D-MATH Lineare Algebra I HS 018 Prof. Richard Pink Musterlösung Serie 8 Dimension, Direkte Summe & Komplemente 1. Zeige: Für jedes Erzeugendensystem E eines Vektorraums V und jede linear unabhängige Teilmenge L von V gilt L E. Lösung: Nach 4.6 existieren Basen B, B von V mit L B und B E. Nach 4.7 gilt zudem B = B. Zusammen folgt daraus L B = B E. *. (a) Zeige: Für jede unendliche Menge S und jede ganze Zahl n 1 gilt S n = S. (b) Zeige dim Q (R) = R. Lösung: (a) Für n = 1 ist die Aussage klar. Wenn sie für n = gilt, so folgt sie für alle n durch den Induktionsschritt S n = S S n = S S n = S n 1. Wir müssen also zeigen, dass S S = S ist. Dafür sei S die Menge aller Paare (I, f) bestehend aus einer unendlichen Teilmenge I S und einer Surjektion f : I I I. Da S unendlich ist, existiert eine abzählbare unendliche Teilmenge I S, und für diese ist I = N = N N = I I. Also existiert eine Surjektion I I I und somit ist S nicht leer. Sodann definieren wir eine Ordnungsrelation auf S durch (I, f) (J, g) genau dann, wenn I J und die Komposition I J g J J gleich der Komposition I f I I J J ist. Wir behaupten, dass damit S induktiv geordnet ist. Sei dafür {(I l, f l ) l L} eine linear geordnete Teilmenge von S mit Indexmenge L. Definiere I := l L I l und eine Funktion f : I I I, indem für x I so dass x I k für ein k L ist, das Element f(x) das Bild von f k (x) unter der Inklusion I k I k I I ist. Wegen der linearen Ordnung von (I l, f l ) l L ist f wohldefiniert. Für jedes y I I gibt es dann ein k L mit y I k I k, und daher existiert ein x I k I so dass f k (x) = y ist. Daraus folgt, dass f(x) = y ist; somit ist f surjektiv. Also ist (I, f) S eine obere Schranke der linear geordneten Teilmenge {(I l, f l ) l L}. Daher ist S induktiv geordnet. Wir wenden das Lemma von Zorn an und folgern, dass ein maximales Element (I, f) von S existiert. Wir behaupten, dass I = S ist. Als Vorbereitung darauf beachten wir, dass I unendlich ist. Nach Aufgabe 7 (b) der Serie 7 gilt daher für jede natürliche Zahl n 1 I I {1,,..., n} I N = I 1
und somit I {1,,..., n} = I. Ist nun I S I, so existiert eine Teilmenge B S I mit B = I, also mit einer Bijektion B = I. Diese Bijektion überführt die gegebene Surjektion f : I I I in Surjektionen B B B und B I B und B B I. Wegen B = I gilt aber auch B = B {1,, 3}, und somit existiert eine zusammengesetzte Surjektion g : B B {1,, 3} (B I) (I B) (B B). Mit Ĩ := I B können wir dann f zu einer Surjektion f : Ĩ Ĩ Ĩ erweitern, indem wir f I = f und f B = g setzen. Dies widerspricht der Maximalität von f. Also gilt I > S I. Daher existiert eine Injektion S I I und damit auch eine Injektion S I {1, }. Also ist S I {1, } = I S und somit I = S. Wegen der Surjektion I I I folgt daraus und damit S S = S. S S S = I I I = S (b) Sei B eine Basis des Q-Vektorraums R. Wegen B R gilt dann automatisch B R. Wäre B endlich, also gleich {b 1,..., b n } mit paarweise verschiedenen b i, so hätten wir eine Bijektion Q n R, (λ i ) i n i=1 λ ib i und folglich R = Q n. Nach (a) und der Vorlesung Analysis I ist aber Q n = Q = N, wohingegen R überabzählbar ist. Somit muss B unendlich sein. Nun betrachte die Abbildung f : Q B R, (λ, b) λb und setze S := Bild(f). Mit