STELLUNGNAHME Die Entstehung der Stromsteuer nach 5 StromStG bei der Aufladung von Elektrofahrzeugen - A. Hintergrund Die Bundesregierung strebt nach ihrem nationalen Entwicklungsplan zur Elektromobilität den vermehrten Einsatz von Elektrofahrzeugen auf Deutschlands Straßen an. Unabdingbare Voraussetzung hierfür ist der Aufbau von Ladeeinrichtungen auf öffentlichem und privatem Gelände, die allgemein zugänglich sind und das Vertrauen der Nutzer in eine stets ausreichende Reichweite ihrer Fahrzeuge schaffen (Mobilitätsoptionen). Vor diesem Hintergrund beschäftigen sich eine Vielzahl an Kommunen und kommunaler Unternehmen mit der Errichtung und dem Betrieb von Ladeeinrichtungen. Neben Fragen des Geschäftsmodells für die Betreiber solcher Ladeeinrichtungen stellt sich eine Vielzahl an Rechtsfragen, die insbesondere auch die energierechtlichen Vorgaben betreffen. Hierzu zählt die Frage, wer als Stromsteuerschuldner nach 5 Abs. 2 StromStG verpflichtet ist, die Stromsteuer auf den beim Ladevorgang verwendeten Strom abzuführen. Ein deutschlandweit einheitliches Verständnis zu dieser Rechtsfrage würde die Rechtssicherheit von Kommunen und kommunalen Unternehmen bei der Errichtung und dem Betrieb von Ladeeinrichtungen für Elektrofahrzeuge deutlich erhöhen. Im Folgenden erlauben wir uns deswegen, unser Verständnis der relevanten Marktteilnehmer, ihrer Beziehung zueinander sowie deren stromsteuerrechtliche Bewertung vorzustellen. B. Sachverhalt Der Betreiber einer Ladeeinrichtung 1 ist für deren Funktionsfähigkeit verantwortlich und wird diese in der Regel auch errichten. Zu beachten ist hierbei insbesondere, dass er einen Stromliefervertrag abschließt. Auf dieser Grundlage liefert der Stromlieferant den gesamten Strom, der an einer Ladeeinrichtung verbraucht wird. Ob der Stromverbrauch am Ladepunkt, 1 Eine Ladeeinrichtung kann aus mehreren Ladepunkten bestehen. So besteht eine Ladesäule in der Regel aus zwei Ladepunkten, an denen Nutzer zeitgleich Fahrzeuge aufladen können. 05599-11/2319539 Seite 1
der Ladeeinrichtung oder einer größeren Einheit, etwa einer Kundenanlage gemessen wird, differiert. Diese gebündelte Beschaffung des gesamten Stroms ergibt sich zwingend aus den aktuellen energierechtlichen Vorgaben. Zumindest jeder Ladepunkt einer Ladeeinrichtung wird dabei nur einem energiewirtschaftlichen Zählpunkt 2 gemäß 2 Nr. 13 StromNZV zugeordnet. Dieser Zählpunkt wiederum kann stets nur dem Bilanzkreis eines Stromlieferanten zugeordnet werden. Es wäre deswegen aktuell nicht möglich, dass Nutzer von Elektrofahrzeugen an einem Ladepunkt stets einen individuellen Stromlieferanten wählen, dem der Netzbetreiber dann jeweils nur die von dessen Kunden entnommene Menge Strom an einer Ladeeinrichtung zuordnet. 3 In der Marktrolle des Betreibers der Ladeeinrichtung werden keine Verträge über die Nutzung von Ladeeinrichtungen mit den Nutzern von Elektrofahrzeugen geschlossen. Zwischen Betreiber und Nutzer tritt ein so genannter Mobilitätsanbieter 4. Sein Geschäftszweck besteht darin, Nutzern die Ladung an einer Vielzahl von Ladeeinrichtungen zu ermöglichen: Hierzu schließt der Mobilitätsanbieter zunächst mit mehreren Betreibern entsprechende Vereinbarungen über den Zugang zu deren Ladeeinrichtungen, 5 der dessen Bedingungen wie insbesondere die Höhe eines Zugangsentgelts im Einzelnen regelt. 