Newsletter-Arbeitsrecht II/2014

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Transkript:

Newsletter-Arbeitsrecht II/2014 Sehr geehrte Mandanten, liebe Leser, ich freue mich, Ihnen heute die zweite Ausgabe des Newsletter Arbeitsrecht für das Jahr 2014 überreichen zu dürfen. In dieser Ausgabe finden Sie einen Schwerpunkt in der Rechtssprechung zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, aktuelle Tendenzen im Kündigungsschutz sowie ein Urteil zur Berechnung des Urlaubsentgeltes. Aber bitte beachten Sie: Newsletter Arbeitsrecht ersetzt keine rechtliche Beratung im Einzelfall. Es soll nur Tendenzen aufzeigen und Sie sensibilisieren. Für die gewohnte Qualität in der Rechtsberatung durch meine Kanzlei ist der persönliche Kontakt der Weg der Wahl und kann durch nichts ersetzt werden. Ich wünsche Ihnen auch bei dieser Ausgabe eine interessante Lektüre und stehe für Gespräche, Beratung und Anregungen gerne zu Verfügung. Ihr In dieser Ausgabe: Rechtsprechung 1. Entschädigung: Auf Schwerbehinderung muss hingewiesen werden 2. Entschädigung: Kein Anspruch wegen fehlender Ernsthaftigkeit 3. Entschädigung: Kein Anspruch wegen Konfessionslosigkeit 4. Fristlose Kündigung wegen angeblich entwendeter Fußballbilder 5. Kündigung wegen unerlaubter Veröffentlichung von Bildern im sozialen Netzwerk 6. Kündigung wegen exzessiver Internetnutzung 7. Kündigung auch während der Altersteilzeit möglich 8. Ausweitung des Schutzes von Menschen mit Behinderung 9. Urlaubsanspruch wird nicht durch Sonderurlaub verringert 10. Provisionen sind Teil des Gehaltes bei Berechnung des Urlaubsentgeltes

Seite zwei Rechtsprechung 1. Entschädigung: Auf Schwerbehinderung muss hingewiesen werden (ArbG Stuttgart, Urteil vom 29.01.2014, 11 Ca 6438/13) Ein schwerbehinderter Arbeitnehmer bewarb sich auf die ausgeschriebene Stelle eines öffentlichen Arbeitgebers. Aus den Bewerbungsunterlagen war ausschließlich im angefügten Lebenslauf ein Hinweis auf die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers enthalten. Nachdem der öffentliche Arbeitgeber im Auswahlverfahren zu den Vorstellungsgesprächen eingeladen hatte, und die Stelle jeweils zu 50 % mit einem Schwerbehinderten und einem nicht schwerbehinderten Arbeitnehmer besetzt hatte, jedoch der Kläger nicht zum Vorstellungsgespräch geladen worden war, machte dieser eine Entschädigung wegen einer Benachteiligung aufgrund Schwerbehinderung geltend. Die Richter lehnten einen Entschädigungsanspruch nach 81 Abs. 2 SGB IX (Sozialgesetzbuch 9. Buch), 15 Abs. 2 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) ab. Die Richter argumentierten, dass ein solcher Entschädigungsanspruch voraussetze, dass in den Unterlagen ein hinreichend deutlicher Hinweis auf die Schwerbehinderung der Person zum Zeitpunkt der Bewerbung gegeben sein muss. Da öffentlichen Arbeitgebern kein aktives Recht zur Frage nach einer Schwerbehinderung zustehe, seien sie auch nicht verpflichtet, in Zweifelsfällen nachzufragen. Die Richter stellten in ihrer Entscheidung klar, dass ein schwerbehinderter Bewerber, der die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch auslösen möchte, in jedem Fall unmissverständlich und eindeutig in der Bewerbung seine Schwerbehinderung zum Ausdruck bringen muss. Erfüllt ein öffentlicher Arbeitgeber gegenüber allen anderen Bewerbern seine sich aus 81 Abs. 1 Satz zwei SGB IX (Sozialgesetzbuch Neuntes Buch) ergebende Pflicht und stellt auch tatsächlich einen Schwerbehinderten Bewerber ein, so spricht dies nicht für einen Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung, so die Richter. 2. Entschädigung: Kein Anspruch wegen fehlender Ernsthaftigkeit (LAG Düsseldorf, 30.01.2014, 13 Sa 1198/13) Eine spartnerschaft suchte mit Stellenanzeige nach einem Berufseinsteiger als Mitarbeiter. Weil sich ein 60 Jahre alter promovierter auf diese Stelle beworben hatte und abgelehnt wurde, machte dieser eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung geltend. Im Klageverfahren gab die spartnerschaft an, dass die Bewerbung des es nicht ernsthaft gewesen und dieser für die Stelle nicht geeignet gewesen sei, er habe sich bei weiteren neun Unternehmen beworben und mache dort im Rahmen weiterer sieben Klageverfahren Entschädigung wegen Altersdiskriminierung geltend. In der Berufungsverhandlung vor dem Landesarbeitsgericht stellten die Richter klar, dass bei der Stellenanzeige von einem diskriminierenden Sachverhalt auszugehen sei, da durch die Formulierung potenzielle Bewerber wegen ihres Alters ausgeschlossen werden würden. Allerdings gaben die Richter zu erkennen, dass sie im Berufungsverfahren keine Aussicht auf Erfolg sehen und beriefen sich insoweit auf die Gesamtumstände. Aus diesen seinen erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Bewerbung abzuleiten, so dass diese daher als rechtsmissbräuchlich zu werten sei. Nachdem die Beklagte sich auf Anregung des Gerichtes verpflichtet hatte, 2.000,00 an eine gemeinnützige Organisation zu spenden, nahm der klagende die Berufung zurück. 