DNotI Deutsches Notarinstitut GUTACHTEN Dokumentnummer: 13193 letzte Aktualisierung: 28.06.2006 AktG 95, 96 Abs. 2, 97, 179, 181 Abs. 3 Verringerung der Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder durch Satzungsänderung und gleichzeitige Durchführung eines Statusverfahrens wegen Absinken der Mitarbeiterzahl (Wegfall der Arbeitnehmerbeteiligung) I. Sachverhalt Nach der Satzung einer Aktiengesellschaft besteht der Aufsichtsrat aus sechs Mitgliedern. Derzeit gehören ihm auch zwei Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer an, die nach dem DrittelbG in den Aufsichtsrat entsandt wurden. Zwischenzeitlich ist eines der von der Hauptversammlung gewählten Aufsichtsratsmitglieder verstorben. Die vakante Stelle wurde bislang nicht neu besetzt. Nunmehr ist die Anzahl der Arbeitnehmer auf Dauer unter die Zahl von 500 herabgesunken. Die Gesellschaft unterliegt von daher nicht mehr den Mitbestimmungsregeln des DrittelbG. Die Gesellschaft möchte deshalb in einem Statusverfahren die Feststellung herbeiführen, dass sie nicht mehr den Mitbestimmungsregeln unterliegt. Gleichzeitig soll die Satzung der Gesellschaft geändert werden, dass der Aufsichtsrat künftig nur noch aus drei Mitgliedern besteht, von welchen ein Mitglied durch einen benannten Aktionär entsandt wird. Beabsichtigt ist, diese Satzungsänderung noch in diesem Jahr in Kraft zu setzen. II. Frage Kann die Herabsetzung der Zahl der Ausichtsratsmitglieder im Wege eines Statusverfahrens in Verbindung mit einer Satzungsänderung erreicht werden? III. Zur Rechtslage 1. Statusverfahren a) Allgemein 96 Abs. 1 AktG stellt verschiedene Modelle für die Zusammensetzung des Aufsichtsrates zur Verfügung. Diese Modelle sind zwingend. Nach welchem konkreten Modell und den hierfür geltenden Vorschriften der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft zusammenzusetzen ist, kann durch die Zahl der Arbeitnehmer oder Umstrukturierungen beeinflusst werden. Auch wenn über die Notwendigkeit der Änderung der Zusammen- Deutsches Notarinstitut Gerberstraße 19 97070 Würzburg Telefon (0931) 35576-0 Fax (0931) 35576-225 email: dnoti@dnoti.de internet: www.dnoti.de user/mr/pool/gutachten/13193.doc
Seite 2 setzung kein Zweifel besteht, braucht eine Gesellschaft für den Übergang von einem gesetzlichen Modell für die Zusammensetzung des Aufsichtsrats auf ein anderes (Änderung der Satzung, Beendigung der Aufsichtsratsmandate und Neuwahlen) rein faktisch einige Zeit. Um die Risiken einzudämmen, die sich daraus für die Handlungsfähigkeit des Aufsichtsrates ergeben, hat der Gesetzgeber mit dem AktG 1965 das besondere Statusverfahren nach 97 99 AktG eingeführt. In Verbindung mit 96 Abs. 2 AktG dient dieses Verfahren der Rechtssicherheit. Das Überleitungsverfahren nach 97 ff. AktG erfolgt in zwei Stufen: Zunächst erfolgt die für alle Beteiligten verbindliche Festlegung der für die Bildung des Aufsichtsrats maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften, was entweder durch innerhalb eines Monats unangefochtene Bekanntmachung des Vorstands nach 97 Abs. 2 S. 1 AktG oder durch gerichtliche Entscheidung nach 98 Abs. 4 S. 1 AktG erfolgt. Sodann wird die Überleitung vollzogen, indem nach 97 Abs. 2 AktG die entgegenstehenden Satzungsbestimmungen geändert werden oder kraft Gesetzes außer Kraft treten, alle bisherigen Aufsichtsratsmandate erlöschen und eine vollständige Neubesetzung des Aufsichtsrates stattfindet. Bis zum Vollzug der