Background Information - Nachhaltige Unternehmensführung 1



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Transkript:

Background Information - Nachhaltige Unternehmensführung 1 Rupert J. Baumgartner, Sabrina Engert Institut für Systemwissenschaften, Innvotations- und Nachhaltigkeitsforschung, Universität Graz CSR und Nachhaltigkeitsmanagement Neben dem Begriff Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung wird bei der Diskussion der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen und der Diskussion von Nachhaltigkeit auf Unternehmensebene der Begriff CSR (Corporate Social Responsibility) verwendet (Hansen et al., 2005). Für diesen Begriff liegen unterschiedliche Definitionen vor, die sich im Wesentlichen darin unterscheiden, ob die ökologische Dimension ein Teil von CSR ist oder nicht (Ebner et al., 2006). Die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen ist jener Bereich der Unternehmenstätigkeit, der über die Erbringung wirtschaftlicher Tätigkeit hinausgeht (Dyllick, 2000, S. 374). Die wissenschaftliche Diskussion dieser Thematik reicht in den USA bis in die 1950er Jahre und im deutschsprachigen Raum bis in die 1970er Jahre zurück (Hansen et al., 2005). Die EU-Kommission definiert CSR als Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren (Europäische Kommission, 2001). Hansen et al. (2005) bezeichnen den CSR-Begriff als offen, er kann einerseits auf weniger weit gehende Aktivitäten der Verantwortungsübernahme beschränkt werden, aber andererseits ist eine abschließende Definition von CSR-Aktivitäten nicht möglich; auf Basis der Definition der EU-Kommission unterscheiden sie unterschiedliche Ebenen der Verantwortungsübernahme von Unternehmen, nämlich die Ebene CSR im Kerngeschäft (eigenes Unternehmen und Lieferanten) mit den Elementen umweltschonende Leistungserbringung, Beachtung von Arbeitsnormen, Schutz der Menschenrechte und Verzicht auf Korruption, die Ebene CSR in der Zivilgesellschaft (Spenden und Sponsoring, Corporate Volunteering) sowie CSR für die Rahmenordnung (gesellschaftsorientiertes Lobbying, Mitarbeit an freiwilligen Regulierungen) (Hansen et al., 2005). In diesem Sinn wäre CSR gleichbedeutend mit Nachhaltigkeit auf Ebene des einzelnen Unternehmens zu sehen. Van Marrewijk (2003) konstatiert zudem, dass viele Autoren sich bei der inhaltlichen Konkretisierung auf das Nachhaltigkeitskonzept beziehen (van Marrewijk, 2003). So nicht explizit erwähnt, wird daher in weiterer Folge davon ausgegangen, dass CSR im Sinne von Nachhaltigkeit auf Unternehmensebene (sustainable management, corporate sustainability) zu verstehen ist, obwohl aus Sicht einer klaren Definition und Abgrenzung CSR nur für die soziale Dimension unternehmerischen Handelns verwendet werden sollte (Ebner et al., 2006). Leitschuh (2008) sieht die Gleichsetzung von CSR und Nachhaltig Wirtschaften bzw. Nachhaltigkeit auf Unternehmensebene als problematisch, da in der Praxis der Unternehmen CSR häufig ohne Verbindung zum Kerngeschäft im Sinne von Corporate Citizenship umgesetzt wird (Leitschuh, 2008). Framework for Strategic Sustainable Development strategisches Nachhaltigkeitsmanagement Im Jahr 2002 wurde von Robèrt et al. das Konzept des Strategic Sustainable Development veröffentlicht. Dabei wurden Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung formuliert, die das Ziel der Nachhaltigkeit definieren (Robèrt et al., 2002). Der wesentliche Fortschritt dieser Prinzipien liegt 1 Siehe umfassend Baumgartner (2010) 1

