Die energetische Modernisierung von vermietetem Wohnraum: Welche Rechte und Pflichten haben Sie als Mieter und was müssen Sie beachten



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Transkript:

Die energetische Modernisierung von vermietetem Wohnraum: Welche Rechte und Pflichten haben Sie als Mieter und was müssen Sie beachten Dezember 2014

Vorwort Die energetische Sanierung von Wohngebäuden ist ein zentraler Gesichtspunkt für den Klimaschutz und das Gelingen der Energiewende. Sie als Mieter profitieren davon ebenso wie der Vermieter, denn damit können langfristig steigende Energiepreise reduziert und steigende Wohnnebenkosten vermieden werden. Neben energetischen Modernisierungsmaßnahmen gibt es jedoch eine Reihe von weiteren baulichen Maßnahmen, die den Gebrauchswert oder den Wohnwert erhöhen und deshalb ebenfalls Modernisierungsmaßnahmen sind. Zu unterscheiden davon sind notwendige Erhaltungsmaßnahmen. Diese Unterscheidung ist wichtig, weil sich unterschiedliche Rechtsfolgen daran knüpfen. In der Praxis ist es aber häufig so, dass verschiedene Arbeiten durchgeführt werden, die sowohl energetische Modernisierungsmaßnahmen als auch nicht-energetische Modernisierungsmaßnahmen und Erhaltungsmaßnahmen beinhalten. Dies ist auch durchaus sinnvoll, damit Sie als Mieter und Bewohner nicht unnötig oft und lange durch die Arbeiten gestört werden. Damit Sie als Mieter wissen, was auf Sie zukommen kann und wie Sie richtig handeln, gibt Ihnen diese Broschüre einen schnellen Überblick über Ihre Rechte und Pflichten und die des Vermieters. Auf den nächsten Seiten werden die wichtigsten Fragen, die auftreten können, erläutert. Checkliste Was müssen Sie als Mieter bei einer Modernisierung beachten? 1. Handelt es sich um energetische Modernisierungen, Modernisierungen ohne energetischen Bezug oder um Erhaltungsmaßnahmen? Seite 3 2. Wann kann der Vermieter die Miete erhöhen? Seite 3 3. Wurde eine form- und fristgerechte Modernisierungsankündigung übersandt? Seite 4 4. Wann brauchen Sie die Maßnahmen nicht zu dulden? Seite 5 5. Was können Sie tun, wenn die Baumaßnahme die Nutzung der Mietsache beeinträchtigt? Seite 6

