Die mündliche Steuerberaterprüfung 2012/2013



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Transkript:

Die mündliche Steuerberaterprüfung 2012/2013 Bearbeitet von Prof. Dr. Uwe Grobshäuser, Thomas Fränznick, Günter Endlich, Dr. Alexander Endlich, Dr. Jörg W. Hellmer, Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen, Andreas Wellmann 5. Auflage 2012. Buch. 392 S. Kartoniert ISBN 978 3 941480 63 6 Steuern > Steuerrecht allgemein, Gesamtdarstellungen Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, ebooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte.

Problembereich 1: Der Unternehmer und sein Unternehmen 87 Themenbereich Umsatzsteuer Problembereich 1: Der Unternehmer und sein Unternehmen Frage: Geben Sie bitte kurz an, nach welchen Kriterien sich die Unternehmereigenschaft bestimmt. Antwort: Die Unternehmereigenschaft ist in 2 Abs. 1 UStG definiert. Danach ist jede gewerbliche oder berufliche Tätigkeit, die selbstständig ausgeübt wird, eine unternehmerische Tätigkeit. Dabei ist die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit umsatzsteuerrechtlich eigenständig zu interpretieren und ist jede Tätigkeit, die nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht ausgeübt wird. Frage: Wer kann denn alles Unternehmereigenschaft haben? Antwort: Unternehmer kann jede natürliche Person (ab Geburt), sowie jeder Personenzusammenschluss sein. Aber auch juristische Personen des privaten und des öffentlichen Rechts können Unternehmereigenschaft haben. Allerdings sind bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts noch weitere Einschränkungen nach 2 Abs. 3 UStG zu beachten. Frage: Lassen Sie mich hier einmal unterbrechen, zu den juristischen Personen des öffentlichen Rechts kommen wir später noch einmal zurück. Lassen Sie uns noch einmal über die grundlegenden Fragestellungen zur Unternehmereigenschaft reden. Ab wann beginnt denn die Unternehmereigenschaft und warum ist diese Frage für die Umsatzsteuer so wichtig? Tipp! Soweit Sie Gesetze in der Prüfung verwenden dürfen, sollten die Teilnehmerinnen/Teilnehmer der mündlichen Prüfung, die gerade nicht gefragt sind, schon einmal den 2 Abs. 3 UStG aufblättern und noch einen kurzen Blick hinein werfen folgen Sie aber dennoch dem Prüfungsgespräch! Antwort: Die Unternehmereigenschaft beginnt grundsätzlich mit dem ersten, nach außen erkennbar in Erscheinung treten. Dabei begründen auch schon Vorbereitungshandlungen die Unternehmereigenschaft. Diese liegen vor, wenn ein Unternehmer in die konkrete Planung eintritt, unternehmerisch tätig werden zu wollen. Von Bedeutung ist das deshalb, da ab der Begründung der Unternehmereigenschaft im Regelfall vom Unternehmer bereits Leistungen in Anspruch genommen werden, bevor dieser selber seine Leistungen gegenüber Dritten erbringen kann. Da für die Vorsteuerabzugsberechtigung nach 15 UStG die Unternehmereigenschaft wesentliche Voraussetzung ist, muss die Unternehmereigenschaft schon zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs vorliegen. Tipp! Hier könnte je nach Prüfungsverlauf auch noch mit einfließen, dass nach der Rechtsprechung des EuGH (EuGH Urteil vom 29.02.1996, Rs. C-110/94 INZO, UR 1996, 116; vgl. auch Abschn. 2.6 Abs. 1 UStAE) die Unternehmereigenschaft nicht davon abhängig ist, dass auch tatsächlich später entgeltliche Ausgangsleistungen ausgeführt werden. Die ernsthafte Umsatzerzielungsabsicht ist aus reichend. Frage: Nach welchen Kriterien kann die private Vermögensverwaltung von der unternehmerischen Betätigung abgegrenzt werden oder anders gefragt: Ab wann kann jemand auch bei dem Verkauf privater Gegenstände die Unternehmereigenschaft erlangen? Antwort: Grundsätzlich führt die private Vermögensverwaltung nicht zu einer unternehmerischen Betätigung. So hatte der BFH schon früh entschieden, dass ein Briefmarkensammler oder Münz-

