Zur Aufbringung des Grundkapitals bei formwechselnder Umwandlung einer GmbH in eine AG



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Transkript:

Seite 1 Dokument 1 von 1 GES 2014, 65 Heft 2 v. 01.03.2014 Gesellschaftsrecht Abhandlungen Zur Aufbringung des Grundkapitals bei formwechselnder Umwandlung einer GmbH in eine AG Ralf Brditschka Johannes Wolfgruber 1. Allgemeines Die formwechselnde Umwandlung von Kapitalgesellschaften, nämlich die Umwandlung einer AG in eine GmbH einerseits, die in den 239 ff AktG geregelt ist, und der umgekehrte Weg der Umwandlung der GmbH in eine AG, für welchen sich die entsprechenden Regelungen in den 245 ff AktG finden, andererseits hat in der Praxis durchaus große Bedeutung. 1 Diese Bedeutung zeigt sich einerseits im Zuge komplexer Konzernumgründungen, im Rahmen derer oftmals die Strukturen durch formwechselnde Umwandlungen, auf Ebene der Tochter- oder Spitzengesellschaften, angepasst werden, aber auch in der normalen Entwicklung von Gesellschaften, bei welchen sich die Anforderungen an die Rechtsform ändern. Die hier näher behandelte formwechselnde Umwandlung der GmbH in eine AG wird vor allem dann durchgeführt, wenn eine Inanspruchnahme des Kapitalmarktes gewünscht ist oder der Einfluss der Eigentümer auf die Führung des Unternehmens reduziert werden soll. Weiters wird die Umwandlung auch durchgeführt, um am Markt ein noch seriöseres Ansehen zu genießen. 2 Wenngleich diese Form der identitätswahrenden Umwandlung in den 245 ff AktG ausdrücklich geregelt ist, so bestehen doch nach wie vor Unklarheiten und Auffassungsunterschiede betreffend die zentrale Frage der Kapitalaufbringung bei dieser Form der Umwandlung. 3 2. Zum Problem der Kapitalaufbringung, der Gründungsprüfung und dem Zeitpunkt Da es bei formwechselnden Umwandlungen lediglich zu einer Änderung der Rechtsform kommt, die rechtliche und wirtschaftliche Identität des Rechtsträgers aber gewahrt wird, sind die formalen Anforderungen an die Durchführung der formwechselnden Umwandlung relativ gering. 4 So ist dafür in der Generalversammlung der GmbH, mit Dreiviertelmehrheit (oder einer allenfalls im Gesellschaftsvertrag festgelegten höheren Mehrheit) ein Umwandlungsbeschluss zu fassen, sowie weiters die Firmen- und Statutenänderungen, die Ausgabe von Aktien und die Bestellung von Vorstand und Aufsichtsrat zu beschließen. 5 Der Umwandlung ist eine Umwandlungsbilanz (also eine Schlussbilanz der umzuwandelnden Gesellschaft)

Seite 2 zugrunde zu legen, welche von den Gesellschaftern zu erläutern, durch einen Umwandlungsprüfer zu prüfen und der Anmeldung zum Firmenbuch anzuschließen und anschließend zu veröffentlichen ist. 6 Da die Umwandlung auf einen maximal neun Monate vor der Anmeldung liegenden Stichtag durchgeführt werden kann und eine Zwischenbilanz nicht erforderlich ist, wird, aus Gründen der Einfachheit und Kosteneffizienz, in der Regel auf die Schlussbilanz des letzten Geschäftsjahres abgestellt. 7 Unklarheiten ergeben sich meist erst im Zusammenhang mit der Frage, ob und wie sichergestellt werden muss und kann, dass die umzuwandelnde GmbH über ausreichendes Kapital verfügt, um in eine AG umgewandelt zu werden. Umwandlung einer GmbH in eine AG -- GES Heft 2, 66 Während bei der Gründung einer AG nämlich die strengen Regelungen über die Kapitalaufbringung zur Anwendung gelangen und insbesondere bei Sachgründungen zwingend eine Sachgründungsprüfung vorzunehmen ist, verweist die gesetztliche Regelung des 247 Abs 1 AktG lediglich darauf, dass für die Umwandlungsprüfung die 19, 20, 24 und 27 sowie die 31 sowie 39 bis 47 AktG sinngemäß gelten, sofern sich aus diesen gesetzlichen Bestimmungen nicht anderes ergibt. Zweck dieses Verweises auf eine Vielzahl der gründungsrelevanten Bestimmungen des AktG ist es zweifellos, Umgehungskonstruktionen zu vermeiden, wäre es doch ansonsten ein Leichtes, zunächst eine GmbH zu gründen, um diese sodann, gänzlich ohne Einhaltung der aktienrechtlichen Gründungsvorschriften, formwechselnd und identitätswahrend in eine AG umzuwandeln. 