1. Handelt es sich um energetische Modernisierungen, Modernisierungen ohne energetischen Bezug oder um Erhaltungsmaßnahmen? Die Einordnung, welche Maßnahmen als energetische Modernisierungen, Modernisierungen ohne energetischen Bezug oder als Erhaltungsmaßnahmen anzusehen sind, ist nicht immer einfach. Sie ist jedoch hinsichtlich der Beachtung Ihrer Rechte und Pflichten als Mieter dringend notwendig, denn jede dieser Maßnahmen führt zu unterschiedlichen Rechtsfolgen, etwa hinsichtlich einer Duldungspflicht seitens des Mieters oder der Umlagemöglichkeit für den Vermieter. Energetische Modernisierung Die Maßnahmen der energetischen Modernisierung sind in 555b Nr.1 und Nr.2 BGB abschließend aufgezählt. Dies sind zum einen in Nr.1 Maßnahmen, durch die in Bezug auf die Mietsache die notwendige Nutzenergie zum Beheizen der gemieteten Räume und/oder Energieverluste durch die Anlagentechnik verringert werden. Hierunter fallen die klassischen Maßnahmen wie Wärmedämmung der Außenfassade, Einbau neuer Fenster, Austausch des Heizkessels usw. Unter Nr. 2 fallen alle Ver - änderungen, die zwar Erdöl, Erdgas und Kohle einsparen, die sich aber nicht unmittelbar auf die Mietsache beziehen, also z.b. das Anbringen von Solarkollektoren, deren erzeugter Strom ins allgemeine Netz eingespeist wird. Modernisierungsmaßnahmen ohne energetischen Bezug Maßnahmen, die sich nicht auf die Einsparung von Energie beziehen, jedoch den Gebrauchswert erhöhen oder die Wohnverhältnisse verbessern, sind ebenfalls Modernisierungsmaßnahmen, wie z.b. Anbau eines Balkons, Vergrößerung des Bades, Schaffung von Barrierefreiheit, Schaffung von Stellplätzen für Autos und Fahrräder, Anbau eines Aufzugs, Bau von Kinderspielplätzen usw. Aber auch Maßnahmen, die auf Grund von Umständen durchgeführt werden, die der Vermieter nicht zu vertreten hat, wie z.b. der Einbau von Rauchwarnmeldern nach 13 Absatz 5 HBO (Hessische Bauordnung) sind umlagefähige Modernisierungsmaßnahmen. Erhaltungsmaßnahmen Maßnahmen, die zur Instandsetzung und Instandhaltung der Mietsache erforderlich sind, sind keine Modernisierungsmaßnahmen sondern Erhaltungsmaßnahmen. Sie sind von Modernisierungsmaßnahmen dadurch abzugrenzen, dass sie zur Verhinderung drohender oder Beseitigung entstandener Schäden dienen, beispielsweise wenn Sanitäreinrichtungen ausgetauscht werden, weil sie beschädigt sind oder ein Ausfall droht. Dabei können dann durchaus moderne Bauteile eingebracht werden (modernisierende Instandsetzung). Die Unterscheidung zwischen Modernisierungsmaßnahmen und Erhaltungsmaßnahmen ist oftmals sehr schwierig, hat aber große Bedeutung, weil die Kosten für die Erhaltung im Unterschied zu Modernisierungskosten nicht auf die Miete umgelegt werden dürfen. 2. Wann kann der Vermieter die Miete erhöhen? Der Vermieter kann gemäß 559 Abs. 1 BGB jährlich 11 % der Kosten der Modernisierungsmaßnahmen auf die Miete umlegen. Geplant ist von der Bundesregierung diese Umlage noch im Laufe des Jahres 2015 auf 10 % zu reduzieren. Die Umlagemöglichkeit greift nur bei Modernisierungsmaßnahmen, die dauerhaft geeignet sind Kosten des Mieters zu senken 3

oder den Wohnwert des Mietobjekts zu erhöhen. Maßnahmen, die ausschließlich dazu dienen, erneuerbare Primärenergie einzusparen, ohne dass dies der Wohnung zu Gute kommt, berechtigen nicht zur Mieterhöhung; dies gilt z.b. für die Photovoltaikanlage auf dem Dach ohne direkte Nutzung des Stroms durch die Bewohner, sondern Einspeisung ins allgemeine Netz. Auch Maßnahmen zur Vergrößerung der Wohnfläche dürfen nicht auf die Miete umgelegt werden. Die Kosten für Erhaltungsmaßnahmen darf der Vermieter nicht auf die Miete umlegen. Diese Unterscheidung ist praktisch schwierig, weil sich durch die Modernisierung oftmals seit Langem überfällige Erhaltungsmaßnahmen erledigen (z.b. bei Ersatz schadhafter einfachverglaster Fenster durch Isolierglasfenster). Dann müssen die Kosten für die fällige Instandsetzung für die Umlage von den Gesamtkosten abgezogen werden. In diesem Fall muss jede einzelne Maßnahme, die auf die Miete umgelegt werden soll, als Wertverbesserung oder energiesparende Maßnahme nachgewiesen werden. Der Vermieter muss dazu genau auflisten, welche Kosten für welche Maßnahme auf die Instandhaltung /-setzung und welche auf die Modernisierung entfallen. Sie als Mieter sollten daher rechtzeitig vor der Modernisierung Beweise sichern (z. B. ausführliche Dokumentation der Mängel durch Zeugen, Fotos, Kostenvoranschläge usw.). Der Vermieter kann die Mieterhöhung frühestens nach Abschluss der Modernisierungsarbeiten in Textform erklären. Die erhöhte Miete wird dann mit Beginn des dritten Monats nach Zugang der Erhöhungserklärung geschuldet. Aus der Erklärung muss ersichtlich sein, welche Modernisierungskosten für die Wohnung entstanden sind und welche Mieterhöhung sich monatlich daraus ergibt. Allerdings kann der Vermieter die Miete unabhängig davon gemäß 558 BGB erhöhen und damit auf die ortsübliche Vergleichsmiete anheben. Für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete ist die energetische Ausstattung und Beschaffenheit mitentscheidend. Achtung: Hier gelten die gesetzlichen Fristen und die Kappungsgrenzen. Der Vermieter kann sich entscheiden, welche Mieterhöhungsmöglichkeit er wahrnehmen möchte. Die Mieterhöhung nach 559 BGB kann die ortsübliche Miete durchaus wesentlich übersteigen. 3. Wurde eine form- und fristgerechte Modernisierungsankündigung übersandt? Bei Modernisierungsmaßnahmen, egal ob energetisch oder nicht, ist der Vermieter gemäß 555c BGB verpflichtet, diese spätestens drei Monate vor Beginn der Arbeiten in Textform anzukündigen. Die Modernisierungsankündigung muss Angaben enthalten über: die Art und den voraussichtlichen Umfang der Modernisierungsmaßnahme in wesentlichen Zügen, den voraussichtlichen Beginn und die voraussichtliche Dauer der Modernisierungsmaßnahme, den Betrag der zu erwartenden Mieterhöhung, sofern eine Erhöhung nach 559 BGB verlangt werden soll, sowie die voraussichtlichen künftigen Betriebskosten. Wird die Modernisierungsmaßnahme nicht durch den Vermieter angekündigt, besteht zunächst keine Duldungspflicht für den Mieter. Führt der Vermieter eine Modernisierungsmaßnahme ohne Ankündigung durch und duldet der Mieter diese in 4

