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Transkript:

488 (11) Brunner, P.H. (2012) Begrenzte Ressourcen Chancen der Abfallwirtschaft, In: Tagungsband Österreichische Abfallwirtschaftstagung 2012 Auf dem Weg zur Recyclinggesellschaft 25.-26. April, Linz, ÖWAV, p. 1-5. ISBN 978-3-902810-43-4

Begrenzte Ressourcen Chancen für die Abfallwirtschaft Prof. Dr. Die realen Preise der meisten Ressourcen haben über die letzten 200 Jahre stark abgenommen. Allerdings traten immer wieder Perioden auf, die durch ausgesprochene Schwankungen der Rohstoffpreise, und damit auch durch temporäre Verteuerungen und Knappheiten einzelner Rohstoffe (Erdöl, Stahl, Kupfer u.a.) gekennzeichnet sind. Die Ursache dieser Engpässe waren meist politische oder kriegerische Konflikte (Weltkriege, Suezkrise, Auseinandersetzungen im Nahen Osten), manchmal auch rasche wirtschaftliche Veränderungen wie sie jüngst in China, Indien, Brasilien und anderen Staaten beobachtet werden. Globale physische Erschöpfung von Erzlagerstätten war noch nie eine Ursache von Engpässen. Voraussagen, dass auf Grund des hohen und immer noch steigenden Stoffumsatzes in absehbarer Zukunft (Jahrzehnte) einzelne Rohstoffe knapp werden, sind zahlreich. Sie sind aber mit hohen Unsicherheiten behaftet, und stehen anderen Ansichten gegenüber, die basierend auf historischen Erfahrungen und ökonomischen Modellen - weniger von einer physischen Verknappung ausgehen sondern das größere Problem in der mangelnden Verfügbarkeit sehen. Inwiefern langfristig (> 100 Jahre) mit einer wirklichen Verknappung von Rohstoffen zu rechnen ist, ist nicht mit Sicherheit zu prognostizieren. Für eine zuverlässige Voraussage müsste mindestens folgendes Wissen vorhanden sein: Zukünftig vorhandene Technologien, globale wirtschaftliche Entwicklung, und soziokulturelle Entwicklung (Ablösung der Materialisierung menschlicher Bedürfnisse durch immaterielle Werte?) Ein Blick zurück auf Vorhersagen, die vor hundert Jahren getroffen wurden, bestätigt die großen Schwierigkeiten die mit Prognosen über derart lange Zeiträume verbunden sind. Für eine effektive Ressourcenwirtschaft ist es unabdingbar, den Begriff Ressourcen zu definieren. Abbildung 1. zeigt die Einteilung der verschiedenen Ressourcen in solche erster (physische Ressourcen) und zweiter (Wissensressourcen) Ordnung, und in primäre (geogene) und sekundäre (anthropogene) Ressourcen. Die Nutzung der primären, natürlichen Ressourcen sowie der vom Menschen geschaffenen, sekundären Ressourcen ist nur möglich dank dem über die Jahrtausende entwickelten Wissen (Kultur, Wissenschaft, Technologie, Soziales Kapital, etc.). Ressourcen sind anthropogene Konstrukte: Ob ein Stoff für die Gesellschaft eine Ressource darstellt, wird kulturell über die menschlichen Aktivitäten definiert. Die derzeit wichtigste Ressourcengruppe, die fossilen Energieträger, war für frühere Zivilisationen keine Ressource. Sie hat nur deshalb ihre zentrale Bedeutung erreicht, weil entdeckt wurde, wie die bei der Oxidation von Kohlenstoff frei werdende Energie genutzt werden kann. Vor 200 Jahren war Lithium eine unbekannte Ressource und ein wertloser Stoff. Heute stellt dieses Metall dank seiner Verwendung als chemischer Energiespeicher ein teurer Rohstoff dar. Es ist denkbar, dass die wertvolle Ressource Lithium in hundert Jahren wieder stark an Wert verliert, falls die zumindest theoretisch leistungsfähigeren physikalischen Energiespeicher, die heute in ersten Forschungsansätzen erkennbar werden, die chemischen Speicher ersetzen können.