8 Die hier zu behandelnde Unklarheit ergibt sich nun aus der Tatsache, dass 247 Abs 1 AktG nur eine sinngemäße Anwendung der aktienrechtlichen Gründungsvorschriften vorsieht. Was der Gesetzgeber aber unter sinngemäßer Anwendung versteht, ließ er offen und muss somit im Wege der Gesetzesinterpration geklärt werden. Zollner vertritt in diesem Zusammenhang die Ansicht, dass zwei Auslegungsvarianten denkbar seien. 9 Einerseits wäre denkbar, dass die Umwandlung der GmbH in eine AG als eine Form der Neugründung der AG angesehen wird, wobei diesfalls die GmbH als Sacheinlage im weitesten Sinne zu verstehen wäre und die Gründungsvorschriften, so als würde tatsächlich eine Neugründung vorliegen, zur Anwendung gelangen. In diesem Fall müsste sich die Gründungsprüfung auf den Zeitpunkt des Rechtsformwechsels beziehen. Andererseits wäre, seiner Ansicht nach, eine Auslegung dahingehend möglich, dass die historische Gründung der GmbH anhand aktienrechtlicher Maßstäbe zu prüfen sei. Prüfungszeitpunkt wäre also nicht jener des Rechtsformwechsels, sondern jener der historischen GmbH-Gründung. 10 Wenngleich aus Sicht der Praxis und der Einfachheit vieles für die zweitere Ansicht Zollners sprechen würde, so muss doch, übereinstimmend mit Nowotny und Eckert, festgehalten werden, dass für diese Rechtsansicht keine ausreichende Deckung im Gesetzestext zu finden ist. 11 Nowotny führt, neben weiteren Gründen, insbesondere zutreffend an, dass sich aus 247 Abs 3 AktG eindeutig ergibt, dass eine Gründungsprüfung nach 25 Abs 2 AktG jedenfalls stattzufinden hat. Dies ist vor allem deshalb von Relevanz, weil bei Bargründung einer AG, ebensowenig, wie bei der Bargründung einer GmbH, eine Sachgründungsprüfung gesetzlich vorgeschrieben ist. Wenn nun der Gesetzgeber für die formwechselnde Umwandlung einer GmbH in eine AG jedenfalls eine Gründungsprüfung nach 25 Abs 2 AktG anordnet, kann dies nur als bewusste und gewollte Abweichung gesehen werden und unterstützt eindeutig erstere Auslegungsvariante Zollners, wonach die formwechselnde Umwandlung im weitesten Sinne als eine Sacheinlage der GmbH in die AG zu betrachten und als solche zu püfen ist. Auch die weiteren Argumente Nowotnys überzeugen, wobei insbesondere jenes Argument stichhaltig erscheint, wonach eine auf den Gründungsakt der GmbH bezogene Prüfung keinen besonderen Sinn hätte,

Seite 3 würde doch eine Prüfung dahingehend, ob bei Gründung der GmbH bereits die aktienrechtlichen Gründungsvorschriften eingehalten wurden, nur dann sinnvoll sein, wenn von der Möglichkeit Gebrauch gemacht wurde, das Stammkapital der GmbH, im Sinne des 6a Abs 1 und 4 GmbHG, zu Hälfte durch Sacheinlagen aufzubringen und so der Sacheinlageprüfung, welche nach dem GmbhG nicht, nach dem AktG hingegen zwingend vorgesehen wäre, zu entgehen. 