Gewalt in der Pflege. Günther Schranz, M.A.S.

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Transkript:

Günther Schranz, M.A.S. Gewalt in der Pflege Gewalt in der Pflege? In Form von Gewalt durch Pflegepersonen an den ihnen anvertrauten Menschen? Gibt es nicht. Darf es nicht geben. Da muss man eben stark genug sein, sich abgrenzen zu können. Vielleicht gibt es systemische Gewalt, im Rahmen derer Menschen durch vorgegebene Strukturen und Prozesse in ihrer Freiheit eingeschränkt sind, darunter leiden wir ja alle. Aber sicher nicht in Form von persönlicher Gewaltausübung an einem anderen Menschen. Punkt. Aus. Die meisten Diskussionen zu diesem sensiblen Thema enden immer noch an dieser Stelle. Gewalt in der Pflege ist nach wie vor ein Tabuthema. Selbst unter Kolleginnen und Kollegen fällt es schwer, herausfordernde Situationen und die eigene Reaktion darauf anzusprechen. Laut fundierter Literatur ist Gewalt in der Pflege allgegenwärtig und wird unterschätzt. Hilferufe von jemanden zu ignorieren oder jemanden grob anpacken ist bereits Gewalt. Gerade deshalb müssen wir dem Problem unsere vermehrte Aufmerksamkeit schenken, um die Qualität von Pflege und Betreuung verantworten zu können. Im Laufe meiner beruflichen Entwicklung konnte ich selbst erleben wie es sich anfühlt, wenn Führungskräfte diesem Thema keinen Raum geben. Es führt unter anderem dazu, dass eigenes unkorrektes Verhalten nicht als solches erkannt wird. Schwierige Situationen werden nicht besprochen und es fehlen Strategien zur Deeskalation. Der Frustrationslevel ist in solchen Teams spürbar hoch. Der Pflegealltag beinhaltet kontinuierlich sensible Situationen, wie zum Beispiel das Eindringen in die Intimsphäre eines Menschen. Laut der Europäische Charta der Rechte und Pflichten älterer und hilfebedürftiger Menschen haben diese das Recht auf gut ausgebildetes Personal. Und dieses Personal, also in unserem Kontext die Seite 1 von 7

Pflegepersonen, haben wiederum das Recht auf Unterstützung. Somit ist folglich die jeweilige Führungskraft angesprochen, sich dem Thema Gewalt in der Pflege zu stellen. Die Folgen von inadäquatem oder falschem Führungsverhalten können fatal sein. Die wichtige Frage ist daher, welches Führungsverhalten Gewalt verhindern oder zumindest reduzieren kann. Dazu müssen wir wissen welche Bedürfnisse von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern grundlegend für ihre Motivation sind und welcher Zusammenhang zwischen diesen Bedürfnissen und dem persönlichen Gewaltpotential besteht. Als Leiter von Pflege und Betreuung in Mater Salvatoris konnte ich durch die folglich beschriebene Studie meiner Verantwortung nachkommen. Das Methodische Vorgehen Anhand fundierter Literatur und repräsentativen Studien konnte ich feststellen, dass Gewalt in der Pflege zwar vorhanden, jedoch schwer zu erkennen ist. Die Rolle der Führungskraft zur Prävention von Gewalt steht im Mittelpunkt dieser Forschung. Ich konzentrierte mich im empirischen Teil meiner Arbeit auf das Führungsverhalten, das die Gewaltneigung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern reduzieren kann. Durch meine berufliche Rolle habe ich Zugang zu den Menschen, die direkt betroffen sind, jedoch ist zu vermuten, dass im Zuge von z.b. Interviews der Aspekt der sozialen Erwünschtheit und somit eine Antwortverzerrung ein wesentlicher Faktor sein wird. Trotzdem oder gerade deshalb war es mir wichtig, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Mater Salvatoris zu dieser Thematik Stellung nehmen. Ein qualitativer Forschungsansatz wäre aus Zeitgründen allerdings nicht machbar gewesen. Daher wurde das Risiko in Kauf genommen, dass individuelle Besonderheiten nicht erfasst werden können. Die nachfolgende Untersuchung basiert demnach auf einem quantitativ empirischen Forschungsdesign. Ein erhoffter wesentlicher Nebeneffekt dieser Forschung liegt in der Themensensibilisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Pflegeheims Mater Salvatoris. Laut Literatur bietet sich eine schriftliche Befragung bei geschlossenen Gruppen, wie jene der Pflege- und Betreuungsteams in Mater Salvatoris, an, wenn der Fragebogen als Frage-Antwort-Medium leicht zu beantworten ist. Ein Vorteil ist auch, dass durch den geringeren Zeitaufwand in kurzer Zeit mehr Personen erreicht werden können, als beispielsweise bei Interviews. Auch der Interviewer als mögliche Fehlerquelle fällt weg. Allerdings gibt es bei schriftlichen Befragungen auch erhebliche Nachteile, wie zum Beispiel die Beeinflussung der Befragten durch andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Seite 2 von 7

