Einblick in die weite Welt der Studien Gerd Antes Cochrane Deutschland Universitätklinikum Freiburg Workshop: Warum wir unterschiedliche Studienarten brauchen Berlin 14. Oktober 2015
Inhalt Ziel und Zweck von (Interventions-)Studien Evidenz im Kontext: Systematische Übersichtsarbeiten und Wissensakkumulation Die ewigen Konkurrenten: experimentell vs. beobachtend Biasrisiko als Richtschnur der Bewertung
Entscheidung für eine Therapie???? Neumann Arzt
Fiktiv Empfehlung??? Neumann Nichts tun / Kontrolle Zeit
Ersatzweise Gruppe A Empfehlung Stud. Teiln.??? Gruppe B Nichts tun / Kontrolle Zeit
Studienqualität (Validität) Maximaler Schutz gegen systematische Fehler (Bias) Vergleich mit paralleler (zeitgleich) Gruppe Ähnliche Gruppen, einziger Unterschied in Intervention Kein Einfluss der Erwartungen von Patient und Untersucher Hochwertige wissenschaftliche Analyse ( Klar seit Paul Martini, 1932)
Auf dem Weg zur Wahrheit Counterfactual thinking: Was wäre, wenn...
Entscheidende Orientierung 1. Minimierung von systematischen Verzerrungen (Bias) 2. Kontrolle/Ausschaltung von Zufall (Play of Chance) Goldstandard ist nicht die kontrollierte, randomisierte Studie, sondern Neumann
Studien Studien - Studien Information von ähnlichen Menschen mit gleicher Diagnostik oder Therapie Neumann
Evidenz - Nutzung Evidenz - Produktion Transfer von Forschung in die Praxis Forschung / Daten / Studien? 50 % 1968 McMaster Universität, Kanada 1971 Buch von Archie Cochrane 1992 Oxford: Cochrane Collaboration Behandelnde Ärzte Gesundheitsbehörden, Krankenkassen, Institutionen Klinische Forschung Patienten
Die Wahrheit
Freiburger Ethikkommission 2000-2002: 48% publiziert bis 2010
Cochrane Library Counts September 2015 6585 reviews 2432 protocols Impact Factor 2014: 6.032
EBM Transfer von Forschung in die Praxis Klinische Studien (randomisiert, kontrolliert, prospektiv) Epidemiologische Studien (retrospektiv) Systematische Reviews 50 % global Health Technology Klinische Leitlinien Patienteninformation Assessment (HTA) lokal
2009 Publication (2007) after registration (1999) Country Size Phase Funder Ross JS, Mulvey GK, Hines EM, Nissen SE, Krumholz HM (2009). Trial publication after registration in ClinicalTrials.Gov: a cross-sectional analysis. PLoS Med 6(9): e1000144.
Gegenwärtige Aktivitäten gegen selektives Berichten I Studienregistrierung II Publikationspflicht III Vollen Zugang zu Studienberichten und Studiendaten bei Behörden
Eine Studie ist keine Studie: Die Wissensraffinerie
1. Formulieren der Fragestellung 2. Systematische Suche in der Literatur 3. Qualitätsbewertung der Funde 4. Zusammenfassung der Evidenz 5. Interpretation der Ergebnisse Aktualisierung!! Juli 2011 Auch in Deutsch
Example Thrombolyse nach akutem Herzinfarkt NEJM 1992 Body of Evidence Forest Plot
Thrombolyse (Streptokinase) nach akutem Herzinfarkt NEJM 1992 Forest Plot: Cumulative Forest Plot: Stop - Regel?
Ungelöste Probleme Keine akzeptierte Stop Regel Sind alle relevanten Studien gefunden und berücksichtigt? Ziel: Alle relevanten Studien einschließen Auch 2015 keine auch nur annähernd sichere Methode zur Identifikation der vorhandenen Evidenz
1987 RCTs of aprotinin in cardiac surgery to stop bleeding Lancet 2005 Clinical Trials 2005 Annals of Internal Medicine 2011 2002
Systematic Reviews mit Fehlerschutzprogramm: Minimierung von systematischen Fehlern Leitmotiv: Risk of Bias
Experiment vs. Beobachtung
Level der Evidenz Level der Evidenz I II III IV V Systematische Übersichtsarbeiten (Reviews) Random.-kontrollierte Studien Kohortenstudien Fall-Kontroll-Studien Fall-Serien Experten http://www.cebm.net
Bias Level der Evidenz Level der Evidenz I II III IV V Systematische Übersichtsarbeiten (Reviews) Random.-kontrollierte Studien Kohortenstudien Fall-Kontroll-Studien Fall-Serien Experten http://www.cebm.net
Risk of Bias Grundsätzlich: zeitgleiche Kontrolle (1) Randomisierung, (2) Verblindung, (3) Intention-to-treat-Analyse (4) Verbergen der Behandlungszuweisung, (5)...... sind Maßnahmen, um das Bias-Risiko zu minimieren. Diese Möglichkeiten entfallen für Beobachtungsstudien, Kohorten und Routinedaten (dort nur nachträgliche Adjustierung). Gilt grundsätzlich für alle Interventionen in allen Fachgebieten, von Raucherentwöhnungsprogrammen bis zur Sozialmaßnahme
In der Diskussion Randomisierte kontrollierte Studien Kohortenstudien (Fallserien) Routinedaten Register
2006
Deutsch-Schweizerische Konsultationen zur Gesundheitspolitik 2011 (Krankenkassen Deutschland und Schweiz)
Selecting Observational Studies for Comparing Medical Interventions AHRQ June 2010
Methodik international
13 April 2015
Oxford, 13. April 2015 Brustkrebsmortalität in UK halbiert in den letzten 35 Jahre
Mortalitätsrate (pro 1 Million Kinder) Entwicklung von Krankheiten Sterblichkeit durch Scharlach bei Kindern unter 15 in England und Wales von 1861-1970 (Silverman, 1985; McKeown, 1976). 2500 2000 1500 Streptococcus identifiziert 1000 500 Sulphonamide Antibiotika 0 1860 1870 1880 1890 1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 Jahr 43
Fazit Minimierung des Biasrisikos durch rigorose Methoden unverzichtbar Fortschritt der Medizin durch ein Trommelfeuer sehr kleiner Schritte: Randomisierung ein wirksames Mittel gegen Fehlschlüsse Beobachtungsstudien (speziell Register) anfälliger gegen Bias und als Wirksamkeitsstudien nicht geeignet Prinzipien der Wissenskumulierung gelten für alle Studientypen, sind jedoch methodisch ungleich schwieriger zu realisieren