5. Wiederholte Interaktion (Wiederholte Spiele Superspiele) 5.1 Endlich oft wiederholte Spiele 5.2 Unendlich oft wiederholte Spiele 5.3 Fallstudie: Wettbewerb und Kollusion an der NASDAQ-Börse
5 Beispiele und Definition Beispiele einmal wiederholtes Gefangenendilemma endlich oft wiederholtes Gefangenendilemma unendlich oft wiederholtes Gefangenendilemma modifiziertes Gefangenendilemma einmal wiederholtes modifiziertes Gefangenendilemma
Bemerkungen Strategien in wiederholten Spielen Anzahl der Strategien Begriffe: Strategien vs. Aktionen Konsequenzen für die strategische Interaktion
DEF Ein wiederholtes Spiel ist definiert durch ein Grund- oder Quellenspiel in Normalform (zur Erinnerung: 1. eine Liste der Spieler, 2. eine Liste von möglichen Strategien für jeden Spieler und 3. Auszahlungen für jede mögliche Strategiekombination) sowie die Anzahl T seiner Wiederholungen (T kann endlich oder unendlich sein). Ist T endlich, so heißt das wiederholte Spiel endlich oft wiederholt, hat das Spiel kein bestimmtes Ende, so wird es unendlich oft wiederholt genannt.
5.1 Endlich oft wiederholte Spiele Analyse des einmal wiederholten Gefangenendilemmas endlich oft wiederholten Gefangenendilemmas modifizierten Gefangenendilemmas einmal wiederholten Gefangenendilemmas
Beziehungen zwischen Grund- und wiederholtem Spiel Satz: Sei G=(N,S,U) ein Spiel in Normalform und G T (mit T < ) das T-fach gespielte Spiel. Besitzt G ein eindeutiges Nash-GG s*, dann besitzt G T (mit T < ) für alle Diskontfaktoren β (0,1] genau ein eindeutiges teilspielperfektes Gleichgewicht, das aus T-fachem Spiel von s* besteht. Satz: Sind s 1,...,s T Nash-GGe des Grundspiels, so ist (s 1,...,s T ) ein teilspielperfekter Ggspfad des wiederholten Spiels. Satz: Ist (s 1,...,s T ) ein teilspielperfekter GGspfad des wiederholten Spiels, so muss s T ein Nash-GG des Grundspiels sein.
Folk-Theoreme für endlich oft wiederholte Spiele (Benoit/Krishna, 1985) Theorem 1: Sei G=(N,S,U) ein Spiel in Normalform und G T das T- fach gespielte Spiel ( T < ). Für jeden Spieler i (i=1,...,n) existiere ein Nash-Gleichgewicht s*(i)=( s 1 *(i),...,s n *(i)) von G mit u i (s*(i))>v i, wobei vi = mins maxs ui(si,s i) i i die schlimmstmögliche Bestrafung gegen Spieler i darstellt. Dann konvergiert die Menge der Nash-Gleichgewichte von G T für gegen die Menge der Nash-Gleichgewichte von G. Theorem 2: Hat die Menge der zulässigen Auszahlungen die Dimension n, so gilt ein entsprechender Satz für die Menge der teilspielperfekten Gleichgewichte. T
5.2 Unendlich oft wiederholte Spiele Notation s τ S a t =(s 1,..., s t ) in Periode τ gespielte Strategiekombination d. Grundspiels Vorgeschichte des (t+1)-ten Spieles DEF Eine reine Strategie für Spieler i im Superspiel G ist eine Funktion g i, die jeder Vorgeschichte a t eine Aktion g i ( a t ) = s t+1 i des Grundspiels zuordnet; d.h. gi : A Si A = Menge der möglichen Vorgeschichten t t 0 a gi(a ) a = ' Ursprung'. Die Menge der reinen Strategien von Spieler i sei mit G i bezeichnet.
