EU-Erbrechtsverordnung (ErbVO)



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Transkript:

Universität Zürich Rechtswissenschaftliche Fakultät Modul: Nachlassplanung 16. Mai 2013 EU-Erbrechtsverordnung (ErbVO) Prof. Dr. Hans Rainer Künzle Zürich Inhaltsverzeichnis A. Instrumente des schweizerischen internationalen Erbrechts 1. Literatur 2. Rechtsprechung 3. Anwendbares Recht 4. Staatsverträge 5. Anerkennung ausländischer Urteile 6. Schlussfolgerung Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 2 1

Inhaltsverzeichnis B. Internationales Erbrecht anderer Länder Europas 1. Österreich 2. Frankreich 3. Deutschland 4. Italien 5. Spanien 6. UK 7. Heutige Ausgangslage Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 3 Inhaltsverzeichnis C. EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) 1. Übersicht 2. Zuständigkeit 3. Anwendbares Recht 4. Erbverträge 5. Entscheidungen / Urkunden 6. Prinzipien 7. Ungelöste Probleme 8. Literatur D. Schiedsgerichte in Erbsachen Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 4 2

A. Instrumente des Schweizerischen Internationalen Erbrechts 1. Literatur Peter Breitschmid / Hans Rainer Künzle, Länderbericht Schweiz, in: Grenzenloses Erbrecht, Köln 2004, S. 53-102. Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 6 3

1. Literatur Barbara Graham- Siegenthaler, Anhang IPRG, in: Praxiskommentar Erbrecht, 2. A., Basel 2011 Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 7 1. Literatur Anton K. Schnyder / Manuel Liatowitsch, Kommentar zu Art. 86-96 IPRG, in: Basler Kommentar zum Internationalen Privatrecht, 2. A., Basel, 2007 (3. A., Basel 2014) Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 8 4

1. Literatur Anton Heini, Kommentar zu Art. 86-96 IPRG, in: Zürcher Kommentar zum IPRG, 2. A., Zürich 2004 (Künzle Hans Rainer,, 3. A., Zürich 2015) Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 9 2. Zuständigkeit a. Wohnsitz (Art. 86 IPRG) _ Abs. 1: Zuständigkeit am letzten Wohnsitz (Art. 20 IPRG) des Erblassers in der Schweiz. Wenn ein Österreicher mit letztem Wohnsitz in der Schweiz verstirbt, sind die schweizerischen Behörden und Gerichte für den Nachlass ebenso zuständig wie für eine Französin, welche in Genf Wohnsitz hat und in Paris verstirbt (Juge de paix de Genève) (BGer. SJ 2002 I 366) Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 10 5

2. Zuständigkeit a. Wohnsitz (Art. 86 IPRG) _ Abs. 2: Vorbehalt für ausländische Grundstücke. Der Nachlass eines deutschen Erblassers mit letztem Wohnsitz in der Schweiz wird das Testament hier eröffnet und es können der Erbschein beantragt und die Herabsetzungsklage angestrengt werden. Vorbehalten bleibt die Zuständigkeit Frankreichs für ein Grundstück an der Côte d'azur. Rein rechnerisch wird dieses Grundstück aber dennoch in die schweizerische Erbteilung mit einbezogen (weiter vgl. England, Kanada, USA). Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 11 2. Zuständigkeit b. Heimat (Art. 87 IPRG) _ Abs. 1: Schweizer mit letztem Wohnsitz im Ausland: Ausländische Behörden befassen sich nicht mit dem Nachlass Rechtliches Nichtbefassen Gutachten notwendig BGer. 5A_754/2010 Frankreich befasst sich nicht mit ausländischen Liegenschaften Faktisches Nichtbefassen Urteil notwendig BGer. 5A_171/2010 Erfahrungsbericht des BJM betreffend Monaco genügt nicht Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 12 6