6 Die Abrechnung zwischen Betreiber und Mobilitätsanbieter orientiert sich in der Praxis insbesondere an den Kosten der Ladeinfrastruktur. Da diese die Kosten der Strombeschaffung deutlich übersteigen, erfolgt die Abrechnung von Zugangsentgelten nicht zwangsläufig nach der entnommenen Menge Strom. Gegen eine kwhgenaue Abrechnung spricht vielfach zudem, dass hierfür entsprechende Zähler an 2 Ein Zählpunkt ist der Netzpunkt, an dem der Energiefluss zähltechnisch erfasst wird, vgl. 2 Nr. 13 StromNZV. Die Zählpunktbezeichnung definiert die jeweilige Entnahmestelle, vgl. Anlage zum Beschluss BK6-06-009 Darstellung der Geschäftsprozesse zur Anbahnung und Abwicklung der Netznutzung bei der Belieferung von Kunden mit Elektrizität (Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Elektrizität, GPKE), S. 4. 3 Das Verfahren für einen Lieferantenwechsel darf nach den Vorgaben gemäß 20a EnWG einen Zeitraum von drei Wochen gerechnet ab Zugang der Anmeldung zur Netznutzung durch den neuen Lieferanten bei dem Netzbetreiber, an dessen Netz die Entnahmestelle angeschlossen ist, nicht überschreiten. Ein Anspruch auf untertägigen Wechsel, wie es für das Mitbringen von Stromlieferanten durch die Nutzer erforderlich wäre, besteht nicht. 4 Möglich ist freilich eine Personenidentität von Betreiber und Mobilitätsanbieter. Eine solche spricht jedoch nicht gegen die Unterscheidung der Marktrollen derselben Person, da mit diesen unterschiedliche Rechte und Pflichten verbunden sind. Eine vergleichbare Unterscheidung findet sich zudem bereits seit Jahren im Energiewirtschaftsrecht, nach dem (unter bestimmten Voraussetzungen) dieselbe juristische Person als Netzbetreiber und Stromlieferant auftreten kann. 5 Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht bei einer Personenidentität von Betreiber und Mobilitätsanbieter. Dann entfällt ein solcher Vertrag. Das Verhältnis der Marktrollen zueinander bleibt davon jedoch unberührt. 6 Er kann dabei auch sog. Roaming-Plattformen nutzen, die die Abwicklung des betreiberübergreifenden Ladens vereinfachen. Zu Roaming-Plattformen in diesem Sinne gehören beispielsweise Hubject oder smartlab. Seite 2
jedem Ladepunkt eingebaut werden müssten, während es oft günstiger ist, nur den Verbrauch einer Kundenanlage insgesamt zu messen und im Verhältnis Lieferant zu Betreiber abzurechnen. Der Einbau solcher Zähler ist teilweise (etwa bei Schnellladeeinrichtungen) technisch nur schwer zu verwirklichen und kostenintensiv. Sodann bietet der Mobilitätsanbieter interessierten Nutzern einen Vertrag an 7, auf dessen Grundlage diese sich an den verschiedenen Ladeeinrichtungen authentifizieren und ihr E-Fahrzeug aufladen können. Er gibt damit das beim Betreiber liegende Recht der Nutzung an Dritte weiter. Auch der Mobilitätsanbieter rechnet gegenüber seinen Kunden nicht zwangsläufig kwh-genaue Strommengen ab. Vielmehr sind angesichts des Verhältnisses von Kosten der Ladeinfrastruktur zu Stromkosten auch Pauschalpreise oder zeitabhängige Tarife denkbar und üblich. Die nachfolgende Graphik soll die vorstehenden Ausführungen vereinfacht verdeutlichen: 7 Die Marktrolle des Mobilitätsanbieters ist deswegen ähnlich der Marktrolle eines Stromlieferanten im Sinne des EnWG, während der Betreiber einem Netzbetreiber im Sinne des EnWG ähnelt. Seite 3
Dass der Strom, den der Stromlieferant an den Betreiber liefert und den der Nutzer an Ladeeinrichtungen entnimmt, der Stromsteuer unterliegt, ist unstreitig. Fraglich ist jedoch, welcher der vorstehend benannten Marktteilnehmer als Stromsteuerschuldner gemäß 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StromSt einzustufen ist, weil er als Versorger Strom an Letztverbraucher leistet, den diese aus dem Versorgungsnetz entnehmen. C. Verständnis von GEODE Nach unserem Verständnis sollte Stromsteuerschuldner der Stromlieferant sein. Dem liegen die folgenden Erwägungen zugrunde: Der Stromlieferant leistet Strom an den Betreiber der Ladeeinrichtung. Fraglich ist allein, ob der Betreiber