Kenntnis, dass es sich um eine Modernisierung handelt, kann der Vermieter eine Mieterhöhung auch ohne vorherige Modernisierungsankündigung geltend machen. Die fehlende Ankündigung führt lediglich dazu, dass Sie als Mieter die Modernisierungsmieterhöhung erst mit Beginn des neunten Monats nach Erhalt der Erhöhungserklärung zahlen müssen ( 559b Absatz 2 Nr.1 BGB). Das gleiche gilt, wenn die tatsächliche Mieterhöhung die angekündigte um mehr als 10% übersteigt. Erhaltungsmaßnahmen müssen vom Vermieter nicht in dieser Weise angekündigt werden. Hier reicht eine rechtzeitige Ankündigung, die sogar entfallen kann, wenn Gefahr im Verzug ist oder wenn die Modernisierung nur mit geringen Einwirkungen auf die Wohnung verbunden ist und zu keiner oder nur zu einer unerheblichen Mieterhöhung maximal 5% der monatlichen Nettokaltmiete führt. 4. Wann brauchen Sie die Maßnahmen nicht zu dulden? Als Mieter müssen Sie sowohl die Erhaltungsmaßnahmen nach 555c BGB, als auch die Modernisierungsmaßnahmen gemäß 555d Abs.1 BGB dulden. Das bedeutet, dass alle Arbeiten und damit verbundenen Einschränkungen hinzunehmen sind, insbesondere die Entziehung von Luft/Licht, außerdem Lärm, Schmutz und Gerüche. Sie sind verpflichtet, Türen zu öffnen und persönliche Wertgegenstände zu sichern. Darüber hinaus bestehen jedoch keinerlei Mitwirkungspflichten. Die Duldungspflicht hinsichtlich Modernisierungsarbeiten kann jedoch dann entfallen, wenn ein Härtefall vorliegt. Gründe dafür können in der baulichen Maßnahme selbst liegen, beispielsweise wegen des Zeitraums und Umfangs der Bauarbeiten. Außerdem können die baulichen Folgen eine nicht hinnehmbare Härte darstellen, Stichwort Luxussanierung. Hohes Alter, Krankheit, fortgeschrittene Schwangerschaft, berufliche Belastung oder ähnliches können hier ebenfalls Bedeutung haben. Diese Gründe sind dann mit den Interessen des Vermieters oder der anderen Mieter und den Belangen der Energieeinsparung und des Klimaschutzes abzuwägen. Die Gründe für das Vorliegen eines Härtefalls müssen Sie spätestens zum Ende des Monats, der auf den Zugang der Modernisierungsankündigung folgt, in Textform mitteilen. Dies gilt auch für die Einwände gegen die Mieterhöhung! Sie können zwar die Duldung nicht deshalb verweigern, weil sie die danach erhöhte Miete bzw. die Nebenkosten nicht zahlen können, jedoch müssen Sie auch diese Einwände gegen die Mieterhöhung zusammen mit der Geltendmachung von Härtefallgründen in Bezug auf die Duldung geltend machen, also ebenfalls spätestens zum Ende des Monats, der auf den Zugang der Modernisierungsankündigung folgt! Nur so können Sie erreichen, dass Sie die erhöhte Miete im Anschluss an die Modernisierung ggf. nicht bezahlen müssen. Wollen Sie sich als Mieter auf einen Härtefall berufen, dann lassen Sie auf keinen Fall Handwerker in die Wohnung! Damit würden Sie nämlich stillschweigend die Modernisierungsmaßnahme dulden und auch riskieren, später die Modernisierungsmieterhöhung zahlen zu müssen. Wenn Sie aufgrund der Modernisierungsankündigung kündigen wollen, steht Ihnen außerdem ein Sonderkündigungsrecht gemäß 555e Abs.1 BGB zu. Die Kündigung muss zum Ablauf des Monats erfol- 5