2. Zuständigkeit b. Heimat (Art. 87 IPRG) Abs. 2: (Auch) Schweizer mit letztem Wohnsitz im Ausland oder ohne Wohnsitz: professio fori / professio iuris Wenn ein Schweizer mit letztem Wohnsitz in Deutschland verstirbt, stellt Deutschland auf die Staatsangehörigkeit ab, wickelt den Nachlass aber am letzten (deutschen) Wohnsitz des Erblassers ab (dies ist somit ein Fall von Abs. 2 und nicht von Abs. 1); in diesem Fall könnte der Schweizer seine schweizerische Zuständigkeit wählen (aus Schweizer Sicht) und dadurch einen Kompetenzkonflikt auslösen Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 13 2. Zuständigkeit c. Ausländer in der Schweiz _ Im IPRG nicht geregelt ist der Fall, dass ein Ausländer in der Schweiz seine Heimatzuständigkeit wählen möchte, dies wird aber zugelassen Wenn ein Liechtensteiner mit letztem Wohnsitz in der Schweiz verstirbt, kann er die Zuständigkeit von Liechtenstein wählen (Verlassenschaftszuständigkeit für bewegliches Vermögen, um welches sich das Ausland nicht kümmert [Art. 55 JN] und für alles unbewegliche Vermögen [Art. 56 JN]) Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 14 7

3. Anwendbares Recht a. Wohnsitz in der Schweiz (Art. 90 IPRG) _ Abs. 1: Der Nachlass einer Person mit letztem Wohnsitz in der Schweiz untersteht schweizerischem Recht Schweizerisches Recht meint schweizerisches Erbrecht. _ Die Anknüpfung des Erbstatuts am Wohnsitz führt mit Deutschland und Österreich (Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit) zu Konflikten (die Europäische Erbrechtsverordnung würde diesen Konflikt beheben). Mit der Erbrechtsverordnung der EU (ErbVO) wird dieser Konflikt häufig enden (gewöhnlicher Aufenthalt). Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 15 3. Anwendbares Recht b. Domicile in Switzerland (Art. 90 SPILA) par. 2: The (only) foreign national with domicile in Switzerland can choose the law of his hometown / -country: professio juris. The deselection of compulsory portions by a UK citizen does not violate public policy (BGE 102 II 136 [Cohen v. Hirsch]). Choosing a law means in case of doubt choice of substantive law (not collision law: SPILA) and must be related to the complete estate. The choice of law leads to conflicts with Austrian (no choice of law) and German law (limited choice of law). The EU-succession-directive will bring a solution Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 16 8

4. Staatsverträge a. USA (0.142.113.361-1850): Art. VI _ Am Lageort von Immobilien _ Am Lageort von Mobilien (= Wohnsitz!) _ Aufgrund von IPRG: Rechtswahlmöglichkeit b. Italien (0.142.114.541-1868): Art. 17 par. 3/4 _ Zuständigkeit am letzten Wohnsitz im Heimatland c. Frankreich (0.274.183.491-1913): _ Heimatzuständigkeit (ausser bei Liegenschaften) (umstritten) Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 17 4. Staatsverträge d. Grossbritannien und Irland (SR 0.142.113.671): Art. IV _ Gleichbehandlung e. Griechenland (SR 0.142.113.721) / Portugal (SR 0.191.116.541) / Rumänien (SR 0.191.116.631): _ Vorsorgliche Massnahmen am Sterbeort f. Österreich (SR 0.142.111.631) _ Todesschein Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 18 9

5. Anerkennung ausländischer Entscheide und Dokumente Exequatur Verfahren Art. 96 IPRG _ Ausländische Entscheidungen, Massnahmen und Urkunden, die den Nachlass betreffen werden in der Schweiz anerkannt: a. wenn sie im Staat des letzten Wohnsitzes des Erblassers oder im Staat, dessen Recht er gewählt hat, getroffen ausgestellt oder festgestellt worden sind oder wenn sie in einem dieser Staaten anerkannt werden, oder b. wenn sie Grundstücke betreffen und in dem Staat, in dem sie liegen, getroffen, ausgestellt oder festgestellt worden sind oder wenn sie dort anerkannt werden. Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 19 5. Anerkennung ausländischer Entscheide und Dokumente Exequatur Verfahren (Art. 96 IPRG) Fall: _ Staatsangehörigkeit Österreich _ Wohnsitz Deutschland _ Liegenschaft in der Schweiz _ Österreichische Einantwortungsurkunde _ Schweiz anerkennt Fall Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 20 10

