Sozialabbau stoppen. Sozialstaat stärken in Niedersachsen



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Transkript:

Sozialverband Deutschland e.v. (SoVD) Stellungsnahme Landespressekonferenz Niedersachsen, 27. Juni 2008 (Es gilt das gesprochene Wort!) Sozialabbau stoppen. Sozialstaat stärken in Niedersachsen Dr. Ursula Engelen-Kefer Sachverständige für die Bundesagentur für Arbeit Mitglied Sozialpolitischer Ausschuss des SoVD-Bundesverbandes Adolf Bauer SoVD-Landesvorsitzender Niedersachsen Präsident des Sozialverbandes Deutschland e.v. I. Was will der SoVD mit Sozialabbau stoppen. Sozialstaat stärken erreichen? (Adolf Bauer) Mit der Initiative Sozialabbau stoppen. Sozialstaat stärken will der SoVD in Niedersachsen ein deutliches Signal gegen den Sozialabbau setzen und einen Beitrag zur dringend notwendigen Debatte über die Weiterentwicklung des Sozialstaates leisten. Wir sind der Überzeugung, dass wir einen neuen gesellschaftlichen Grundkonsens für den Erhalt und die Stärkung des Sozialstaates brauchen. Wir wollen zudem das Bewusstsein für den hohen Wert des Sozialstaates und die sozialen Sicherungssysteme schärfen. Er hat wesentlich zum Erfolg der deutschen Wirtschaft beigetragen und ist von enormer Bedeutung für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Die zunehmende Privatisierung sozialer Risiken ist ein Irrweg und muss gestoppt werden. Der Sozialstaat ist bezahlbar und zukunftsfähig. Der SoVD hat dazu ein Grundsatzpapier, Thesen und Vorschläge unterbreitet. Unter anderem fordern wir: Page 1 of 7

o den Ausbau der Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung, o die Verhinderung einer Zwei- und bzw. Mehrklassenmedizin und die Sicherstellung, einer würdigen Pflege, o den Ausbau der gesetzlichen Krankenversicherung zu einer Bürgerversicherung, o die flächendeckende Einführung von existenzsichernden Mindestlöhnen, o mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigung durch aktive Arbeitsmarktpolitik II. Existenzsichernde Arbeit unter menschenwürdigen Bedingungen (Dr. Ursula Engelen-Kefer) Die positive Bilanz für den Arbeitsmarkt lautet: In den vergangenen beiden Jahren ist bundesweit - die Beschäftigung um 1,5 Millionen gestiegen, - die registrierte Arbeitslosigkeit um 1,5 Millionen zurückgegangen, - die Zahl der Langzeitarbeitslosen um 700 000 gesunken. Trotz rückläufiger Konjunktur wird sich diese positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt auch in diesem Jahr fortsetzen. Wir rechnen mit einem Zuwachs der Beschäftigung sowie Rückgang der Arbeitslosigkeit um jeweils etwa 300 000. Aber dies ist nur die eine Seite der Wahrheit. Gerade wir als Sozialverband Deutschland dürfen nicht die Augen davor verschließen: Der Aufschwung, der sich bereits wieder im Abschwung befindet, ist bei vielen in unserem Land nicht angekommen. Nach einer neuen DIW-Untersuchung schrumpft der Mittelstand - von zwei Drittel im Jahr 2000 auf wenig über die Hälfte. Dabei steigt die große Mehrheit der Betroffenen keineswegs auf, sondern ab. Page 2 of 7

