Bau und Wirkungsweise von Enzymen

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Transkript:

Biokatalyse Bau und Wirkungsweise von Enzymen Lernaufgabe PH Bern Fachdidaktik Biologie Jan Marro Herbstsemester 2016

Rahmenbedingungen Einbettung in den gymnasialen Lehrplan Im 11. und 12. Schuljahr haben Gymnasiastinnen und Gymnasiasten die Möglichkeit, Biologie im Ergänzungsfach zu wählen. Gemäss Lehrplan soll das Ergänzungsfach Basiswissen des Grundlagenfachs vertiefen und erweitern und ist zudem vermehrt experiment- und methodenorientiert (KLP, 2005, S. 147). Das Thema der Zellbiologie mit dem Unterziel Die wesentlichen Faktoren und Abläufe der Biokatalyse kennen ist mit einem Sternchen (*) markiert und somit nicht obligatorisch von der Lehrperson durchzuführen. Die vorliegende Lernaufgabe greift das Thema der Biokatalyse auf und gibt den SuS einen einführenden Einblick in den Bau und die Wirkungsweise von Enzymen. Vorwissen der SuS Beim Erarbeiten des Themas der Biokatalyse können Lehrpersonen auf dem Wissen des Grundlagenfachs des 9. und 10. Schuljahres aufbauen. Gemäss Lehrplan setzen sich Schülerinnen und Schüler im 9. Schuljahr mit dem Bau und den Funktionen der Zelle auseinander. Grundzüge von Stoffwechselvorgängen und des Energiehaushalts in Zellen wie z.b. Zellatmung, Fotosynthese, Autotrophie und Heterotrophie sollten bekannt sein. Fächerübergreifend kann der Lehrer auf Englischkenntnisse zählen, welche gebraucht werden, um das Video zu verstehen. Das Video ist jedoch in einfacher Sprache gehalten und die Fachausdrücke sind zum grössten Teil gleich wie die deutschen. Der Lehrplan des Kantons Bern sieht jedoch nicht vor, den Aufbau, die Struktur und die Eigenschaften von Proteinen in den jüngeren Jahrgängen des Gymnasiums durchzunehmen. Für eine gründliche Erarbeitung und ein solides Verständnis der Biokatalyse ist das vorgängige Erarbeiten dieser Grundlagen empfehlenswert. In Bezug auf diese Lernaufgabe wurde dieses Wissen in den vorangehenden Lektionen behandelt. Leitidee Ohne Enzyme gäbe es das Leben wie wir es kennen nicht, denn sie spielen eine zentrale Rolle bei Stoffwechselreaktionen aller Organismen. Biokatalysatoren oder Enzyme beschleunigen lebensnotwendige biochemische Reaktionen durch Absenkung von Aktivierungsbarrieren. Dabei werden diese so heruntergesetzt, dass Reaktionen auch bei Temperaturen des Organismus ablaufen können. Basierend auf dem Wissen des Aufbaus, der Struktur und der Eigenschaften von Proteinen führt diese Lernaufgabe zum Verständnis der wesentlichen Faktoren und Abläufe der Biokatalyse. Neben dem Stoffwechsel von Organismen sind Enzyme bei der Reizaufnahme und -weiterleitung oder bei der unspezifischen Immunabwehr des Menschen (Serinproteasen) beteiligt. SuS sind zudem im täglichen Leben ständig mit enzymatischen Reaktionen konfrontiert, denn Enzyme werden bei Waschmitteln, bei der Nahrungsmittelproduktion oder bei der Herstellung von Kleidungsstücken (Stone-Washed Jeans, weiches Leder) verwendet. Enzyme finden auch im Wissenschaftszweig der Biotechnologie, bei der stereospezifischen Synthese organischer Moleküle oder der Arzneimittelherstellung Verwendung. Als zukünftige Biologinnen und Biologen ist ein grundlegendes Wissen über Enzyme und der Biokatalyse notwendig und hilft beim Verständnis verschiedenster im Alltag ablaufenden Prozessen.

