LERNENwww.kiehl.de. Lehrbücher für die berufliche Weiterbildung. 12. Auflage. Volkswirtschaftslehre. Vry



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Transkript:

LERNENwww.kiehl.de Lehrbücher für die berufliche Weiterbildung Vry Volkswirtschaftslehre 12. Auflage

Vorwort Dieses Buch lehnt sich in Inhalt und Gliederung eng an die Rahmenlehrpläne für Fachwirte und Fachkaufleute an, an die es sich auch hauptsächlich wendet; es soll sie als Lehr- und Arbeitsbuch während des Vorbereitungskurses begleiten und ihnen schließlich helfen, sich angemessen auf die Prüfung vorzubereiten. In Inhalt und im Aufbau stimmen die Ausführungen aber auch zum größten Teil mit Rahmenlehrplänen der gymnasialen Oberstufe für das Fach Volkswirtschaftslehre (Wirtschaftstheorie und -politik, Wirtschaftslehre, Wirtschaftswissenschaften) überein, sodass das Buch in einzelnen Bundesländern sinnvoll auch in Grundkursen genutzt werden kann. Das Buch wird gelegentlich für den Einsatz im BWL-Studium als Einführung in das Fachgebiet und als Propädeutik für angehende Volkswirte empfohlen. Die notwendige didaktische Reduktion des Stoffes sowie die Beschränkung auf die vorgegebenen Themen und den erforderlichen Umfang zwingt zur Vernachlässigung einiger Stoffgebiete und gelegentlich zur Verkürzung einzelner Aspekte. Erhalten bleibt aber der folgende Zusammenhang: Innerhalb einer staatlich regulierten und kontrollierten Ordnung produzieren Unternehmen Güter und Dienstleistungen, weil sie auf der Grundlage entsprechender Informationen die Nachfrage von anderen Unternehmen, von privaten und öffentlichen Haushalten einschließlich des Auslands dafür erwarten. Für die Produktion verwenden sie Faktoren, die sie kaufen müssen, für die sie also Ausgaben haben. Diese fließen den Verkäufern der Faktoren als Einkommen zu. Die Einkommensbezieher können dadurch die Güter und Dienstleistungen kaufen, die die Unternehmen produziert haben. Diese Tauschvorgänge Kauf und Verkauf der Güter finden auf Märkten statt. Märkte koordinieren so die Pläne der Anbieter und Nachfrager. Die Ordnung, Steuerung und Lenkung dieser Vorgänge ist Aufgabe der Wirtschaftspolitik. Dem systematischen und methodisch sinnvollen Aufbau der Darstellung dieses Zusammenhangs folgt die Gliederung des Buches. In einer Einführung werden die Grundfunktionen Produzieren und Verbrauchen erarbeitet, dann zur Definition wichtiger Begriffe benutzt, in Statistiken veranschaulicht und schließlich zur Beschreibung einzelner Probleme, wie Marktvorgänge, Wirtschaftsordnung und Konjunktur herangezogen. Themen, die die Pläne nicht ausdrücklich oder nicht in diesem Umfang vorsehen, dienen der Vervollständigung und Vertiefung eines Stoffgebietes und werden dem Leser zur Erarbeitung empfohlen. Darüber hinaus sind in den Anhang aufbereitete Materialien aufgenommen worden, die der Ergänzung des Unterrichts und der weitergehenden Information dienen sollen. In größere Problembereiche wird mit ausführlichen Beispielen eingeführt. Sie enthalten Hinweise auf die besondere Problematik und nennen bereits Begriffe, die anschließend erläutert und ergänzt werden. Diese Beispiele sollen einerseits Erfahrungen und Kenntnisse der Leser und Leserinnen aktivieren, andererseits ihr Interesse wecken, indem sie sie auf die Betroffenheit von Menschen durch wirtschaftliche Vorgänge hin- 5