12 Aber auch die Tatsache, dass im Rahmen der Umwandlung auf eine Schlussbilanz abzustellen ist, welche sich auf einen maximal neun Monate zurückliegenden Stichtag beziehen darf, zeigt, dass es dem Gesetzgeber für die Gründungsprüfung nicht auf den Zeitpunkt der Gründung der GmbH, sondern den Zeitpunkt der Umwandlung, konkret der Eintragung der Umwandlung, ankommt. Als Zwischenergebnis kann sohin festgehalten werden, dass ue der Ansicht Nowotnys zu folgen ist, wonach sich die, gemäß 247 Abs 3 AktG jedenfalls vorzunehmende Gründungsprüfung, nicht auf den Zeitpunkt der historischen Gründung der GmbH sondern auf den Zeitpunkt der Eintragung der formwechselnden Umwandlung zu beziehen hat. 13 3. Konsequenzen der zwingenden Gründungsprüfung Ausgehend von der dargestellten und hier vertretenen Rechtsansicht, stellt sich nun die Frage, in welcher Form Umwandlung einer GmbH in eine AG -- GES Heft 2, 67 die Kapitalaufbringung Gegenstand der Gründungsprüfung ist und welche allfälligen Hindernisse der Umwandlung sich hieraus ergeben können. Klar ist, dass die GmbH in der Regel über ein Stammkapital in Höhe von lediglich 10.000 EUR bzw 35.000 verfügt, während die AG über ein Grundkapital in Höhe von mindestens 70.000 EUR verfügen muss. Weist die GmbH also ein Stammkapital auf, das unter dem für die AG geforderten Mindestgrundkapital von 70.000 EUR liegt, so muss die Differenz vor oder im Rahmen der formwechselnden Umwandlung durch entsprechende Kapitalerhöhung ausgeglichen werden. Eine Umwandlung ist jedenfalls nur dann möglich, wenn das Stammkapital der GmbH, spätestens im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Umwandlung, mindestens 70.000 EUR beträgt. Dies entspricht zweifellos auch der hm. 14 Wenn nun aber die GmbH über ein Stammkapital in Höhe von mindestens 70.000 EUR verfügt, ändert dies nichts an der, gemäß 247 Abs 3 Akt G zwingend (arg "jedenfalls") vorgesehenen Gründungsprüfung, im Rahmen derer zu prüfen ist, ob das Grundkapital der AG auch tatsächlich im Vermögen der GmbH Deckung findet ( 247 Abs 1 ivm 26 Abs 1 Z 2 AktG). Die Frage wann eine derartige Deckung nicht besteht, ist insbesondere bei der Unterbilanz und dem negativen Eigenkapital von besonderer Praxisrelevanz. Auch hier gibt es aber unterschiedliche Rechtsansichten. So vertritt ein (kleiner) Teil der Lehre die Ansicht, dass bereits eine Unterbilanz, die dann vorliegt, wenn das Grundkapital durch das Anlagevermögen zu Buchwerten nicht mehr gedeckt ist, einer formwechselnden Umwandlung entgegensteht, weil eine formwechselnde Umwandlung diesfalls das Verbot der unter-pari-emmission, also der Ausgabe von Aktien deren Wert unter dem Nennwert liegt, unterlaufen würde. 15 Demgegenüber vertreten Zollner und Foglar-Deinhardstein, die schon dargelegte Rechtsansicht, wonach sich die Gründungsprüfung auf den Zeitpunkt der GmbH-Gründung zu beziehen hat. Sei demnach bereits bei Gründung der GmbH den Gründungsvorschriften des AktG voll entsprochen worden (insbesondere also bei Bargründung), gäbe es keinerlei Umgehungsgefahr. Auf die Frage einer aktuellen Unterbilanz oder eines negativen Eigenkapitals käme es bei dieser Rechtsansicht nicht an, weil derartiges im Zeitpunkt der Gründung der GmbH nicht vorliegen kann. 16 Beiden Rechtsansichten ist unseres Erachtens jedoch nicht uneingeschränkt zu folgen. Das Argument eines Unterlaufens des Verbotes der unter-pari-emmission ist deshalb nicht überzeugend, weil es, ohne jegliche

Seite 4 rechtliche Grundlage, den Schutz der designierten Aktionäre über das Prinzip der Identitätswahrung stellt. Die designierten Aktionäre sind aber in dieser Situation nicht zu besonders schützen, weil sie ohnehin bei Vorliegen einer Unterbilanz oder eines negativen Eigenkapitals, auch bereits als Gesellschafter der GmbH geschädigt sind, ohne dass sich dieser Zustand durch die Umwandlung entsprechend verschärft; die aus der Umwandlung hervorgehende AG führt ja lediglich die Unterbilanz bzw das negative Eigenkapital der GmbH fort. Ein überwiegender Teil der Lehre scheint sich der Ansicht angeschlossen zu haben, dass, ungeachtet der Frage ob eine Unterbilanz oder ein negatives Eigenkapital vorliegen, bei formwechselnder Umwandlung von einer GmbH in eine AG zu prüfen sei, ob das Grundkapital der AG, zuzüglicher allfälliger gebundener Rücklagen, zumindest im vorhandenen Nettoaktivvermögen der GmbH Deckung findet. 