Dispositionsziele Nach dem Unterrichtsblock und dem Lösen der Lernaufgabe zeigen die SuS beispielsweise folgende Verhaltensweisen: Fragen sich im Chemie-Labor beim Durchführen einer endergonen Reaktion, ob die nötige Aktivierungsenergie auch da durch Enzyme heruntergesetzt werden könnte. Ob es auch Enzyme gibt, die extrem hitzestabil oder über einen weiten ph-bereich funktionsfähig sind. Ob ihre Jeans oder Ledertasche ebenfalls mit Enzymen behandelt wurde und ob es dafür besser oder schlechter geeignete Enzyme gibt. Fragen sich beim Essen, welche Enzyme durch Nahrungsmittel aufgenommen werden. Sehen den Vater ein Feierabendbier trinken und informieren sich selbstständig, ob und welche Enzyme beim Bierbrauen benutzt werden. Operationalisierte Lernziele Die SuS können die wesentlichen Merkmale einer enzymkatalysierten Reaktion nennen. Die SuS können eine enzymkatalysierte von einer nichtkatalysierten Reaktion anhand von Energie-Zeit-Diagrammen unterscheiden und die Diagramme aufzeichnen. Die SuS können die Baumerkmale eines Enzyms beschreiben und die einzelnen Funktionen erläutern. Die SuS können den Ablauf einer enzymkatalysierten Reaktion erklären. Die SuS können verschiedene Aussenfaktoren, welche die Enzymaktivität beeinflussen, nennen und optimale Bedingungen für ein gegebenes Enzym aus Diagrammen ableiten. Die SuS können verschiedene im alltäglichen Leben ablaufende enzymatische Reaktionen erläutern und beschreiben. Umsetzung der Lernaufgabe Die Lernaufgabe soll als Einzelarbeit gelöst werden. Die Besprechung der Lösung erfolgt anschliessend im Plenum. Die Aufgabe gilt als erfüllt wenn die Fragestellungen sinnvoll bearbeitet wurden. Die Lernaufgabe wird nicht benotet. Einstieg [5 ] In Form eines Advanced Organizers erklärt die Lehrperson kurz was Enzyme sind und was deren Hauptaufgabe ist. Um die enzymatische Beschleunigung der chemischen Reaktion und das Konzept der Aktivierungsenergie zu erklären kann eine Analogie zum Wandern genutzt werden: In der letzten Lektion haben wir uns mit dem Aufbau, der Struktur und den Eigenschaften von Proteinen auseinandergesetzt. In dieser Lektion werden wir eine spezielle Proteinklasse kennenlernen - die Enzyme. Enzyme werden in Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen produziert. Zu den Hauptaufgaben gehört die Spaltung, Zusammenfügung und Umgruppierung von Stoffen. Enzyme beschleunigen die dafür nötige chemische Reaktion. Der Ablauf einer chemischen Reaktion kann mit einer Bergwanderung verglichen werden, wobei der Start höher liegt als das Ziel und dazwischen ein Gipfel thront. Das Erreichen des Ziels über den Gip-

felpfad kostet viel Energie. Das Enzym jedoch ist wie ein Wegweiser, welcher dem Wanderer erlaubt einen flacheren und kräftesparenden Übergang zu benutzen. Bezogen auf eine chemische Reaktion liegt zwischen Start und Ziel kein Gipfel, sondern die Aktivierungsenergie, welche überwunden werden muss. Enzyme arbeiten als Katalysatoren, indem sie einen alternativen Weg von geringerer Aktivierungsenergie für eine Reaktion bereitstellen und somit die Geschwindigkeit der Reaktion bzw. die freiwerdende Energie erhöhen. Lernaufgabe [25 ] Die Lehrperson lässt die SuS den kurzen Einführungstext der Lernaufgabe lesen und startet anschliessend die Wiedergabe des YouTube-Videos Enzymes: The Proteins that remind us of Pac-Man (https://www.youtube.com/watch?v=qgvfkrn8f10) über den Beamer. Das Video (in englischer Sprache) gibt einen schönen Überblick und veranschaulicht in amüsanter Weise die wichtigsten Aspekte von Enzymen und deren Reaktionen (Zeitbedarf: 6 ). Im Anschluss lösen die SuS das Aufgabenblatt selbstständig. Natürlich kann die Lehrperson durch die Reihen gehen und allfällige Fragen klären (Zeitbedarf: 19 ). Es wurden bewusst zu viele Aufgaben formuliert (in der angegebenen Zeit können ca. 3 Aufgaben gelöst werden). Besprechung und Ergebnissicherung [15 ] 15 Minuten vor Lektionsende unterbricht die Lehrperson die SuS zur Besprechung der Aufgaben im Plenum. Fragen und Unklarheiten Seitens der SuS werden von der Lehrperson oder von Klassenkameraden beantwortet und erläutert. Da im Arbeitsauftrag wahrscheinlich zu viele Aufgaben gestellt sind, kann die 4. Aufgabe auch als Hausaufgabe gegeben und in der folgenden Lektion besprochen werden. Ausblick In der nächsten Lektion werden Hausaufgaben (Aufgabe 4) und weitere Aspekte enzymatischer Reaktionen besprochen (Cofaktoren, Coenzyme, kompetitive und nichtkompetitive Hemmung, Regulation der Enzymaktivität durch allosterische Aktivierung / Hemmung und Rückkopplungshemmung etc.). Literatur und Quellen https://de.wikipedia.org/wiki/enzym (12.10.16) https://de.wikipedia.org/wiki/biokatalyse (12.10.16) https://de.wikipedia.org/wiki/biokatalysator (12.10.16) https://www.schullv.de/resources/images/bio/mobile/buni_2_cyto_enzyme_b4.png (14.10.16, angepasst) Reece, Jane B., and Neil A. Campbell. 2011. Campbell biology. Boston: Benjamin Cummings / Pearson Bayrhuber, H. und Kull U. 2006. Linder Biologie, 22. Auflage. Braunschweig: Schroedel Verlag