weisen. Daneben sollen sie durch die Wiederholung von Namen und Sachverhalten den Zusammenhang aller Themenbereiche dieses Buches verdeutlichen. Zur Veranschaulichung wird der Text häufig durch Aufbereitung statistischen Materials ergänzt, das zu einem erheblichen Teil dem Statistischen Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland in der aktuellen Ausgabe sowie den Monats- und Jahresberichten der Deutschen Bundesbank und der Europäischen Zentralbank entnommen wurde. Diese Quellen sind online zugänglich und können falls erforderlich leicht zur Aktualisierung oder zur Ergänzung herangezogen werden. Erfahrungsgemäß ist es sinnvoll, Kursteilnehmer bzw. Schüler Statistiken in Diagramme aufbereiten zu lassen, damit sie sich mit deren Aussagen beschäftigen. In Kapitel 1.2 wird deshalb eine Einführung in statistische Grundlagen gegeben. Das Buch kann wegen des umfangreichen Stichwortverzeichnisses auch als Nachschlagewerk genutzt werden. Sein Ziel ist aber, den Benutzer an den zusammenhängenden Text heranzuführen, ihn anzuleiten, sich mit dem Text zu beschäftigen, zu lesen. Deshalb wird auch auf Hervorhebungen durch farbliche Textmarkierungen verzichtet und mit Markierungen durch Fett- und Kursivdruck sparsam umgegangen. Lediglich am Ende eines Abschnitts wird im Allgemeinen ein Sachverhalt durch ein Struktogramm zusammengefasst. Mit den Aufgaben im Schlussteil des Buches kann der Stoff wiederholt werden. Sie haben unterschiedliche Schwierigkeitsgrade, neben einfachen Wiederholungsaufgaben, die lediglich eine Wiedergabe des im Buch behandelten Stoffes verlangen, stehen Aufgaben zur Übertragung und Anwendung des gelernten Stoffes sowie zur Beurteilung von Sachverhalten. Anregungen und Hinweise zur Lösung der Aufgaben sind ebenfalls angegeben. Auf die ausführliche Einführung in den Aufgabenteil wird verwiesen; sie enthält Hinweise auf die verschiedenen Arten von Aufgaben, auf die Anforderungsbereiche der Aufgaben usw. Bad Oldesloe, im September 2014 Wolfgang Vry 6

1. Einführung 1.2 Statistische Grundlagen 1.2.5.2 Messzahlenreihe Eine Messzahlenreihe ist eine Zeitreihe, mit der mehrere gleichartige statistische Größen zueinander in Beziehung gesetzt werden. In der Messzahlenreihe wird ein Wert gleich 100 gesetzt (Basiswert), die anderen Werte werden auf ihn bezogen. Als Beispiel kann die Entwicklung des Verbraucherpreisindexes dienen (vgl. Tab. 9.1). Beispiel Als Basiswert wird der Wert für 2010 angenommen. Die Angaben zeigen, dass das Preisniveau von 2010 auf 2011 um 2,1 % und von 2010 bis 2013 um 5,7 % gestiegen ist. (2010 = 100) 2009 98,9 2010 100,0 2011 102,1 2012 104,1 2013 105,7 Tab. 1.5: Verbraucherpreisindex als Beispiel für eine Messzahlenreihe Eine Messzahlenreihe ist ein Beispiel für eine Zeitreihe. Eine Zeitreihe gibt eine Reihe von Daten über den gleichen Sachverhalt für eine Reihe von Zeitpunkten oder Zeiträumen an. Zeitreihen spielen in der Wirtschaftsstatistik eine bedeutsame Rolle. Zeitreihen können Verläufe der folgenden Typen (Abb. 1.1) aufweisen: Konstanter Verlauf, die dargestellten Werte schwanken nur geringfügig und gleichmäßig um den Mittelwert, z. B. gleichmäßiger Absatz bei einem bestimmten Produkt. Saisonbedingter Verlauf, die Darstellung der Daten weist zu einem bestimmten Zeitpunkt (oder für einen bestimmten Zeitraum) einen saisonbedingten Ausschlag auf, das könnte z. B. der Fall sein, wenn der Absatz eines bestimmten Produkts vor einem großen Feiertag überdurchschnittlich zunimmt. Verläufe mit Trend, die Darstellung der Daten weist steigenden oder fallenden Trend auf (vgl. Abb. 3 und 4), die Nachfrage nach einem Produkt nimmt zu bzw. ab. 35

4. Private Haushalte 4.6 Die Nachfrage privater Haushalte 4.6 Die Nachfrage privater Haushalte Haushalte fragen Güter und Dienstleistungen nach; ihre Nachfrage wird u. a. von ihrem Einkommen, ihrer Bedürfnisstruktur, von den Preisen bestimmt. Im Folgenden soll danach gefragt werden, wie sich die mengenmäßige Nachfrage eines Haushalts nach einem Gut verhält, wenn sich der Preis für dieses Gut ändert. Dabei wird vorausgesetzt, dass die übrigen Bedingungen der Nachfrage, nämlich Einkommen, Bedürfnisstruktur, Preise anderer Güter, unverändert bleiben. Das ist zwar etwas unrealistisch, aber nur mit diesen modellhaften Vereinfachungen können wichtige Zusammenhänge aufgezeigt werden. Bedingungen der Nachfrage Einkommen Bedürfnisstruktur Preise 4.6.1 Die Nachfragefunktion Beispiel Im Haushalt Tyllmann gingen die Einkellerungskartoffeln zur Neige. Frau Tyllmann musste deshalb mittags häufiger Nudeln, Knödel und andere Substitute auf den Tisch bringen. Neue Kartoffeln waren ihr Anfang April noch zu teuer. Als die Preise in den folgenden Wochen sanken, kaufte sie sie gelegentlich in kleineren Mengen. Sie wird vermehrt nachfragen und auf die Zubereitung von Nudel- und ähnlichen Gerichten weitgehend verzichten, wenn die Preise für neue Kartoffeln weiter zurückgehen, was im Mai und Juni bekanntlich zu erwarten ist. Der hier angedeutete Zusammenhang zwischen Nachfrage nach einem Gut und der Preisänderung kann durch das folgende hypothetische Zahlenbeispiel veranschaulicht werden (Tabelle 4.5): Preis in je kg (p) 4,00 3,50 3,00 2,50 2,00 1,50 1,00 0,50 0 Nachgefragte Menge in kg pro Woche (x) 0 2 4 6 8 10 12 14 16 Tab. 4.5: Angenommener Zusammenhang zwischen den Preisen für ein Gut und der men gen mäßigen Nachfrage des Haushalts T 99

