Eröffnungsrede anlässlich der Trägerübergreifenden Tagung der Jugendmigrationsdienste am in Berlin Steglitz

Ähnliche Dokumente
Grußwort der Regierungsvizepräsidentin von Oberbayern Maria Els anlässlich des 26. Oberbayerischen Integrationsforums Integration vor Ort am 2.

Auf der Flucht. 1) Warum flieht man eigentlich?

Doris Schröder-Köpf, MdL

4. IQ-Fachgruppe Anerkennung am , Berlin

22. Februar 2016 im BMAS

DEUTSCHER PRÄVENTIONSTAG

Redebeitrag. Sehr geehrte Frau Dr. Thaiss, sehr geehrte Frau Prof. Walper, sehr geehrter Herr Dr. Kunstmann, sehr geehrte Frau Kraushaar,

Erkenntnisse aus der Forschung

Einwanderungsland Deutschland: Die Herausforderungen der kommenden Jahre

Grußwort. Junge Islam Konferenz Freitag, 23. September 2016, 13 Uhr Landtag Nordrhein-Westfalen, Plenarsaal. Es gilt das gesprochene Wort!

Einfach anders?! Die komplexen Herausforderungen in der Arbeit mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen

Begrüßungsworte Eröffnung der Ausstellung Flüchtling Flucht - Zuflucht 2. Juni 2016, 14 Uhr, Wandelhalle des Landtags

Jahreskonferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 26. bis 28. Oktober 2016 in Rostock

Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr

Zusammenarbeit des Jugendmigrationsdienstes (JMD) und des Jugendamtes Kiel Unbegleitete volljährige Flüchtlinge

Rede. des Geschäftsführers des Bündnisses für. Demokratie und Toleranz, Dr. Gregor Rosenthal,

Faire Perspektiven für die europäische Jugend sichern den sozialen Frieden in Europa Herausforderung auch für das DFJW

Chancen nutzen. Chancen nutzen. Sehr geehrter Kunde, Mitarbeiter und Gesellschafter,

Fachtagung Kompetenzmanagement Herausforderung und Chance in der Arbeit für Jugendliche mit Migrationshintergrund

25 Jahre Gewaltprävention im vereinten Deutschland Bestandsaufnahme und Zukunftsperspektiven

13. Integrationsministerkonferenz 2018

Frieden wahren mit schöpferischen Anstrengungen

Migration und Integration im demographischen Wandel

Arbeitsblatt: Flucht in eine neue Heimat

Kleiner Einsatz große Wirkung

Sehr geehrter Herr Prorektor Prof. Dr. Lehmann-Franßen, Sehr geehrter Herr Marks, Sehr geehrter Herr Voß, Sehr geehrte Damen und Herren,

Sperrfrist: Uhr. Rede des Präsidenten des Nationalrates im Reichsratssitzungssaal am 14. Jänner 2005 Es gilt das gesprochene Wort

Grußwort. Isabel Pfeiffer-Poensgen Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen

- 1 - Grußwort von Gabriele Lösekrug-Möller Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Arbeit und Soziales

Sehr geehrter Herr Hilbert, sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Dresdner Zivilgesellschaft,

- Es gilt das gesprochene Wort -

Grußwort von Ortsvorsteher Hans Beser zum 50-jährigen Jubiläum der Christuskirche Ergenzingen am 16. Juni 2012

Vielfalt als Herausforderung und Chance - Kita St Michael in Amberg Bildungsort und Nachbarschaftszentrum

Mobilität- wozu? Fachtagung der aej, BAG EJSA und CJD Forum: Gemeinsam unterwegs- und raus von zu Haus!