darin, dass diese strategischen Charakter aufweisen, d.h. handlungsanleitend wirken und zur Beurteilung von Nachhaltigkeitsaspekten verwendet werden können. Der grundlegende Gedanke ist dabei, Nachhaltigkeitsregeln umzukehren, d.h. nicht Zielvorgaben hinsichtlich bestimmter Verhaltensweisen oder Niveaus von Umweltbeeinflussungen (threshold level) vorzugeben, deren Festlegung problematisch bzw. nicht möglich ist (Robèrt et al., 2002; Korhonen, 2007), sondern nachhaltige Entwicklung als Prozess zu sehen, in dem grundlegende Prinzipien zu befolgen sind, um Fortschritte zu erreichen. Diese Prinzipien sind in ein Gesamtmodell eingebettet, welches zusätzlich Strategien zur Umsetzung sowie den Aspekt der Bewertung gesetzter Handlungen im Hinblick auf deren tatsächlichen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung beinhaltet (siehe Abbildung 1). Diese Prinzipien lauten wie folgt (Robèrt et al., 2002, S. 198ff.): 1. Der systematische anthropogene Beitrag zur Zunahme der Konzentration von Stoffen sowie deren Umwandlungsprodukten in der Natur ist zu vermeiden bzw. zu vermindern. Dies bedeutet, selten vorkommende Ressourcen bzw. Rohstoffe durch häufig vorkommende zu substituieren, die Ressourcen effektiv und effizient zu nützen und die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen zu reduzieren. Dieses Kriterium betrifft z.b. die Treibhausgasemissionen. 2. Der systematische Beitrag zu steigenden Konzentrationen von anthropogen produzierten Stoffen ist zu vermeiden bzw. zu vermindern. Dazu sind persistente und in der Natur nicht vorkommende Stoffe, Komponenten und Materialien durch in der Natur vorkommende bzw. leichter abbaubare Stoffe, Komponenten und Materialien zu substituieren und diese effektiv und effizient einzusetzen. 3. Die systematische Überlastung natürlicher Systeme durch Entnahmeraten, die höher als die Reproduktionsfähigkeit dieser Systeme sind (z.b. Landwirtschaft, Überfischung), durch Veränderung dieser Systeme und Einführung systemfremder Spezies oder sonstiger Veränderungen ist zu vermeiden. Dies bedeutet, erneuerbare Ressourcen nur in einer Rate, die gleich oder geringer der Erneuerungsrate des betroffenen Systems ist, aus natürlichen Systemen zu entnehmen, Ressourcen und Land effektiv und effizient zu nützen und sehr vorsichtig gegenüber allen Veränderungen von Öko-Systemen zu sein. 4. Alle Anstrengungen sind zu unternehmen, um die sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnisse regional, national und global unter Beachtung der ersten drei Prinzipien für die derzeit lebende Generation - unter Beachtung zukünftiger Bedürfnisse zu befriedigen. Diese Prinzipien stellen eine Konkretisierung der Brundtland-Definition (1987) dar und können mit zwei Strategien erreicht werden (Robèrt et al., 2002): - Substitution Substitution bedeutet, Ressourcen, Stoffe, Komponenten, Verfahrensweisen oder Technologien durch Nachhaltigere, d.h. mehr der Erreichung der Prinzipien dienende, zu ersetzen. - Dematerialisierung Dematerialisierung bedeutet, den Stoff- und Energieeinsatz (in den meisten Fällen lässt sich der Energieeinsatz in Stoffströme rückrechnen) einerseits durch Erhöhung der Ressourcenproduktivität und andererseits durch Reduzierung von Abfällen und Emissionen, d.h. durch Reduktion der Menge der an die Umwelt abgegebenen Stoffe zu optimieren. Dieses Modell findet in der Nachhaltigkeitsdiskussion große Verbreitung. Ein Vorteil dieser Prinzipien ist, dass diese in zeitlicher Hinsicht flexibel sind und die Gefahr der Pfadabhängigkeit von Entwicklungen vermindern (Korhonen, 2007). 2

Abbildung 1: Modell des Strategic Sustainable Development (Robèrt et al., 2002, S. 199) Definition des Begriffs Nachhaltiges Unternehmen Zur Sicherstellung absoluter Fortschritte in Richtung nachhaltiger Entwicklung eines Unternehmens sind neben den Bedürfnissen und Interessen des Unternehmens und dessen Stakeholdern die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung zu beachten. Somit wird ein nachhaltiges Unternehmen wie folgt definiert (Baumgartner, 2010, S. 51): Bei einem nachhaltigen Unternehmen werden Aktivitäten, Maßnahmen und Strategien so geplant, entwickelt, ausgeführt sowie hinsichtlich Wirksamkeit überprüft, dass die Bedürfnisse des Unternehmens und seiner Stakeholder im Einklang mit den Prinzipien der nachhaltigen