17 Diese Ansicht ist unseres Erachtens zutreffend und führt zu dem Ergebnis, dass auch bei Vorhandensein eines negativen Eigenkapitals oder einer Unterbilanz ein ausreichendes Nettoaktivvermögen vorhanden sein kann, um das Grundkapital zu decken, da zum Nettoaktivvermögen auch allfällige stille Reserven hinzuzurechnen sind. Das bloße Vorliegen einer Unterbilanz oder eines negativen Eigenkapitals ist sohin per se noch nicht schädlich und muss auch keinen Verstoß gegen das Verbot der unter-pari-emmission darstellen. 18 Die Gründungsprüfung kann bei formwechselnder Umwandlung höchstens aus Gläubigerschutzaspekten erforderlich sein. Es erscheint durchaus sinnvoll und angemessen, zu prüfen, ob im Zeitpunkt der Umwandlung in eine AG, zumindest das Grundkapital im vorhandenen Nettoaktivvermögen Deckung findet. Erst wenn dies nicht der Fall ist, scheint eine Umgehungsabsicht und Gläubigergefährdung geradezu evident zu sein. Es ist daher der Rechtsansicht zu folgen, welche - in Analogie zu 225j AktG, der sich der gleichen Verweissystematik wie 247 Abs 3 AktG bedient - ableitet, dass eine Umwandlung nur dann zulässig ist, wenn zumindest das Grundkapital (samt gebundener Rücklagen) im vorhandenen Nettoaktivvermögen Deckung findet. 19 Umwandlung einer GmbH in eine AG -- GES Heft 2, 68 Eine Deckung zu Buchwerten ist hingegen nicht erforderlich. 20 Der Ansicht Zollners, wonach dies mit dem Prinzip der Identitätswahrung kaum in Einklang zu bringen sei, ist zwar grundsätzlich zuzustimmen, jedoch führt er selbst aus, dass das Regelungsanliegen des Gesetzgebers mit der konkreten Umsetzung in 247 AktG nicht in allen Belangen harmoniert. 21 Soweit nämlich die Ansicht vertreten wird, dass es, ausgehend vom Identitätswahrungsprinzip, nur auf eine Prüfung ankommen kann, die auf den Zeitpunkt der Gründung der GmbH abstellt (und somit nicht auf den Zeitpunkt der Umwandlung), mag diese zwar dem Identitätswahrungsprinzip besser entsprechen, fügt sich jedoch keineswegs harmonisch in das gesetzliche Gefüge ein und ist unseres Erachtens aus mehreren Gründen unzutreffend. 22 Zunächst ist, wie bereits dargelegt, gemäß 247 Abs 3 AktG jedenfalls und somit zwingend eine Prüfung im Sinne des 25 Abs 2 AktG vorzunehmen, wodurch den durchaus praktikablen Überlegungen Zollners 23, dass nämlich eine Prüfung dann unterbleiben könne, wenn sichergestellt sei, dass die historische Gründung der GmbH den aktienrechtlichen Anforderungen entsprochen hat und sohin keine Umgehungsgefahr bestehe, jegliche Rechtsgrundlage entzogen ist. Ein weiterer Grund liegt darin, dass zwischen den Zeitpunkten der Gründung und der Umwandlung der GmbH völlig unterschiedliche Zeiträume liegen können. Liegt die Gründe schon länger zurück, sind möglicherweise die in die Gründung involvierten Gesellschafter, im Zeitpunkt der Umwandlung, nicht mehr an der Gesellschaft beteiligt, sodass in die Gründung nicht involvierte Personen nunmehr über die historische Begründung berichten müssten. 24 Ein wesentlicher Widerspruch liegt letztlich auch darin, dass der Gesetzgeber ausdrücklich die Erstellung einer zur Umwandlung zeitnahen Bilanz verlangt ( 247 Abs 2 ivm 246 Abs 3 ivm 220 Abs 3 AktG) und somit klar auf den Wert der Gesellschaft im Zeitpunkt der Umwandlung und nicht im Zeitpunkt der historischen Gründung abstellt.

