Peter Bartelheimer/Thomas Drosdowski/ Ortrud Leßmann Ein Teilhabekorridor für nachhaltige Entwicklung

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Transkript:

Peter Bartelheimer/Thomas Drosdowski/ Ortrud Leßmann Ein Teilhabekorridor für nachhaltige Entwicklung Fachtagung Dritter Bericht zur sozioökonomischen Entwicklung in Deutschland soeb 3 Berlin, 17.10.2016

Sozialberichterstattung und globale Nachhaltigkeitsziele (SDG) Produktions- und Sozialmodell im Mittelpunkt der sozioökonomischen Berichterstattung Gesamt wirtschaftliche und demografische Entwicklung Veränderungen der sozialen Sicherungssysteme Betriebliche Entscheidungen Chancenstrukturen im Lebensverlauf Planetarischen Grenzen für Produktions- und Sozialmodelle für die Entnahme von Ressourcen und für die Emission von Schadstoffen Globale Agenda 2030 der UN als integrierter normativer Rahmen für Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer gleichermaßen ökonomische und soziale Bedingungen für einen ökologisch nachhaltigen Entwicklungspfad Leßmann 17.10.2016 2

Reduktionsziele nur durch grundlegende Transformation erreichbar Identifikation von kritischen Belastungsbereichen und Schwellen safe operating space for humantiy (Rockström et al. 2009) sicherer materieller Handlungsspielraum der Menschheit ökologisch tragfähiges Wohlfahrtskonzept für Deutschland (Meyer et al. 2013) Befunde zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele Einige Schwellen bereits jetzt global/regional überschritten Ziele der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie für 2020 kaum erreichbar, Fortschreibung nötig Grundlegende Transformation nötig umfassender sozioökonomischer, politischer und soziokultureller Veränderungsprozess gesellschaftlich getragen und demokratisch legitimiert 3

Teilhabekorridor als socio-economic operating space mehr Gleichheit als Voraussetzung: Teilhabekorridor Mindestmaß an Teilhabe für Armutsbevölkerung Obergrenze für volle und uneingeschränkte Teilhabe Normative Begründung für Grenzen des Teilhabekorridors Besitzstände und Armut schränken Möglichkeit zu Transformation gleichermaßen ein Grenzen des sicheren materiellen Handlungsspielraumes der Menschheit als Randbedingung aus naturwissenschaftlichen Abschätzungen der Belastungsgrößen herleiten Grenzen des Teilhabekorridors anhand von sozioökonomischen Indikatoren beschreiben Leßmann, 17.10. 2016 4

Indikatoren und Konzepte für globale Nachhaltigkeitsziele aus soeb3 SDG 1 Armut: Vorschlag Kombinierte Einkommens- und Vermögenssicht Armut liegt vor, wenn das Nettoäquivalenzeinkommen kleiner als 60% des Medianeinkommens ist und wenn das Nettoäquivalenzvermögen höchstens dem 6-fachen des monatlichen Medianeinkommens entspricht Armut hat zugenommen von 9,4 % in 2001 auf 10,7% in 2011 (SOEP) von 8,8% in 2003 auf 11,4% in 2008 (EVS) Ressourcenreichtum liegt vor, wenn das Nettoäquivalenzeinkommen größer als 5

Indikatoren und Konzepte für globale Nachhaltigkeitsziele aus soeb3 SDG 10 Ungleichheit: Vorschlag Kombinierte Einkommens- und Vermögenssicht Ressourcenreichtum liegt vor, wenn das Nettoäquivalenzeinkommen mindestens das 1,25-fache (1,5-fache, Doppelte) das Medianeinkommen beträgt und das Nettoäquivalenzvermögen mindestens das 7-fache (5-fache, 1-fache) des Jahres-Medianeinkommens 4,4 % (6,7 %, 6,8 %) der Gesamtbevölkerung zusammen 17,9 % der Gesamtbevölkerung in 2011 (SOEP) Steigerung von 15,4 % in 2001 (SOEP) Steigerung von 15,8 % in 2003 auf 16,7 % in 2008 (EVS) 6

Indikatoren und Konzepte für globale Nachhaltigkeitsziele aus soeb3 SDG 10 Ungleichheit verringern: Berechnung vorgeschlagener Indikatoren Forderung UN: Bis 2030 soll das Einkommenswachstum der ärmsten 40 Prozent der Bevölkerung über dem nationalen Durchschnitt liegen das Einkommen der untersten 40 Prozent (SOEP) wuchs von 1999 bis 2011 nur um 12,6% zu 23,4% im Durchschnitt von 2011 bis 2013 nur um -0,4% zu +1,3% im Durchschnitt Vorschlag Bertelsmann-Stiftung: Palma-Index Einkommensanteil der reichsten 10% in Relation zum Einkommensanteil der ärmsten 40% 1999: 0,81 (SOEP) 2011: 1,00 2013: 1,02 7

Indikatoren und Konzepte für globale Nachhaltigkeitsziele aus soeb3 SDG 5 Geschlechtergerechtigkeit: Vorschlag Anteil der Frauen an der Erwerbstätigkeit im Haushalt gemessen in Arbeitszeit, 50% als Richtwert (= gleicher Anteil von Männern und Frauen an Erwerbsarbeit gemessen in Arbeitszeit) Anteil lag bei 35% (West) bzw. 42% (Ost) in 2014 (SOEP) SDG 8 inklusives Wirtschaftswachstum: Vorschlag zu Indikatoren für Ungleichheit Anteil der Beschäftigten in Branchen mit überdurchschnittlicher Entlohnung 8