Überleitung nach 97 Abs. 2 AktG bleibt der Aufsichtsrat nach den alten Satzungsbestimmungen rechtmäßig zusammengesetzt und uneingeschränkt handlungsfähig, auch wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen für die bisher angewandten Vorschriften unstreitig entfallen sind (sog. Status quo-prinzip des 96 Abs. 2 AktG, vgl. nur Hoffmann-Becking, in: MünchHdb-AG, 2. Aufl. 1999, 28 Rn. 50; Hüffer, AktG, 7. Aufl. 2006, 96 Rn. 13; KölnKomm-AktG/Mertens, 2. Aufl. 1996, 96 Rn. 22; Geßler, in: Geßler/Hefermehl, AktG, 1973, 96 Rn. 51; GroßKomm- AktG/Hopt/Roth, 4. Aufl. 2005, 96 Rn. 54 und 97 Rn. 55 ff.; MünchKomm- AktG/Semler, 2004, 96 Rn. 72 ff.). b) Voraussetzungen Voraussetzung für die Durchführung eines Statusverfahrens ist, dass sich der Aufsichtsrat nach Ansicht des Vorstandes nicht nach den für ihn maßgebenden gesetzlichen Vorschriften zusammensetzt, 97 Abs. 1 S. 1, 96 Abs. 2 AktG. Die Vorschriften stellen dabei darauf ab, ob sich die Zusammensetzung des Aufsichtsrates nach einem anderen Modell im Sinne des 96 Abs. 1 AktG als bisher bestimmt (OLG Hamburg WM 1988, 1487, 1488). Nach herrschender, wenngleich umstrittener Ansicht kommt es hierbei nur auf die gesetzlichen Vorschriften über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats an. Ein Statusverfahren ist deshalb nach h. M. weder erforderlich noch überhaupt zulässig bei (freiwilligen) Satzungsänderungen (OLG Hamburg WM 1988, 1487, 1488 = AG 1989, 64, 65; OLG Dresden ZIP 1997, 589, 591; KölnKomm- AktG/Mertens, 97 Rn. 40; MünchKomm-AktG/Semler, 97 Rn. 32; Hüffer, 97 Rn. 3; a. A. Oetker, ZHR 149 (1985), 575, 582 ff.; in diesem Sinne wohl auch BAG DB 1990, 1142). Hauptfall der Anwendung der Vorschriften über das Statusverfahren ist die Änderung des mitbestimmungsrechtlichen Status der Gesellschaft und ein dadurch bedingter Wechsel des Aufsichtsratssystems. Ferner gehören hierher Veränderungen relevanter Schwellenzahlen innerhalb des selben Aufsichtsratssystems (Hüffer, 97 Rn. 3; MünchKomm-AktG/Semler, 97 Rn. 7 ff.). c) Insbesondere Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn in der Aktiengesellschaft 500 oder mehr Mitarbeiter beschäftigt werden. Damit findet ein anderes Aufsichtsratsmodell Anwen-
Seite 3 dung. Es gilt fortan der Grundsatz der Drittelbeteiligung nach dem DrittelbG. Es bedarf dann eines Statusverfahrens (MünchKomm-AktG/Semler, 97 Rn. 12). Ebenso ist die Rechtslage, wenn zunächst der Aufsichtsrat unter Beachtung des DrittelbG zusammengesetzt ist, nachträglich aber die Mitarbeiterzahl unter 500 sinkt, so dass jedwede Arbeitnehmerbeteiligung entfällt (GroßKomm-AktG/Hopt/Roth, 97 Rn. 8). Gleiches gilt beispielsweise, wenn ein Unternehmen seine bisherige Tätigkeit verändert, so dass es erstmals als ein dem Montan-Mitbestimmungsgesetz unterliegendes Unternehmen gilt. Auch hier ändert sich der Mitbestimmungsstatut. Der Aufsichtsrat ist zukünftig gemäß den Vorschriften des Montan-Mitbestimmungsgesetzes, d. h. paritätisch zu besetzen. Entsprechendes gilt für Tendenzunternehmen i. S. d. 81 BetrVG 1952 = 1 Abs. 2 DrittelbG (MünchKomm-AktG/Kubis, 97 Rn. 14 f.; KölnKomm-AktG/Mertens, 97 ff. Rn. 40; MünchHdb-AG/Hoffmann-Becking, 28 Rn. 53). In allgemein anschaulicher Form formuliert das OLG Hamburg wie folgt: Dieses Verfahren, das sog. Statusverfahren, ist dazu bestimmt, eine alsbaldige Entscheidung herbeizuführen, wenn Streit oder Ungewissheit über das für die Zusammensetzung des Aufsichtsrates anzuwendende