Seite 5 4. Fazit Bei der Prüfung der Kapitalaufbringung im Rahmen der formwechselnden Umwandlung einer GmbH in eine AG ist, trotz eines gewissen Widerspruches zum Identitätswahrungsprinzip der Gesellschaft, auf den Zeitpunkt der Umwandlung und nicht auf den Zeitpunkt der historischen Gründung der GmbH abzustellen. Die vorzunehmende Prüfung der Kapitalaufbringung hat sich darauf zu beschränken, festzustellen, ob das Grundkapital der AG im vorhandenen Nettoaktivvermögen der GmbH, inklusive stiller Reserven, Deckung findet. Eine Deckung zu Buchwerten ist nicht erforderlich. Aufgrund der Einbeziehung der stillen Reserven hindert per se weder eine Unterbilanz, noch ein negatives Eigenkapital die Umwandlung, sofern dennoch ausreichendes Nettoaktivvermögen vorliegt. 1 Szep in Jabornegg/Strasser, AktG II 5 245 Rz 1. 2 Zollner, Doralt/Nowotny/Kalss, AktG 2, Vor 239-253 Rz 5; Foglar-Deinhardstein, GES 2011, 10; Szep in Jabornegg/Strasser, AktG II 5 245 Rz 1. 3 Siehe insbesondere Foglar-Deinhardstein, GES 2011, 10 und die Replik von Nowtny in GES 2011, 386. 4 Zollner, Doralt/Nowotny/Kalss, AktG 2, Vor 239-253 Rz 1. 5 245 Abs 3 AktG. 6 245 ff AktG; Zollner, Doralt/Nowotny/Kalss, AktG 2 245 Rz 1 ff; Szep in Jabornegg/Strasser, AktG II 5 245 Rz 1 ff. 7 Zollner, Doralt/Nowotny/Kalss, AktG 2 247 Rz 11. 8 Zollner, Doralt/Nowotny/Kalss, AktG 2 247 Rz 11; Szep in Jabornegg/Strasser, AktG II 5 247 Rz 1. 9 Zollner, Doralt/Nowotny/Kalss, AktG 2 247 Rz 18. 10 Zollner, Doralt/Nowotny/Kalss, AktG 2 247 Rz 18; dieser Ansicht folgend: Foglar-Deinhardstein, GES 2011, 10; aa Nowotny, GES 2011, 386. 11 Nowotny, GES 2011, 386; Eckert, Internationales Gesellschaftsrecht 661 f. 12 Nowotny, GES 2011, 386. 13 Nowotny, GES 2011, 386. 14 Zollner, Doralt/Nowotny/Kalss, AktG 2 245 Rz 1 ff; Szep in Jabornegg/Strasser, AktG II 5 245 Rz 1ff; Nowotny, GES 2011, 386; Foglar-Deinhardstein, GES 2011, 10. 15 Platzer, Handbuch Sonderbilanzen. 16 Foglar-Deinhardstein, GES 2011, 10; Zollner, Doralt/Nowotny/Kalss, AktG 2 247 Rz 11. 17 Szep in Jabornegg/Strasser, AktG II 5 247 Rz 2 mwn; Zollner, Doralt/Nowotny/Kalss, AktG 2 247 Rz 1 ff mwn. 18 Zollner, Doralt/Nowotny/Kalss, AktG 2 247 Rz 10 ff mwn 19 Szep in Jabornegg/Strasser, AktG II 5 247 Rz 2 mwn. 20 Eckert, Internationales Gesellschaftsrecht 661. 21 Zollner, Doralt/Nowotny/Kalss, AktG 2 247 Rz 1 ff mwn. 22 Diese Ansicht vertretend: Zollner, Doralt/Nowotny/Kalss, AktG 2 247 Rz 1 ff mwn; Foglar-Deinhardstein, GES 2011, 10; ablehnend: Eckert, Internationales Gesellschaftsrecht 661 f. 23 Zollner, Doralt/Nowotny/Kalss, AktG 2 247 Rz 14. 24 Zu diesen und weiteren Widersprüchen siehe auch Nowotny, GES 2011, 386. Ein Inhalt der Verlag Österreich GmbH