oder dass die Befragungssituation nicht kontrollierbar ist. Daher bedarf es bei dieser Art von Befragung einer besonders sorgfältigen Organisation. Zum Design Im Oktober 2017 wurden die Pflege-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter in Mater Salvatoris mittels Fragebogen befragt. Die Erhebung erfolgte auf freiwilliger Basis. Der Fragebogen wurde den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von ihren Führungskräften persönlich übergeben. Die Auswertung erfolgte durch eine externe Person mit Hilfe einer Software. Die Stichprobe An 60 (92 Prozent) von insgesamt 65 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Pflege in Mater Salvatoris wurden die Fragebögen persönlich übergeben. Fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (das entspricht 8 Prozent) konnten zum Befragungszeitraum nicht erreicht werden. Die Rücklaufquote war mit 75 Prozent (das entspricht 47 Fragebögen) erfreulicherweise sehr hoch und unterstreicht meiner Meinung nach die Bedeutsamkeit dieser Thematik. Der Fragebogen Im ersten Teil des Fragebogens wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Thema Gewaltneigung befragt. Einzelne Aspekte, wie im Gewaltdreieck von Hirsch (2003) angegeben, wurden unter Berücksichtigung der sozialen Erwünschtheit ausgewählt. Demnach wurden Fragestellungen zur kulturellen, strukturellen und personellen Gewalt verarbeitet. Die Vorurteile gegenüber alten Menschen beziehungsweise gegenüber der Altenpflege und jenen Menschen, welche im Berufsbild der Pflege und in der Altenarbeit tätig sind, können negativ wirken und Frustration erzeugen. Dazu war generell zu erfragen, ob Frustration herrscht und wie das Umfeld der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf deren Tätigkeit reagiert. Fehlende Ressourcen, fehlende Zeit und mangelnde Qualifikation können Gründe dafür sein, dass eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter Wünsche von ihr anvertrauten zu Pflegenden nicht erfüllen kann. Damit ist erneut eine Frustrationswahrscheinlichkeit Seite 3 von 7

verbunden. Wichtig ist daher, ob im Team über das Thema Gewalt gesprochen wird, die laut fundierter Literatur allgegenwärtig ist. Die eigene Wahrnehmung von Gewalt ist ein weiterer wichtiger Punkt in der Gewaltprävention, die in der Befragung erhoben wurde. Auch die Wirkung des eigenen Handelns ist nicht immer bewusst. Außerdem ist anzunehmen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weder psychische noch physische Gewalt zugeben. Damit sind beispielsweise Vernachlässigungen, wie jemanden zu ignorieren, oder grobes Anpacken gemeint. Der zweite Teil der Befragung konzentrierte sich auf das Führungsverhalten und dessen Auswirkungen auf die sogenannten Grundmotivationen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Grundmotivationen sind laut Kinast und Milz (2013) Basisvoraussetzungen, damit sich ein Mensch für jemanden oder eine Sache engagieren kann. Mit einer Kultur der Verlässlichkeit und der Transparenz wird Orientierung gegeben und sichergestellt, dass die Informationen auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ankommen. Dadurch wird das Bedürfnis Halt und Sicherheit bedient. Gemeinsame Reflexionen, in denen die Emotionen auch in einer kultivierten Form Platz haben, fördern Arbeitsbeziehungen. Diese Reflexionen und das Interesse füreinander sind die Grundlage für eine lebendige Beziehungs- und Beteiligungskultur und bedienen die Grundmotivation der Beziehung und Nähe. Wenn Führungskräfte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihren individuellen Kompetenzen, Erfahrungen und Leistungen beachten, fördern sie damit indirekt ihre Bereitschaft, sich im Alltag aktiv einzubringen. Dies bedeutet, dass sich Führungskräfte um eine Kultur der Beachtung und des konstruktiven Feedbacks bemühen sollten. Somit wird die Grundmotivation der Beachtung und Wertschätzung berücksichtigt. Fühlen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jedoch ungerecht und ablehnend behandelt, kann das Ärger und destruktive Energie erzeugen. Führungskräfte können die Freude an der Arbeit fördern, indem sie Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, innerhalb von klar definierten Räumen selbst zu entscheiden und zu gestalten. Dem Grundmotiv nach Perspektive und Sinn können sie so nachkommen. Eine hingegen sehr starre Struktur, welche wenig Platz für persönliche Beiträge oder keine Gestaltungsspielräume zulässt, verhindert das Mitdenken und eigenständiges Engagement. Es erzeugt einen genervten Dienst nach Vorschrift und verstärkt die Unzufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Seite 4 von 7