Recht besteht. Dies gilt jedoch nur für die Frage, ob die jeweilige Zusammensetzung den Regeln des 96 Abs. 1 AktG entspricht, also dafür, welches der darin vorgesehenen gesetzlichen Modelle für die Gesellschaft maßgeblich ist... Andere Streitfragen, die die Besetzung des Aufsichtsrats und die Zugehörigkeit zu ihm betreffen, insbesondere die Gültigkeit von sich hierauf beziehenden Bestimmungen einer Satzung oder eines Gesellschaftsvertrages, von Gesellschafterbeschlüssen, Wahlen oder Abberufungsentscheidungen müssen im Streitverfahren der ordentlichen Gerichtsbarkeit, teilweise auch der Arbeitsgerichtsbarkeit ausgetragen werden. (OLG Hamburg OLGZ 1989, 32 = DB 1988, 1941 = WM 1988, 1487, 1488) d) Rechtsfolgen des Statusverfahrens Die Rechtsfolgen eines Statusverfahrens sind wie bereits erwähnt in 97 Abs. 2 AktG genannt. Läuft die Monatsfrist des 97 Abs. 2 AktG ab, ohne dass vor dem zuständigen Gericht ein Antrag auf Feststellung der richtigen Zusammensetzung gestellt wurde, wird das vom Vorstand in der Bekanntmachung angekündigte Aufsichtsratsmodell für die Gesellschaft maßgeblich ( 97 Abs. 2 S. 1 AktG). Dies gilt auch, wenn der Vorstand irrtümlich von einer Änderung der Verhältnisse ausging oder sonst ein unzutreffendes Mitbestimmungsregime angegeben hat (MünchKomm-AktG/Semler, 97 Rn. 36; GroßKomm-AktG/Hopt/Roth/Peddinghaus, 97 Rn. 56). Das Amt der bisherigen Aufsichtsratsmitglieder bleibt hingegen bestehen, allerdings endet dieses Amt mit Beendigung der ersten Hauptversammlung, die nach Ablauf der Monatsfrist zur Anrufung des Gerichts einberufen wird, spätestens aber sechs Monate nach Ablauf der Anrufungsfrist ( 97 Abs. 2 S. 3 AktG). Zugleich mit dem Erlöschen der Ämter der bisherigen Aufsichtsratsmitglieder nach 97 Abs. 2 S. 3 AktG treten gem. 97 Abs. 2 S. 2 AktG auch die Satzungsbestimmungen über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats, die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder sowie über Wahl, Abberufung und Entsendung von Aufsichtsratsmitgliedern insoweit außer Kraft, als sie den nunmehr anzuwendenden gesetzlichen Vorschriften widersprechen. Diese Bestimmungen dürfen bei der Wahl des
Seite 4 neuen Aufsichtsrats nicht mehr zugrunde gelegt werden. Dies gilt entgegen dem insoweit missverständlichen Wortlaut des 97 Abs. 2 S. 2 AktG auch für die erste innerhalb von sechs Monaten einberufene Hauptversammlung (GroßKomm- AktG/Hopt/Roth/Peddinghaus, 97 Rn. 64; KölnKomm-AktG/Mertens, 97 ff. Rn. 23). Weiter regelt 97 Abs. 2 S. 4 AktG schließlich, dass eine Hauptversammlung (nicht unbedingt die erste), die innerhalb der Frist von sechs Monaten nach Ablauf der Frist zur Anrufung des Gerichts stattfindet, neue Satzungsbestimmungen abweichend von 179 Abs. 2 AktG ohne zusätzlich notwendige Kapitalmehrheit mit einfacher Stimmenmehrheit beschließen kann. Freilich erstreckt sich diese vereinfachte Möglichkeit zur Satzungsänderung nur auf solche Bestimmungen im Zusammenhang mit der Anpassung an die neue Rechtslage hinsichtlich der Zusammensetzung des Aufsichtsrates. Nicht hierher gehören solche Satzungsänderungen, die mit der Zusammensetzung des Aufsichtsrats in keinerlei Zusammenhang stehen (GroßKomm- AktG/Hopt/Roth/Peddinghaus, 97 Rn. 65; Hüffer, 97 Rn. 5). e) Vorliegender Sachverhalt In dem vorliegenden Sachverhalt liegen die Voraussetzungen eines Statusverfahrens ohne weiteres vor. Der Aufsichtsrat setzt sich derzeit unter Beachtung der mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften des DrittelbG zusammen, weil die Gesellschaft zunächst mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigt hatte. Demgemäß musste der Aufsichtsrat zu einem Drittel aus Arbeitnehmervertretern bestehen. Nunmehr ist diese Mitarbeiterzahl auf Dauer unter den Schwellenwert von 500 herabgesunken. Eine Beteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat und damit eine Mitbestimmung insgesamt ist daher nicht mehr geboten. Das gesetzliche Mitbestimmungsregime, nach der der Aufsichtsrat zunächst zusammengesetzt wurde, hat sich mithin verändert. Die Voraussetzungen des 97 Abs. 1 AktG liegen vor. Unterstellt man, dass im Rahmen der Durchführung dieses Statusverfahrens nach 97 AktG keine Anrufung des Gerichts gem. 98 Abs. 1 AktG binnen Monatsfrist erfolgt, so treten mit Beendigung der ersten Hauptversammlung, die nach Ablauf dieser Monatsfrist einberufen wird, spätestens sechs Monate nach Ablauf dieser Frist, die Vorschriften der Satzung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats insoweit außer Kraft, als sie den nunmehr anzuwendenden gesetzlichen Vorschriften widersprechen. Außerdem erlischt zu diesem Zeitpunkt das Amt der bisherigen Aufsichtsratsmitglieder. Nach dem uns mitgeteilten Wortlaut sind die Vorschriften der Satzung über die Besetzung des Aufsichtsrats mitbestimmungsneutral. Es heißt lediglich, dass der Aufsichtsrat aus sechs Mitgliedern besteht, wovon mindestens zwei von den Anteilseignern zu bestellen sind. Da mithin die Satzung also keine mitbestimmungsrechtlich relevanten Vorschriften über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats enthält, bleibt die vorgenannte Satzungsregel auch nach Durchführung eines Statusverfahrens uneingeschränkt bestehen. Der Aufsichtsrat setzt sich damit weiterhin aus sechs Mitgliedern zusammen. Wegen 97 Abs. 2 S. 3 AktG erlischt allerdings zu dem maßgeblichen Zeitpunkt das Amt der bisherigen Aufsichtsratsmitglieder, mithin also insbesondere auch das Amt der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat. Bei der Neuwahl des Aufsichtsrats sind fortan keine Arbeitnehmervertreter mehr in den Aufsichtsrat zu bestellen. 2. Verringerung der Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder durch Satzungsänderung a) Erfordernis einer Satzungsänderung
Seite 5 Wie gezeigt, führt im vorliegenden Fall allein die Durchführung eines Statusverfahrens nicht dazu, dass sich die Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder verringert. Es fällt aufgrund der Unterschreitung der Arbeitnehmerzahl lediglich die Arbeitnehmerbeteiligung im Aufsichtsrat weg. Soll gleichwohl die Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder verringert werden, so ist dafür im Rahmen des 95 AktG eine Satzungsänderung erforderlich. Wirksam wird die Satzungsänderung gem. 181 Abs. 3 AktG mit Eintragung im Handelsregister (vgl. dazu GroßKomm-AktG/Hopt/Roth, 95 Rn. 91). Entscheidend ist dabei nur, dass im Rahmen dieser Verminderung der Aufsichtsratssitze die Mindestanzahl der Aufsichtsratsmitglieder nach 95 S. 1 AktG von drei Mitgliedern nicht unterschritten wird. b) Amtsdauer des bisherigen Aufsichtsrates Umstritten ist bei einer Verkleinerung des Aufsichtsrates infolge einer Satzungsänderung, wann diese Satzungsänderung wirksam wird und nach welchem Verfahren die etwa überzähligen Aufsichtsratsmitglieder ausscheiden. Nach der mittlerweile herrschenden Ansicht ist davon