Aufgabe 7 (b) der Serie 7 folgt daraus S Q B = N B = B. Wegen B S ist zudem S unendlich. Nach (a) ist also S n = S B für jedes n 0, das heisst, es existiert eine Surjektion f n : B S n. Sodann betrachte die Abbildung σ n : S n R, (s i ) i n i=1 s i und die zusammengesetzte Funktion g : B N R, (b, n) σ n (f n (b)). Wir behaupten, dass diese surjektiv ist. Für jedes x R existieren ein n 0, Koeffizienten λ 1,..., λ n Q und Basisvektoren b 1,..., b n B, so dass x = n i=1 λ ib i ist. Weil f n eine Surjektion ist, existiert ein b B so dass f n (b) = (λ 1 b 1,..., λ n b n ) ist. Es folgt g(b, n) = σ n (f n (b)) = x, was zeigt, dass g surjektiv ist. Also gilt R B N = B. Zusammen mit B R folgt schliesslich B = R. 3. Sind + und von Unterräumen zueinander distributiv, das heisst, gelten für alle Unterräume eines beliebigen Vektorraums die folgenden Gleichungen? U (V 1 + V ) = (U V 1 ) + (U V ) U + (V 1 V ) = (U + V 1 ) (U + V )
Wenn nicht, gilt zumindest eine Inklusion? Lösung: Für jedes i = 1, gilt V i V 1 + V und somit U V i U (V 1 + V ). Da U (V 1 + V ) ein Untervektorraum ist, folgt (U V 1 ) + (U V ) U (V 1 + V ). (1) Weiter gilt V 1 V V i und somit U + (V 1 V ) U + V i, und daher U + (V 1 V ) (U + V 1 ) (U + V ). () Dagegen ist die umgekehrte Inklusion im Allgemeinen in beiden Fällen falsch: Für die Unterräume U := (1, 1) und V 1 := (1, 0) und V := (0, 1) von K gilt nämlich U V 1 = U V = V 1 V = 0 und U + V 1 = U + V = V 1 + V = K und somit sowie 4. Sei (U V 1 ) + (U V ) = 0 + 0 = 0 U = U K = U (V 1 + V ) U + (V 1 V ) = U + 0 = U K = K K = (U + V 1 ) (U + V ). U := {(α 1,..., α n ) K n n i=1 α i = 0} D := {(α,..., α) K n α K}. Bestimme eine Basis und die Dimension der Unterräume U, D, U D und U + D. Lösung: Für n = 0 ist U = D = U D = U + D = 0. Jeder dieser Unterräume hat also die Basis und folglich die Dimension 0. Sei nun n 1. Jedes Element (α,..., α) D ist ein Vielfaches des Vektors v := (1,..., 1). Wegen v 0 ist {v} ein minimales Erzeugendensystem, also eine Basis von D. Insbesondere ist dim(d) = 1. Sodann liegen die n 1 Vektoren v 1 = (1, 1, 0,..., 0), v = (0, 1, 1, 0,..., 0),... v n 1 = (0,..., 0, 1, 1) in U und sind linear unabhängig. Insbesondere ist also dim(u) n 1. Wegen (1, 0,..., 0) / U ist aber dim(u) < dim(k n ) = n und wir schliessen dim(u) = n 1. Da die Vektoren v 1,..., v n 1 linear unabhängig sind und ihre Anzahl gleich der Dimension von U ist, bilden sie eine Basis von U. Wenn n 1 0 ist in K, gilt v = (1,..., 1) / U. In diesem Fall gilt U D = 0, also ist eine Basis von U D und dim(u D) = 0. Wegen U = v 1,..., v n 1 folgt ausserdem, dass die Vektoren v, v 1,..., v n 1 linear unabhängig sind. Das zeigt dim(u + D) n. Da aber dim(u + V ) dim(k n ) = n ist, schliessen wir, dass 3