3. Entschädigung: Kein Anspruch wegen Konfessionslosigkeit (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.05.2014, 4 Sa 157/14 und 4 Sa 238/14) Die Beklagte, ein Werk der evangelischen Kirche in Deutschland, hatte eine

Seite drei Stelle eines Referenten/ einer Referentin ausgeschrieben. Entsprechend der kirchlichen Bestimmungen wurde in der Stellenausschreibung die Mitgliedschaft in einer evangelischen Kirche gefordert. Die Klägerin, konfessionslos, bewarb sich auf die Stelle, wurde jedoch nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und erhielt eine Absage. Mit der Klage nahm sie die Beklagte wegen einer Benachteiligung nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Anspruch und verlangte die Zahlung einer Entschädigung. Das Landesarbeitsgericht hob die vorinstanzliche Entscheidung auf, weil keine Benachteiligung im Sinne des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) vorliege und der Klägerin somit kein Anspruch auf Entschädigung zustehe. Die Richter führten aus, dass die Ungleichbehandlung im Lichte des verfassungsrechtlichen Selbstbestimmungsrechtes der Kirchen (Art. 10 Grundgesetz) nach 9 allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gerechtfertigt sei. Auch stünden dieser Beurteilung europarechtlicher Bestimmungen nicht entgegen. Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das Landesarbeitsgericht die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zugelassen. 4. Fristlose Kündigung wegen angeblich entwendeter Fußballbilder (ArbG Mönchengladbach, Güteverhandlung vom 06.06.2014, 2 Ca 1442/14) Eine seit über 15 Jahren im Einzelhandel unter anderem als Mitarbeiterin an der Kasse und Warenannahme sowie in der Kassenbuchführung beim Arbeitgeber beschäftigte Mitarbeiterin wurde auf der Videoüberwachung im Mai 2014 vom Arbeitgeber dabei beobachtet, wie sie Altpapier in der Papierpresse entsorgte. Nachdem sie einen Karton geschüttelt hatte, entsorgte Sie diesen nicht, sondern legt ihn in den Kofferraum ihres Fahrzeuges. Hierauf konfrontierte der Arbeitgeber seine Mitarbeiterin mit diesem Sachverhalt und nahm gemeinsam mit der Mitarbeiterin den Karton in Augenschein. Dabei entdeckte der Arbeitgeber in diesem einen weiteren Karton mit Fußballbildern im Gesamtwert von 8,00. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos. In der daraufhin erhobenen Kündigungsschutzklage machte die Mitarbeiterin gelten, den Inhalt des Kartons nicht bemerkt zu haben, da sie diesen für leer gehalten habe und ihn mit nach Hause nehmen wollte. Im übrigen sei die fristlose Kündigung wegen des geringen Wertes der Sache unverhältnismäßig. Der Arbeitgeber trug vor, dass aufgrund des Gewichtes von 1300 g. davon auszugehen sei, dass die Mitarbeiterin sehr wohl den Inhalt des Kartons bemerkt hatte bzw. hätte bemerken müssen. Das Vertrauensverhältnis zur Mitarbeiterin sei durch den Vorfall irreparabel zerstört. Im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht Mönchengladbach führte die Vorsitzende Richterin die Kriterien für die wirksame fristlose Kündigung in derartigen Fällen aus. So sei neben der Feststellung, dass der Mitarbeiterin der Inhalt des Kartons bewusst gewesen sein müsse weiterhin eine Interessensabwägung zu Ungunsten der Mitarbeiterin erforderlich. Nach der erfolglosen Güteverhandlung verständigten sich die Parteien allerdings auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. 5. Kündigung wegen unerlaubter Veröffentlichung von Bildern im sozialen Netzwerk (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.04.2014, 17 Sa 2200/13) Die Klägerin, eine Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin, wurde auf der Kinderintensivstation der Arbeitgeberin beschäftigt. Dort betreute sie ein Kind, zu dem sie eine emotionale Bindung entwickelte und ohne Erlaubnis Fotografien dieses Kindes auf ihrer Facebook- Seite veröffentlichte und teilweise kommentierte. Als das Kind verstarb, teilte sie dies auch auf ihrer Facebook- Seite mit.