auszugehen, dass eine solche Satzungsänderung trotz ihres Wirksamwerdens mit Eintragung im Handelsregister nicht dazu führen kann, dass das Amt der Aufsichtsratsmitglieder während ihrer noch laufenden Amtsperiode endet. Dies gilt namentlich für Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat. Andernfalls wären Manipulationsmöglichkeiten eröffnet, so dass etwa durch eine Verkleinerung der Aufsichtsratsgröße missliebige Arbeitnehmervertreter aus dem Aufsichtsrat herausgedrängt werden könnten. Die Möglichkeit einer solchen Einflussnahme der Anteilseigner auf die rechtliche Stellung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat wäre mit dem System des Mitbestimmungsrechts nicht zu vereinbaren (OLG Hamburg WM 1988, 1487, 1490; OLG Dresden ZIP 1997, 589, 591; GroßKomm-AktG/Hopt/Roth, 95 Rn. 96; Hüffer, 95 Rn. 5; MünchKomm- AktG/Semler, 95 Rn. 43). Im Ergebnis entfaltet die Satzungsänderung trotz ihrer Eintragung im Handelsregister also erst Wirkung auf die bestehenden Aufsichtsratsmandate, wenn deren Laufzeit nach den allgemeinen Vorschriften endet. Alle auch die überzähligen Aufsichtsratsmitglieder bleiben bis zu diesem Zeitpunkt im Amt. Nichts anderes gilt letztlich aber auch für die Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat, da eine unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer- und der Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat nicht geboten ist. Auch ihr Mandat im Aufsichtsrat endet grundsätzlich erst mit Ablauf ihrer normalen Amtsperiode (MünchKomm-AktG/Semler, 95 Rn. 44; GroßKomm-AktG/Hopt/Roth, 95 Rn. 96). Allerdings gelten für die Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat nicht die mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften. In mitbestimmungsfreien Gesellschaften ist es deshalb nicht geboten, im Hinblick auf den Vertrauensschutz der Arbeitnehmervertreter die Anteilseignervertreter zwingend im Amt zu belassen, bis ihre normale Amtsperiode endet. Vielmehr ist es dort gerechtfertigt, die überzähligen Anteilsvertreter nach 103 AktG auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes abzuberufen (KölnKomm-AktG/Mertens, 95 Rn. 27; GroßKomm-AktG/Hopt/Roth, 95 Rn. 96; MünchKomm-AktG/Semler, 95 Rn. 38). c) Keine Nachwahl für weggefallene Arbeitnehmervertreter Soweit im Zusammenhang mit einer solchen Satzungsänderung zum Zwecke der Verringerung der Aufsichtsratsmitglieder ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied wegfällt,
Seite 6 darf nach Eintragung der Satzungsänderung im Handelsregister ein Nachfolger für dieses ausgeschiedene Aufsichtsratsmitglied nicht mehr gewählt werden. Ein dennoch erfolgter Wahlbeschluss wäre anfechtbar. Die Zusammensetzung des Aufsichtsrats entspricht ohne Nachwahl freilich nicht mehr dem Gesetz, weil die Zahl der vorhandenen Mitglieder dann nicht mehr durch drei teilbar ist, dies ist aber in diesem Sonderfall in Kauf zu nehmen (MünchKomm-AktG/Semler, 95 Rn. 39). 