U + D Dimension n hat und die Vektoren {v, v 1,..., v n } eine Basis von U + D bilden. Wenn n 1 = 0 ist in K, gilt v = (1,..., 1) U, also auch D U. In diesem Fall ist also U D = D und U + D = U. Für beide Unterräume wurde oben eine Basis und die Dimension bestimmt. 5. Sei V der Vektorraum aller Funktionen f : R R. Zeige, dass die Menge der geraden Funktionen V 1 := {f V f(x) = f( x)} bzw. der ungeraden Funktionen V := {f V f(x) = f( x)} ein Untervektorraum von V ist. Zeige ausserdem V = V 1 V. (Hinweis: Betrachte zu f V die Funktion f 1 (x) = 1 (f(x) + f( x)).) Lösung: Die Nullfunktion ist sowohl in V 1 als auch in V enthalten; also sind V 1 und V nicht leer. Für alle geraden Funktionen f, g V 1 und für alle λ gilt: (f + g)(x) = f(x) + g(x) = f( x) + g( x) = (f + g)( x) (λf)(x) = λf(x) = λf( x) = (λf)( x) für alle x R. Dies zeigt, dass f + g und λf wieder gerade Funktionen sind, also in V 1 liegen. Folglich ist V 1 ein Untervektorraum. Der Fall V folgt analog. Um V = V 1 V zu zeigen, müssen wir beweisen, dass jedes Element aus V als Summe eines Elementes aus V 1 und eines Elementes aus V geschrieben werden kann, und dass V 1 V = 0 ist. Für ein beliebiges Element f V definiere Funktionen f 1, f : R R durch f 1 (x) := f(x) + f( x) und f (x) := f(x) f( x). Wegen f 1 ( x) = f( x) + f(x) = f 1 (x) und f ( x) = für alle x R ist f 1 V 1 und f V, und wegen f( x) f(x) = f (x) (f 1 + f )(x) = f(x) + f( x) + f(x) f( x) = f(x) für alle x R ist f = f 1 + f. Dies zeigt, dass jedes Element aus V als Summe eines Elementes aus V 1 und eines Elementes aus V geschrieben werden kann. 4
Sei schliesslich f V 1 V beliebig. Dann gilt für alle x R: f(x) = f( x) = f(x). Daraus folgt f(x) + f(x) = f(x) = 0, und da in R invertierbar ist, schon f(x) = 0 für alle x R. Somit ist f = 0. 6. Betrachte den Unterraum V := 0 1 0 1, 1 0 1 von R 4. Finde eine Basis eines Komplements von V in R 4. Lösung: Wir schreiben die zwei Erzeuger von V in eine Matrix und ergänzen daneben die Identitätsmatrix: 0 1 1 0 0 0 A := 1 1 0 1 0 0 0 0 0 1 0. 0 1 0 0 0 1 Wir wenden das Gaussverfahren auf die Matrix A an und erhalten die Zeilenstufenform: 1 1 0 1 0 0 Ã := 0 1 0 0 0 1 0 0 1 0 0 1. 0 0 0 1 Die ersten vier Spaltenvektoren der Matrix A bilden demnach eine Basis des R 4. Mit U := (1, 0, 0, 0) T, (0, 1, 0, 0) T gilt also U + V = R 4. Mit der Dimensionsformel für Unterräume, oder direkt unter Ausnutzung der linearen Unabhängigkeit der ersten vier Spaltenvektoren von A, folgern wir V U = {0}. Also ist U ein Komplement von V in R 4. Die Vektoren (1, 0, 0, 0) T und (0, 1, 0, 0) T sind linear unabhängig und bilden deshalb eine Basis von U. 7. Welche der folgenden Abbildungen sind linear? (i) f : R R 3, (x, y) (x + y, x, 0) (ii) f : R R 3, (x, y) (x + y, x, 1) ( ) 1 ( ) x (iii) f : R R 3, 0 0 x y y 1 5
(iv) f : R R, x 0 (v) f : R R, f die Identität (vi) f : R R, x 1 (vii) f : R R, f die Spiegelung an der Geraden y = x + 1 Lösung: ( Die Abbildung ) im Fall (i) ist die Rechtsmultiplikation R A mit der Matrix 1 0 A =, sie ist also linear. 1 0 0 Die Abbildungen in den Teilaufgaben (iii), (iv) und (v) sind Linksmultiplikationen L A mit den Matrizen A gegeben jeweils durch 1 0 0, (0) und (1). 1 Daher sind diese Abbildungen linear. Für die zweite, sechste und siebte Abbildung kann einfach nachgeprüft werden, dass die obigen Eigenschaften nicht erfüllt sind. Am schnellsten sieht man dies durch Betrachten des Bildes des Nullvektors. Dieses ist bei den drei Abbildungen immer verschieden von Null, nämlich gleich (0, 0, 1) bzw. 1 bzw. ( 1, 1). Daher ist die Eigenschaft f(0 + 0) = f(0) + f(0) nicht erfüllt und diese drei Abbildungen sind nicht linear. 6