Die Auszahlung in unendlich oft wiederholten Spielen DEF (Durchschnittsauszahlung) Die Durchschnittsauszahlung über alle Spiele des Grundspiels ergibt sich für Spieler i als 1 t U i (a ) lim t τ = inf U (s ), t τ= 1 i wobei s τ die in Periode τ verwendeten Aktionen des Grundspiels und a =(s 1,s 2,s 3,...) den durch die Strategiekombination g=(g 1,...,g n ) erzeugten Spielverlauf bezeichnet.
DEF (diskontierte Auszahlung) Sei a =(s 1,s 2,s 3,...) der durch die Strategiekombination g=(g 1,...,g n ) erzeugte Spielverlauf. Dann ist die diskontierte Auszahlung für Spieler i im unendlich oft wiederholten Spiel definiert als U i (a ) = t= 1 β t 1 wobei β [0,1] den Diskontfaktor bezeichnet. U i (s t ), Alternativ: U i (a ) = β t= 1 durchschnittliche diskontierte Auszahlung t 1 U (1 + β + β i 2 (s t ) +...) = (1 β) β t= 1 t 1 U i (s t )
DEF (Nash-Gleichgewicht) Ein (Nash-)Gleichgewicht von G ist eine Strategienkombination g*=(g 1 *,...,g n *), so dass jeder Spieler i bei gegebener Wahl der anderen Spieler seine Auszahlung maximiert, d.h. Ui (a(gi*,g i*)) Ui (a(gi,g i*)), für beliebige alternative Strategien g i * von Spieler i und alle Spieler i (g -i *=( g 1 *,..., g i-1 *, g i+1 *,..., g n *) bezeichnet die Wahl der jeweils anderen Spieler und a(gi,g i) den durch die Strategien g i und g -i erzeugten Spielverlauf a ). DEF (teilspielperfektes Gleichgewicht) Ein Gleichgewicht des unendlich oft wiederholten Spieles heißt teilspielperfekt, falls es von jeder möglichen Vorgeschichte an, d.h. für jedes Teilspiel, ein Nash-Gleichgewicht erzeugt.
Analyse des unendlich wiederholten Gefangenendilemmas Auslöserstrategie Lohnt Abweichen? / Wann lohnt Abweichen? Analyse entlang und abseits des GGspfades verzögerte Beobachtbarkeit mehrere Spieler weitere Gleichgewichte
Folktheoreme Theorem 3: Sei G=(N,S,U) ein Grundspiel in Normalform und s* ein Nash-Gleichgewicht von G. Dann gibt es für jedes ŝ S mit U i (ŝ) U i (s*) für alle i=1,...,n ein β (0,1], so dass G für alle Diskontfaktoren β β ein teilspielperfektes Gleichgewicht g* besitzt mit durchschnittlicher diskontierter Auszahlung U (g*) = (U 1 (g*),..., Un (g*)) = (U 1 (ŝ),..., U n (ŝ)). Theorem 4: Sei V die Menge der zulässigen Auszahlungsvektoren des Grundspiels G=(N,S,U) und dimv = n (Anzahl der Spieler). Dann gilt: Für jeden zulässigen Auszahlungsvektor u=(u 1,...,u n ), so dass u i >v i für alle Spieler i (i=1,...,n), gibt es β (0,1], so dass für alle β (β,1 ] ein teilspielperfektes Gleichgewicht von G mit durchschnittlicher Auszahlung u existiert.