gen, der auf den Zugang der Modernisierungsankündigung folgt, und sie beendet dann das Mietverhältnis außerordentlich zum Ablauf des übernächsten Monats. Beispiel: Am 10. Mai geht Ihnen die Modernisierungsankündigung zu. Sie können dann bis zum Ende des Monats Juni überlegen, ob sie kündigen wollen. Die Kündigung muss dann bis zum 30. Juni erfolgen und Sie müssen dann bis zum 31.8. ausziehen. 5. Was können Sie tun, wenn die Baumaßnahme die Nutzung der Mietsache beeinträchtigt? Wenn der Gebrauch der Mietsache durch die Baumaßnahmen beeinträchtigt ist, können Sie während dieser Zeit die Miete mindern. Handelt es sich allerdings um Modernisierungsmaßnahmen, die nachhaltig Endenergie einsparen, wie Austausch der Fenster, Anbringung von Fassadendämmung oder Austausch des Heizkessels, ist für die ersten drei aufeinanderfolgenden Monate keine Minderung möglich. Bei allen anderen Maßnahmen wie Balkonanbau, Einbau eines Bads oder Dachgeschossausbau bleibt das Minderungsrecht bestehen, wenn die Wohnungsnutzung während der Bauarbeiten durch Lärm, Staub, Kälte usw. erheblich beeinträchtigt wird. Schwierig zu beurteilen sind Fälle, bei denen der Vermieter mehrere Maßnahmen auf einmal durchführt oder bei Mischmaßnahmen, z. B. wenn der Vermieter eine heruntergekommene Fassade nicht nur repariert, sondern auch noch eine Wärmedämmung anbringt. Für die Instand setzung der Fassade bleibt das Minderungsrecht erhalten, aber für die Wärmedämmung greift der Minderungsausschluss für drei Monate. Inwieweit der Lärm und Schmutz nun von der Instandsetzung oder von der Wärmedämmung kommt, wird man im Zweifel kaum klar abgrenzen können. Wichtig ist daher, dass Sie als Mieter von Beginn der Baumaßnahmen an gewissenhaft und detailliert die auftretenden Beeinträchtigungen dokumentieren, damit Sie belegen können, durch welche konkreten Maßnahmen die Beeinträchtigungen jeweils verursacht wurden. Bei Durchführung von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen können Sie außerdem vom Vermieter Aufwendungsersatz gemäß 555d Abs. 6 i.v.m. 555a Abs. 3 BGB verlangen. Das bedeutet, dass Sie sich Ausgaben, die sie als Mieter hatten, um die Nachteile der baulichen Maßnahmen auszugleichen, vom Vermieter ersetzen lassen können. Dies betrifft z.b. Reinigungsarbeiten, Kosten für neue Dekoration bis hin zu den Kosten eines vorrübergehenden Hotel- oder Pflegeheimaufenthalts oder einer Ersatzwohnung. Außerdem können Sie die Wiederherstellung des vertraglich vereinbarten Zustands einfordern, nachdem die baulichen Arbeiten abgeschlossen sind, also etwa das Erneuern der Tapete oder Malerarbeiten. Impressum Hrsg.: EnWorKS Energieeffizienter Wohnraum am Beispiel Kassel Mit freundlicher Unterstützung des Mieterbundes Nordhessen e.v. Autoren: Martina Deckert, Sylvia Rückebeil, Esther Tiedtke Stand: Dezember 2014 Layout/Satz: Gerd Kleinert, Kassel Hinweis Aus Gründen der besseren Lesbarkeit sind Begriffe wie Vermieter und Mieter nur in ihrer männlichen Form verwendet worden. Die weibliche Form ist hier selbstverständlich mit gemeint. 6