Lernaufgabe zum Bau und zur Wirkungsweise von Enzymen Ablauf Vor dem Lösen der Aufgaben werden Sie eine Videosequenz über Enzyme anschauen. Notieren Sie während dem Video wichtige Begriffe und Konzepte. Einige Konzepte werden wir in der nächsten Lektion genauer anschauen. Nach dem Video lösen Sie individuell die Aufgaben 1 3 der Reihe nach. Bei genügend Zeit kann Aufgabe 4 angefangen werden. 15 Minuten vor Schluss werden wir die Resultate im Plenum diskutieren und korrigieren. Aufgabe 4 Lösen Sie bis zur nächsten Lektion als Hausaufgabe. Die Lernaufgabe wird nicht benotet und gilt als erfüllt, wenn alle Aufgaben sinnvoll bearbeitet wurden. Viel Erfolg beim Erarbeiten und Entdecken. Lernziele Sie können die wesentlichen Merkmale einer enzymkatalysierten Reaktion nennen. Sie können eine enzymkatalysierte von einer nichtkatalysierten Reaktion anhand von Energie-Zeit-Diagrammen unterscheiden und die Diagramme aufzeichnen. Sie können die Baumerkmale eines Enzyms beschreiben und die einzelnen Funktionen erläutern. Sie können den Ablauf einer enzymkatalysierten Reaktion erklären. Sie können verschiedene Aussenfaktoren, welche die Enzymaktivität beeinflusst, nennen und optimale Bedingungen für ein gegebenes Enzym aus Diagrammen ableiten. Sie können verschiedene im alltäglichen Leben ablaufende enzymatische Reaktionen erläutern und beschreiben.

Aufgabe 1 Der Zweifachzucker Lactose ist ein in Milch enthaltener Zucker. Wird dieser Zucker gespalten entsteht zwei Einfachzucker, nämlich Galactose und Glucose. Folgende Experimente werden durchgeführt: a) Stelle mit den gegebenen Worten für die Reaktion A und Reaktion B Wortgleichungen auf. Auf dem Reaktionspfeil kennzeichnen Sie die Reaktionsbedingungen. Experiment A Galactose; Lactose; Glucose; Salzsäure; Wasserbad (100 C) Experiment B Enzym (Lactase); Galactose; Lactose; Glucose; Wasserbad (25 C) b) Vergleichen Sie das Energie-Zeit-Diagramm des Versuchs A mit demjenigen des Versuchs B. Wo sehen Sie Gemeinsamkeiten, wo Unterschiede? Leiten Sie daraus wesentliche Merkmale einer enzymatischen Reaktion ab. Gemeinsamkeiten Unterschiede Wesentliche Merkmale

Aufgabe 2 Die untenstehende Abbildung zeigt schematisch den Verlauf einer enzymkatalysierten Reaktion. a) Beschreiben Sie in eigenen Worten wesentliche Strukturen und das Aussehen des Enzyms. b) Beschreiben Sie in eigenen Worten den Ablauf der obenstehenden Reaktion (Punkte 1 5). c) Das Substrat B wird vom Enzym nicht gebunden. Wieso? Können Sie daraus das Schlüssel- Schloss-Prinzip von Enzymen und deren Substraten herleiten?

Aufgabe 3 Bestimmte Aussenfaktoren haben einen Einfluss auf die Enzymaktivität. A) *Thermophile Bakterien sind nur bei erhöhten Temperaturen lebensfähig und daher hitzetolerant. B) a) Bestimmen Sie die Faktoren und erläutern Sie diese Aussage mithilfe der obenstehenden Abbildungen. b) Das Innere von reifen Lysosomen hat einen ph-wert von etwa 4,5. Zeichnen Sie in die Abbildung B) eine Kurve der ph-abhängigkeit eines lysosomalen Enzyms.

