. Dies muss ermöglicht werden. B. Zu den rechtlichen Fragestellungen im Einzelnen I. Arbeitsrechtliche Aspekte von Outsourcingmaßnahmen Obgleich arbeitsrechtliche Überlegungen in aller Regel nicht das Motiv dafür sind, Bereiche outzusourcen, kommt den damit im Zusammenhang stehenden Fragestellungen besondere Bedeutung zu. Man möchte fast sagen, die arbeitsrechtlichen Überlegungen stehen im Mittelpunkt eines jeden Restrukturierungsprozesses und nehmen häufig den größten Zeitanteil der Planungen und Verhandlungen ein. Durch eine genaue Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen, einen auf dieser Basis gefassten Plans und eine kluge Strategie lassen sich in aller Regel Kosten einsparen. Im Folgenden beleuchten wir daher die arbeitsrechtlichen Problemfelder. Die Frage, ob eine Maßnahme dabei einen Betriebsübergang oder nur eine Funktionsnachfolge darstellt sowie Inhalt und Zustandekommen eines Interessenausgleichs und Sozialplans stehen dabei im Mittelpunkt. 1. Betriebsübergang vs. Funktionsnachfolge In aller Regel sollen Outsourcingmaßnahmen der Kosteneinsparung dienen. Der Erfolg eines solchen Vorgehens hängt vor allem davon ab, ob die Maßnahme als Betriebsübergang im Sinne von 613a BGB zu qualifizieren ist oder es sich lediglich um eine Funktionsnachfolge handelt. Denn im Falle eines Betriebsübergangs wechseln die in dem outgesourcten Bereich angestellten Arbeitnehmer regelmäßig unter Wahrung ihres Besitzstandes zum neuen Betriebsinhaber. Eine Kosteneinsparung lässt sich dann in aller Regel nur mittel- oder gar langfristig erreichen. a. Voraussetzungen eines Betriebsübergangs/einer Funktionsnachfolge Der Begriff der Funktionsnachfolge wird im Gesetz nicht erwähnt. Er erklärt sich vielmehr aus dem Umkehrschluss zum Betriebsübergang im Sinne 613a BGB. Denn dieser löst Rechtsfolgen aus, die einer bloßen Funktionsnachfolge fremd sind. Umso wichtiger ist es, die Funktionsnachfolge von dem Betriebsübergang abzugrenzen. Dies geschieht letztlich über die Prüfung, ob die Voraussetzungen des 613a BGB durch eine bestimmte Maßnahme erfüllt sind oder nicht. (1) Übergang eines Betriebs oder eines Betriebsteils Nach seinem Wortlaut erfordert 613a BGB den Übergang eines Betriebs oder Betriebsteils. Die Begriffe werden gesetzlich nicht definiert. Das erklärt auch, weshalb sich das Verständnis eines Betriebs oder Betriebsteils im Laufe der Jahre mehrfach gewandelt hat. Nach heutigem Verständnis ist der Betrieb im Sinne von 613a BGB nicht mehr deckungsgleich mit den Begriffen des Betriebsverfassungsrechts. Vielmehr hat sich die Definition des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) durchgesetzt. Er stellt darauf ab, ob eine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit vorliegt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen. Als wirtschaftliche Einheit versteht es eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen, die durch den Unternehmer zielgereichtet zur Erreichung des Betriebszwecks eingesetzt wird. Damit allein ist freilich nichts gesagt. 7

Der EuGH hat deshalb einen 7-Punkte-Katalog entwickelt, um das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit zu überprüfen. Er stellt dabei insbesondere ab auf - die Art des betreffenden Unternehmens vor und nach dem Betriebsgang, - einen etwaigen Betriebsübergang der materiellen Betriebsmittel sowie Gebäude und beweglichen Güter, - den Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, - die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft, - einen etwaigen Übergang der Kundschaft, - den Grad der Ähnlichkeit zwischen der vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeit sowie - die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Dieser Katalog ist nicht abschließend. Die Gewichtung der einzelnen Aspekte ist flexibel und richtet sich vor allem danach, welchem Bereich eine wirtschaftliche Einheit zuzuordnen ist. Im produzierenden Gewerbe stehen bspw. regelmäßig die materiellen Aktiva im Vordergrund; bei Dienstleistungsbetrieben und Krankenhäusern kommt es hingegen häufig mehr auf die persönlichen Betriebsmittel an. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Rechtsprechung bei den Betriebsmitteln keine eigenwirtschaftliche Nutzung fordert. Sie müssen also nicht im Eigentum des abgebenden Betriebes oder Betriebsteils stehen, damit die Rechtsfolgen des 613a BGB ausgelöst sein können. Entscheidend kommt es vielmehr auf den sogenannten Wertschöpfungsgedanken an. Die Betriebsmittel sind danach für einen Betrieb oder Betriebsteil prägend, wenn ihr Einsatz bei wertender Betrachtungsweise den eigentlichen Kern der Wertschöpfung ausmacht. Der unter Berücksichtigung all dieser Aspekte definierte Betrieb muss sich nach der früheren Rechtsprechung des BAG und EuGH identitätswahrend bei dem neuen Inhaber wiederfinden. Alle prägenden Indizien müssen im Wesentlichen unverändert erhalten bleiben. In der Vergangenheit ergaben sich daraus Gestaltungsspielräume. So konnte ein Betriebsübergang nach 613a BGB mitunter dadurch vermieden werden, dass die wirtschaftliche Einheit anlässlich des Inhaberwechsels aufgelöst wurde. Die sich daraus ergebenden Möglichkeiten wurden durch den EuGH in einer neuen Entscheidung offenbar eingeschränkt. Denn er verzichtete dort auf das Merkmal des identitätswahrenden Übergangs. In seinen Entscheidungsgründen führte er aus, dass es für einen Betriebsübergang genüge, wenn die organisatorische Einheit zwar mit dem Arbeitgeberwechsel aufgelöst werde, die wesentlichen Produktionsfaktoren jedoch erhalten blieben. Das BAG hat in einer kurz darauf ergangenen Entscheidung klargestellt, dass damit die Funktionsnachfolge ohne die Folgen des 613a BGB nicht aufgegeben werde. Die sich aus diesem Disput zwischen EuGH und BAG ergebenden Folgen für die Praxis sind noch nicht abschließend vorherzusehen. (2) Rechtsgeschäft Darüber hinaus erfordert 613a BGB ein Rechtsgeschäft zwischen dem Veräußerer und Erwerber. Die Rechtsprechung legt auch insoweit einen weiten Maßstab an und lässt letztlich nur gesetzliche Inhaberwechsel nicht als Grundlage des 613a BGB gelten. (3) Inhaberwechsel Dass der Betriebsübergang auf einen neuen Inhaber erfolgen muss, versteht sich von selbst. b. Rechtsfolgen Liegen die Voraussetzungen des 613a BGB vor, wechseln grundsätzlich alle in dem betreffenden Betrieb oder Betriebsteil beschäftigten Arbeitnehmer auf den neuen Inhaber über. Dieser tritt in aller Regel zu unveränderten Rechten und Pflichten in die bisherigen Arbeitsverhältnisse ein. Der Gesetzgeber will dadurch nicht nur einen weitgehenden Bestands- sondern auch Inhaltsschutz für die betroffenen Arbeitnehmer gewährleisten. (1) Arbeitgeberwechsel Wesentliche Folge eines Betriebsübergangs ist der automatische Arbeitgeberwechsel für alle in dem betreffenden Betrieb oder Betriebsteil beschäftigten Arbeitnehmer. Mit dem Wechsel in der Leitungsmacht tritt der Erwerber an die Stel- 8

le des bisherigen Arbeitgebers. Dabei kommt es weniger auf den zwischen Erwerber und Veräußerer vereinbarten Zeitpunkt als vielmehr den Zeitpunkt der tatsächlichen Leitungsübernahme an. (2) Informationspflichten nach 613a Abs. 5 BGB und Widerspruchsrecht Diesem automatischen Arbeitgeberwechsel kann der betroffene Arbeitnehmer widersprechen. Der Widersprich muss schriftlich an den bisherigen oder neuen Arbeitgeber gerichtet werden. Es bedarf also einer durch den Arbeitnehmer unterzeichneten Urkunde. Der Widerspruch muss regelmäßig innerhalb einer Frist von einem Monat eingelegt sein. Die Frist beginnt mit der vollständigen und zutreffenden Information des Arbeitnehmers nach 613a Abs. 5 BGB. Sie schließt eine in sich verständliche und für den Arbeitnehmer nachvollziehbare Darstellung aller Konsequenzen des Betriebsübergangs, insbesondere in wirtschaftlicher, rechtlicher und sozialer Hinsicht ein. Eine bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlauts genügt nicht. Vielmehr ist der Arbeitgeber verpflichtet, alle sich aus dem Betriebsübergang ergebenden Folgen (auch solche des Betriebsverfassungs- oder Kündigungsschutzrechts) in auch für den juristischen Laien verständlichen Worten wiederzugeben. Zudem muss das Informationsschreiben auch alle Rechtsfolgen des 613a BGB zutreffend wiedergeben. Genügt die Information des Mitarbeiters nicht den strengen Anforderungen des Gesetzes, wird die Widerspruchsfrist nicht in Gang gesetzt. Der Arbeitnehmer kann dann auch deutlich nach Ablauf eines Monats und erhebliche Zeit nach dem Betriebsübergang dem Arbeitgeberwechsel widersprechen. Dieses Recht unterliegt lediglich der Grenze der Verwirkung. Eine Zeitspanne von zwölf Monaten hat das Bundesarbeitsgericht dabei im Zusammenhang mit den BenQ- Betriebsübergängen am 21. Juli 2008 noch für zulässig angesehen, solange der betroffene Mitarbeiter nicht zwischenzeitlich über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses disponiert hat. (3) Arbeitsbedingungen Von besonderer Relevanz für die betroffenen Arbeitnehmer ist die Entwicklung ihrer weiteren Arbeitsbedingungen. Das Gesetz selbst geht davon aus, dass jeder Arbeitnehmer zu den Konditionen seines bisherigen Arbeitsvertrages wechselt. Die bisherigen Absprachen gelten deshalb in aller Regel unverändert weiter. - Dies wirft keine weiteren Fragen auf, wenn der Arbeitsvertrag selbst alle relevanten Arbeitsbedingungen wiedergibt. - Problematisch sind indes die Fälle, in denen ein Arbeitsvertrag ein anderes Regelungswerk in Bezug nimmt. Denn häufig kann über die Auslegung der Inbezugnahmeklauseln gestritten werden. Verschiedene Lesarten sind denkbar. So kann sich daraus die Inbezugnahme des jeweils für den Arbeitgeber geltenden Tarifvertrages (und damit ggf. auch ein Tarifwechsel) ergeben. Ebenso gut kann die Inbezugnahme auch auf die weitere Anwendung des bisherigen Tarifwerks - sei es statisch in der Fassung zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs oder dynamisch in der auch nach dem Betriebsübergang jeweils geltenden Fassung - ergeben. Dies muss im Einzelfall geklärt werden. - Probleme ergeben sich meist auch dann, wenn ein Tarifvertrag kraft Tarifbindung (d.h. entweder Allgemeinverbindlichkeit oder jeweilige Zugehörigkeit des Arbeitgebers und Arbeitnehmers zum tarifschließenden Verband) Anwendung findet. Denn dann kann es zur Transformation oder zum Tarifwechsel kommen. Auch dies hängt jedoch jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab. Alle außerhalb des Arbeitsvertrages stehenden Besitzstände (insbesondere solche aus Betriebszughörigkeit) werden durch den Betriebsübergang nicht angetastet und bleiben unverändert erhalten. (4) Verbot von Kündigungen Schließlich verbietet 613a BGB Kündigungen wegen des Betriebsübergangs. In der Rechtsprechung besteht Einigkeit, dass dadurch das Recht des Veräußerers oder Erwerbers zur Kündigung aus anderen Motiven nicht beschränkt wird. Verboten sind deshalb nur solche Kündigungen, die einzig und allein wegen des Betriebsübergangs erklärt werden. Liegen der Kündigung jedoch verhaltens- oder personenbedingte Gründe oder gar ein dringendes betriebliches Erfordernis aufgrund eines veränderten Konzepts zugrunde, bleibt das Recht zur Kündigung erhalten. Der bisherige Arbeitgeber ist sogar berechtigt, die Organisationsentscheidung des Erwerbers vorweg zu nehmen und sie zur Grundlage einer eigenen betriebsbedingten Kündigung zu machen. 2. Interessenausgleich/Sozialplan a. Vorliegen einer Betriebsänderung Ob ein Arbeitgeber zum Interessenausgleich oder Sozialplan verpflichtet ist, hängt von verschiedenen Voraussetzungen ab. Auch entscheidet sich diese Frage danach, ob es sich um einen kirchli- 9

