Baustatik I+II Sessionsprüfung (101-0113-00 und 101-0114-00) Winter 2016 Mittwoch, 27. Januar 2016, 09.00 12.00 Uhr, HIL E 7 Name, Vorname: Studenten-Nr.: Bemerkungen 1. Die Aufgaben dürfen in beliebiger Reihenfolge bearbeitet werden. 2. Für jede Aufgabe ist der entsprechende Papierbogen A3 zu verwenden. Notizen in der Aufgabenstellung werden für die Bewertung nicht berücksichtigt. 3. Alle ausgeteilten Unterlagen (Aufgabenstellung und alle Papierbögen A3) sind nach Prüfungsende mit Namen und Studenten-Nr. versehen abzugeben. 4. Die Eigenlasten der Strukturen sollen vernachlässigt werden. 5. Hilfsmittel: 10 Seiten selbständig handschriftlich verfasste Zusammenfassung, Taschenrechner, Schreibzeug, Zirkel und Lineal. 6. Eine Integrationstabelle liegt der Aufgabenstellung bei. 7. Vorzeichenkonvention: Winter 2016 Seite 1/7
Aufgabe 1: Dreigelenkbogen (11 Punkte) Bild 1: (a) statisches System des Dreigelenkbogens (b) Querschnitt mit Abmessungen in mm. Der in Bild 1 (a) dargestellte Dreigelenkbogen einer Leitungsüberführung mit der in Bild 1 (b) gegebenen Querschnittsgeometrie ist in den beiden Kämpfergelenken A und E unverschieblich gelagert. Die gesamte Bogenspannweite beträgt l, die Stichhöhe ist l/4. Die Neigungen des Bogens beim Kämpfergelenk und im Viertelspunkt (Punkt B) sind in Bild 1 (a) gegeben. Der Bogen wird durch eine Einzellast Q im Viertelspunkt belastet. Es sind folgende Aufgaben zu lösen: a) Geben Sie die Stützlinie für die Einzellast Q an. b) Berechnen Sie das Moment sowie die Quer- und Normalkraft als Funktion von Q in den beiden Kämpfergelenken, den beiden Viertelspunkten und im Scheitel (Punkte A, B, C, D und E). Zeichnen Sie anschliessend qualitativ die Schnittgrössendiagramme M, V und N. c) Bestimmen Sie die Schnittgrössen im Schnitt 1-1 unmittelbar links des Punktes B. Verwenden Sie dazu folgende Werte: l = 100 m, Q = 20 kn. d) Bestimmen Sie für den Querschnitt in Bild 1 (b) die Querschnittsfläche A, das Trägheitsmoment I y, sowie das statische Moment S z im Punkt P. e) Beschreiben Sie den Spannungszustand im Punkt P (siehe Bild 1 (b)) für die in Teilaufgabe c) ermittelten Schnittgrössen im Schnitt 1-1. Berechnen Sie die Werte σ x, σ z, τ xz, σ 1, σ 2 und φ 1. Stellen Sie den Spannungszustand in einem Mohrschen Spannungskreis dar. Falls Sie die Teilaufgaben c) und d) nicht gelöst haben, rechnen Sie mit M y = 190 knm, V z = 10 kn und N = -20 kn, A = 30 000 mm 2, I y = 345 10 6 mm 4, S z = 7.0 10 5 mm 3 und einem Abstand des Schwerpunkts vom unteren Querschnittsrand von 90 mm. Winter 2016 Seite 2/7
Aufgabe 2: Hochhaus (9 Punkte) Bild 2: Tragwerk eines Hochhauses Sie sind als projektierende/r Ingenieur/in für die Berechnung des in Bild 2 dargestellten Tragwerks eines schiefgestellten Hochhauses verantwortlich, welches als ideales Fachwerk ausgebildet ist. An der linken Fassadenseite greifen Windkräfte an, welche durch drei Einzellasten vom Betrag F, 2F und 3F modelliert werden. Die vertikale Stütze (Stab 2-5) besitzt eine Dehnsteifigkeit EA S, alle übrigen Stäbe haben die Dehnsteifigkeit EA. Nutzen Sie zum Lösen der Aufgaben die Vorlagen auf dem Lösungsbogen. a) Welche Stäbe sind zur Kraftabtragung nicht notwendig (sog. Nullstäbe)? b) Bestimmen