Aufgabe 4 Enzyme werden im alltäglichen Leben und in industriellen Prozessen benutzt. Lesen Sie den untenstehenden Text durch und arbeiten Sie Einsatzgebiete und Beispielprodukte von Enzymen heraus. Enzymtechnik Seit langer Zeit werden Enzyme technisch eingesetzt. Ein grosser Teil der Biotechnologie umfasst daher die Produktion von Enzymen. Die Lebensmittelindustrie verwendete zunächst Enzympräparate bei der Herstellung von Käse, der Klärung von Obstsäften (Abbau der trübenden Pectine durch Pectinasen) und als Weichmacher von Fleisch (Proteinabbau durch Proteasen). In der Bäckerei wird durch Proteasen die Dehnbarkeit von Teigen erhöht, sodass Brötchen gleichen Gewichts ein grösseres Volumen erreichen. Auch Stärke spaltende Amylasen und Fette spaltende Lipasen werden in der Lebensmittelindustrie eingesetzt. Durch Enzymbehandlung werden aus Nebenprodukten wertvolle Stoffe gewonnen, z.b. aus Molke die Galaktose. In der Waschmittelindustrie dienen Proteasen zum schonenden Abbau von Eiweissresten auf Textilien. Man gewinnt sie aus bestimmten Stämmen des Bakteriums Bacillus subtilis, da dessen Proteasen bei Temperaturen bis 60 C und bei den hohen ph- Werten von Waschmitteln stabil sind. Ausserdem besitzen sie eine geringe Substratspezifität. Um die Proteasen noch stabiler gegen Oxidation zu machen, hat man eine Aminosäure (Methionin) des Proteins durch gezielten genetischen Eingriff gegen eine andere ausgetauscht (siehe Abbildung). Da die Enzyme bei wiederholter Inhalation bei manchen Menschen allergische Reaktionen auslösen, setzt man sie in verkapselter Form ein. Dazu werden die Enzyme mit einer Wachshülle umgeben. Protease aus Bacillus subtilis α-helix-abschnitte blau; β-faltblatt-abschnitte grün. Rot eingetragen sind die drei katalytisch wirksamen Aminosäruen-Seitenketten des aktiven Zentrums; gelb gekennzeichnet ist die Seitenkette der Aminosäure, die in dem technisch genutzten Enzym das Methionin ersetzt.

Die Arzneimittelproduktion nutzt enzymatische Reaktionen, um Verbindungen ganz bestimmter Struktur in reiner Form; z.b. von Cortison oder von halbsynthetischen Penicillinen. Bei der Überprüfung von Lebensmitteln und in der medizinischen Diagnostik werden ebenfalls Enzyme eingesetzt. Zum Beispiel wird die Bestimmung von Zucker im Harn oder im Blut mit Hilfe von Teststreifen durchgeführt. Der Teststreifen enthält Glucoseoxidase (aus einem Schimmelpilz), Peroxidase (aus Meerrettich) und eine Substanz, die bei Oxidation farbig wird. Bei Gegenwart von Glucose wird diese durch die Glucoseoxidase oxidiert und dabei Wasserstoffperoxid gebildet. Diese oxidiert durch Wirkung der Peroxidase die Substanz und löst so die Färbung aus. Für die Blutzucker-Bestimmung wird das Verfahren so abgewandelt, dass die Glucoseoxidase- Reaktion mit einer Suaerstoff-Elektrode gemessen wird. Bei Oxidation von Glucose wird Sauerstoff verbraucht. Diese Sauerstoffabnahme wird von der Elektrode in ein elektrisches Signal umgesetzt, verstärkt und so verrechnet, dass auf einer Digitalanzeige der Blutzucker-Wert abzulesen ist. Derartige Biosensoren, in denen ein Enzym mit einem elektrischen Messgerät kombiniert wird, dienen zum hochempfindlichen Nachweis verschiedener Stoffe in Medizin und Technik. Manche Industriell genutzte Enzyme sind in der Herstellung sehr teuer und sollten daher möglichst lange einsetzbar bleiben. Daher bindet man teure Enzyme an einen Träger, z.b. Kunstharz. Diese Enzymimmobilisierung verringert zwar die Aktivität (ein Teil der Enzymmoleküle wird funktionsunfähig), erlaubt aber die mehrfache Verwendung. Bei einem anderen Verfahren werden ganze Zellen vorsichtig abgetötet, sodass die gewünschten Enzyme funktionsfähig bleiben. Anschliessend werden die Zellmembranen mit einem Lösungsmittel durchlässig gemacht. Diese Zellen werden immobilisiert und nun gewissermassen als Käfige der gewünschten Enzyme wirksam. Derzeit werden jährlich über 100 000 Tonnen Enzyme vorwiegend aus Mikroorganismen und Pflanzen gewonnen. Thermophile Prokaryoten liefern hitzestabile Enzyme, die bei höheren Temperaturen eingesetzt werden können. Um den Energie- und Zeitaufwand der Herstellung zu verringern, werden zunehmend genetisch veränderte Mikroorganismen eingesetzt. Gentechnische Verfahren erlauben es, derartige Enzyme auch aus solchen nicht hitzestabilen Bakterien zu erhalten, die leichter in Grosskulturen zu züchten sind. (Bayrhuber, H. und Kull U. 2006. Linder Biologie, 22. Auflage. Braunschweig: Schroedel Verlag, S. 144)