Im Teil 3 der Befragung sollte abschließend aufgezeigt werden, welche wesentlichen Unterschiede zwischen den Berufsbildern beziehungsweise den Erfahrungen im Beruf zu erkennen sind. Dabei wurde nach den Erfahrungen in der Pflege in Jahren und dem Berufsbild unterschieden. Zu den Ergebnissen Die Hypothese dieser wissenschaftlichen Arbeit wurde wie folgt formuliert: Wenn die Führungskraft dafür Sorge trägt, dass die grundlegenden Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berücksichtigt werden, dann ist deren Gewaltneigung geringer. Wenn die Führungskraft sich nicht auf die grundlegenden Bedürfnisse von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern konzentriert, entstehen Mängel und die Gewaltbereitschaft steigt. Die Ergebnisse aus dem ersten Teil des Fragebogens zu den einzelnen Ebenen der Gewalt wurden mit den Ergebnissen des zweiten Teiles zu den Grundmotivationen der handelnden Personen in Verbindung gebracht und Zusammenhänge hergestellt. Um die Schlussfolgerung zu untermauern, führe ich folgende Beispiele an und bediene mich dabei der Beziehung von Ursache und Wirkung: Die Ergebnisse der Befragung geben zu erkennen, dass die Führungskräfte ihren Mitarbeitenden den Rücken stärken. Die Führungskräfte haben ein offenes Ohr für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, signalisieren auch, dass sie wissen, was diese leisten und können den Ergebnissen nach auch das Gefühl vermitteln, dass eine sinnvolle Arbeit getan wird. Demnach trägt die Führungskraft dafür Sorge, dass die grundlegenden Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berücksichtigt werden. Zudem zeigt die Befragung eine geringe Gewaltneigung. Die Frustration ist eher gering, die Arbeitsanforderungen können erfüllt werden und auf der direkten personellen Ebene werden größtenteils nie und wenn nur selten Gewalthandlungen beobachtet. Seite 5 von 7

