Adµ Universität Stuttgart Fakultät Mathematik und Physik Institut für Analysis, Dynamik und Modellierung Blatt Probeklausur 2 Lösungen zur Probeklausur 2 Aufgabe 1 1. Formulieren Sie den Satz von Taylor und geben Sie eine Formel für das Restglied der Taylorentwicklung an. 2. Bestimmen Sie die ersten vier Terme der Taylorentwicklung für die Funktion im Punkt x = 1. 3. Begründen Sie, warum die Funktion f(x := ex 1 x f(x = ln x x für x > sowie f( := 1, auf dem Intervall [, 1] Riemann-integrierbar ist und geben Sie eine rationale Zahl an, welche von dem Wert des bestimmten Integrals um nicht mehr als 1 32 abweicht. f(x dx Lösung 1. Es sei X eine oene Teilmenge von K, x X und die Funktion f : X K n sei im Punkt x m-fach dierenzierbar. Dann gilt m f (k (x f(x + h = f(x + h k + r m (x ; h, k! r m (x ; h = o(h m, h. (1 k=1 Liegt für h K \ {} die Strecke x, x = {x + th : t 1} mit x = x + h in X, ist f in allen Punkten dieser Strecke (m + 1-mal dierenzierbar und ist f (m+1 auf dieser Strecke stetig, dann kann man folgende Ausdrücke für das Restglied angeben: r m (x, h = hm+1 m! f (m+1 (x + th(1 t m dt, r m (x, h h m+1 sup f (m+1 (x. (m + 1! x x,x Für eine Funktion f : X R R kann man dann zudem einen Punkt ξ x = ξ x (x zwischen x und x = x + h nden, so dass r m (x ; h = f (m+1 (ξ x h m+1. (2 (m + 1! 1
2. Durch wiederholtes Dierenzieren erhält man für x = 1 f (x = f(x = ln x x, f(x =, f (x = 1 ln x, f (x x 2 = 1, 3 + 2 ln x, f (x x 3 = 3, f 11 6 ln x (x =, f (x x 4 = 11. Dies ergibt im Punkt x = 1 mit h = x x = x 1 die Taylorentwicklung f(1 + h = + h 3 2 h2 + 11 6 h3 + o(h 3, da die 4. Ableitung von f auf (, stetig ist. 2.' Alternative Lösung: Es gilt (ln x = 1 ( 1 x, (ln x = = 1 x x, ( 2 1 (ln x = = 2! ( 1 x x, (ln 3 x = = 3! x x, 4 was an der Stelle x = 1 mit h = x x = x 1 zu den bekannten Taylorzerlegungen ln x = ln(1 + h = + h h2 2 + h3 3 + o(h3, h, 1 x = 1 1 + h = 1 h + h2 + o(h 2, h, führt. Unter Berücksichtigung der Regeln zum Rechnen mit den Landau-Symbolen kann man diese Entwicklungen multiplizieren und erhält ln x (h x = h2 2 + h3 (1 3 + o(h3 h + h 2 + o(h 2 = h 3 2 h2 + 11 6 h3 + o(h 3. Wegen der Eindeutigkeit der Koezienten einer asymptotischen Zerlegung ist dies genau der geforderte Teil der Taylorentwicklung. 3. Wegen der Stetigkeit von e x sowie wegen lim x f(x = 1 gilt f C([, 1], R und damit, wie in der Vorlesung bewiesen, auch f R[, 1]. Weiterhin ist dk e x dx k = (e x (k = e x für alle k N. Für x = erhält man wegen (e x (k x=x = 1 die Taylorzerlegung mit dem Restglied e x = 1 + x + x2 2! + x3 3! + r 3(; x r 3 (; x = eξ (x x 4 für geeignetes ξ (x zwischen und x. Daraus folgt f(x = ex 1 x = 1 + x 2! + x2 3! + q(x 2
mit q(x = x 1 r 3 (; x = eξ (x x 3. Wegen der Linearität von R[a, b] ist wegen f R[a, b] und 1 + x 2! + x2 3! R[a, b] auch q R[a, b] sowie q R[a, b]. Damit gilt die Ungleichung f(xdx Aus den Eigenschaften der Exponentialfunktion folgt und damit Dies ergibt x2 1 (1 + + dx x2! 3! = 1 q(xdx q(x dx. (3 1 e ξ e < 3 für ξ [, 1] q(x 3x3, x [, 1]. q(x dx Die Identität (1 + 3x 3 dx = 3x4 4 x2 + dx = x2! 47 3! 36 impliziert folglich zusammen mit (3 und (4 f(xdx 47 36 1 32. Damit erfüllt die rationale Zahl 47 36 die geforderten Bedingungen. 1 = 1 32. (4 Aufgabe 2 1. Geben Sie die Denition einer kompakten Menge an und formulieren Sie das Kriterium von Bolzano für die Kompaktheit einer Teilmenge von R n! 2. Formulieren Sie den Satz von Cantor und den Satz von Weierstrass zu den Eigenschaften stetiger Funktionen auf kompakten Mengen! 3. Zeigen Sie, dass für h [ 1, 1 ] und für jede Funktion f C([, 1], R die Grösse 4 4 f h := max x [ 1 4, 3 4 ] f(x f(x + h wohlbestimmt ist und beweisen Sie die Identität lim f h = für beliebiges f C([, 1], R. h 3
Lösung 1. Denition einer kompakten Menge: Sei (M, d ein metrischer Raum. Eine Teilmenge X M heiÿt kompakt, wenn für jede Folge {x n } in X gilt: {x n } besitzt eine konvergente Teilfolge mit Grenzwert in X. Das Kriterium von Bolzano: Eine Teilmenge X R n ist genau dann kompakt, wenn X beschränkt und abgeschlossen ist. 2. Satz von Cantor: Seien (M 1, d 1, (M 2, d 2 metrische Räume, X M 1 kompakt und f : X M 2 stetig. Dann ist f gleichmäÿig stetig auf X. Satz von Weierstrass: Es sei (M, d ein metrischer Raum, X M kompakt und f : X R stetig. Dann nimmt f auf X sein Maximum und sein Minimum an, d.h. es gibt x, x + X mit x X f(x f(x f(x +. 3. Es seien f C([, 1], R und h [ 1 4, 1 4 ] fest. Die Abbildung g : [ 1 4, 3 4 ] R mit g(x = f(x f(x+h ist stetig, da die Summe und Hintereinanderausführung stetiger Abbildungen stetig ist, und da f und. stetige Funktionen sind. Nach dem Satz von Weierstrass gibt es ein x h [ 1 4, 3 4 ] mit f h = max x [ 1 4, 3 4 ] g(x = g(x h = f(x h f(x h + h R. Dies zeigt, dass f h für f C([, 1], R wohlbestimmt ist. Es sei f C([, 1], R fest. Nach dem Kriterium von Bolzano ist [, 1] R kompakt. Nach dem Satz von Cantor ist f auf [, 1] gleichmäÿig stetig. Das bedeutet: ε> δ> x,x X ( x x < δ f(x f(x < ε. Sei nun ε > fest und δ > das zugehörige Delta aus der letzten Formel. Für h < δ gilt x (x + h < δ und nach der letzten Formel x X f(x f(x + h < ε, also Damit ist gezeigt: f h = max x [ 1 4, 3 4 ] f(x f(x + h ε. ε> δ> h <δ f h ε. Wegen f h folgt lim h f h =. Aufgabe 3 1. Formulieren und beweisen Sie den Satz von Rolle. 4
2. Betrachten Sie die Funktion f(x = Π 23 k=1 (x k, x R. Wieviele reelle Nullstellen, lokale Extrema und Wendepunkte besitzt die k-te Ableitung f (k der Funktion f für k = 1,..., 22? Bestimmen Sie f (22 (x! 3. Berechnen Sie die Stammfunktion von g(x = e x (x 1(x 2(x 3. Lösung 1. Der Satz von Rolle: Die Funktion f C([a, b], R sei in ]a, b[ dierenzierbar und es gelte f(a = f(b. Dann existiert ein Punkt c ]a, b[, so dass f (c =. Beweis: Nach dem Satz von Weierstrass existieren die Punkten y +, y [a, b], so dass f(y + = max f(x, f(y = min f(x. Wenn einer der Punkte y + oder y im Inneren des Intervalles ]a, b[ liegt, dann verschwindet nach den Satz von Fermat dort die Ableitung und der gesuchte Punkt c ist gefunden. Es sei nun y + {a, b} und y {a, b}. Da f(a = f(b, erhält man f(a = f(b = min f(x f(x max f(x = f(y = f(b und damit ist f konstant, also verschwindet die Ableitung in jedem beliebigen inneren Punkt c ]a, b[. 