3. Zusammentreffen eines Statusverfahrens und einer Satzungsänderung a) Im hier vorliegenden Sachverhalt besteht nun die Besonderheit, dass nach erfolgreichem Durchlaufen eines Statusverfahrens das Amt der bisherigen Aufsichtsratsmitglieder gem. 97 Abs. 2 S. 3 AktG insbesondere mit Ablauf der ersten Hauptversammlung, die nach Ablauf der Anrufungsfrist des 97 Abs. 2 S. 1 AktG einberufen wird, endet. Wird in dieser ersten Hauptversammlung andererseits ein satzungsändernder Beschluss über die Verringerung der Aufsichtsratsmitglieder getroffen, wird dieser satzungsändernde Beschluss gem. 181 Abs. 3 AktG erst mit Eintragung im Handelsregister wirksam. b) Werden in dieser ersten Hauptversammlung entsprechend der künftigen Satzungsregelung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrates sodann lediglich drei Aufsichtsratsmitglieder gewählt bzw. nur zwei, weil ein weiteres Aufsichtsratsmitglied nach der neuen Satzungsbestimmung durch einen bestimmten Aktionär entsendet wird, so ist festzustellen, dass der Aufsichtsrat in der Zwischenzeit bis zur Eintragung der Satzungsänderung im Handelsregister unterbesetzt ist. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt noch die vormalige Satzungsbestimmung, wonach der Aufsichtsrat noch aus sechs Mitgliedern besteht. Diese Unterbesetzung des Aufsichtsrats ist nach unserer Auffassung jedoch in Kauf zu nehmen, weil im Hinblick auf die gleichzeitig beschlossene Satzungsänderung und ihre Eintragung im Handelsregister in aller Regel nur kurzzeitig von einer Unterbesetzung des Aufsichtsrats auszugehen ist. Verzögert sich die Eintragung der Satzungsänderung, bleibt die Möglichkeit der gerichtlichen Bestellung der noch fehlenden Aufsichtsratsmitglieder gem. 104 AktG. Darauf hinzuweisen ist allerdings, dass diese gerichtliche Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern gem. 104 Abs. 1 AktG nur dann Platz greift, wenn eine rechtzeitige Ergänzung der noch fehlenden Aufsichtsratsmitglieder vor der nächsten Aufsichtsratssitzung nicht zu erwarten ist. Eine solche gerichtliche Ergänzung muss allerdings gem. 104 Abs. 2 AktG stattfinden, wenn der Aufsichtsrat länger als drei Monate unterbesetzt ist und ein entsprechender Antrag gestellt wird (siehe dazu das beiliegende DNotI-Gutachten Nr. 49518 v. April 2004). 4. Ergebnis In gewisser Weise vergleichbar ist damit die Rechtslage zum umgekehrten Fall, wenn im Wege einer Satzungsänderung die Zahl der Mitglieder des Aufsichtsrats erhöht wird. Dort ist anerkannt, dass in derselben Hauptversammlung, die über die Satzungsänderung beschließt, gleich die neuen (weiteren) Aufsichtsratsmitglieder (zu- )gewählt werden können, wobei deren Amt freilich frühestens erst mit Eintragung der Satzungsänderung beginnt (KG KGJ 28 A 216; KölnKomm-AktG/Mertens, 95 Rn. 24; GroßKomm-AktG/Hopt/Roth, 95 Rn. 89; Hüffer, 95 Rn. 5; MünchKomm- AktG/Semler, 95 Rn. 35). Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass die Gesellschaft mittels Durchführung eines Statusverfahrens und sich daran anschließender Satzungsänderung in einer
Seite 7 Hauptversammlung die Anzahl der Mitglieder im Aufsichtsrat noch vor Ablauf der normalen Amtsperiode erreichen kann: - Erforderlich ist dafür zunächst die Durchführung eines Statusverfahrens gem. 97 AktG. - Im Anschluss an das Statusverfahren ist dann eine Hauptversammlung durchzuführen, in der dann im Wege einer Satzungsänderung die Verringerung der Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder beschlossen werden kann. Gleichzeitig kann in dieser Hauptversammlung dann auch eine Neuwahl der Aufsichtsratsmitglieder durch die Hauptversammlung entsprechend dieser neuen Satzungsregelung erfolgen. Zwar wird die neue Satzungsänderung erst mit Eintragung im Handelsregister wirksam. Im Rahmen des 104 AktG kann die zwischenzeitliche Unterbesetzung des Aufsichtsrats aber in Kauf genommen werden, wenn die Handelsregistereintragung der Satzungsänderung in Kürze nachfolgt.