Entwicklung erfüllt werden können. Eine nachhaltigkeitsorientierte Unternehmensführung bedarf eines unternehmerischen Nachhaltigkeitsmanagements (Sustainable Business Management). Dieses Nachhaltigkeitsmanagement definieren van Kleef et al. (2007) als Management, das die Einbettung des Unternehmens in soziale, ökologische und ökonomische Systeme erkennt und sich auf das Management der Beziehungen zur Erfüllung der sozialen, ökologischen und ökonomischen Bedürfnisse der Stakeholder in seinen Netzwerken konzentriert (van Kleef et al., 2007). Diese Definition stellt das zu regelnde Element, nämlich die Beziehungen des Managements, in den Mittelpunkt. Aus Sicht der Funktionen und Aufgaben des Managements kann Nachhaltigkeitsmanagement wie folgt definiert werden: Nachhaltigkeitsmanagement bezeichnet jenen Teil des gesamten Managementsystems, der die Abläufe, Verantwortlichkeiten, Strukturen und Mittel zur Festlegung und Umsetzung einer unternehmensspezifischen Vision und Politik zu Sustainable Development (sustainability policy bzw. Nachhaltigkeitspolitik) umfasst. Die Vision stellt dabei eine normative Aussage des Managements zu Sustainable Development dar und bildet die Grundlage zur Ableitung der Politik und Strategie. Die Nachhaltigkeitspolitik beschreibt die Gesamtziele und Handlungsgrundsätze bezüglich Sustainable Development und bildet den Rahmen für die Festlegung und Bewertung der Nachhaltigkeitsziele. Die Nachhaltigkeitspolitik beschreibt die grundsätzliche Ausrichtung, die das Management dem Unternehmen geben will, und muss bezüglich Art und Umfang angemessen sein. Dabei ist die Verpflichtung der obersten Leitung zu einer nachhaltigen Ausrichtung des Unternehmens essentiell. Stone kritisiert hierzu, dass diese 3

Verpflichtung in vielen Standards für umweltfreundliches bzw. nachhaltiges Management zwar eingefordert, aber die Ausgestaltung dieser nicht thematisiert wird. Verpflichtung kann als Einschränkung der Handlungsfreiheit definiert werden, dies würde bedeuten, dass sich das Management verpflichtet, nur Aktivitäten, die im Einklang mit den Prinzipien und Zielen der nachhaltigen Entwicklung stehen, zu setzen, d.h. im Fall von Zielkonflikten hätten Nachhaltigkeitsziele Vorrang gegenüber anderen Zielen (Stone, 2006). In der Unternehmenspraxis ist selten anzutreffen, dass sich Entscheidungsträger derart weitreichend verpflichten bzw. verpflichten können; wenn ja, gilt diese Verpflichtung häufig eingeschränkt. Eine Verpflichtung von Organisationsmitgliedern über das jeweilige Eigeninteresse hinaus erfordert gegebenenfalls die Adaption des Wertesystems und damit der Organisationskultur (Stone, 2006). Daher spielt die normative Managementebene bei einer umfassenden Integration von Nachhaltigkeit in die Unternehmensführung eine wesentliche Rolle. Bei Initiativen auf der strategischen Ebene alleine ist es fraglich, ob einerseits nachhaltigkeitsorientierte Lernprozesse im Sinne des deutero-learning (Lernen zu lernen) initiiert werden können (Stone, 2006) und andererseits der wichtige Aspekt der unternehmensinternen und -externen Legitimität sichergestellt werden kann. Von der Definition eines nachhaltigen Unternehmens ausgehend sind die konkreten zu berücksichtigenden Nachhaltigkeitsaspekte abzuleiten. Die Unternehmenstätigkeit erfordert die Beschaffung der Produktionsfaktoren, d.h. der erforderlichen Betriebsmittel (maschinelle Anlagen, Fuhrpark, Geschäftsausstattung, Betriebsgebäude, ), Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie das Einstellen der erforderlichen Mitarbeiter sowie den Absatz der erzeugten bzw. erbrachten Leistungen. Bei der Unternehmenstätigkeit entstehende Abfälle und Emissionen sind dieser zuzuordnen, zudem sind Produzenten verstärkt auch für die ordnungsgemäße Entsorgung ihrer Produkte verantwortlich. Die Nachhaltigkeitsaspekte lassen sich in ökologische, soziale und ökonomische Aspekte unterteilen