2. Nach dem Satz von Rolle gibt es zwischen jeder zweier Nullstellen von f(x mindestens eine Nullstelle von f (x. Also hat f mindestens 22 verschiedene Nullstellen. Desweiteren ist f (x ein Polynom vom Grad 22, also besitzt sie genau 22 verschiedene Nullstellen. Das Prinzip der vollständigen Induktion zeigt nun, dass die k te Ableitung f (k genau (23 k Nullstellen besitzt. Da die Nullstellen von f (k und f (k+1 immer verschieden sind, hat f (k genau (22 k lokale Extrema. Nach Denition besitzt die Funktion f (k im Punkt c einen Wendepunkt, wenn ein ɛ > existiert, so dass f (k+1 in ]c ɛ, c[ monoton wächst (fällt und in ]c, c + ɛ[ monoton fällt (wächst. Die Funktion f (k+1 monoton wächst (fällt zwischen der Nullstellen von f (k+2, also ist jede Nullstelle von f (k+2 ein Wendepunkt von f (k. Damit besitzt f (k genau (21 k Wendepunkte. Um f (22 zu bestimmen, müssen wir die Koezienten bei x 23 und x 22 berechnen. Es gilt 23 f(x = x 23 x 22 k +... k=1 5
Da erhält man 23 k = 12 23, k=1 f (22 = (23!(x 12. 3. Durch partielle Integration e x (x 1(x 2(x 3 dx = e x (x 1(x 2(x 3 e x [(x 1(x 2 + (x 2(x 3 + (x 1(x 3] dx = e x (x 1(x 2(x 3 e x [(x 1(x 2 + (x 2(x 3 + (x 1(x 3] + e x (6x 12 dx = e x (x 1(x 2(x 3 e x [(x 1(x 2 + (x 2(x 3 + (x 1(x 3] + 6e x (x 3 = e x (x 3 9x 2 + 29x 35 Aufgabe 4 1. Formulieren Sie den Mittelwertsatz der Dierentialrechnung und beweisen Sie mit dessen Hilfe die Ungleichung arctan x arctan y x y, x, y R. 2. Bestimmen Sie den Grenzwert lim x 1 ( 1 x 1 1. ln x 3. Betrachten Sie die endliche Figur F, die zwischen den Parabolen y = x 2 + 3 und y = 5 x 2 liegt, und berechnen Sie das Volumen des Körpers, der durch Drehung der Figur F um die x Achse entsteht. Lösung 1. Mittelwertsatz der Dierentialrechnung: Die Funktion f Ca, b], R sei in ]a, b[ dierenzierbar. Dann existiert ein Punkt c ]a, b[, so dass f(b f(a = f (c(b a. Es sei nun f(x = arctan x, x R. Also gilt f (x = 1 1 + x 2 1 x R Der Mittelwertsatz der Dierentialrechnung dann zeigt, dass für beliebige x, y R es ein Punkt ξ ]x, y[ so gibt, dass arctan x arctan y = 1 x y x y. 1 + ξ2 6
2. Nach der Regel von l'hospital gilt lim x 1 ( 1 x 1 1 ln x x 1 1 = lim = lim x 1 ln x + 1 x 1 x 1 ln x x + 1 = lim x 1 (x 1 ln x x 2 x 1 + x 2 = 1 2. 3. Es sei P der Fläscheninhalt der Figur F und es sei V das Volumen des Körpers, der durch Drehung der Figur F um die x Achse ensteht. Nach der zweiten Guldischen Regel gilt V = 2π s y P, wobei s y die y Koordinate des Schwerpunktes von F bezeichnet. Wegen der Symmetrie ist s y = 4. Für den Fläscheninhalt der Figur F erhalten wir P = 1 [5 x 2 (x 2 + 3] dx = 8 3. Also gilt V = 8πP = 64 3 π. 7