88 Themenbereich Umsatzsteuer sammler nicht unternehmerisch tätig ist, selbst wenn er Stücke wegtauscht, die Sammlung umschichtet oder ganz oder teilweise veräußert (BFH, Urteil vom 29.06.1987, X R 23/82, BStBl II 1987, 744 und vom 16.07.1987, X R 48/82, BStBl II 1987, 752 sowie Abschn. 2.3 Abs. 6 Satz 2 UStAE). Allerdings kann die Grenze zur Unternehmereigenschaft bei einer intensiven privaten Vermögensverwaltung auch überschritten werden. Der BFH (Urteil vom 26.04.2012, V R 2/11, DStR 2012, 965) hat für einen ebay-verkäufer entschieden, dass der Verkauf einer Vielzahl von Gegenständen (im vorliegenden Fall 1.200 Umsätze in drei Jahren) eine der Umsatzsteuer unterliegende nachhaltige unternehmerische Tätigkeit sein kann. Dabei ist es für die Beurteilung der Nachhaltigkeit nicht von Bedeutung, ob schon beim Einkauf der Gegenstände eine Wiederverkaufsabsicht bestand. Die Abgrenzung muss deshalb immer unter Würdigung aller individueller Voraussetzungen im Einzelfall erfolgen. Tipp! Der BFH hat in dem entschiedenen Fall insbesondere darauf abgestellt, dass der Verkäufer aktive Schritte zum Vertrieb von Gegenständen unternommen hatte, indem er sich ähnlicher Mittel bediente, wie ein gewerblicher Händler. Damit kann bei der laufenden Veräußerung von Gegenständen in erheblichem Umfang nicht mehr von einer privaten Vermögensverwaltung ausgegangen werden. Grundsätzlich ergibt sich kein Unterschied, ob der Verkauf über eine Internet- Auktionsplattform erfolgt oder auf einem Trödelmarkt lediglich die Erfassung und damit die Nachweisbarkeit sind bei Internet-Auktionen deutlich einfacher. Frage: Können Sie sich Fälle vorstellen, in denen dem Unternehmer der Vorsteuerabzug vom Finanzamt rückwirkend wieder aberkannt werden kann, weil eine Unternehmereigenschaft tatsächlich nicht begründet wurde? Antwort: Grundsätzlich ist sofort beim Leistungsbezug darüber zu entscheiden, ob eine Leistung dem Unternehmen zugeordnet werden kann. Damit muss zu diesem Zeitpunkt auch feststehen, dass die Unternehmereigenschaft schon besteht. Eine nachträgliche Aberkennung der Unternehmereigenschaft und damit auch die Versagung der Vorsteuerabzugsberechtigung kann nur in wenigen Ausnahmefällen möglich sein. Dies kann laut EuGH dann vorkommen, wenn ein Fall des Betrugs oder des Missbrauchs vorliegt. Frage: Unter welchen Voraussetzungen kann eine natürliche Person gegenüber einer Personengesellschaft, an der sie beteiligt ist, als Unternehmer Leistungen ausführen? Antwort: Damit ein Gesellschafter einer Personengesellschaft dieser gegenüber als Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung ausführen kann, muss der Gesellschafter diese Leistung mit Einnahmeerzielungsabsicht ausführen. Das bedeutet, dass der Gesellschafter im Zusammenhang mit der Leistung eine konkrete Gegenleistung (eine individuelle Bezahlung) erhalten möchte. Wird er nur im Rahmen seiner gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft tätig, handelt es sich um einen sog. echten Gesellschafterbeitrag, der nicht steuerbar ausgeführt wird. Frage: Können Sie uns dafür ein konkretes Beispiel angeben? Antwort: Gerne, ein konkretes Beispiel kann die Überlassung eines Fahrzeugs, das einem Gesellschafter der Personengesellschaft gehört, gegenüber der Personengesellschaft sein. Überlässt er das Fahrzeug nur gegen seinen allgemeinen Gewinnanteil, liegt ein nicht steuerbarer Gesellschafterbeitrag vor, erhält er aber von der Gesellschaft ein konkretes Entgelt für die Überlassung des Fahrzeugs, vollzieht sich diese Überlassung im Rahmen eines steuerbaren und steuerpflichtigen Leistungsaustauschs. Der Gesellschafter ist dann als Unternehmer zum Vorsteuerabzug aus dem Kauf des Fahr-

Problembereich 1: Der Unternehmer und sein Unternehmen 89 zeugs berechtigt. Ein weiteres Beispiel ist die entgeltliche Geschäftsführungsleistung bei einer Personengesellschaft. Erhält der Gesellschafter für die Führung der Geschäfte der Personengesellschaft ein gesondert berechnetes Entgelt also keinen vom Gewinn der Gesellschaft abhängigen Betrag, ist dies als steuerbare und steuerpflichtige Leistung gegenüber der Gesellschaft anzusehen. Tipp! Schauen Sie sich in der Vorbereitung auf die mündliche Prüfung Abschn. 