5. Anerkennung ausländischer Entscheide und Dokumente Exequatur Verfahren (Art. 96 IPRG) Fall: _ Staatsangehörigkeit Kroatien, Australien und Irland, domicile of origin Kroatien _ Heiratet Ehefrau mit UK Staatsangehörigkeit und domicile of origin Nordirland _ Aufenthaltsorte (eigenes Haus) in Irland, Kroatien, Österreich, Deutschland, Spanien, USA _ Erbschein aus Kroatien Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 21 6. Schlussfolgerung Die Schweiz kennt umfassende Regeln für das IPR und alle möglichen Anknüpfungsformen Aber: Schweizerische Lösungen sind nur erfolgreich in anderen Ländern, wenn diese die Zuständigkeits- und Rechtswahl, die besondere Form letztwilliger Verfügungen (insbesondere den Erbvertrag) und unsere Erbbescheinigungen anerkennen. Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 22 11

B. Internationales Erbrecht in anderen Ländern Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 24 12

1. Österreich 105 JN Die Verlassenschaftsverfahren gehören vor das Gericht, in dessen Sprengel der Verstorbene seinen allgemeinen Gerichtsstand in Streitsachen hatte. 28 IPRG Die Rechtsnachfolge von Todes wegen ist nach dem Personalstatut des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes zu beurteilen. Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 25 1. Österreich Österreich ist zuständig für Grundstücke in Österreich und (für bewegliche Sachen) wenn der Erblasser Österreichischer Staatsangehöriger war oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hatte (vgl. 105-107 JN [Jurisdiktionsnorm]). Österreichisches Erbrecht ist anwendbar für Österreichische Staatsangehörige ; eine Rechtswahl ist ausgeschlossen (vgl. Art. 29-31 A-IPRG). Fall: Ein Schweizer, der in Österreich lebt: Art. 29 A-IPRG verweist auf die Schweiz Art. 90 CH-IPRG verweist zurück nach Österreich: Österreichisches Erbrecht wird angewendet. Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 26 13

2. Frankreich 720 CC Les successions s ouvrent par la mort, au dernier domicile du défunt. 44 CPC En matière réelle immobilière, la juridiction du lieu où est situé l immeuble est seule compétente. 3 CC Les immeubles, même ceux possédés par des étrangers, sont régis par la loi française. Les lois concernant l état et la capacité des personnes régissent les Français, même résidant en pays étranger. Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 27 2. Frankreich Die Zuständigkeit ist am letzten Wohnsitz des Erblassers gegeben oder wenn ein Franzose Kläger oder Beklagter eines Erbfalles ist sowie wenn Grundstücke in Frankreich betroffen sind (vgl. Art. 44-45 CPC [Code de Prodédure Civil] und Art. 720 CC [Code Civil]). Grundstücke in Frankreich unterstehen immer dem französischen Recht (einschliesslich des Erbrechts) (vgl. Art. 3 CC) und französisches Erbrecht ist auf bewegliches Eigentum anwendbar, wenn der Erblasser in Frankreich seinen letzten Wohnsitz hatte (keine Gesetzesgrundlage; Gerichtspraxis). Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 28 14