Das deutsche Asylrecht und das europäische Asylrechtssystem

DEMOKRATIE WERKSTATT

Begrüßung durch Frau Brigitte Döcker Mitglied des Vorstands, AWO Bundesverband e.v. BAGFW-Fachtagung:

Leitbild. des Deutschen Kinderschutzbundes

TOP 5 Mehrgenerationenhäuser im Freistaat Sachsen

Rede von Oberbürgermeister Ulrich Scholten zur 9. Einbürgerungsfeier am Donnerstag, , Uhr, Stadthalle, Caruso ***

Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie

Rede des Bundespräsidenten in Leichter Sprache

Rede von Bundespräsident Dr. Heinz Fischer. zur Eröffnung des Brucknerfestes am Sonntag, dem 13. September 2009

3. Nürnberger Tage zum Asyl- und Ausländerrecht

Interkulturelle Öffnung im Kinderschutz

Eröffnungsrede. Rede. Hans-Joachim Otto Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie

Landkreis Jerichower Land. Stabsstelle Integrationskoordination Stadt Genthin. Stadt Genthin

zu verbessern. Im Mittelpunkt steht dabei immer der betroffene Mensch.

Eine Einrichtung des Evang. Luth. Dekanatsbezirkes München

Auf der Flucht Lehrerinformation

Rede von Bundespräsident Dr. Heinz Fischer anlässlich der Verleihung des Betriebsrats-Award 2011, Linz, 13. Mai 2011

JMD-Arbeitstreffen der Landesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit Baden-Württemberg am 27. Oktober 2011

Jugendmigrationsdienst in Bernburg (Saale)

Jmd2start Abschlussveranstaltung in Berlin. Junge Geflüchtete gut begleiten neue Herausforderungen für die JMD-Arbeit?

DAVID: und David vom Deutschlandlabor. Wir beantworten Fragen zu Deutschland und den Deutschen.

Rede von Annette Widmann-Mauz Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit Mitglied des Deutschen Bundestages

Junge Flüchtlinge in Deutschland

ANGELA MERKEL, Bundeskanzlerin und Schirmherrin

Rede des Landrates. anlässlich der Einbürgerungsfeier. am

Kopiervorlagen zur Klassenlektüre

Jugendmigrationsdienste

Integration gestalten im Kreis Bergstraße

AWO-Praktikumsbörse für Migrantinnen und Migranten. Ehrenamt und berufliche Integration

Das Asylverfahren in NRW

Jugendarbeit baut Brücken.

Dirk Messner und Merle Kreibaum

Deutschunterricht. Bitte meldet euch bei dort erfahrt ihr alles weitere!

anders? cool! Die Lebenssituation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund eine Wanderausstellung zur Integrationsarbeit der Jugendmigrationsdienste

Gemeinsam mit Menschen mit einer ASS leben und dabei flexibel bleiben

Es gilt das gesprochene Wort!

Allgemeiner Sozialer Dienst Hamburg-Nord. Leitbild

Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit

125 Jahre KV-Ortszirkel Sprudel

Grußwort. Parlamentarischer Abend der NRW-Stiftung Dienstag, 13. September 2016, 18 Uhr Landtag Nordrhein-Westfalen, Plenarsaal

Russisch zu lernen. In ihrem Tagebuch berichtet sie am 8. November 1942 von ihren Erfahrungen: Ich nehme Russischstunden bei einem alten Armenier,

Die Karriere pflegender Angehöriger von Menschen im Wachkoma

Der Magistrat Marburg, 15. März 2017

Liebe Engagementbotschafterinnen und Engagementbotschafter, sehr geehrter Herr Thomas, sehr geehrter Herr Dr. Klein, sehr geehrte Frau Wortmann,

основний рівень_нм_факультет філології

Internationale Jugendarbeit auf kommunaler Ebene

Es gilt das gesprochene Wort!

WAS ist der Soziale Tag? Wer sind Wir?

Veranstaltung Ort Datum, Uhrzeit

Eröffnungsansprache Landammann Dr. Remo Ankli

Stern von Rumänien im Rang eines Offiziers

Begrüßung der Vorsitzenden der Kommission Inklusion Frau Dorothee Daun auf der LVR- Fachtagung Inklusion und Menschenrechte im Rheinland am

Von rosa Herzchen zum Niqab? (De)radikalisierungsprozesse von Frauen und Mädchen im extremistischen Salafismus 1. Oktober 2018, 9.