Sie die Stabkräfte aufgrund der angreifenden horizontalen Einzellasten. c) Wie gross muss die Dehnsteifigkeit EA S der Stütze 2-5 minimal sein, damit die Kopfauslenkung w den Wert von 50 mm nicht überschreitet? Die Kraft F beträgt 20 kn, die Länge l ist 10 m, die Dehnsteifigkeit EA der übrigen Stäbe kann zu EA S/5 angenommen werden. d) Auf die Stütze 2-5 wirke die aus Teilaufgabe b) resultierende Druckkraft. Bestimmen Sie mit Hilfe des passenden Eulerknickfalls die minimale Biegesteifigkeit EI der Stütze, sodass die Druckkraft 70% der Eulerknicklast F cr beträgt. Welche Seitenlänge ergibt sich dadurch für ein quadratisches Vollprofil aus Stahl (Elastizitätsmodul E = 210 000 N/mm 2 )? Falls Sie Teilaufgabe b) nicht gelöst haben, rechnen Sie mit einer Druckkraft von N = -180 kn. Winter 2016 Seite 3/7
Aufgabe 3: Dachstuhl (10 Punkte) Bild 3: Dachstuhl mit Abmessungen und Belastung. Der in Bild 3 dargestellte Dachstuhl eines Wohnhauses ist im Punkt A unverschieblich und im Punkt B horizontal verschieblich gelagert. Er besteht aus den Dachbalken CD und CE, welche eine Biegesteifigkeit EI aufweisen und als dehn- und schubstarr modelliert werden dürfen. Zwischen den beiden Vertikallagern A und B ist ein Zugband mit Dehnsteifigkeit EA = 128/105 EI/l 2 eingelassen. Der Dachstuhl ist auf der Länge DCE durch eine vertikal angreifende verteilte Schneelast q belastet. a) Bestimmen Sie den Momentenverlauf des Dachstuhls infolge der angreifenden Last. (Die Integration kann durch eine Superposition zweier Momentenverläufe vereinfacht werden.) b) Wie gross ist die Firsteinsenkung w am Punkt C? c) Aufgrund eines Planungsfehlers wurde das Zugband um l = 117/640 l zu kurz produziert und musste bei der Montage eingezwängt werden. Um welches w reduziert sich dadurch die Firsteinsenkung? Vereinfachend dürfen Sie bei allfälligen Integrationen die Verkürzung des Zugbands vernachlässigen und über eine Länge von 8l integrieren (wie am ursprünglichen System). Winter 2016 Seite 4/7
Aufgabe 4: Rahmenbrücke (11 Punkte) Bild 4: Statisches System der Rahmenbrücke mit Abmessungen und Biegesteifigkeiten der Stäbe. Die in Abbildung 4 gezeigte Rahmenbrücke besteht aus biegesteif miteinander verbundenen Stäben und ist am Knoten E eingespannt, am Knoten A und F unverschieblich und beim Knoten D verschieblich gelagert. Die Stützen besitzen die Biegesteifigkeit EI, die Fahrbahn hat die Biegesteifigkeit 4/3 EI. Die Brücke ist auf ihrer Fahrbahn durch eine gleichmässig verteilte Verkehrslast q belastet. Die Länge, über welche die Verkehrslast wirkt, ist variabel. Normalkräfte und Querkräfte sind mit EA sowie GA nicht verformungswirksam. a) Ordnen Sie die Verkehrslast so an, dass Sie im Knoten B ein maximal negatives Moment im Fahrbahnträger erhalten. Ermitteln Sie dazu qualitativ die entsprechende Einflusslinie. b) Bestimmen Sie den Momentenverlauf M über das gesamte Rahmensystem für die in Aufgabe a) erhaltene Belastungsanordnung. Berechnen Sie zusätzlich den Querkraftverlauf V für den Stab A-B. Falls Sie die Teilaufgabe a) nicht gelöst haben, gehen Sie von einer gleichmässigen Belastung über die gesamte Fahrbahnlänge A-D aus. c) Berechnen Sie die Stabverdrehung ϕ am Lager F sowie die vertikale Verschiebung w in Feldmitte A-B. Winter 2016 Seite 5/7