3. Deutschland 343 FamFG Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Wohnsitz, den der Erblasser zur Zeit des Erbfalls hatte 25 BGBEG Die Rechtsnachfolge von Todes wegen unterliegt dem Recht des Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehörte. Der Erblasser kann für im Inland gelegenes unbewegliches Vermögen in der Form einer Verfügung von Todes wegen deutsches Recht wählen. Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 29 3. Deutschland Die Zuständigkeit ist gegeben, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte; für deutsche Staatsangehörige im Ausland ist das Amtsgericht Berlin Schöneberg zuständig ( 343 FamFG [G über das Verfahren in Familiensachen ]) Deutsches Erbrecht ist anwendbar, wenn der Erblasser deutscher Staatsangehöriger war; die Rechtswahl ist beschränkt auf deutsches Grundeigentum (vgl. 25-26 BGBEG [Einführungsgesetz zum BGB]) Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 30 15

4. Italien Staatsvertrag (0.142.114.541 1868, Art. 17 Abs. 3 und 4) Die Streitigkeiten, welche zwischen den Erben eines in der Schweiz verstorbenen Italieners hinsichtlich seines Nachlasses entstehen könnten, sollen vor den Richter des letzten Wohnortes, den der Italiener in Italien hatte, gebracht werden. Die Reziprozität findet bei Streitigkeiten statt, die sich zwischen den Erben eines in Italien verstorbenen Schweizers erheben könnten. Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 31 4. Italien Staatsvertrag (0.142.114.541 1868, Art. 17 Abs. 3 und 4) _ Die Zuständigkeit für italienische Staatsangehörige in der Schweiz: Italienischer Richter (et vice versa). _ Zuständigkeitswahl ist erlaubt nach schweizerischer Ansicht, nicht aber nach italienischer (vgl. Wüstemann/Martinez, successio 4 [2010] 66). _ Heimatrecht wird auf den Nachlass angewendet (keine gesetzliche Grundlage; Wüstemann/Martinez, successio 4 [2010] 67 f.). _ Rechtswahl ist möglich (Konflikte denkbar, weil italienisches Pflichtteilsrecht ordre public Charakter hat. Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 32 16

5. Spanien 22 LOPJ en materia de sucesiones, cuando el causante haya tenido su ultimo domicilio en territorio español o posea bienes inmuebles en España 9 par. 8 CC La sucesión por causa de muerte se regirá por la ley nacional del causante en el momento de su fallecimiento. 12 par. 6 CC Los Tribunales y autoridades aplicarán de oficio las normas de conflicto del derecho español. Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 33 5. Spanien Die Zuständigkeit ist gegeben, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz in Spanien hatte oder wenn Grundstücke in Spanien sich im Nachlass befinden (vgl. Art. 22 LOPJ [Ley Orgánica del Poder Judicial]). Spanisches Erbrecht ist anwendbar, wenn der Erblasser spanischer Staatsangehöriger war. Rechtswahl ist ausgeschlossen (vgl. Art. 9 Abs. 8 und Art. 12 Abs. 6 CC [Código Civil]). In Spanien gibt es noch lokale Erbrechte zu beachten (Art. 13 CC) Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 34 17

6. England (UK) Die Zuständigkeit für die Verwaltung des Nachlasses durch einen personal representative (executor oder administrator) ist gegeben, wenn der Erblasser Vermögen in UK hinterlassen hat (In the Goods of Tucker [1864] 164 E.R. 1402) oder wenn er sein letztes domicile dort hatte (Administration of Justice Act 1932, repealed by Supreme Court Act 1981) Für die Erbschaftsverwaltung wird die lex fori angewendet (im UK basiert eine ancillary administration immer auf UK Recht), aber für die Erbteilung des Nettonachlassen gilt das Recht am domicile des Erblassers Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 35 7. Heutige Ausgangslage Nachlasseinheit mit Staatsangehörigkeitsprinzip Bulgarien, Finnland, Griechenland, Italien, Niederlande, Österreich (für Sterbefälle seit dem 1.1.1979), Polen, Portugal, Schweden, Spanien, Tschechien, Ungarn Nachlasseinheit mit Wohnsitzprinzip: Dänemark, Norwegen Nachlassspaltung mit Staatsangehörigkeitsprinzip (bezüglich der Mobilien) und Lagerecht der Immobilien (lex rei sitae): Rumänien, Österreich (für Sterbefälle bis 31.12.1978) Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 36 18

7. Übersicht Nachlassspaltung mit Wohnsitz bzw. Domizilprinzip bezüglich der Mobilien und Lagerecht bezüglich der Immobilien: Belgien, Frankreich, Großbritannien, Irland, Luxemburg Vgl. Ludwig Kroiss, in: Bonefeld/Kroiss/Tanck, Der Erbprozess, 4. A., Angelbachtal 2012, 14. Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 37 C. EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) 19

Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 39 1. Jurisdiction x Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 40 20

1. Übersicht Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (EU-Erbrechts-Verordnung / ErbVO) tritt in Kraft (mit den meisten Artikeln) am 17. August 2015 (vgl. Art. 84 EU-ErbVO) wird angewendet in der EU ohne UK, Irland und Dänemark (der Begriff Mitgliedstaaten ist somit einschränkend auszulegen) kein einheitliches Erbrecht, sondern einheitliche Kollisionsregeln Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 41 2. Zuständigkeit Art. 4 Allgemeine Zuständigkeit Für Entscheidungen in Erbsachen sind für den gesamten Nachlass die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dessen Hoheitsgebiet der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Gewöhnlicher Aufenthalt (Erwägungsgrund Nr. 23) - Dauer + Regelmässigkeit des Aufenthalts - Umstände + Gründe (familiäre, soziale, berufliche) Wohnsitz (Aufenthalt + Absicht dauernden Verbleibs) domicile (domicile of origin) Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 42 21

2. Zuständigkeit Art. 5 Gerichtsstandsvereinbarung Ist das vom Erblasser nach Artikel 22 zur Anwendung auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen gewählte Recht das Recht eines Mitgliedstaats, so können die betroffenen Parteien vereinbaren, dass für Entscheidungen in Erbsachen ausschließlich ein Gericht oder die Gerichte dieses Mitgliedstaats zuständig sein sollen. Eine solche Gerichtsstandsvereinbarung bedarf der Schriftform und ist zu datieren und von den betroffenen Parteien zu unterzeichnen. Elektronische Übermittlungen, die eine dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung ermöglichen, sind der Schriftform gleichgestellt. Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 43 3. Anwendbares Recht Art. 21 Allgemeine Kollisionsnorm Sofern in dieser Verordnung nichts anderes vorgesehen ist, unterliegt die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Belgier wohnt in Deutschland und hat Haus in Belgien (bisher kam belgisches Erbrecht auf das Haus zur Anwendung, neu deutsches Recht) Deutscher mit Haus in Frankreich (bisher kam französisches Erbrecht zur Anwendung, neu deutsches Recht) Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 44 22

3. Anwendbares Recht Art. 22 Rechtswahl Eine Person kann für die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht des Staates wählen, dem sie im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt ihres Todes angehört. Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 45 4. Erbverträge Art. 25 Erbverträge Die Zulässigkeit, die materielle Wirksamkeit und die Bindungswirkungen eines Erbvertrags, der den Nachlass einer einzigen Person betrifft, einschließlich der Voraussetzungen für seine Auflösung, unterliegen dem Recht, das nach dieser Verordnung auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwenden wäre, wenn diese Person zu dem Zeitpunkt verstorben wäre, in dem der Erbvertrag geschlossen wurde. Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 46 23

5. Entscheidungen / Urkunden Land Deutschland Österreich/ FL Frankreich Italien Spanien UK / US - Erben-Ausweis Erbschein ( 2353 ff. BGB) Einantwortungsurkunde ( 177 ff. AussStrG) Acte de Notoriété (Notaire / bei gesetzlicher Erbfolge: Greffier en chef du Tribunal de Grande Instance) (Praxis) Elsass-Lothringen: Certificat d héritier (Tribunal d Instance) Atto di Notorietà (notaio) / Certificato di eredità (pretore) (Praxis) Acta di Notoriedad (Notario / Juzgado de Primera Instancia) (Praxis) / Nachlasszeugnis (Art. 62 Nr. 22 ZPG v.3.2.1981) Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 47 5. Entscheidungen / Urkunden Art. 39 Anerkennung Die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen werden in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf. Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 48 24

5. Entscheidungen / Urkunden Art. 62 Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses Mit dieser Verordnung wird ein Europäisches Nachlasszeugnis (im Folgenden Zeugnis ) eingeführt, das zur Verwendung in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt wird und die in Artikel 69 aufgeführten Wirkungen entfaltet. Das Nachlasszeugnis deckt auch das Zeugnis des Testamentsvollstreckers ab. Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 49 6. Prinzipien Wechsel des Anknüpfungsfaktors von der Staatsangehörigkeit zum gewöhnlichen Aufenthalt (Art. 4, 21) Gleichlauf von Zuständigkeit und anwendbarem Recht (forum et ius) (Art. 4, 21) Prinzip der Nachlasseinheit (Anwendung eines einzigen Rechts auf den Nachlass / keine Sonderbehandlung von Grundstücken) (Art. 4, 21) Stärkung der Privatautonomie (Art. 5, 22) durch Vereinbarungen Aufgabe des Exequatur-Verfahrens (automatische Anerkennung von Dokumenten) Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 50 25

6. Prinzipien Loi uniforme: Die Regeln gelten auch im Verhältnis zu Drittstaaten (wie der Schweiz) Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 51 7. Ungelöste Probleme Es bleibt unklar, ob der Verweis auf ein Drittstaaten- Recht das IPR (Kollisionsrecht) oder das Erbrecht (materielles Recht) meint (Art. 34 ErbVO). Keine freie Zuständigkeitswahl (nur Gleichlauf); es bleibt unklar, ob die Zuständigkeitswahl auch dann erlaubt ist, wenn die ErbVO selbst den Gleichlauf bricht; es bleibt unklar, wer die beteiligten Personen der Vereinbarungen sind (Erben, Pflichteilserben, Vermächtnisnehmer, Gläubiger des Nachlasses? ). Es fehlt eine Definition des Begriffs des gewöhnlichen Aufenthalts, weshalb die Gefahr besteht, dass die Mitgliedstaaten bzw. deren Gerichte eine unterschiedliche Praxis entwickeln (EuGH wird das zu verhindern versuchen) Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 52 26

7. Ungelöste Probleme Häufig bleibt auch unklar, wo der Erblasser den letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Für Ausweichklausel (Art. 21 Abs. 2 ErbVO: engerer Bezug im Einzelfall) hat es kaum Platz Jedes Land wendet zur Bestimmung der Formgültigkeit letztwilliger Verfügungen und der innerstaatlichen Zuständigkeit (Art. 44) einen eigenen Wohnsitzbegriff an. Es ist in vielen Fällen unklar, wo der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte (wegen der Nichtteilnahme von England und Irland ist uns die Differenz von Wohnsitz und domicile erspart geblieben). Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 53 7. Ungelöste Probleme Keine freie Rechtswahl (beschränkt auf die Staatsangehörigkeit, nicht aber etwa den gewöhnlichen Aufenthaltsort im Zeitpunkt der Testamentserrichtung). Es ist unklar, wie weit Pflichtteile den Schutz des ordre public (Art. 35 ErbVO) unterstehen. Zum etwa in Deutschland häufigen gemeinschaftlichen Testament gibt es keine Regeln; es ist unklar, ob und wie eine Rechtswahl im Sinne von Art. 25 ErbVO möglich ist. Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 54 27