chen oder weltlichen Arbeitgeber handelt. Schließlich spielt eine Rolle, ob der Arbeitgeber den so genannten Tendenzschutz (vgl. 118 BetrVG) für sich in Anspruch nehmen kann. Im Allgemeinen ist indes festzuhalten, dass jede Betriebsänderung unabhängig davon, ob kirchliches Arbeitsrecht oder das Betriebsverfassungsgesetz zur Anwendung kommt, einen Sozialplan zur Folge hat. Lediglich die Frage, ob die Maßnahme zugleich interessenausgleichspflichtig ist, wird unterschiedlich beurteilt. Auch bei Tendenzbetrieben ist ein Sozialplan grundsätzlich zu schließen und nur der Versuch eines Interessenausgleichs entbehrlich. Angesichts dessen hat der Begriff der Betriebsänderung zentrale Bedeutung. Er erklärt sich aus 111 BetrVG. Die Vorschrift gilt für Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern. Sie enthält einen Regelkatalog von Maßnahmen, die als Betriebsänderung anzusehen sind. Hierzu gehören insbesondere - die Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, - die Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, - der Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben, - die grundlegende Änderung der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen sowie - die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren. Bei Outsourcingmaßnahmen spielen vor allem die Einschränkung von wesentlichen Betriebsteilen und die Spaltung von Betrieben eine Rolle. Häufig erfüllen arbeitgeberseitige Maßnahmen beide Fallgruppen einer Betriebsänderung. Der Begriff der Betriebsspaltung knüpft dabei nicht an den umwandlungsrechtlichen Spaltungsbegriffen. Vielmehr erfasst er jede Abgabe einer organisatorischen Einheit durch ein Unternehmen, deren personeller Umfang die so genannte Bagatellgrenze (fünf wahlberechtigte Arbeitnehmer) überschreitet. Die meisten Outsourcingmaßnahmen erfüllen unter diesem Gesichtspunkt die Voraussetzungen des 111 BetrVG. Zusätzlich kommt es in diesem Zusammenhang regelmäßig zu einem erheblichen Personalabbau, der die Schwellen des 17 KSchG für eine Massenentlassung überschreitet. Auch dann ist die Maßnahme als Betriebsänderung anzusehen. Dies gilt für weltliche wie für kirchliche Arbeitgeber gleichermaßen. b. Interessenausgleich Wie bereits erwähnt, ist nur der weltliche Arbeitgeber verpflichtet, einen Interessenausgleich mit seinem Betriebsrat zu versuchen ( 112 Abs. 1 BetrVG), um negative Folgen zu vermeiden. Hierzu muss er den bei ihm gebildeten Betriebsrat rechtzeitig und umfassend über die bevorstehenden Planungen informieren. Die Unterrichtung muss zu einem Zeitpunkt erfolgen, in dem der Betriebsrat noch effektiven Einfluss auf die unternehmerischen Planungen nehmen kann. Allerdings bedeutet dies nicht zugleich, dass der Unternehmer seine Arbeitnehmervertretung über jedes Gedankenspiel informieren muss. Die Informationspflicht wird vielmehr erst dann ausgelöst, wenn sich die Planungen auf eine bestimmte Gestaltungsform konkretisieren und das Studium der blue prints verlassen. Nach der Unterrichtung hat der Arbeitgeber die Maßnahme mit seinem Betriebsrat zu beraten. Dem Betriebsrat soll so die Möglichkeit eröffnet werden, die Arbeitnehmerinteressen zur Geltung zu bringen. Insbesondere hat er die Möglichkeit, das Wie der Maßnahme zu beeinflussen. Ihr Ob kann er in der Regel nicht verhindern. Das Interessenausgleichsverfahren ist in 112 BetrVG näher beschrieben. Es sieht verschiedene Stadien und Schritte vor, die dem Betriebsrat ein erhebliches Verzögerungspotential an die Hand geben. Häufig nutzen Betriebsräte dieses Mittel, um Einfluss auf die Sozialplanverhandlungen zu nehmen. Deutlich seltener werden alle in Betracht kommenden Mittel bis zur Anrufung des Vorstandes der Bundesagentur für Arbeit ausgeschöpft. Ein Interessenausgleich wird also regelmäßig mit oder jedenfalls selten vor einem Sozialplan abgeschlossen. Dann enthält er eine Beschreibung der Maßnahme. Dies dient vor allem der Konkretisierung der durch den Sozialplan erfassten Fälle. Daneben werden häufig Punkteschemata vereinbart. Sie dienen der Durchführung einer erleichterten Sozialauswahl im Falle betriebsbedingter Kündigungen. Die Vereinbarung von 10