Abbildung 1 Definition von Ressourcen: Ob ein Rohstoff für den Menschen eine Ressource darstellt, wird kulturell durch das vorhandene Wissen definiert. Zwischen den verschiedenen Ressourcenkategorien bestehen Wechselwirkungen. Auch können je nach gesellschaftlicher Entwicklungsstufe - primäre durch sekundäre Ressourcen und solche erster Ordnung durch Ressourcen zweiter Ordnung ersetzt werden (z.b. Reduktion des Verbrauchs von primären Metallen dank Recycling). Wissensressourcen (Technologie, Information, Institutionen) sind ausschlaggebend für die nachhaltige Nutzung von physischen Rohstoffen. In einem wirtschaftlich hoch entwickelten Land wie Österreich mit hohen Gestehungs- und Produktionskosten, die eine wirtschaftliche Gewinnung von Rohstoffen nur in Einzelfällen zulassen, liegt die große Chance in erster Linie bei der Weiterentwicklung der Wissensressourcen. Der starke österreichische Export von abfallwirtschaftlichem Knowhow und von Umwelttechnologien ist ein Beispiel für die erfolgreiche Entwicklung von Wissensressourcen. Der große Materialbestand im Bauwerk Österreich ist ein zentrales Ressourcenthema: Sein Umbau ist eine Chance für die Bau- und Abfallwirtschaft. Die reichlich vorhandene alte Bausubstanz dient als Rohstofflieferant für die Zukunft und kann einen großen Beitrag zur umweltverträglichen Ressourcenschonung leisten. Damit allerdings Entscheidungen bezüglich Ressourcennutzung wirtschaftlich effektiv, mit robusten Prioritäten und systematisch gefällt werden können, bedarf es einer neuen, lebenszyklusorientierten Wissensbasis über Güterund Stoffflüsse im Baubereich und bei den wichtigsten Schlüsselmaterialien. Derzeit fehlt diese Wissensbasis für ein zielorientiertes Ressourcenmanagement auf regionaler wie natio-

naler Ebene: Es gibt zwar Statistiken und Zeitreihen über Material/Energieimporte, -exporte, -lager und den Inlandsumsatz, aber das Wissen über das Angebot und den sektoriellen Bedarf an Rohstoffen und Senken sowie über einzelne relevante Wert- und Schadstoffe im Sinne einer Lebenszyklusanalyse fehlt. Damit wird es schwierig, das Ziel einer wirksamen Integration der Abfallwirtschaft in die Ressourcenwirtschaft zu erreichen, und der Ersatz der primären Ressourcen durch sekundäre Ressourcen erfolgt eher spontan zufällig denn langfristig systematisch. Die heutige Ressourcen- und Umweltpolitik favorisiert das quantitative vor dem qualitativen Recycling; potentielle Schadstoffe werden im Kreis geführt was einer langfristig nachhaltigen Strategie widerspricht da dies nur die Probleme in die Zukunft verschiebt. Eine Wissensbasis muss Folgendem dienen: 1. die Ressourcenqualität nachhaltig auf einem möglichst hohen Niveau zu halten, 2. die Umwelt kurz-, mittel- und langfristig zu entlasten, und 3. Schadstoffe gezielt in eine geeignete letzte Senke zu führen. Notwendig ist die Entwicklung neuer Indikatoren, die zwischen dem Anteil an Schadstoffen, die in geeignete respektive ungeeignete Senken fließen, unterscheiden können. Wie wichtig eine solche Wissensbasis ist, soll am Beispiel der Baurestmassen gezeigt werden. Die derzeit anfallenden Baurestmassen stammen aus Bautätigkeiten der letzten dreißig bis hundert Jahre. Wegen dem hohen Wachstum in den letzten 50 Jahren oder anders ausgedrückt: dem gegenüber heute geringeren Bauvolumen der Vergangenheit - können die heute anfallenden Baurestmassen nur einen kleinen Anteil des heutigen Marktes abdecken: Obschon heute bereits die Mehrheit der Bauabfälle rezirkuliert wird, entspricht dies bloß einem Anteil von weniger als 15 % der in Österreich abgebauten Kiesmenge. Je weniger die Bauwirtschaft wächst und je mehr sie sich einem Gleichgewichtszustand Input gleich Output nähert, desto wichtiger werden die Baurestmassen für die Versorgung des Bauwesens. Da Baurestmassen das Produkt der Vermischung von vielen Stoffen einerseits beim Bauprozess, und andererseits bei der Nutzung und Entsorgung darstellen, sind ihre bautechnischen und ökologischen Eigenschaften nicht dieselben wie die der primären Baustoffe. Eine den Prinzipien der Nachhaltigkeit genügende Verwertung von Abfällen muss diese mengenmäßigen und qualitativen Aspekte berücksichtigen. Es müssen Schadstoffe bekannt sein und zuverlässig ausgeschleust werden, und letzte Senken für Ihre Ablagerung gefunden werden. Sowohl für Ausschleusen wie auch letzte Senken müssen Informationen über Stoffe in Baurestmassen und in