Aufgabe 5: Aufgehängte Decke (12 Punkte) Bild 5: (a) Aufgehängte Decke mit Beanspruchung und plastischem Biege- und Normalkraftwiderstand (b) elastisch ideal plastisches Materialverhalten. Die in Bild 5 (a) dargestellte Decke ist am Punkt B durch eine Zugstrebe aufgehängt und am Punkt D eingespannt. Sie wird im Punkt C durch eine vertikale Einzellast Q beansprucht. Der Biegewiderstand des Stabes B-D beträgt M u, der Normalkraftwiderstand des Zugstabes A-B ist N u = 3 M u/l. Es kann ein elastisch ideal plastisches Materialverhalten gemäss Bild 5 (b) angenommen werden. Die Biegesteifigkeit der Decke betrage EI, die Schubkräfte sind nicht verformungswirksam (GA v ). Das gesamte System ist initial spannungsfrei. a) Zeichnen Sie alle möglichen Versagensmechanismen und bestimmen Sie jeweils den dazugehörigen oberen Grenzwert für die Traglast Q u. Bestimmen Sie die Traglast und überprüfen Sie den massgebenden Mechanismus mittels Plastizitätskontrolle. b) Bestimmen Sie die Last Q y beim Auftreten des ersten Fliessgelenkes als Funktion von M u. Wie gross ist dabei die Durchbiegung w y als Funktion von M u am Punkt C? Der Pendelstab A-B besitzt die Dehnsteifigkeit EA = 3 EI/l 2. c) Wie gross ist die Durchbiegung w u am Punkt C beim Erreichen der Traglast Q u? d) Welche residuale Verformung w res bleibt am Punkt C nach der vollständigen Entlastung des Systems von Q = Q u nach Q = 0 erhalten? Winter 2016 Seite 6/7
Aufgabe 6: Stütze mit Kranbahnauflager (7 Punkte) Bild 6: (a) statisches System mit Einwirkung Stütze 1 (b) statisches System mit Einwirkung Stütze 2 (c): Querschnitt beider Stützen. Die in Bild 6 (a) dargestellte Stütze mit der Höhe h und der Biegesteifigkeit EI sei oben und unten gelenkig gelagert. Ihr Querschnitt besteht aus einem Vollprofil aus Stahl und ist in Bild 6 (c) gegeben. Auf halber Höhe ist das Auflager einer Kranbahn mit einer Exzentrizität e zur Stützenachse befestigt. Die Stütze wird durch die Kranlast F belastet. Es darf angenommen werden, dass die Knickfigur parabolisch verlaufe und das Knicken aus der Ebene konstruktiv verhindert sei. a) Bestimmen Sie für die Stütze aus Bild 6 (a) mittels Näherungsverfahren die Systemknicklast F cr für eine vernachlässigbare Exzentrizität (e = 0 m). Wie gross ist die zugehörige Knicklänge l cr? b) Die Berechnungen des projektierenden Ingenieurs haben gezeigt, dass die Kranlast die Knicklast der Stütze aus Bild 6 (a) übersteigt. Er veränderte daher das statische System zu demjenigen aus Bild 6 (b). Geben Sie für dieses System die Knicklast F cr an. c) Wie gross darf die Last F für das statische System aus Bild 6 (b) höchstens sein, damit die maximale Druckspannung im Querschnitt die Fliessspannung σ y = 235 N/mm 2 gerade erreicht? Die initiale Vorverformung betrage w 0 = 20 mm, der Radius der Stütze sei r = 70 mm und ihre Höhe h = 10 m. Der Elastizitätsmodul von Baustahl ist E = 210 000 N/mm 2. Beachten Sie die Hinweise zur Querschnittsgeometrie in Bild 6 (c). d) Kann die Stütze aus Bild 6 (b) mit den Angaben aus Teilaufgabe c) auch eine Last F = 0.7 F cr tragen? Begründen Sie Ihre Antwort ohne Berechnungen. Winter 2016 Seite 7/7