Eine repräsentative Bürgerumfrage mehrerer großer Stiftungen im August 2007 ergab: Nur 15 Prozent der Menschen hält die Verteilung in Deutschland für gerecht. Dies ist ein historischer Tiefstand - auf dem Höhepunkt des konjunkturellen Aufschwungs. Wen können solche Ergebnisse verwundern? Der Niedriglohnsektor in Niedersachsen und ganz Deutschland weitet sich aus - auf inzwischen 7 Millionen Menschen bundesweit. Über 2,7 Millionen Kinder und Jugendliche leben unterhalb der Armutsgrenze, 1,3 Millionen Arbeitnehmer müssen zusätzlich zu ihrem Erwerbseinkommen Hartz IV beziehen. Die Leiharbeit explodiert auf bereits über 730 000, davon erhält ein Fünftel so niedrige Löhne, dass sie zur Lebensexistenz nicht ausreichen. Ein-Euro-Jobs und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse erleben einen ungebrochenen Boom - mit zusammen annähernd einer Million Arbeitsverhältnissen. Am Mittwoch dieser Woche hat der DGB Niedersachsen Bremen Sachsen-Anhalt seine Zahlen und Erkenntnisse für prekäre Beschäftigungsverhältnisse vorgelegt. Sie zeigen für Niedersachsen ein ähnlich erschreckendes Bild. (1) Wie der SoVD Niedersachsen bereits zu Beginn des Jahres in seiner gemeinsamen Pressekonferenz mit dem DGB verdeutlicht hat, fordern wir deshalb: Die notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen (Erweiterung des Arbeitnehmerentsendegesetzes) für die Allgemeinverbindlichkeit dieser tariflichen Mindestlöhne sind ohne weitere politischen Blockaden in Gang zu setzen. (2) Die gesetzlichen Schleusen bei der geringfügigen Beschäftigung müssen wieder geschlossen werden. - Notwendig ist die Wiedereinführung einer wöchentlichen Mindest-Stundenzahl (vor der gesetzlichen Neuregelung waren dies 15 Stunden). Page 3 of 7

- Darüber hinaus müssen wieder Arbeitszeiten aus allen Arbeitsverhältnissen inklusive der geringfügigen Beschäftigung für die Bemessung der Sozialversicherungsbeiträge zusammengerechnet werden. Eine nachhaltige Lösung - Verhinderung von Anreizen zur Aufstückelung von Normalarbeitsverhältnissen in Minijobs - ist nur zu erreichen, wenn die geringfügige Beschäftigung abgeschafft wird. Bei der gesetzlichen Sozialversicherung sollten insgesamt für die Niedrigeinkommen Freibeträge eingeführt werden. Die bei den geringfügigen Arbeitsverhältnissen anfallenden Steuerausfälle wären sinnvoller für den finanziellen Ausgleich durch Freibeträge bei der gesetzlichen Sozialversicherung einzusetzen. (3) Der SoVD fordert einen öffentlichen Beschäftigungssektor mit gemeinnützigen Tätigkeiten, der existenzsichernde Einkommen, Sozialversicherung und menschenwürdigen Arbeitsbedingungen für Langzeitarbeitslose beinhaltet. Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwand (Ein-Euro-Jobs) sind zurückzuführen und nachrangig einzusetzen (wie es dem Gesetz entspricht). Wir fordern die bessere Ausstattung des ebenfalls neu eingeführten Kommunal-Kombi zur Beschäftigung Langzeitarbeitsloser in Regionen mit einer Arbeitslosenquote über 15 Prozent. Auch die ausreichende Ausstattung und Förderung der Werkstätten für Menschen mit Behinderung ist erforderlich sowie die Überprüfung der geplanten Streichung von ABM im SGB II nach dem Referentenentwurf zur Neuordnung der Arbeitsmarktpolitischen Instrumente. Erforderlich ist die verbindliche Einrichtung von Job-Beiräten auf lokaler Ebene, in denen die lokale Wirtschaft und die Gewerkschaften bei Entscheidungen über Beschäftigungsprojekte nicht überstimmt werden dürfen. Page 4 of 7

(4) Der SoVD fordert für die Neuordnung der ARGEN (nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Dezember 2007) - eine bessere Zusammenarbeit zwischen Arbeitsagenturen und Kommunen. Notwendig ist eine klare Zuordnung der jeweiligen Verantwortlichkeiten für die Arbeitsagenturen und die Kommunen bei der Eingliederung Langzeitarbeitsloser und Betreuung der Bedarfsgemeinschaften. (5) Der SoVD fordert die Politik auf, die gesetzlichen Neuregelungen zur Zwangsverrentung mit Abschlägen ab dem Lebensalter von 63 Jahren für Langzeitarbeitslose sowie die Streichung aus der Statistik der Arbeitslosen ab dem Lebensalter von 58 Jahren zu überprüfen. Beides steht der Zielsetzung der beruflichen Förderung und Eingliederung älterer Arbeitnehmer entgegen. Zudem erhöht dies die Gefahr der Altersarmut infolge Übergangs von ALG II in die gesetzliche Altersrente und hoher Rentenabschläge - die bei Heraufsetzung des Rentenalters auf 67 Jahre ab 2012 noch gravierender ausfallen würden. (6) Der SoVD unterstützt die Verlängerung der Förderung der Altersteilzeit, die 2009 auslaufen soll. Infolge der gesundheitlichen Belastungen vieler älterer Arbeitnehmer ist ein gleitender Eintritt in den Ruhstand sinnvoll. Gleichzeitig können hierbei jüngere Arbeitnehmer eine Beschäftigungsmöglichkeit finden. Die Altersteilzeit muss als wirksame Generationenbrücke zwischen Alt und Jung erhalten bleiben. Page 5 of 7