Seite vier Das diesem Grund kündigte die Arbeitgeberinnen das Arbeitsverhältnis fristlos aus wichtigem Grund, vorsorglich fristgemäß. Die Richter des Landesarbeitsgerichts hielten die Kündigung für rechtsunwirksam. Sie führte aus, dass zwar das Verhalten generell geeignet sei, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Durch das Vorgehen der Mitarbeiterin werde in erheblicher Weise gegen das Gebot der Schweigepflicht verstoßen und somit die Persönlichkeitsrechte der Patienten verletzt. Dies gelte insbesondere, da mit der Veröffentlichung in einem sozialen Netzwerk unkontrollierte Verbreitung nicht mehr kontrollierbar sei. Im vorliegenden Fall sein zu Gunsten der Arbeitnehmerin allerdings anzuführen, dass sie eine emotionale Bindung zu dem Kind aufgebaut habe, und dass das Kind aufgrund der Bilder nicht eindeutig zu identifizieren gewesen sei. Auch sei aus den Bildern nicht hervorgegangen, bei wem die Arbeitnehmerin beschäftigt sei. Letztlich habe sie sofort nach dem ersten Vorhalten durch den Arbeitgeber die Bilder entfernt. So sei im Rahmen der Abwägung der Ausspruch einer Abmahnung sowie die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Arbeitgeberin zumutbar gewesen. 6. Kündigung wegen exzessiver Internetnutzung (LAG Schleswig- Holstein, Urteil vom 06.05.2014, 1 Sa 421/13) Weil ein Mitarbeiter der Produktion rund 17.000 private Dateien auf seinen Dienstrechner geladen hatte, unter anderem Filme und Musikstücke, und während der Arbeitszeit häufig in sozialen Netzwerken und Chat-Foren unterwegs war, kündigte der Arbeitgeber ihm. Aufgefallen war dem Arbeitgeber das Verhalten, weil sich die Datenverarbeitungsprozesses im Unternehmen aufgrund des Verhaltens des Mitarbeiters massiv verlangsamt hatte. Die Richter des Landesarbeitsgerichts urteilten, dass Arbeitnehmer, die den Dienstrechner ohne ausdrückliche Erlaubnis oder nachweisbarer Duldung durch den Arbeitgeber für private Zwecke nutzen, und am Arbeitsplatz in erheblichem Maße privat im Internet surfen oder Dateien downloaden, ohne vorherige Abmahnung entlassen werden können. Dabei argumentierten die Richter, dass die exzessive Nutzung des Internets am Arbeitsplatz das Arbeitsverhältnis und die Arbeitspflicht gravierend verletzen. Arbeitnehmer ließen sich in einem solchen Fall umfangreich für nicht erbrachte Arbeitsleistung bezahlen. Dass im Betrieb keine ausdrückliche dienstliche Regelung für die Internetnutzung besteht, könne dabei dahinstehen. Bei einer derart ausschweifende Nutzung während der Arbeitszeit könne der Arbeitnehmer keinesfalls von einer Duldung ausgehen. Aufgrund des Umfangs der privaten Internetnutzung sei eine Abmahnung auch trotz einer Betriebszugehörigkeit von über 20 Jahren entbehrlich. Auch habe der Arbeitnehmer durch die Nutzung von so genannten Share- Plattformen das Risiko der Infizierung des Systems mit Viren gesetzt. Diese konkrete Gefährdung sahen die Richter als erschwerend an. 7. Kündigung auch während der Altersteilzeit möglich (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27.05.2014, 2 Sa 410/14) Ein Arbeitnehmer, Beschäftigter im öffentlichen Dienst, beantragte vor und während der Freistellungsphase der Altersteilzeit diverse nautische Befähigungszeugnisse. Die jeweiligen Voraussetzungen erfülle er nicht. Er bekam dabei Hilfe von einem Kollegen, der Ihm wahrheitswidrig den erfolgreichen Besuch einiger Lehrgänge sowie die notwendigen Fahrzeiten als Schiffsführer bescheinigte. Wegen der Taten erhielt der Staatsdiener einen Strafbefehl, der auch rechtskräftig wurde. Aufgrund dieser Tatsache kündigte der Arbeitgeber ihm fristlos. Zu Recht, so die Richter des Landesarbeitsgerichtes. Die Richter argumentierten, dass der