15. Außenwirtschaft 15.7 15.7 Die Die deutsche Volkswirtschaft 15.6.4 Die Entwicklung der deutschen Zahlungsbilanz Die folgende Tabelle (Tab. 15.5) gibt einen Überblick über die Entwicklung der Zahlungsbilanz seit 2009. Sie zeigt, dass die Leistungsbilanz in dieser Zeit trotz der negativen Salden von Dienstleistungsbilanz und Bilanz der laufenden Übertragungen immer positiv war. Der Saldo der Leistungsbilanz spiegelt vor allem den hohen Saldo der Handelsbilanz wider. Die negativen Salden der Dienstleistungsbilanz entstehen dadurch, dass Deutsche ins Ausland reisen und damit Dienstleistungen nach Deutschland importieren. Der relativ geringe Wert im Jahr 2013 könnte durch vermehrte Exporte deutscher Dienstleistungen, z. B. Transportdienstleistungen, verursacht sein. Die hohen Salden in der Bilanz der laufenden Übertragungen werden insbesondere durch Zahlungen Deutschlands an die Europäischen Gemeinschaften verursacht. 2009 2010 2011 2012 2013 Außenhandelsbilanz + 138.697 + 154.863 + 158.702 + 189.841 + 198.910 Ergänzungen zum Warenhandel - 16.020-12.397-20.520-27.313-26.093 Dienstleistungsbilanz - 7.220-2.062-2.279-2.873-207 Bilanz der Erwerbs- u. + 59.025 + 53.877 + 59.016 + 64.373 + 67.482 Vermögenseinkommen Bilanz der laufenden - 32.944-38.289-33.723-36.822-39.054 Übertragungen Leistungsbilanz + 141.537 + 155.992 + 161.196 + 187.206 + 201.038 Vermögensübertragungen + 28-575 + 673 + 40 + 1.793 Kapitalbilanz - 158.391-140.144-162.610-233.829-245.332 Saldo der statistisch nicht aufgliederbaren Transaktionen + 16.826-15.273 + 740 + 46.583 + 42.502 Tab. 15.5: Zahlungsbilanzen der Bundesrepublik Deutschland ab 2009, Angaben in Mio. Euro, 2013 vorläufig Quelle: Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Februar 2014 15.7 Die deutsche Volkswirtschaft im internationalen Wirtschaftsund Währungsgefüge 15.7.1 Das Bretton-Woods-Abkommen Die Bundesrepublik Deutschland war an mehreren multilateralen Verträgen über Wechselkursvereinbarungen beteiligt. Dem Bretton-Woods-Abkommen trat sie 1952 bei. Dieses von 44 Staaten im Jahre 1944 in Bretton Woods (USA) beschlossene Abkommen trat 1947 in Kraft. Ziel des Abkommens war die Neuordnung des Weltwährungssystems und die Stabilisierung des internationalen Zahlungsverkehrs. Die an dem Bretton-Woods-Abkommen beteiligten Staaten verpflichteten sich zum Beistand bei Zahlungsbilanzungleichgewichten und vereinbarten feste Wechselkurse über die Goldparität. Jeder Staat legte den Wert seiner Währung in Gold fest, damit 364