III. Maßnahmen zur Bekämpfung der Kinderarmut (Adolf Bauer) Die Politik in Niedersachsen fordern wir auf, ihren Beitrag zur Bekämpfung von Armut und insbesondere von Kinderarmut zu leisten. Die Ausgangslage sieht anhand dieser kurzen Beispiele wie folgt aus: - in Niedersachsen beziehen über 200.000 Kinder unter 15 Jahren (das sind 16,2 Prozent) Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) - die Lernmittelfreiheit wurde abgeschafft Der SoVD fordert zur Überwindung von Kinderarmut deshalb die Wiedereinführung der Lernmittelfreiheit. Diese Maßnahme kann das Land Niedersachsen sofort umsetzen. Der SoVD begrüßt die aktuelle Bundesratsinitiative zur Neubemessung der Regelleistungen für Kinder nach dem SGB II und SGB XII. Eine deutliche Anhebung der Regelsätze ist notwendig. Derzeit müssen Kinder und Jugendliche mit 60 bzw. 80 Prozent des Regelsatzes für Erwachsene auskommen. Das bedeutet, dass ein Kind bis zum Alter von 13 Jahren genauso viel Geld für Ernährung zur Verfügung hat wie ein Säugling. Neben einer Erhöhung der Regelsätze muss es auch wieder die Möglichkeit geben, besondere Bedarfe zu berücksichtigen. Zum Beispiel wird der Bedarf für besondere schulische Situationen wie Einschulung oder Schulwechsel überhaupt nicht berücksichtigt. Denkbar wäre eine Erstausstattung bei der Einschulung für Kinder von Hartz IV-Empfängern. Auch der erhöhte Bedarf von Kindern und Jugendlichen an Kleidung findet keine Berücksichtigung. Sie befinden sich noch im Wachstum und benötigen deshalb mehr Kleidung als Erwachsene. Wir fordern die Politiker in Niedersachsen auf, auch über ihre Partei auf Bundesebene Druck zu machen, damit es zu einer Anhebung der Regelsätze und speziell der Kinderregelsätze kommt. Page 6 of 7

IV. Armuts- und Reichtumsbericht für Niedersachsen (Adolf Bauer) Wir brauchen einen von der Landesregierung jährlich vorzulegenden Armuts- und Reichtumsbericht Niedersachsen im Sinne der Berichterstattung der Bundesregierung, der eine ausführliche, vollständige Datenbasis liefert, aus der konkrete Handlungsschritte abgeleitet werden können. Es gibt zwar Statistiken, die den Titel Niedersächsischer Armuts- und Reichtumsbericht tragen, zuletzt im Dezember 2007. Allerdings werden sie von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt in den Statistischen Monatsheften veröffentlicht. Deshalb fordern wir einen von der Landesregierung erstellten und veröffentlichten jährlichen Armuts- und Reichtumsbericht, der eine gesicherte und umfängliche Datenbasis liefert, eine gesellschaftliche Diskussion über Armut und Reichtum ermöglicht, und gerade im Hinblick auf die Einführung der Hartz IV-Gesetze und dem damit verbundenen massiven Sozialabbau die Auswirkungen auf die soziale Lage in Niedersachsen untersucht. Nur wenn diese Erkenntnisse jährlich und öffentlich wahrnehmbar vorliegen, können politische Maßnahmen ergriffen werden, die weitere Fehlentwicklungen und eine zunehmende Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich verhindern. Page 7 of 7