Ausgangsfrage: JiVE.. Jugendarbeit international Vielfalt erleben. Ausgangsthesen:

Redemanuskript der Ansprache von Regierungspräsident Mario Fehr an die Festgemeinde der 1. August-Feier in Uster 2016

Flüchtlingskinder und ihre Rechte. Wege von Kindern auf der Flucht und ihr Ankommen in der Schweiz aus der Kinderrechtsperspektive

Immigration aus Afrika

Herzlich Willkommen! Jugend ihre Bedürfnisse, Anregungen und Erwartungen Lösungsansätze für ein erfolgreiches Miteinander

Rede des. WZ-Referenten Herrn Simon Stumpf, Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in der Demokratischen Republik Kongo

Stark im Beruf Mütter mit Migrationshintergrund steigen ein! Mütter in Bewegung

Ausländer als Arbeitskräfte Möglichkeiten und Grenzen

Rede von Bürgermeisterin Susanne Stupp zur Auszeichnungsfeier Frechen wird Fairtrade Stadt am 9. März 2016

Grußwort: Deutsch-Bosnisch-Herzegowinisches Symposium 2009

Die Situation begleiteter und unbegleiteter Flüchtlingskinder in Deutschland. Unterschiedliche Herausforderungen!

Transkript:

Eröffnungsrede anlässlich der Trägerübergreifenden Tagung der Jugendmigrationsdienste am 29.11. in Berlin Steglitz Sehr geehrte Bundestutorin und tutoren, Sehr geehrte Damen und Herren, Ich freue mich sehr, heute die trägerübergreifende Tagung der Jugendmigrationsdienste eröffnen zu dürfen. Eigentlich sollte dieses Privileg unserer Parlamentarischen Staatssekretärin, Frau Marks, vorbehalten sein, sie ist aber heute Vormittag leider verhindert und wird heute Abend den Parlamentarischen Abend eröffnen. Für die kommenden Tage haben Sie die Gelegenheit, sich intensiv auszutauschen und die Herausforderungen der Arbeit in den Jugendmigrationsdiensten zu diskutieren: Lassen Sie mich Ihnen einen einige Gedanken mit auf den Weg geben. Da sind 3 junge Menschen, nennen wir sie Tarik, Karim und Valeria.

Tarik hat es allein aus dem syrischen Bürgerkrieg nach Deutschland in eine Verselbständigungs Wohngemeinschaft" der Jugendhilfe geschafft. Er lebt in Deutschland ohne seine Familie. Er wird immer dünner, schläft und isst nicht. Aber er hat Glück: im Wohnheim organisiert jemand einen Psychotherapieplatz für ihn, sein Vormund brachte zur Anhörung einen Anwalt mit: er erhält die Anerkennung als politischer Flüchtling mit Familiennachzug. Jetzt wartet er auf seine Familie. Karim kommt dem Nordosten Syriens, sein Vater hatte sein Auto verkauft, um die Schlepper bezahlen zu können, die Karim auf einer alptraumartigen Reise über die Türkei und Griechenland nach Deutschland geschleust haben. Damals war er gerade 15. Er kam in einer Einrichtung der Kinder und Jugendhilfe unter. Aber so schnell geht es nicht, denn er erhält nur einen subsidiären Schutzstatus. Er lernt schnell Deutsch, da er ehrgeizig und wissbegierig ist. Der Islam gibt ihm Halt. Er ist Deutschland dankbar und hofft, seine Familie nachholen zu können. Er möchte studieren und träumt von einem Leben in Syrien. Valeria kommt aus der Republik Moldau, einem kleinen Land in Südosteuropa eingeklemmt zwischen der Ukraine und Rumänien mit gerade einmal 3 Mio. Einwohnern.