1.6 UStAE an. Hier hat die Finanzverwaltung kompakt die Grundsätze der Leistungsaustauschprozesse bei Gesellschaftsverhältnissen dargestellt. Neben der Einnahmeerzielungsabsicht ist aber auch zu prüfen, ob der Gesellschafter selbstständig tätig ist oder weisungsgebunden eingegliedert ist. Auch ein Komplementär einer KG kann im Innenverhältnis weisungsgebunden eingegliedert sein, sodass er nicht selbstständig tätig ist. Frage: Kommen wir zu einem kleinen Fall: Drei natürliche Personen wollen zusammen eine GmbH gründen. Bevor sie aber zu einem Notar gehen und den Gesellschaftsvertrag abschließen, mieten sie schon Büroräume an, stellen Personal ein und schaffen die für die Ausführung ihrer Umsätze notwendige Hard- und Software an. Am Tag, bevor sie erstmals entgeltliche Leistungen ausführen, gehen sie zum Notar und schließen den notariellen Gesellschaftsvertrag ab. Können sich hier Probleme für die Beteiligten ergeben? Antwort: Fraglich ist, wer hier einen Vorsteuerabzug aus den gesamten Ingangsetzungskosten des Unternehmens hat. Die GmbH ist (nach Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrags als Gründungsgesellschaft) Unternehmer nach 2 Abs. 1 UStG geworden, da sie entgeltlich Umsätze ausführen will und dies auch tut. Die Vorgründungsgesellschaft (bis zum notariellen Gesellschaftsvertrag) ist als Personengesellschaft nicht mit der später entstehenden GmbH identisch. Da die Vorgründungsgesellschaft aber selber keine eigene Umsatzerzielungsabsicht hatte, könnte es hier an der Unter nehmereigenschaft der Vorgründungsgesellschaft scheitern. In diesem Falle wäre weder die GmbH (mangels Leistungsbezug) noch die Personengesellschaft (mangels Unternehmereigenschaft) zum Vorsteuerabzug berechtigt. Der EuGH hatte hier aber entschieden (EuGH, Urteil vom 29.04.2004, Rs. C-137/02 Faxworld GbR, BFH/NV Beilage 2004, 225), dass in diesem Fall eine Geschäftsveräußerung nach 1 Abs. 1a UStG (nicht steuerbar) vorliegt, die die Unternehmereigenschaft der Vorgründungsgesellschaft begründet. Dieser Übertragungsvorgang ist ausreichend, um die Vorsteuerabzugsberechtigung der Vorgründungsgesellschaft in den Fällen zu ermöglichen, in denen die dann später entstehende GmbH keine vorsteuerabzugsschädlichen Ausgangsumsätze ausführt. Tipp! Problematischer ist es, wenn aus der Vorgründungsgesellschaft einzelne, dort bezogene Leistungen, auf die Gründungsgesellschaft übertragen werden sollen. Dies wird sich nur im Rahmen eines entgeltlichen Vorgangs vollziehen lassen. Die nicht steuerbare Geschäftsveräußerung nach 1 Abs. 1a UStG ist hingegen nicht von einem entgeltlichen Vorgang abhängig. Frage: Kommen wir jetzt einmal zu den juristischen Personen. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine juristische Person des privaten Rechts die Unternehmereigenschaft hat? Antwort: Eine juristische Person des privaten Rechts (GmbH oder AG) muss auch selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht tätig werden. Besonderheiten bestehen hier i.r.d. Selbstständigkeit. Die Selbstständigkeit ist dabei nach 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG negativ abgegrenzt. Die juristische Person ist dann nicht selbstständig tätig, wenn sie finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein anderes Unternehmen eingegliedert ist. In diesem Fall liegt eine sog. Organschaft vor,

90 Themenbereich Umsatzsteuer bei der die juristische Person unselbstständiger Unternehmensteil des Organträgers wird. Unternehmer und damit auch Steuerschuldner ist dann der Organträger. Zwischen einem Organträger und den Organgesellschaften liegen nicht steuerbare Innenumsätze vor, allerdings ist die Wirkung der Organschaft auf die Leistungen im Inland beschränkt. Frage: Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine finanzielle Eingliederung vorliegt? Antwort: Eine finanzielle Eingliederung ist dann gegeben, wenn der Organträger die Mehrheit der Stimmen in der Gesellschafterversammlung hat. Er muss jederzeit in der Lage sein, seinen Willen in der Gesellschafterversammlung durchsetzen zu können. Regelmäßig wird dies mit der Kapitalmehrheit verbunden sein. Aber in Sonderfällen kann auch abweichend von der Kapitalmehrheit die finanzielle Eingliederung gegeben sein oder nicht vorliegen. Bestehen zum Beispiel Stimmrechtsbeschränkungen, ist die Mehrheit der Stimmen in der Gesellschafterversammlung trotz Kapitalmehrheit vielleicht nicht gegeben. Andererseits kann die Mehrheit der Stimmen in der Gesellschafterversammlung vorliegen, obwohl der Gesellschafter nicht die Kapitalmehrheit hält, wenn die Gesellschaft eigene Anteile hält (diese scheiden in der Gesellschafterversammlung aus dem Stimmrecht aus). Zu beachten ist, dass nach der Rechtsprechung eine finanzielle Eingliederung nicht mehr über das Sonderbetriebsvermögen von Gesellschaftern einer Personengesellschaft herzustellen ist (BFH, Urteil vom 22.04.2010, V R 9/09, BStBl II 2011, 597 sowie Urteil vom 01.12.2010, XI R 43/08, BStBl II 2011, 600; die Finanzverwaltung hatte es bis zum 31.12.2011 aber nicht beanstandet, wenn die finanzielle Eingliederung auch noch über das Sonderbetriebsvermögen der Personengesellschaft begründet wurde, BMF, Schreiben vom 05.07.2011, BStBl I 2011, 703). Nur wenn die Kapitalmehrheit an der Kapitalgesellschaft sich im Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft befindet, kann die Kapitalgesellschaft als Organgesellschaft in das Unternehmen der Personengesellschaft eingegliedert sein. Tipp! Der BFH hatte sich in letzter Zeit auch intensiver mit der organisatorischen Eingliederung auseinandergesetzt (BFH, Urteil vom 03.04.2008, V R 76/05, BStBl II 2008, 905 und Urteil vom 14.02.2008, V R 12/06, BFH/NV 2008, 1365). Daraus lässt sich ableiten, dass die personelle Verflechtung zwischen Organträger und Organgesellschaft wesentliche Voraussetzung für die organisatorische Eingliederung ist. Die Finanzverwaltung hat u.a. aus diesem Grund die Vorschriften in Abschn. 2.8 UStAE umfassend überarbeitet. Die Finanzverwaltung wird darüber hinaus voraus sichtlich noch zu den Möglichkeiten der organisatorischen Eingliederung bei mehreren Geschäftsführern einer potentiellen Organgesellschaft in einem Schreiben Stellung nehmen. Bleiben Sie aktuell und verfolgen die weiteren Veröffentlichungen der Finanzverwaltung. Frage: Kommen wir abschließend noch auf die juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jpör) zu sprechen. Welche Voraussetzungen müssen hier erfüllt sein, damit eine unternehmerische Tätigkeit gegeben sein kann? Antwort: Damit eine jpör die Unternehmereigenschaft erlangen kann, müssen neben den Voraussetzungen des 2 Abs. 1 UStG noch weitere Voraussetzungen gemäß 2 Abs. 3 UStG erfüllt sein. Nach diesen zusätzlichen Voraussetzungen ist eine jpör nur dann unternehmerisch tätig, wenn sie einen Betrieb gewerblicher Art nach 4 Abs. 1 KStG unterhält oder eine land- oder forstwirtschaftliche Tätigkeit ausführt. Neben den in 4 Abs. 1 KStG aufgeführten Kriterien ist immer darauf zu achten, dass eine jpör nie mit ihrer hoheitlichen Tätigkeit unternehmerisch tätig sein kann ( 4 Abs. 5 KStG).

Problembereich 2: Lieferungen im Umsatzsteuerrecht 91 Frage: Sehen Sie in der Anknüpfung an einen Betrieb gewerblicher Art nach 4 KStG eine sinnvolle Voraussetzung für eine unternehmerische Betätigung? Antwort: Nein, mit der Verknüpfung der Unternehmereigenschaft mit einem Betrieb gewerblicher Art werden umsatzsteuerrechtliche und ertragsteuerrechtliche Kriterien miteinander verbunden. Dies führt vor dem Hintergrund der Harmonisierung des Umsatzsteuerrechts in der Europäischen Union zu Problemen. So war früher national z.b. nur eine Tätigkeit im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nach 14 AO als Betrieb gewerblicher Art anzusehen, damit schied die Vermögensverwaltung also z.b. die Vermietung von Grundstücken aus der unternehmerischen Betätigung aus. Dies kann keine sinnvolle, gemeinschaftsrechtlich haltbare Definition für die unternehmerische Tätigkeit der öffentlichen Hand sein, weshalb der BFH (Urteil vom 20.08.2009, V R 70/05, BFH/NV 2009, 2077) auch bei der Vermögensverwaltung einer juristischen Person öffentlichen Rechts von einer unternehmerischen Tätigkeit ausgeht. So hat der BFH (Urteil vom 15.04.2010, V R 10/09, BFH/ NV 2010, 1574) folgerichtig festgestellt, dass Vermögensverwaltung kein geeignetes Kriterium für die Abgrenzung der Unternehmereigenschaft in der Umsatzsteuer ist. Tipp! Gemeinschaftsrechtlich darf nach Art. 13 MwStSystRL die Betätigung der öffentlichen Hand dann nicht unbesteuert bleiben, wenn die Behandlung als Nichtsteuerpflichtiger zu einer größeren Wettbewerbsverzerrung führen würde; vgl. auch EuGH, Urteil vom 16.09.2008, Rs. C-288/07 Isle of Wight Council, BFH/NV 2009, 108. Darüber hinaus hat der EuGH (Urteil vom 04.06.2009, Rs. C-102/08 SALIX