Prozessen des Recyclings vorhanden sein, wie sie jüngst durch die RMA im Projekt ENBA (siehe http://enba.rma.at/) erhoben wurden. Die verwertende Abfallwirtschaft steht in direkter wirtschaftlicher Konkurrenz zur primären Ressourcengewinnung. Hohe Ressourcenpreise erhöhen Recyclingquoten, auch ohne staatliche Vorschriften. Leider sind Ressourcenpreise volatil. Investitionen in neue Recyclinganlagen sind deshalb oft mit hohen Risiken behaftet. Zuverlässige, belastbare staatliche Rahmenbedingungen sind wichtig und sollten so gesetzt werden, dass sie eine langfristige, ökologisch orientierte Recyclingstrategie, die am Markt bestehen kann, unterstützen. Auch hier sei wieder auf ein Beispiel aus dem Bauwesen hingewiesen: Da Primärkies zu relativ günstigen Preisen zur Verfügung steht, bestehen heute kaum finanzielle Anreize für die Baustoffindustrie, primäre Ressourcen durch Betonabbruchgranulat zu

ersetzen. Anreize fehlen auch deshalb weil durch die Deponierung von Inertstoffen in leeren Kiesgruben zusätzliche Einnahmen generiert werden können. Es ist anzunehmen, dass bei wachsendem Aufkommen an Abbruchmaterialien der umweltpolitische Druck zur Verwertung zunimmt. Die Abfallpolitik ist daher gefordert, durch wirksame Maßnahmen die Anreize zum Einsatz von Baurestmassen in der Bauwirtschaft zu erhöhen. Nur dadurch können geogene Ressourcen geschont und bereits verbaute anthropogene Ressourcen in mehrmaligen Kreisläufen besser genutzt werden. Werden im österreichischen Rohstoffplan Flächen für den zukünftigen Kiesabbau speziell geschützt, so werden durch diese Intervention die Preise für neues Kies künstlich niedrig gehalten, und entsprechende Recyclingmaterialien haben es schwer, den Markt zu erobern. Einen Beitrag zu Ressourcenschonung und Umweltschutz kann auch der Einsatz von Sekundärbrennstoffen in der Zement- und Betonindustrie liefern. Die Verwertung von wenig mit Schadstoffen belasteten Abfällen als Ersatzbrennstoffe erweist sich in nachhaltiger Hinsicht von Vorteil: Einerseits können fossile Brennstoffe mit ihren treibhauswirksamen Kohlendioxidemissionen vermieden und klimaneutrale Abfallbrennstoffe verwertet werden. Andererseits ist beim Einsatz wenig belasteter Abfallbrennstoffe das Risiko für die Umwelt infolge der Auswaschung von Schadstoffen aus Zement und Beton gering. Politiken zum Ressourcenmanagement in der Bauwirtschaft sollten deshalb sowohl die Abfallverwertung in der Zementindustrie unterstützen, als auch die ökologische Verträglichkeit der Verwertung von Abfallbrennstoffen sicherstellen. Zusammenfassend können folgende Folgerungen gezogen werden: Der Weg von der Abfallwirtschaft zu einer nachhaltigen Ressourcenwirtschaft ist ein hohes, ambitioniertes Ziel. Eine entsprechende Ressourcenpolitik ist einerseits darauf auszurichten, durch optimale, mehrfache Nutzung der bereits vorhandenen Materialien den Bedarf an Ressourcen so niedrig wie möglich zu halten, sowie den Energieverbrauch zu senken. Dies verringert die Abhängigkeit von schlecht verfügbaren, volatilen Rohstoffen, und schützt die Umwelt im Hinterland wo die Primärressourcen gewonnen werden. Nationale Ressourcenpolitik wird damit zur internationalen Umweltpolitik. Andererseits sollen hohe Umweltstandards gewährleisten, dass bei der Nutzung der Ressourcen die Verluste an die Umwelt möglichst gering und Umweltqualitäten, Landschaften und Artenvielfalt erhalten bleiben. Alle Stoffe die als Ressourcen genutzt werden, brauchen letztlich eine Stoffsenke in der Umwelt, eine gemeinsame, lebenszyklusorientierte Bewirtschaftung ist wie das Beispiel Kohlenstoff in fossilen Brennstoffen und in Treibhausgasen zeigt langfristig für viele Stoffe notwendig. Senken sind unbedingt notwendige Ressourcen am hinteren Ende des Stoffflusssystems. Das Beispiel fossile Brennstoffe zeigt, dass möglicherweise Senken die wichtigeren Grenzen darstellen als die Knappheit der primären Ressourcen: Fossile Brennstoffe (insbesondere Kohle und Ölschiefer) sind noch genügend vorhanden um mehrere Jahrhunderte die Zivilisationsmaschine anzutreiben. Zuverlässige und wirtschaftliche Senken für das entstehende CO 2 fehlen jedoch. Bezüglich stofflicher Ressourcen fehlt eine zielorientierte Wissensbasis als Entscheidungsgrundlage. Auf der Ebene der Wirtschaftsgüter sind zwar statistische Daten verfügbar, das Wissen bezüglich einzelner Stoffe ist jedoch nur punktuell vorhanden und teilweise gering.