Auf der Suche nach einem besseren Leben für sich und seine Kinder flüchtete der Vater von Valeria im Herbst 2015 vor Korruption in seiner Heimat nach Deutschland. Woher sollte er wissen, dass das für das deutsche Asylrecht nicht ausreicht? Die Zusage zum Besuch von Valeries Traumschule kam zeitgleich mit der Ablehnung des Asylantrags. So oder so ähnlich könnten die Lebensgeschichten und Schicksale lauten, mit denen sie täglich in Ihren Beratungseinrichtungen konfrontiert werden. Alle diese jungen Menschen könnten auch bei Ihnen, im Jugendmigrationsdienste, Hilfe und Unterstützung gesucht haben. Es sind Einzelschicksale, die einen nicht kalt lassen und je näher man dran ist, umso schwerer ist es, sich abzugrenzen und auch professionelle Distanz zu wahren. Es ist daher nicht leicht, sich damit abzufinden, wenn Ihre Arbeit, die manchmal auch mühsam und von Rückschlägen geprägt ist, aus Ihrer Sicht wie bei Valeria scheinbar umsonst war; wenn eine junge Frau, trotz guter Integration wieder in ihr Land zurück muss. Aber auch, wenn das auf den ersten Blick so zu sein scheint, dann bedenken Sie, dass Sie von Ihrer Unterstützung und Ihrem Einsatz immer etwas weitergeben, etwas, das hängenbleibt, zum Beispiel die

Idee von neuen Möglichkeiten der beruflichen Weiterentwicklung. Vielleicht kommt Valeria auf einem anderen weg wieder nach Deutschland zurück, um hierzu studieren. Meine Damen und Herren, die Jugendmigrationsdienste gibt es bereits seit rund 50 Jahren, einige feiern sogar ihren 60. Geburtstag. Die Einrichtungen haben eine lange Tradition und werden kontinuierlich vom Bund unterstützt. 2004 kurz vor Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzes in 2005 gab es die erste große Veränderung in der Arbeit der JMD => Öffnung für alle jungen Menschen mit Migrationshintergrund. Die JMD, die bis dahin für jugendliche Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler zuständig waren, öffneten sich neu für junge Menschen aus der Türkei und arabischen, aber auch afrikanischen Ländern mit allen Herausforderungen, die damit für die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verbunden war. Dieser Schritt hat die Jugendmigrationsdienste sowohl auf Mitarbeiterseite aber auch von den ratsuchenden Jugendlichen her sehr verändert: Die Einrichtungen wurden bunter und die Anforderungen vielfältiger. Ein altes Sprichwort sagt: Nichts ist beständiger als der Wandel und so wird sich auch die Arbeit der Jugendmigrationsdienste in den

nächsten Jahren weiter verändern und sich den jugend und gesellschaftspolitischen Bedürfnissen anpassen müssen. Mit Blick auf 2018 stehen wir vor weiteren Herausforderungen, daher kommt diese trägerübergreifende Tagung zur rechten Zeit! Wie Sie wissen, haben wir für das kommende Jahr erhebliche Mittel erhalten, um die sozialpädagogische Arbeit der Jugendmigrationsdienste intensiver und systematischer als bisher auch für Schulen nutzbar zu machen. Da die Mittel hierfür aus dem Präventionsprogramm der Bundesregierung gegen religiösen Extremismus kommen, wollen wir die Jugendmigrationsdienste gezielt mit Präventionsangeboten weiterer Partner an Schulen verknüpfen. Wenn Prävention gegen religiösen Extremismus heißt, dem jungen Menschen Zukunftsperspektiven zu eröffnen, Lebenskompetenzen zu fördern und individuell zu unterstützen, dann arbeiten Sie schon lange präventiv! Ich sehe hier für die Jugendmigrationsdienste eine große Chance, ihre gute Arbeit vor Ort noch sichtbarer zu machen und das

sozialpädagogische Know How auch neuen Partnern gewinnbringend vorstellen zu können. Es geht im Kern darum Schulen dabei zu unterstützen, jungen Menschen die Werte einer demokratischen und offenen Gesellschaft zu vermitteln. Dazu wollen wir die Jugendmigrationsdienste mit lokalen Trägern der politischen Bildungsarbeit und der Radikalisierungsprävention enger vernetzen. Aktuell sind Sie und auch wir mit den Ländern in engem Austausch zur Auswahl der Standorte. Anfang des Jahres werden wir zu konkreten Vereinbarungen kommen. Ich freue mich über Ihre engagierte Mitarbeit. Es wird ein spannendes Jahr 2018! Ich freue mich über die weitere Zusammenarbeit und danke Ihnen für Ihre gute und engagierte Arbeit in den letzten Jahren und wünsche Ihnen spannende Tage und einen fruchtbringenden Austausch! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.