und betreffen alle Input- und Outputfaktoren, den dispositiven Faktor, den Leistungserstellungsprozess, die erstellten Leistungen, Anforderungen von Kunden, Gesetzgeber, Gesellschaft und weiterer Anspruchsgruppen sowie das Verhalten von Lieferanten und Kunden. Nachhaltige Unternehmensstrategien Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Unternehmen können folgende Stufen unterschieden werden, wobei die einzelnen Stufen sich in Bezug auf die im Fokus stehende Handlungsebene unterscheiden (Bleischwitz et al., 2004, S. 118ff.): Stufe 1 ist an den Outputs orientiert: Hier setzen Unternehmen Maßnahmen des nachsorgenden Umweltschutzes, der in der Regel sehr kostenintensiv ist. In Stufe 2 wird auch der Produktionsprozess betrachtet, es steht die Öko-Effizienz der Prozesse im Vordergrund. In Stufe 3 werden auch Management- und Supportprozesse einbezogen, womit die höchste Stufe des Effizienzansatzes erreicht wird. Es werden hier auch präventive Maßnahmen innerhalb des Unternehmens umgesetzt. In Stufe 4 betrachtet das Unternehmen bewusst den Lebenszyklus, es werden Vor- und Nachstufen mit einbezogen. Es ist jedoch zu beachten, welchen Einfluss das Unternehmen auf die vor- und nachgelagerten Bereiche nehmen kann. In Stufe 5 werden schließlich Erwartungen und Anforderungen von Stakeholdern aktiv aufgegriffen und in das Unternehmen integriert. Diese Stufen beschreiben die Orientierung des Unternehmens hinsichtlich der Anforderungen der nachhaltigen Entwicklung. Es ist zu beachten, dass für jede Stufe die grundlegenden Nachhaltigkeitsziele und die Aspekte Innovation, Stakeholder und Ressourcensicherung zu berücksichtigen sind. Es können verschiedene strategische Varianten (siehe Abbildung 2) hinsichtlich 4

der Orientierung an Sustainable Development unterschieden werden, die sich je nach Zweck, Ziel, Ansatzpunkt und Handlungsebene der Strategie differenzieren lassen (Dyllick, 2000; Hardtke et al., 2001; Schaltegger et al., 2002; Baumgartner, 2010, S. 140ff.): Introvertiert (sicher): Kennzeichnend für diese Strategievariante ist der defensive Charakter, Nachhaltigkeitsaspekte werden auf Grund gesetzlicher Vorgaben berücksichtigt. Die grundlegende inhärente Frage lautet: Sollen wir etwas unternehmen? Es wird das Thema Sustainable Development beobachtet und analysiert, aber nur sporadisch umgesetzt. Primäres Ziel ist die Rechtssicherheit und Risikovorsorge zur Absicherung des Unternehmens hinsichtlich seiner Produkte, Märkte und Finanz- und Haftungsrisiken vor ökologisch oder sozial begründeten Ansprüchen. Der Ansatzpunkt liegt intern, die Strategie bezieht sich primär auf die Gesellschaft. Diese Strategie ist für Unternehmen der Stufen 1 bis 3 geeignet. Extrovertiert (glaubwürdig): Der Zweck dieser Strategie ist die Differenzierung durch die Profilierung des Unternehmens auf nachhaltigem Gebiet. Es soll damit die License to operate and grow gesichert werden. Kritisch ist bei dieser Strategievariante anzumerken, dass die Umsetzung häufig im Bereich Öffentlichkeitsarbeit angesiedelt ist und mitunter eine Diskrepanz zwischen dem tatsächlichen Tun des Unternehmens und der kommunizierten Aktivitäten besteht. Dieser Typus findet sich insbesondere bei öffentlich stark exponierten Unternehmen, die entweder auf Grund ihrer Größe (z.b. Großbanken) oder ihrer Tätigkeiten (z.b. Fluggesellschaften, Anwender der Gentechnologie) im besonderen Maße auf Vertrauen angewiesen sind. Bei dieser Strategievariante ist es erforderlich, auch den Lebenszyklus (Stufe 4) und die Stakeholder (Stufe 5) in die Betrachtung einzubeziehen. Der Ansatzpunkt liegt im Gegensatz zur introvertierten Strategie extern, Bezugspunkt ist aber wiederum die Gesellschaft (siehe Abbildung 2). In einer sehr offensiven Form der extrovertierten Strategie kann diese transformierend wirken. Ziel ist es dabei, die Öffentlichkeit für die Anforderungen der nachhaltigen Entwicklung zu sensibilisieren und so die Rahmenbedingungen für nachhaltige Unternehmen positiv zu beeinflussen. Strategiebezug Ansatzpunkt intern Gesellschaft introvertiert (sicher) - Rechtssicherheit Handlungsebene: Stufe 1-3 (Output, Produktion, Unternehmen) Markt konservativ (effizient) - Prozessbeherrschung Handlungsebene: Stufe 1-3 (Output, Produktion, Unternehmen) extern extrovertiert(glaubwürdig): - Imagebildung - Rahmenbedingungen positiv beeinflussen Handlungsebene: Stufe 4-5 (Lebenszyklus, Stakeholder) visionär (innovativ): - Marktpositionierung - Differenzierung - Effektivität Handlungsebene: Stufe 4-5 (Lebenszyklus, Stakeholder) Abbildung 2: Modell Nachhaltigkeitsstrategietypen (Baumgartner, 2010, S.142) 5

Konservativ (effizient): Der Treiber dieser Strategie ist die Kostenführerschaft, Wettbewerbsvorteile werden durch die Verbesserung der Prozess- und Organisationseffizienz (Öko-Effizienz) sowie Innovationen in diesen Bereichen gesucht. Dabei werden primär die Stufen 1-3, in Ausnahmefällen der Lebenszyklus, betrachtet. Diese Strategievariante bezieht sich klar auf den Markt. Visionär (innovativ): Nachhaltige Entwicklung wird in dieser Variante zum Kern der Strategie, um durch das Ausschöpfen der Potentiale hinsichtlich Differenzierung und Effizienz- /Effektivitätssteigerung die Wettbewerbsfähigkeit und die soziale und ökologische Leistung des Unternehmens zu erhöhen. Dazu muss das Unternehmen auch im ökologischen und sozialen Bereich innovativ sein, einen Beitrag zu den grundlegenden Nachhaltigkeitszielen leisten und simultan die Aspekte Innovation, Stakeholder und langfristige Sicherung der Ressourcenbasis berücksichtigen. Die Handlungsebene entspricht daher der Stufe 5, die Strategie setzt extern an und fokussiert primär auf den Markt. Diese strategischen Varianten werden nicht in Reinform vorkommen. Die konkrete Nachhaltigkeitsstrategie wird sich Elementen aller vier Ansätze bedienen. Zur Umsetzung und Unterstützung der gewählten Strategie sind spezifische, über das klassische strategische Management hinausgehende Instrumente zu empfehlen (siehe Baumgartner, 2010, S. 183ff.). (weiterführende) Literatur Aguinis, H. & Glavas, A. (2012). What We Know and Don t Know About Corporate Social Responsibility: A Review and Research Agenda. Journal of Management. 38(4), 932-968. Baumgartner, R.J. (2005). Sustainable Business Management: Grundlagen, Strategien und Instrumente einer nachhaltigen Unternehmensführung. In: Baumgartner, R.J. et al. (Hrsg.): Wertsteigerung durch Nachhaltigkeit. München: Rainer Hampp Verlag, 51-72. Baumgartner, Rupert J. (2009). Organizational culture and leadership: preconditions for the development of a sustainable corporation. Sustainable Development, 17, 102-113. Baumgartner, Rupert J. (2010). Nachhaltigkeitsorientierte Unternehmensführung: Modell, Strategien und Managementinstrumente. München und Mering: Rainer Hampp Verlag. Baumgartner, R.J. & Ebner, D. (2010). Corporate Sustainability Strategies: Sustainability Profiles and Maturity Levels. Journal of Sustainable Development, 18, 76-89. Bieker, T. (2002). Manageing corporate sustainability with balanced scorecard: Developing a balanced scorecard for integrity management. Oikos PhD summer academy on Sustainability, Corporations and Institutional Arrangements, St. Gallen. Bleischwitz, R. (2003). Cognitive and institutional perspectives of eco-efficiency. Ecological Economics, 46 (3), 453-467. Carroll, A.B. & Buchholz, A.K. (2000). Business Society: Ethics and Stakeholder Management, 4th Edition,Cincinnati: South Western College Publishing. Dyllick, T. (2000). Strategischer Einsatz von Umweltmanagementsystemen. Umweltwirtschaftsforum 8(3), 64-68. Ebner, D. & Baumgartner, R.J. (2006). The relationship between Sustainable Development and Corporate Social Responsibility. Corporate Responsibility Research Conference, Dublin. 6

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