US-Börsen US-Börsen Studie NASH-GG Kollusion Feste Beziehungen Epilog NYSE: nur ein Market-Maker pro Aktie MM verdient an Courtage NASDAQ: diverse Market-Maker pro Aktie MM verdient über Kursdifferenz (bei Kursen in Achteldollarschritten) Broker können sich MM aussuchen Einführung in die Spieltheorie (für Betriebs- und Volkswirte) (c) 2004 Dr. B. Hehenkamp 1
Studie US-Börsen Studie NASH-GG Kollusion Feste Beziehungen Epilog 1994 belegen Christie & Schultz, daß die meisten Spreads 1/4 bzw. 1/2 betragen (39% bzw. 33%). größerer Spread kommt auch in umsatzstarken Aktien vor. Annahme eines unendlich wiederholten Spieles mit perfekten Erinnerungen und perfekter Information. Einführung in die Spieltheorie (für Betriebs- und Volkswirte) (c) 2004 Dr. B. Hehenkamp 2
Nash-Gleichgewicht US-Börsen Studie NASH-GG Kollusion Feste Beziehungen Epilog Nachfragefunktion: D(a)=120-5a / (MM verkauft zu a) Angebotsfunktion: S(b)= -80 + 5b / (MM kauft zu b) Nash-GG=>M-Räumung: 120-5a=-80 + 5a a=20 GGsmenge: 200.000 Aktien (1ME=10.000 Aktien) Nash-GG: bei p*=20, weil sich kein MM mit einem anderen Gebot besser stellen kann. MM machen 0 Profit. Einführung in die Spieltheorie (für Betriebs- und Volkswirte) (c) 2004 Dr. B. Hehenkamp 3
Geheime Absprache US-Börsen Studie NASH-GG Kollusion Feste Beziehungen Epilog Max a 20 (120-5a)(a-20) + Max b 20 (-80+5b)(20-b) a K =22, b K =18 MM macht statt 0 jetzt 4 Einheiten Profit GGsmenge: 100.000 Aktien Auswirkungen: statt Umsatzvolumen von 200.000 gehandelten Aktien, jetzt nur noch 100.000 Investoren werden aus dem Markt gedrängt (Rente der Investoren nimmt ab) MM machen Profit Einführung in die Spieltheorie (für Betriebs- und Volkswirte) (c) 2004 Dr. B. Hehenkamp 4
Trigger-Strategie US-Börsen Studie NASH-GG Kollusion Feste Beziehungen Epilog Trigger-Strategie: Androhung und Durchführung von Vergeltung bei Nichteinhaltung der geheimen Absprache In der ersten Runde halten sich alle MM an die geheime Absprache von a K =22, b K =18. MM bekommen 40/[N(1- δ)] Sobald einer abweicht, wird zum Nash-GG und damit zum Preis von 20 zurückgekehrt. Abweicher kann nun einmal den Spread von 2 alleine einnehmen, danach 0. Einführung in die Spieltheorie (für Betriebs- und Volkswirte) (c) 2004 Dr. B. Hehenkamp 5
Trigger-Strategie US-Börsen Studie NASH-GG Kollusion Feste Beziehungen Epilog Abwägung: 40/[N(1- δ)]>30 Bedingung: N(1- δ)<4/3 D.h. je größer N, desto schwieriger wird geheime Absprache (je mehr MM) je größer δ, desto leichter fällt geheime Absprache (Zukunft wichtig) N=11, δ krit =0.8788 / N=50, δ krit =0.973 Realistischer Wert des Diskontfaktors δ nahe 1 und damit funktioniert geheime Absprache Einführung in die Spieltheorie (für Betriebs- und Volkswirte) (c) 2004 Dr. B. Hehenkamp 6
Feste Broker-MM-Beziehungen US-Börsen Studie NASH-GG Kollusion Feste Beziehungen Epilog langjährige Broker-MM-Beziehungen: Abweichen lohnt sich nicht, da Abweicher kein zusätzliches Umsatzvolumen generieren kann ( order preference der Broker) wirken als Markteintrittsbarriere für neue MM, da zwar Profit Anreiz zum Markteintritt darstellt, aber dieser Profit von neuen MM nicht erzielt werden kann Einführung in die Spieltheorie (für Betriebs- und Volkswirte) (c) 2004 Dr. B. Hehenkamp 7
Epilog US-Börsen Studie NASH-GG Kollusion Feste Beziehungen Epilog Nach Veröffentlichung der Studie wurde die Börsenaufsichtsbehörde auf die Preisabsprachen aufmerksam und konnte sie anhand von aufgezeichneten Telefongesprächen nachweisen. 1996 wurde die sog. limit order display rule eingeführt; diese erlaubte Investoren mit den MM an der Börse zu konkurrieren: dies zwingt MM ihre Quoten auf Gebote der Investoren abstimmen und nicht schlechter als deren beste Quote zu bieten. Einführung in die Spieltheorie (für Betriebs- und Volkswirte) (c) 2004 Dr. B. Hehenkamp 8