diesen Strom auch als Letztverbraucher entnimmt bzw. diesem gleichgestellt wird. Der Betreiber stellt den Nutzern Strom an seiner Ladestation zur Verfügung. Seine Leistung beschränkt sich jedoch nicht hierauf. So übersteigen seine Kosten für die Errichtung und den Betrieb der Ladeeinrichtung den Wert der einzelnen Stromlieferungen um ein Vielfaches. Zudem muss er sicherstellen, dass ein entsprechender Parkraum für die E-Fahrzeuge bereit steht. Seine Gesamtleistung stellt sich deswegen insgesamt nicht als reine Stromlieferung dar, sondern enthält bei wirtschaftlicher Betrachtung überwiegend mietähnliche Elemente. Daraus folgt gemäß 1a StromStV, dass nicht der Strom entnehmende Nutzer sondern der Betreiber als Letztverbraucher gilt. Stromsteuerschuldner wäre folglich der Stromlieferant. Ohne die Anwendung von 1a StromStV wäre der Betreiber als Versorger des den Strom entnehmenden Nutzers anzusehen. Nicht als Stromsteuerschuldner in Frage kommt hingegen der Mobilitätsanbieter. Zwar vermittelt er seinen Kunden/Nutzern den Zugang zu den Ladeeinrichtungen und zahlt dafür an den Betreiber ein entsprechendes Zugangsentgelt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Nutzer sich auf dieser Grundlage beim Betreiber an der Ladeeinrichtung authentifiziert und sodann den Strom entnimmt, den der Betreiber und nicht der Mobilitätsanbieter von einem Stromlieferanten erhalten hat. Die Stellung des Stromlieferanten (oder alternativ des Betreibers) als Stromsteuerschuldner bietet zudem den Vorteil, dass die Anzahl der Steuerschuldner vergleichsweise gering bleiben sollte. Die Zahl der Betreiber ist wegen der Kosten des Infrastrukturaufbaus und der dafür erforderlichen Kenntnisse in personeller und sachlicher Hinsicht schon rein faktisch be- Seite 4
grenzt. Zudem dürfte sich die Rolle als Betreiber erst ab einer gewissen Anzahl von Ladeeinrichtungen wirtschaftlich rentieren. Da Betreiber in der Regel nur einen Stromlieferanten für sämtliche Ladeeinrichtungen wählen, um günstige Konditionen zu erhalten, ist auch ihre Anzahl in gleicher Weise begrenzt. Dieses Verständnis verhindert zudem auch zusätzliche Kosten für die Nachrüstung der bestehenden Ladeinfrastruktur. Würde nämlich der Mobilitätsanbieter Stromsteuerschuldner im Sinne von 5 Abs. 2 StromStG, wäre es zwingend, dass nicht nur jede Ladeeinrichtung, sondern auch jeder Ladepunkt mit einem gesonderten Zähler ausgerüstet wird. Nur dann wäre es möglich, dass die Betreiber jedem Mobilitätsanbieter kwh-genau mitteilen können, welche Menge Strom deren Nutzer entnommen haben. Die bislang errichteten Ladeeinrichtungen mit mehr als einem Ladepunkt erfüllen diese Voraussetzung regelmäßig nicht. Unabhängig von unserem Verständnis, das wir in einem persönlichen Gespräch gerne weiter erläutern, würden wir es sehr begrüßen, wenn das Bundesministerium der Finanzen durch ein Rundschreiben festlegt, wer stromsteuerrechtlich Versorger i.s.v. 5 StromStG ist und die Stromsteuer abführen muss. Das Ministerium würde auf diese Weise eine bestehende Rechtsunsicherheit beseitigen. Berlin, 03.09.2014 Christian Held Stellvertretender Präsident GEODE Magazinstraße 15/16 10179 Berlin Tel.: 0 30 / 611 284 070 Fax: 0 30 / 611 284 099 E-Mail: info@geode.de www.geode.de www.geode-eu.org Die GEODE ist der europäische Verband der unabhängigen privaten und öffentlichen Stromund Gasverteilerunternehmen. Mit dem Ziel, diese Unternehmen in einem sich zunehmend europäisch definierten Markt zu vertreten, wurde der Verband 1991 gegründet. Mittlerweile spricht die GEODE für mehr als 1.000 direkte und indirekte Mitgliedsunternehmen in vielen europäischen Ländern, davon 150 in Deutschland. Seite 5