Es ist noch nicht möglich, Stoffe im Sinne einer Cradle to Grave Analyse so zu bewirtschaften, dass ihr Nutzen optimal und die Umweltauswirkungen vorhersehbar und verträglich sind. Notwendig ist eine Machbarkeitsstudie, die aufzeigt, welches Ziel mit der Datenbasis erreicht werden kann, welche Stoffgruppen prioritär einzubeziehen sind, wie die Informationen erhoben werden können, welche Kosten anfallen und welcher Nutzen entsteht. Ähnlich wie heute die geologische Prospektion auf gute petrographisch-geochemische Karten und Informationen angewiesen ist, wird morgen die nachhaltige Nutzung der sekundären Ressourcen aus Bauwerken und Infrastruktur nur dank ähnlich aufgebauten Ressourcenkatastern wirtschaftlich darstellbar sein. Zur Etablierung einer Wissensbasis ist ein heuristischer Ansatz geeignet, da er zu mehr Wissen, Orientierung und Transparenz führt. Notwendig ist ein vertieftes Verständnis über metabolische Prozesse und Systeme in der Anthroposphäre einschliesslich des Verhaltens der Akteure und Nutzer sowie deren wirtschaftlicher und naturräumlicher Gegebenheiten. Eine optimale Ressourcennutzung ist allgemein nur dann gegeben, wenn alle Aspekte, d.h. sowohl technisch-naturwissenschaftliche als auch sozialwissenschaftlich-ökonomische beachtet werden. Auch in einer auf hohem technischen Stand operierenden Dienstleistungsgesellschaft sind die materiellen, energetischen und räumlichen Ressourcen nach wie vor Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung. Sie sind jedoch gegenüber den Ressourcen zweiter Ordnung (Wissen, Technologie, Institutionen etc.) von untergeordneter Bedeutung. Technischnaturwissenschaftliche Aspekte betreffen vor allem die Gestaltung und Optimierung komplexer Systeme oder die Interaktion der Natur mit der gebauten Umwelt. Wichtiger jedoch sind Fragen der Umsetzung, der Motivation, der Organisation, des Akteursverhaltens, der Finanzierung und der Governance. Von Bedeutung ist Wissen über Motive und das Verhalten der unterschiedlichen Stakeholder, die für Entwicklung und Verbrauch von Ressourcen mitverantwortlich sind. Wichtig ist auch das Wissen darüber, wie neue Verwertungstechnologien umgesetzt und wie ihnen zum raschen Durchbruch verholfen werden kann: Die richtige Information und Beratung zur richtigen Zeit von der richtigen, vertrauenswürdigen Stelle; Förderung und vorbildliches Beispiel durch die öffentliche Hand; neue innovative Finanzierungsmodelle; Weiterbildung und Standardisierung durch Berufsorganisationen. Eine unbedingt notwendige Ressource ist letztlich auch die Umwelt. Einerseits stellt sie ein Dissipationspotential zur Verfügung, auf das der anthropogene Stoffwechsel angewiesen ist. Für Emissionen und nicht rezirkulierbare Stoffe sind Senken in Wasser, Boden und Luft - aber auch in Müllverbrennungsanlagen - unabdingbar. Wichtig ist, die Senkekapazitäten nicht bereits heute auszuschöpfen, sondern im Sinne der Nachhaltigkeit auch zukünftigen Generationen Senkekapazitäten zu zu gestehen. Andererseits leistet die Umwelt aber auch einen direkten, konkreten Nutzen der bisher noch wenig untersucht wurde, aber zunehmend Gegenstand der Forschung wird: Psychologen und Verhaltensforscher finden immer mehr Zusammenhänge zwischen menschlichem Verhalten und Umweltfaktoren.