Seite fünf Arbeitnehmer durch seine Straftaten, die einen dienstlichen Bezug haben, eindeutig gegen seine Treuepflicht verstoßen habe. Die Pflichtverletzung wiege im vorliegenden Fall so schwer, dass eine Abmahnung vor dem Ausspruch der Kündigung nicht erforderlich war. Auch könne eine Kündigung trotz der Freistellung im Rahmen der Altersteilzeit ausgesprochen werden. So habe der Mitarbeiter seine Stellung im öffentlichen Dienst auch während der Freistellungsphase dazu genutzt, um Straftaten zu begehen. Im übrigen bestehe während der Freistellungsphase das Arbeitsverhältnis mit beiderseitigen Pflichten weiter. So müsste der Arbeitgeber das unredliches Verhalten seines Beschäftigten nicht hinnehmen. 8. Ausweitung des Schutzes von Menschen mit Behinderung (BAG, Urteil vom 19.12.2013, 6 AZR 190/12) Der Mitarbeiter, an einer symptomlosen HIV-Infektion erkrankt, wurde bei der Beklagten, einem Pharmakonzern, als chemisch- technischer Assistent für eine Tätigkeit im so genannten Reinraum eingestellt. Wenige Tage nach Beginn des Arbeitsverhältnisses setzte der Arbeitnehmer den Werksarzt im Rahmen einer Routineuntersuchung von seiner Infektion in Kenntnis. Da der Werksarzt Bedenken gegen einen Einsatz im Reinraum hatte, setzte dieser - nach Entbindung von seiner ärztlichen Schweigepflicht - den Arbeitgeber von dieser Tatsache in Kenntnis. Dieser kündigte das Arbeitsverhältnis noch am selben Tage mit der Begründung ordentlich, dass ein Einsatz aufgrund der ansteckenden Krankheit des Mitarbeiters nicht möglich sei. Im Rahmen der Kündigungsschutzklage machte der Kläger geltend, dass er behindert sei. Insoweit sei die Kündigung wegen der aufgrund seiner Behinderung stattfindenden Diskriminierung unwirksam. Im übrigen verlangte er eine Entschädigung nach 15 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Die Richter des Bundesarbeitsgerichts stellten klar, dass auch chronische Erkrankungen zu einer Behinderung führen können und dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz eine Diskriminierung wegen einer Behinderung untersage. So sei ein Arbeitnehmer, der an einer symptomlosen HIV-Infektion erkrankt sei, in diesem Sinne als behindert anzusehen. So sei die Kündigung, die durch den Arbeitgeber in der gesetzlichen Wartezeit des 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) wegen der HIV-Infektion ausgesprochen worden sei, im Regelfall diskriminierend und somit unwirksam. Dies gelte zumindest dann, so die Richter, wenn der Arbeitgeber durch angemessene Vorkehrungen einen Einsatz des Arbeitnehmers ermöglichen können. Die Kündigung benachteilige den Arbeitnehmer unmittelbar im Sinne des 3 Abs. 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), dass in untrennbarem Zusammenhang mit seiner Behinderung stehe. Ob die Kündigung jedoch gleichwohl gerechtfertigt sei, müsse das Landesarbeitsgericht im Rahmen einer neuen Sachverhaltsaufklärung feststellen, das BAG hat den Fall zur weiteren Aufklärung an das LAG zurückverwiesen. So sei nicht geklärt, ob der Einsatz des Arbeitnehmers nur im Reinraum möglich sei. Sollte dies nicht der Fall sein, sei die Kündigung gleichwohl wirksam und dem Kläger stehe in diesem Fall gegebenenfalls eine Entschädigung zu. 9. Urlaubsanspruch wird nicht durch Sonderurlaub verringert (BAG, Urteil vom 06.05.2014, 9 AZR 678/12) Die Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, dass ein Arbeitsverhältnis ruhen soll, wie etwa bei unbezahltem Sonderurlaub, verhindert nicht das Entstehen gesetzliche Urlaubsansprüche. Ein einseitiges Kürzungsrecht des Arbeitgebers besteht nicht, urteilten die Richter des Bundesarbeitsgreichtes. Eine Arbeitnehmerin hatte für den Zeitraum von neun Monaten bis zum