Praxistipp... am besten das Gespräch suchen Die Rechtslage ist komplex und in der Praxis werden häufig die verschiedenen Möglichkeiten der baulichen Maßnahmen gleichzeitig durchgeführt, was dann wie oben gezeigt - zu Unsicherheiten bei der rechtlichen Beurteilung führen kann. Deshalb: Suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Vermieter! Erkundigen Sie sich frühzeitig und im Detail bei Ihrem Vermieter, was er genau vorhat, und ob weitere Maßnahmen anstehen! Teilen Sie Ihrem Vermieter explizit mit, was Ihnen wichtig ist. Lassen Sie sich die Maßnahmen erklären. Welche Energieeinsparungen wurden berechnet? Von welchen Werten wurde ausgegangen? Wurde ein Energieberater eingeschaltet? Sie als Nutzer können hier einiges zum Gelingen der Modernisierung beitragen. Viel hängt auch von Ihrem Nutzerverhalten vor und nach der Sanierung ab. Am besten ist es, wenn Sie und Ihr Vermieter im gegenseitigen Entgegenkommen die wichtigen Schritte zu einer energetisch modernisierten Wohnung gemeinsam besprechen und durchführen. Das Gesetz sieht hierfür ausdrücklich in 555f BGB vor, dass Vereinbarungen über Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen geschlossen werden können. Aber auch hier ist Vorsicht geboten, wenn durch den Abschluss von Modernisierungsvereinbarungen alle rechtlichen Schutzklauseln außer Kraft gesetzt werden sollen! Lassen Sie sich beraten und schließen Sie Modernisierungsvereinbarungen nicht leichtfertig ab. Die Energiewende im Gebäudebereich erfordert erhebliche Anstrengungen aller Beteiligten. Sie als Mieter können einen wichtigen Beitrag leisten. Energetische Modernisierung 555b Nr.1 und 2 BGB Modernisierung nicht energetischer Art 555b Nr.3 bis 7 BGB Erhaltungsmaßnahmen 555a BGB Ankündigung Form- und fristgerechte Modernisierungsankündigung mit genauen Inhalten nach 555c BGB Nur rechtzeitig! Duldung Ja; Ausnahme: Härtefallklausel 555d Abs.2 BGB immer Minderung Bei 555b Nr.1 BGB nicht in den ersten drei Monaten ja ja Mieterhöhung nach 559 BGB (11 %) Ja, außer bei 555b Nr.2 BGB Ja, außer bei 555b Nr.7 BGB nein Mieterhöhung nach 558 BGB Immer, wenn 15 Monate lang die Miete unverändert war, und innerhalb von 3 Jahren nur um 20% auf die ortsübliche Vergleichsmiete

Die energetische Modernisierung von vermietetem Wohnraum Projekt EnWorKS Universität Kassel Prof Dr. Martina Deckert Nora-Platiel-Str. 5 34127 Kassel Telefon +49 561 804-7186 rueckebeil@uni-kassel.de Gefördert von: