Eröffnungsrede anlässlich der Trägerübergreifenden Tagung der Jugendmigrationsdienste am 29.11. in Berlin Steglitz Sehr geehrte Bundestutorin und tutoren, Sehr geehrte Damen und Herren, Ich freue mich sehr, heute die trägerübergreifende Tagung der Jugendmigrationsdienste eröffnen zu dürfen. Eigentlich sollte dieses Privileg unserer Parlamentarischen Staatssekretärin, Frau Marks, vorbehalten sein, sie ist aber heute Vormittag leider verhindert und wird heute Abend den Parlamentarischen Abend eröffnen. Für die kommenden Tage haben Sie die Gelegenheit, sich intensiv auszutauschen und die Herausforderungen der Arbeit in den Jugendmigrationsdiensten zu diskutieren: Lassen Sie mich Ihnen einen einige Gedanken mit auf den Weg geben. Da sind 3 junge Menschen, nennen wir sie Tarik, Karim und Valeria.
Tarik hat es allein aus dem syrischen Bürgerkrieg nach Deutschland in eine Verselbständigungs Wohngemeinschaft" der Jugendhilfe geschafft. Er lebt in Deutschland ohne seine Familie. Er wird immer dünner, schläft und isst nicht. Aber er hat Glück: im Wohnheim organisiert jemand einen Psychotherapieplatz für ihn, sein Vormund brachte zur Anhörung einen Anwalt mit: er erhält die Anerkennung als politischer Flüchtling mit Familiennachzug. Jetzt wartet er auf seine Familie. Karim kommt dem Nordosten Syriens, sein Vater hatte sein Auto verkauft, um die Schlepper bezahlen zu können, die Karim auf einer alptraumartigen Reise über die Türkei und Griechenland nach Deutschland geschleust haben. Damals war er gerade 15. Er kam in einer Einrichtung der Kinder und Jugendhilfe unter. Aber so schnell geht es nicht, denn er erhält nur einen subsidiären Schutzstatus. Er lernt schnell Deutsch, da er ehrgeizig und wissbegierig ist. Der Islam gibt ihm Halt. Er ist Deutschland dankbar und hofft, seine Familie nachholen zu können. Er möchte studieren und träumt von einem Leben in Syrien. Valeria kommt aus der Republik Moldau, einem kleinen Land in Südosteuropa eingeklemmt zwischen der Ukraine und Rumänien mit gerade einmal 3 Mio. Einwohnern.
Auf der Suche nach einem besseren Leben für sich und seine Kinder flüchtete der Vater von Valeria im Herbst 2015 vor Korruption in seiner Heimat nach Deutschland. Woher sollte er wissen, dass das für das deutsche Asylrecht nicht ausreicht? Die Zusage zum Besuch von Valeries Traumschule kam zeitgleich mit der Ablehnung des Asylantrags. So oder so ähnlich könnten die Lebensgeschichten und Schicksale lauten, mit denen sie täglich in Ihren Beratungseinrichtungen konfrontiert werden. Alle diese jungen Menschen könnten auch bei Ihnen, im Jugendmigrationsdienste, Hilfe und Unterstützung gesucht haben. Es sind Einzelschicksale, die einen nicht kalt lassen und je näher man dran ist, umso schwerer ist es, sich abzugrenzen und auch professionelle Distanz zu wahren. Es ist daher nicht leicht, sich damit abzufinden, wenn Ihre Arbeit, die manchmal auch mühsam und von Rückschlägen geprägt ist, aus Ihrer Sicht wie bei Valeria scheinbar umsonst war; wenn eine junge Frau, trotz guter Integration wieder in ihr Land zurück muss. Aber auch, wenn das auf den ersten Blick so zu sein scheint, dann bedenken Sie, dass Sie von Ihrer Unterstützung und Ihrem Einsatz immer etwas weitergeben, etwas, das hängenbleibt, zum Beispiel die
Idee von neuen Möglichkeiten der beruflichen Weiterentwicklung. Vielleicht kommt Valeria auf einem anderen weg wieder nach Deutschland zurück, um hierzu studieren. Meine Damen und Herren, die Jugendmigrationsdienste gibt es bereits seit rund 50 Jahren, einige feiern sogar ihren 60. Geburtstag. Die Einrichtungen haben eine lange Tradition und werden kontinuierlich vom Bund unterstützt. 2004 kurz vor Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzes in 2005 gab es die erste große Veränderung in der Arbeit der JMD => Öffnung für alle jungen Menschen mit Migrationshintergrund. Die JMD, die bis dahin für jugendliche Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler zuständig waren, öffneten sich neu für junge Menschen aus der Türkei und arabischen, aber auch afrikanischen Ländern mit allen Herausforderungen, die damit für die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbunden war. Dieser Schritt hat die Jugendmigrationsdienste sowohl auf Mitarbeiterseite aber auch von den ratsuchenden Jugendlichen her sehr verändert: Die Einrichtungen wurden bunter und die Anforderungen vielfältiger. Ein altes Sprichwort sagt: Nichts ist beständiger als der Wandel und so wird sich auch die Arbeit der Jugendmigrationsdienste in den
nächsten Jahren weiter verändern und sich den jugend und gesellschaftspolitischen Bedürfnissen anpassen müssen. Mit Blick auf 2018 stehen wir vor weiteren Herausforderungen, daher kommt diese trägerübergreifende Tagung zur rechten Zeit! Wie Sie wissen, haben wir für das kommende Jahr erhebliche Mittel erhalten, um die sozialpädagogische Arbeit der Jugendmigrationsdienste intensiver und systematischer als bisher auch für Schulen nutzbar zu machen. Da die Mittel hierfür aus dem Präventionsprogramm der Bundesregierung gegen religiösen Extremismus kommen, wollen wir die Jugendmigrationsdienste gezielt mit Präventionsangeboten weiterer Partner an Schulen verknüpfen. Wenn Prävention gegen religiösen Extremismus heißt, dem jungen Menschen Zukunftsperspektiven zu eröffnen, Lebenskompetenzen zu fördern und individuell zu unterstützen, dann arbeiten Sie schon lange präventiv! Ich sehe hier für die Jugendmigrationsdienste eine große Chance, ihre gute Arbeit vor Ort noch sichtbarer zu machen und das
sozialpädagogische Know How auch neuen Partnern gewinnbringend vorstellen zu können. Es geht im Kern darum Schulen dabei zu unterstützen, jungen Menschen die Werte einer demokratischen und offenen Gesellschaft zu vermitteln. Dazu wollen wir die Jugendmigrationsdienste mit lokalen Trägern der politischen Bildungsarbeit und der Radikalisierungsprävention enger vernetzen. Aktuell sind Sie und auch wir mit den Ländern in engem Austausch zur Auswahl der Standorte. Anfang des Jahres werden wir zu konkreten Vereinbarungen kommen. Ich freue mich über Ihre engagierte Mitarbeit. Es wird ein spannendes Jahr 2018! Ich freue mich über die weitere Zusammenarbeit und danke Ihnen für Ihre gute und engagierte Arbeit in den letzten Jahren und wünsche Ihnen spannende Tage und einen fruchtbringenden Austausch! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.