Seite sechs Ende ihrer Beschäftigung unbezahlten Sonderurlaub genommen. Nachdem nunmehr das Arbeitsverhältnis beendet war, begehrte sie vom Arbeitgeber die Abgeltung der noch offenen 15 Urlaubstage für die Zeit bis zum Ende ihres Beschäftigungsverhältnisses. Die Richter des Bundesarbeitsgerichtes entschieden für die Arbeitnehmerin. So urteilten die Richter, dass der zwischen den Parteien vereinbarte Sonderurlaub nicht dem Entstehen des Urlaubsanspruchs zu Beginn des Kalenderjahres, in dem die Arbeitnehmerin aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden war, entgegenstehe. Insbesondere berechtige er nicht einseitig den Arbeitgeber zu Kürzung des gesetzlichen Urlaubs, betonten die Richter. Der Anspruch auf Erholungsurlaub in jedem Kalenderjahr der Beschäftigung folgt aus 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Eine Kürzung dieses Urlaubsanspruchs für den Fall des Ruhens des Arbeitsverhältnisses ermöglicht das Gesetz nur in besonderen Fällen wie etwa der Elternzeit ( 17 Abs. 1 Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG)). Ein solcher besonderer Fall sei vorliegend nicht gegeben. 10. Provisionen sind Teil des Gehaltes bei Berechnung des Urlaubsentgeltes (EuGH, Urteil vom 22.05.2014, C-539/12) Setzt sich das Arbeitsentgelt eines Beschäftigten aus zwei Komponenten zusammen, etwa Grundgehalt und Provision, so ist die Summe als Grundlage für jenes Entgelt anzusehen, dass während des Jahresurlaubs gezahlt wird. Regelmäßige Provisionen sind insoweit zu berücksichtigen, urteilten die Richter des europäischen Gerichtshofs mit Hinweisen zur konkreten Berechnung. Im vorliegenden Fall bemaß sich die Provision nach den im Zeitraum davor tatsächlich erzielten Verkäufen und machte regelmäßig 60 % des Arbeitsentgeltes aus. Da in diesem Fall allerdings in dem Zeitraum, in dem der Erholungsurlaub genommen wird, keine Provisionen anfallen, verringert sich der Verdienst in den Zeiten nach dem Erholungsurlaub drastisch. Die Richter des EuGH stellten klar, dass in der Zeit des Erholungsurlaubs die Provisionszahlungen für den Zeitraum, der vor dem Erholungsurlaub liegt, zwar noch fließen, durch den Provisionsausfall in den Monaten danach würde sich allerdings eine finanzielle Schieflage nur verschieben. Diese finanziellen Nachteile könnten die Betroffenen dazu bewegen, ihr Recht auf Jahresurlaub nicht auszuüben. Dies würde allerdings der EU- Richtlinie über die Arbeitszeitgestaltung entgegenstehen (RL 2003/88/EG). Zur Berechnung führten die Richter aus, dass eine Berechnungsmethode jedenfalls dann sachgerecht ist, wenn sie auf einen Mittelwert aus einem nach den nationalen Recht als repräsentativ geltenden Referenzzeitraum abstellen würden. Hier dürfte in Deutschland der Referenzzeitraum des 11 Abs. 1 Satz 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) mit 13 Wochen vor Urlaubsbeginn einschlägig sein. Zwar hatten die Richter über einen britischen Fall zu entscheiden, das Urteil bindet allerdings auch andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden. HAFTUNGSAUSSCHLUSS: Dieser Newsletter Arbeitsrecht ersetzt keine rechtliche Beratung im Einzelfall, er dient als allgemeine Information über aktuelle Rechtsentwicklungen. Eine Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Ausführungen im Einzelfall übernehme ich mit der Herausgabe des Newsletter Arbeitsrecht nicht. Verantwortlich für den Inhalt:, Ehringshausen. Wenn Sie diese Informationen nicht länger erhalten möchten, senden Sie bitte eine Email an info@d-h-p.de. Copyright 2014. All rights reserved.