Grundstücksvermietungsgesellschaft, DStR 2009, 1196, nachfolgend BFH, Urteil vom 20.08.2009, V R 70/05, a.a.o), entschieden, dass die Mitgliedstaaten eine ausdrückliche Regelung vorsehen müssen, damit bestimmte steuerfreie Tätig keiten als nichtsteuerbare Tätigkeiten einer juristischen Person angesehen werden können. Dies ist in Deutschland (bisher) so nicht gesetzlich geregelt. Beachten Sie auch das Urteil des BFH vom 03.03.2011, V R 23/10, BStBl II 2012, 74. Hier hat der BFH einer auch unternehmerisch tätigen Gemeinde den anteiligen Vorsteuerabzug aus der Sanierung eines Marktplatzes zugebilligt. Die Höhe des Vorsteuerabzugs ermittelt sich analog des 15 Abs. 4 UStG. Problembereich 2: Lieferungen im Umsatzsteuerrecht Frage: Geben Sie uns bitte zuerst eine Definition der Lieferung im Umsatzsteuerrecht. Nennen Sie dabei die wesentlichen Voraussetzungen. Antwort: Die Lieferung ist in 3 Abs. 1 UStG definiert. Danach liegt eine Lieferung vor, wenn der Unternehmer einem Anderen die Verfügungsmacht über einen Gegenstand verschafft. Als Gegenstände werden dabei alle Sachen und Tiere angesehen ( 90 und 90a BGB), aber auch Wirtschaftsgüter, die im Geschäftsverkehr wie Gegenstände gehandelt werden z.b. Strom. Nach der Rechtsprechung des BFH wird die Verfügungsmacht an einem Gegenstand verschafft, wenn Wert, Substanz und Ertrag an einem Gegenstand auf den Erwerber übergehen, der Käufer muss also über den Gegenstand wirtschaftlich verfügen können.

92 Themenbereich Umsatzsteuer Tipp! Abstrakte Begriffe, wie die Verschaffung der Verfügungsmacht sollten in einer mündlichen Prüfung nicht nur verwendet, sie sollten auch erläutert oder umschrieben werden. Beachten Sie, dass nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 22.10.2009, Rs. C-242/08 Swiss Re, BFH/NV 2009, 2108) bei der Übertragung von Vertragsbündeln (hier Versicherungsverträgen) keine Lieferung vorliegt. Die Finanzverwaltung hat deshalb in Abschn. 3.1 Abs. 1 UStAE den Firmenwert, Praxiswert und Kundenstamm aus dem Katalog der Lieferungen gestrichen. Frage: Worauf stellt das Umsatzsteuerrecht mit seinem Lieferbegriff ab, wird hier eher auf das zivilrechtliche Eigentum oder eher auf das wirtschaftliche Eigentum Bezug genommen? Antwort: Im Umsatzsteuerrecht wird auf das wirtschaftliche Eigentum abgestellt. Der Erwerber muss über den Gegenstand tatsächlich verfügen können. Das zivilrechtliche Eigentum ist dafür nicht entscheidend. Ein praktisches Beispiel ist der steuerbare und steuerpflichtige Verkauf eines Grundstücks. Zivilrechtlich wird der Käufer erst Eigentümer, wenn die Umschreibung im Grundbuch erfolgt ist, wirtschaftliches Eigentum erlangt er aber schon mit dem Nutzen- und Lasten wechsel. Damit ist zu diesem Zeitpunkt auch schon die Lieferung ausgeführt worden. Anders ist es bei einem Verkauf unter Eigentumsvorbehalt, hier wird die Verfügungsmacht an dem Gegenstand dem Kunden schon übertragen, obwohl sich der Verkäufer noch das zivilrechtliche Eigentum vorbehalten hat. Frage: Richtig, sehen Sie hier auch Auswirkungen dieser Grundüberlegung bei dem sog. sale and lease back? Antwort: Ja, beim sale and lease back greifen diese Grundsätze genauso, allerdings kommt es hier gerade nicht zu einer Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums. Lassen Sie mich erst einmal kurz auf den wirtschaftlichen Hintergrund dieses Vorgangs eingehen: Beim sale and lease back überträgt der Eigentümer eines oder mehrerer Gegenstände einem Leasinggeber das zivilrechtliche Eigentum daran und least den oder die übertragenen Gegenstände dann in der Regel langfristig wieder zurück. Zumindest in den Fällen, in denen die Wirtschaftsgüter dann ertragsteuerrechtlich weiter beim Leasingnehmer bilanziert werden, liegt keine Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums vor, sodass keine Lieferung nach 3 Abs. 1 UStG gegeben ist. Der BFH hat dazu festgestellt, dass in diesem Fall der Übertragung eine reine Sicherungsfunktion zukommt. Tipp! Die Finanzverwaltung hat dazu mit Schreiben vom 04.12.2008, BStBl I 2008, 1084 zu der Rechtsprechung des BFH, Urteil vom 09.02.2006, V R 22/03, BStBl II 2006, 727 Stellung genommen. Frage: Wie gehen Sie aber bei der Prüfung einer Leistung vor, wenn eine einheitliche