Lösungen zur Lernaufgabe Aufgabe 1 a) Experiment A Galactose; Lactose; Glucose; Salzsäure; Wasserbad (100 C) Lactose Wasserbad (100 C) Salzsäure Galactose + Glucose Experiment B Enzym (Lactase); Galactose; Lactose; Glucose; Wasserbad (25 C) Lactose Wasserbad (25 C) Enzym (Lactase) Galactose + Glucose b) Gemeinsamkeiten Unterschiede Edukte oder Substrate (Lactose), Produkte (Galactose & Glucose), ΔG Vorhandensein eines Enzyms, Reaktionsbedingungen (Temperatur, HCl), E A Wesentliche Merkmale Das Enzym beschleunigt die Reaktion des Abbaus von Lactose zu Galactose und Glucose durch Herabsetzung der Aktivierungsenergie E A. Die freie Reaktionsenergie ΔG wird nicht verändert Aufgabe 2 a) Das Enzym hat eine Bindungsstelle für das Substrat. Nur bestimmte Substrate können an die Bindungsstelle binden. Eventuell erinnern sich die SuS an das Video und schreiben Active Site oder aktives Zentrum auf. b) 1) Passende Substratmoleküle treten in das aktive Zentrum ein. 2) Das Enzym verändert seine Form so, dass Substrate genau in das aktive Zentrum passen (induziertes Einpassen, induced fit). 3) Im aktiven Zentrum wird die Aktivierungsenergie E A herabgesetzt und dadurch wird die Reaktion beschleunigt. Die Substrate (=Edukte) werden in Reaktionsprodukte überführt. 4) Die Produkte werden freigesetzt. 5) Das aktive Zentrum ist für die Bindung neuer Substrate verfügbar.

c) Das Schlüssel-Schloss-Prinzip beschreibt die Funktion von zwei oder mehreren komplementären Strukturen, die räumlich zueinander passen müssen, um eine bestimmte biochemische Funktion erfüllen zu können. In Bezug auf die enzymatische Reaktion passen nur bestimmte Substrate (Schlüssel) in das aktive Zentrum (Schloss) des Enzyms. Ist das passende Substrat im aktiven Zentrum, so kann die Reaktion und Bildung von Produkten stattfinden (Schloss bzw. Reaktion wird geöffnet / ermöglicht). Aufgabe 3 a) Temperatur: Die Enzymaktivität hängt von der Temperatur ab. Enzyme erhöhen ihre Reaktionsgeschwindigkeit durch Temperaturerhöhung und erreichen ein Optimum (maximale Aktivität). Wird die Temperatur weiter erhöht, so nimmt die Aktivität ab (Denaturierung). Für verschiedene Enzyme gibt es unterschiedliche optimale Temperaturen. ph-wert: Die Enzymaktivität hängt vom ph-wert ab. Pepsin (aus dem Magen) ist in stark saurem Milieu optimal wirksam, Trypsin (aus der Bauchspeicheldrüse) bei schwach alkalischen Bedingungen. Bei zu hohen oder zu tiefen ph-werten, nimmt die Aktivität ebenfalls ab und es kommt zur Enzym- Denaturierung. b) Aufgabe 4 Lebensmittelindustrie: Käse Klärung Obstsäfte Weichmacher von Fleisch Backprozess Galactose-Gewinnung aus Molke Waschmittelindustrie: Proteasen Abbau von Eiweissresten auf Textilien Arzneimittelproduktion: Verbindungen können in reiner Form erhalten werden (Cortison oder Penicillin) Medizinische Diagnostik Teststreifen Biosensoren etc.