Mit den bisherigen Ergebnissen wurde also die Hypothese bestätigt. Um die Repräsentativität zu erhöhen bedarf es jedoch weiterer Befragungen in ähnlichen Häusern. Das Forschungsergebnis steht kritischen Betrachtungsweisen gegenüber offen und trägt, so hoffe ich, dazu bei, weiteres Forschungsinteresse zu wecken. Auf Basis meiner Erfahrungen mit der Forschungsarbeit ermuntere ich Organisationen der Langzeitrichtung, zur Sensibilisierung auf das Thema und zur direkten Gewaltprävention, eine solche Befragung der Mitarbeitenden durchzuführen. Die Auswirkungen der Befragung auf den Pflegealltag Die intensive Auseinandersetzung mit dem Schwerpunkt Gewaltfreie Führung von Pflegepersonen der Langzeitpflege, fokussiert auf einen möglichen Weg zur Gewaltprävention hat zur Sensibilisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beigetragen. Unmittelbar nach der Mitarbeiter/innenbefragung wurde in der Organisation das Thema Gewalt vermehrt diskutiert. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gingen auch direkt auf mich zu und stellten Fragen zur Thematik Gewalt. Die Führungskräfte bestätigten ebenfalls das erhöhte Interesse und die Gesprächsbereitschaft in den Teams. Unter anderem nahmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Zuge einer Teamsitzung Stellung zu herausfordernden Situationen mit Bewohnerinnen und Bewohnern. In diesem Zusammenhang äußerten Mitarbeitende offen ihre Gefühle und auch Emotionen hatten ihren Platz. Eine gemeinsame erste Reflexion mit dem Team brachte mögliche Lösungsansätze. Gewalt zu thematisieren und dieses Tabuthema als Bestandteil der Organisationskultur zu integrieren sollte das Ziel aller Organisationen der Langzeitpflege sein. Jene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die direkt mit Bewohnerinnen und Bewohnern arbeiten, müssen sich stets ihrer Handlungen bewusst sein, Raum und Anleitung zur Reflexion erhalten und Sicherheit und Rückhalt spüren. So begeben wir uns auf einen Weg, an dessen Ende Gewalt in der Pflege wirklich kein Thema mehr ist. Seite 6 von 7

Über den Autor: Günther Schranz, M.A.S. lebt in Wr. Neustadt und ist verheiratet. Sein beruflicher Werdegang seit 2002 stellt sich wie folgt dar: Nachdem er Aushilfskraft im Landespflegeheim Gutenstein war, absolvierte er 2004 die Ausbildung zum Pflegehelfer in Wiener Neustadt. 2008 absolvierte er die Ausbildung als Angehöriger des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege in Baden und war im Landespflegeheim Gutenstein tätig. 2009-2013 war er Stationleiter im Landespflegeheim Wiener Neustadt und absolvierte neben der Ausbildung zum Diplomierten Sozialmanager an der ASOM- Akademie für Sozialmanagement in Wien die Sonderausbildung für Führungsaufgaben 72 GuKG im St. Hippolyt Haus in St. Pölten. Seit dem Jahr 2013 ist Günther Schranz, M.A.S. Leiter für Pflege und Betreuung im Alten- und Pflegeheim Mater Salvatoris in Pitten (Gemeinde Bad Erlach). Neben zahlreich absolvierten Aus- und Weiterbildungen (Ausbildung zum E-Qalin Prozessmanager am IBG, Ausbildung zur Hygienekontaktperson am Institute für angewandte Hygiene in Graz, Ausbildung zum akademisch geprüften Sozialmanager an der Akademie für Weiterbildung der FH OÖ und einem Masterlehrgang: Management Sozialer Innovationen, in Wien an der Akademie für Sozialmanagement und der Akademie für Weiterbildung der FH OÖ) ist er Trainer am IBG für den Lehrgang Stationsleitung Führungskräfte Seminar: Theoriegeleitete Pflege und Betreuung. Tel.: 02627/82272 guenther.schranz@mater-salvatoris.at Impressum Im Letter LAUT GEDACHT stellen namhafte und erfahrene Expertinnen und Experten Überlegungen zur Umsetzung der Patientenrechte an. Der Letter erscheint unregelmäßig seit Juli 2001 und findet sich auf www.patientenanwalt.com zum kostenlosen Download. Herausgeber: NÖ Patienten- und Pflegeanwaltschaft, A 3109 St. Pölten, Landhausplatz 1, Haus 13 Tel: 02742/9005-15575, Fax: 02742/9005-15660, E-Mail: post.ppa@noel.gv.at Fu r den Inhalt verantwortlich: Der Letter dieser Reihe repräsentiert jeweils die persönliche Meinung des Autors. Daten und Fakten sind gewissenhaft recherchiert oder entstammen Quellen, die allgemein als zuverlässig gelten. Ein Obligo kann daraus nicht abgeleitet werden. Herausgeber und Autoren lehnen jede Haftung ab. Copyright: Dieser Letter und sein Inhalt sind urheberrechtlich geschu tzt. Nachdruck oder auch nur auszugsweise Weiterverwendungen nur mit Zustimmung des Herausgebers. Zitate mit voller Quellenangabe sind zulässig. Seite 7 von 7