Leistung sowohl Elemente der Lieferung wie auch Elemente einer sonstigen Leistung aufweist? Antwort: Zuerst ist immer zu prüfen, ob es sich tatsächlich um eine einheitliche Leistung handelt, die Leistung also nicht in mehrere Einzelleistungen unterteilt werden kann. Wenn eine einheitliche Leistung vorliegt, muss geprüft werden, ob es sich um eine Werklieferung oder um eine Werkleistung handelt. Die gesetzliche Abgrenzung erfolgt dabei über 3 Abs. 4 UStG, der die Werklieferung positiv definiert. Eine Werklieferung liegt vor, wenn der Unternehmer bei der von ihm ausgeführten Leistung nicht nur Nebensachen oder Zutaten verwendet. Allerdings muss hier auch die Rechtsprechung (hier insbesondere BFH, Urteil vom 09.06.2005, VR 50/02, BStBl II 2006, 98) mit beachtet werden. So sind unter Zutaten oder sonstigen Nebensachen Lieferungen zu verstehen, die bei einer Gesamtbetrachtung aus der Sicht des Durchschnittsbetrachters nicht das Wesen des Umsatzes bestimmen, die also bei einer qualitativen Abgrenzung von untergeordneter Bedeutung sind.

Problembereich 2: Lieferungen im Umsatzsteuerrecht 93 Tipp! Die Frage der qualitativen Abgrenzung ist gerade auch bei der Beurteilung von Lieferungen oder sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit der Abgabe von Speisen und Getränken (Restaurationsumsätzen) von Bedeutung. Der EuGH hat mit Urteil vom 10.03.2011 (Rs. C-497/09 Bog, BFH/NV 2011, 956) grundsätzlich auch zu dieser Abgrenzung Stellung genommen. So liegt aus der Sicht eines Durchschnittsbetrachters noch eine Lieferung vor, wenn die Zubereitung von verzehrfertigen Speisen nur standardisierte Handlungen erfordert und keine individuelle Tätigkeit für den Kunden notwendig ist. Allerdings dürfen damit noch eine Lieferung gegeben ist nicht mehr als nur behelfsmäßige Einrichtungen zum Verzehr bereitgestellt werden. Bis zu Ihrer mündlichen Prüfung ist damit zu rechnen, dass die Finanzverwaltung nach der zwischenzeitlich auch ergangenen Folgerechtsprechung des BFH noch in einem Schreiben zu den Anwendungsgrundsätzen Stellung nimmt. Frage: Kommen wir zu einem kleinen Fall: Ein Unternehmer schenkt seiner Tochter aus seinem Unternehmen ein Fahrzeug, das er vor vier Jahren unter Vorsteuerabzug erworben hatte. Antwort: Der Unternehmer hatte beim Kauf des Fahrzeugs den Vorsteuerabzug nach 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG, ein Ausschlussgrund insbesondere nach 15 Abs. 1a UStG wegen nicht abzugsfähiger Betriebsausgaben ergibt sich nicht. Die Schenkung des Fahrzeugs an die Tochter gilt als Lieferung gegen Entgelt nach 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG, da das Fahrzeug für unternehmensfremde Zwecke aus dem Unternehmen entnommen wurde. Da der Unternehmer beim Kauf des Fahrzeugs auch zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen war, steht 3 Abs. 1b Satz 2 UStG der Besteuerung auch nicht entgegen. Der Ort der Lieferung ist nach 3f UStG dort, wo der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Damit ist die Leistung steuerbar nach 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG und auch nicht nach 4 UStG steuerbefreit. Bemessungsgrundlage ist nach 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG das, was der Unternehmer für einen solchen Gegenstand zu diesem Zeitpunkt aufwenden müsste dazu müsste der Wiederbeschaffungswert eines solchen Fahrzeugs in diesem Zustand ermittelt werden. Auf diesen Betrag würde die Umsatzsteuer mit 19 % heraufgerechnet werden Tipp! Es ist in einer mündlichen Prüfung sicher nicht immer notwendig, alle hier angegebenen Rechtsvorschriften anzugeben. Sie sollten aber soweit Sie diese sicher beherrschen die grundlegenden Rechtsvorschriften mit angeben, dies macht einfach einen professionelleren Eindruck. Frage: Gehen Sie bitte jetzt von folgendem Sachverhalt aus: Ein Unternehmer aus Deutschland versendet an einen Abnehmer in der Schweiz einen Gegenstand auf Probe. Erst nach der Probe phase entscheidet sich der Abnehmer, ob er den Gegenstand tatsächlich erwerben will. Wie beurteilen Sie den Sachverhalt, wenn der Abnehmer den Gegenstand tatsächlich erwirbt? Antwort: Der Lieferer führt eine Lieferung nach 3 Abs. 1 UStG als Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens aus. Fraglich ist hier der Ort der Lieferung. Da der Gegenstand körperlich von Deutschland in die Schweiz transportiert wird, könnte eine Beförderungs- oder Versendungslieferung nach 3 Abs. 6 UStG vorliegen, die dort ausgeführt wäre, wo die Beförderung beginnt. Der BFH (Urteil vom 06.12.2007, V R 24/05, BStBl II 2009, 490) hat aber zu dem Verkauf auf Probe festgestellt, dass die Verfügungsmacht an dem Gegenstand erst nach der Probe auf den Erwerber übergeht und damit eine unbewegte Lieferung i.s.d. 3 Abs. 7 Satz 1 UStG vorliegt. Damit ist die Lieferung erst in der Schweiz ausgeführt und in Deutschland nicht steuerbar.

94 Themenbereich Umsatzsteuer Frage: Sehen Sie darin eine Möglichkeit für den Unternehmer, nachhaltig in Deutschland Umsatzsteuer zu sparen? Antwort: Nein, auch wenn es sich um eine Beförderungslieferung in Deutschland handeln würde und damit die Lieferung nach 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG in Deutschland steuerbar wäre, würde sich im Regelfall eine Steuerbefreiung nach 4 Nr. 1 Buchst. a i.v.m. 6 Abs. 1 Nr. 1 UStG ergeben, wenn der Unternehmer den Gegenstand in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet. Lediglich die Anforderungen an die Nachweispflichten sind bei einem im Inland nicht steuerbaren Umsatz geringer als bei einer steuerbefreiten Ausfuhrlieferung. Frage: Zum Abschluss dieser Prüfungsrunde noch folgender Fall: Ein Unternehmer aus der Schweiz bestellt beim Unternehmer B in Berlin Ware, die dieser nicht vorrätig hat. B bestellt diese Ware bei seinem Zulieferer A aus Aachen, der die Ware unmittelbar zu dem Kunden in die Schweiz transportiert. Prüfen Sie bitte die umsatzsteuerrechtlichen Auswirkungen für A und B. Antwort: In diesem Fall liegt ein Reihengeschäft nach 3 Abs. 6 Satz 5 UStG vor, da mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen und der Gegenstand der Lieferung dabei unmittelbar von dem ersten Unternehmer in der Reihe zu dem letzten Unternehmer gelangt. Dabei liegt sowohl zwischen A und B wie auch zwischen B und dem Kunden in der Schweiz jeweils eine Lieferung nach 3 Abs. 1 UStG vor. Die Besonderheit des Reihengeschäfts besteht in der Bestimmung des Orts der Lieferung, da immer nur eine der Lieferungen eine Beförderungs- oder Versendungslieferung nach 3 Abs. 6 UStG sein kann. Da hier der erste Unternehmer den Gegenstand befördert oder versendet, ist die Beförderung zwingend der ersten Lieferung zuzuordnen. Damit liefert A mit einem Ort der Lieferung in Aachen, da dort die Beförderung beginnt ( 3 Abs. 6 Satz 1 UStG). Die steuerbare Lieferung ist aber als Ausfuhrlieferung nach 4 Nr. 1 Buchst. a und 6 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerfrei, da A den Gegenstand in die Schweiz befördert oder versendet. Die Lieferung des B an den Kunden in der Schweiz ist nach 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG eine ruhende Lieferung, die dort ausgeführt ist, wo sich der Gegenstand der Lieferung am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Die Lieferung ist damit in der Schweiz ausgeführt und in Deutschland nicht steuerbar. Frage: Zwei kleine Nachfragen noch: Ist die Steuerbefreiung an den B nicht noch von weiteren Voraussetzungen abhängig? Antwort: Nein, wenn der liefernde Unternehmer den Gegenstand der Lieferung selber in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet, sind keine weiteren Tatbestandsvoraussetzungen nach 6 Abs. 1 Nr. 1 UStG zu erfüllen. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob der Abnehmer ein Unternehmer oder kein Unternehmer ist und ob er ein ausländischer Abnehmer ist die letzte Voraussetzung wäre nur zu erfüllen, wenn der Abnehmer den Gegenstand selber in das Drittlandsgebiet befördern oder versenden würde. Selbstverständlich muss nachgewiesen werden, dass der Gegenstand tatsächlich physisch in die Schweiz gelangt ist. Tipp! Lassen Sie sich auch durch solche Nachfragen nicht verwirren. Die Frage, ob es weitere Voraussetzungen gibt, muss nicht zwingend bedeuten, dass tatsächlich solche weiteren Voraussetzungen notwendig sind. Der Prüfer kann auch nur eine Konkretisierung der vorhergehenden Antwort provozieren. Frage: Wie erfolgt die Besteuerung der Lieferung des B?