15. 15. Außenwirtschaft 15.7 Die deutsche Volkswirtschaft INLAND AUSLAND Lieferung Exporteur Kaufvertrag Importeur Gutschrift Rechnungsausgleich Überweisungsauftrag Geschäftsbank Geschäftsbank Zentralbank Zentralbank Abb. 15.6: Target2 FORDERUNGEN EUROPÄISCHE ZENTRALBANK TARGET2 FORDERUNGEN Zahlungsvorgänge zwischen den Geschäftsbanken in verschiedenen Mitgliedstaaten der Währungsunion werden nicht direkt zwischen den Banken ausgeführt, sondern indirekt über die nationalen Zentralbanken. Voraussetzung für das Funktionieren dieses Systems ist, dass ihm in ausreichendem Umfang Zentralbankgeld zur Verfügung steht. Dafür kann mithilfe von Refinanzierungsgeschäften gesorgt werden. Zu den Zahlungsvorgängen, die hier betrachtet werden, gehören u. a. auch die Bezahlungen von Rechnungen bei Warenlieferungen. Das Beispiel weist darauf hin, dass aus Gutschriften und Belastungen Forderungen und Verbindlichkeiten entstehen. So ist z. B. die Gutschrift der spanischen Bank auf dem Konto ihres Kunden eine Forderung des Kunden an die Bank und somit eine Verbindlichkeit der Bank gegenüber diesem Kunden. Am Ende hat die Bundesbank eine Verbindlichkeit gegenüber der deutschen Geschäftsbank, deren Konto sie den Betrag gutgeschrieben hat, und eine Forderung gegenüber der spanischen Zentralbank. Wenn jetzt die spanische Zentralbank aus anderen Transaktionen Forderungen an die Bun- 389

AUFGABEN Nr. 9.2 Themenbereich Thema der Aufgabe Grundlagen der Geldpolitik HVPI Textbezug 9.4.3 Punkte 35 Europäische Zentralbank, Monatsbericht März 2014, S. 63 Die jährliche Teuerungsrate nach dem HVPI für das Euro-Währungsgebiet belief sich der Vorausschätzung von Eurostat zufolge im Februar 2014 auf 0,8 % und blieb damit gegenüber dem (nach oben korrigierten) Wert für Januar unverändert [ ] Auf der Grundlage der neuesten Daten [...] ist davon auszugehen, dass die jährlichen HVPI-Inflationsraten auch in den kommenden Monaten in etwa auf dem aktuellen Niveau liegen. Anschließend dürften die Inflationsraten allmählich auf ein Niveau näher bei 2 % steigen, was im Einklang mit den mittel- bis langfristigen Inflationserwartungen für das Eurogebiet steht. Die mittel- bis langfristigen Inflationserwartungen für das Eurogebiet sind weiterhin fest auf einem Niveau verankert, das mit dem Ziel im Einklang steht, die Preissteigerung unter, aber nahe 2 % zu halten. Aufgabe 1 15 Punkte a) Im Textauszug fällt der Begriff Inflation. Was versteht man unter einer Inflation? (9 Punkte) b) Erklären Sie kurz die Ursachen einer Inflation. (6 Punkte) Lösung s. Seite 611 Aufgabe 2 16 Punkte a) Der Textauszug weist auf die Bedeutung des HVPI hin. Erläutern Sie Inhalt und Bedeutung des HVPI. (8 Punkte) b) Ermitteln Sie zu den in der Tabelle angegebenen Indexwerten die Inflationsraten und die Kaufkraftverluste. (8 Punkte) 485

LÖSUNGEN Lösung zu Aufgabe 7: Freie Wechselkurse ergeben sich aus Angebot und Nachfrage von und nach einer Währung. Feste Wechselkurse werden zwischen Ländern vereinbart und sollen in der Regel längere Zeit konstant bleiben. Lösung zu Aufgabe 8: 1. Aufwertung: freie Wechselkurse (Beispiel Euro Dollar): verstärkte Nachfrage nach Euro mit Dollar, der Kurs sinkt (z. B. statt 2 erhält man jetzt 1,75 für einen Dollar), der Euro ist aufgewertet, es hat sich ein neuer Wechselkurs ergeben feste Wechselkurse: Aufwertung muss zwischen den betroffenen Ländern vereinbart werden. 2. Abwertung: freie Wechselkurse (Beispiel Euro Dollar): verstärkte Nachfrage nach Dollar, der Kurs steigt (z. B. für einen Dollar erhält man jetzt für 2,20 statt für 2 ), der Euro ist abgewertet... feste Wechselkurse: Abwertung muss zwischen den betroffenen Ländern vereinbart werden. Lösung zu Aufgabe 9: w A A w A A N N + N Zb $ $ Lösung zu Aufgabe 10: Freie Wechselkurse: Bei steigenden Importen (Annahme: konstante Exporte): Nachfrage nach ausländischer Währung steigt (z. B. Dollar), der Wechselkurs steigt, die heimische Währung (z. B. Euro) wird abgewertet, die Exportgüter erscheinen im Ausland billiger, Exporte (aus Deutschland) nehmen zu. Feste Wechselkurse: Da die Wechselkurse sich nicht automatisch anpassen, bleibt der Importüberschuss bestehen. 572