7. Ungelöste Probleme Neben dem Erbrecht sollte auch noch das Güterrecht der Ehegatten koordiniert werden (KOM [2011] 126/2: Vorschlag): Gewöhnlicher Aufenthalt bei der Eheschliessung Das kann bei einem Aufenthaltswechsel zum Auseinanderfallen von Ehe- und Erbrechtsstatut führen Problem der Qualifikation des deutschen Zugewinnausgleichs ( 1371 BGB: 1/4): güterrechtliche Qualifikation Steuer-, Zoll- und Verwaltungsrecht wird nicht erfasst von der ErbVO Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 55 7. Ungelöste Probleme Trusts werden nicht erfasst (was v.a. im Verhältnis zu UK/Irland ungünstig ist) Keine Regeln zur Anknüpfung von Vorfragen wie familienrechtliche Beziehungen (Ehe, Scheidung, Güterstand, Abstammung, Adoption) Zugehörigkeit zum Nachlassvermögen Wie weit gelten Staatsverträge mit Deutschland (Grossherzogtum Baden), Österreich, Frankreich, Italien, Grossbritannien, Griechenland, Portugal und Rumänien fort? Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 56 28

9. Literatur Herzog, Stephanie, Die EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO), ErbR 2013, 2-14 Kunz, Lena, Die neue Europäische Erbrechtsverordnung - ein Überblick (Teil I), GPR 2012, 208-212; (Teil II), GPR 2012, 253-257. Lehmann, Daniel, Die EU-ErbVO: Babylon in Brüssel und Berlin, Zerb 2013, 25-30. Mansel, Hans-Peter / Thorn, Karsten / Wagner, Rolf, Europäisches Kollisionsrecht 2012: Voranschreiten des Kodifikationsprozesses Flickenteppich des Einheitsrechts, IPRax 2013, 1-36. Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 57 9. Literatur Odersky, Felix, Europäische Erbrechtsverordnung in der Gestaltungspraxis, Notar 2013, 3-9. Pfeiffer, Alexander, Änderungen des Erbstatuts durch die geplante EuErbVO aus schweizerischer Sicht, successio 4 (2010) 316-321. Schauer, Martin, Die neue Erbrechts-VO der Europäischen Union ein Annäherung, JEV 2012, 78-89. von Hinden, Michael / Müller, Torsten, Die Europäische Erbrechtsverordnung Aktuelle Auswirkungen auf die Erbschaftsplanung, ErbStB 2013, 97-108. Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 58 29

D. Schiedsgerichte in Erbsachen Unternehmenspräsentation 2011 60 30

Schiedsvereinbarung Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit der Erbsache (Erblasser einfügen) sind durch ein Schiedsverfahren gemäss der Internationalen Schweizerischen Schiedsordnung der Swiss Chambers Arbitration Institution (Swiss Rules) mit den Einführungsbestimmungen des Schweizerischen Vereins Schiedsgerichtsbarkeit in Erbsachen (SVSE) zu entscheiden. Es gilt die zur Zeit der Zustellung der Einleitungsanzeige in Kraft stehende Fassung der Schiedsordnung. Das Schiedsgericht soll aus... (einem oder drei) Schiedsrichter(n) bestehen. Der Sitz des Schiedsverfahrens ist... (Ort in der Schweiz oder im Ausland). Die Sprache des Schiedsverfahrens ist... (deutsch, französisch, englisch oder eine andere Sprache). Unternehmenspräsentation 2011 61 Kontakt Hans Rainer Künzle Partner von KENDRIS AG General Counsel Verwaltungsrat Prof. Dr. oec. HSG, Rechtsanwalt, TEP Titularprofessor für Privatrecht und Privatrechtsvergleichung an der Universität Zürich www.rwi.uzh.ch/lehreforschung/tp/tit-kuenzle.html KENDRIS AG Telefon +41 (0)58 450 59 59 Wengistrasse 1 Fax +41 (0)58 450 59 23 CH-8026 Zurich Mobile +41 (0)79 234 78 52 e-mail h.kuenzle@kendris.com Internet www.kendris.com Universität Zürich / Modul Nachlassplanung Prof. Dr. Hans Rainer Künzle EU Erbrechtsverordnung 16. Mai 2013 62 31