Problembereich 3: Sonstige Leistungen im Umsatzsteuerrecht 95 Antwort: Die Lieferung des B ist in Deutschland nicht steuerbar, da der Ort der Lieferung nicht im Inland ist. Dies bestimmt sich aber nur aus deutscher Sicht so, ob die Lieferung auch nach Schweizer Recht in der Schweiz ausgeführt ist, kann sich nur nach dem Umsatzsteuergesetz der Schweiz bestimmen. Im Regelfall wird eine Umsatzsteuer aber bei drittlandsgrenzüberschreitenden Lieferungen im Bestimmungsland durch die Einfuhrumsatzsteuer erhoben. Problembereich 3: Sonstige Leistungen im Umsatzsteuerrecht Frage: Grenzen Sie bitte die sonstige Leistung von der Lieferung ab. Antwort: Eine sonstige Leistung ist nach 3 Abs. 9 Satz 1 UStG dann gegeben, wenn eine Leistung ausgeführt wird, diese aber keine Lieferung darstellt. Somit gibt es im Umsatzsteuerrecht keine positive Definition der sonstigen Leistung, sondern nur eine Umkehrdefinition, damit ist aber gewährleistet, dass alle Leistungen im wirtschaftlichen Sinn unter das Umsatzsteuergesetz fallen. Frage: Grenzen Sie bitte auch noch die Möglichkeiten ab, die sich bei der Ausführung unentgeltlicher sonstiger Leistungen ergeben. Antwort: Unentgeltlich ausgeführte sonstige Leistungen sind in 3 Abs. 9a UStG geregelt. Dabei ist zu unterscheiden, ob es sich um die Nutzung von Gegenständen ( 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG) oder um andere unentgeltlich ausgeführte sonstige Leistungen handelt ( 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG). Beide müssen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen oder für den privaten Bedarf des Personals ausgeführt werden. Unterschieden wird dies deshalb, weil bei der Verwendung von Gegenständen für unternehmensfremde Zwecke zur Steuerbarkeit ein Vorsteuerabzug ganz oder teilweise vorhanden gewesen sein muss. Bei den anderen unentgeltlich ausgeführten Leistungen also z.b. bei Personaldienstleistungen kommt es für die Besteuerung dieser sonstigen Leistungen nicht darauf an, dass vorher ein Vorsteuerabzug vorhanden gewesen sein muss. Tipp! Auch hier könnte dies in der mündlichen Prüfung noch anhand praktischer Beispiele verdeutlicht werden (so könnte 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG am Beispiel der Privatnutzung eines Fahrzeugs dargestellt werden, 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG anhand von Reinigungsleistungen im Privathaushalt des Unter nehmers, die von Mitarbeitern des Unternehmens ausgeführt werden). Dies sollte in der Prüfung aber von der jeweiligen Prüfungssituation abhängig gemacht werden. Bei Prüfern, die eher kurze Antworten bevorzugen, besteht die Gefahr, dass die Prüfungsrunde vorzeitig abgebrochen wird bzw. die Frage an einen anderen Kandidaten weitergegeben wird, bevor sie selber zum Höhepunkt ihrer Aussage gekommen sind. Frage: Kommen wir aber jetzt zu einem Gestaltungsfall: Sie haben einen Mandanten, der an der Ostseeküste ein Ferienhaus besitzt, das er an ständig wechselnde Feriengäste vermieten möchte. Stellen Sie bitte aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht dar, wie eine solche Vermietung abgewickelt werden könnte, wenn er sich dabei eines eingeschalteten Unternehmers bedienen würde. Welche umsatzsteuerlichen Probleme können sich dabei für den eingeschalteten Unternehmer ergeben? Antwort: Die Vermietung ist grundsätzlich eine steuerbare sonstige Leistung, die als kurzfristige Vermietung zu Beherbergungszwecken auch nicht steuerbefreit ist (Ausschluss der Steuerbefreiung nach 4 Nr. 12 Satz 2 UStG) und seit 2010 nach 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Wenn der Mandant einen anderen Unternehmer in die Ausführung der Vermietungsum-