Spannungsfeld Windenergie und Naturschutz Konflikte und Lösungsansätze



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Spannungsfeld Windenergie und Naturschutz Konflikte und Lösungsansätze Referentin: Dipl.-Ökol. Dipl.-Ing. Claudia Bredemann Ökoplan - Bredemann, Fehrmann, Hemmer und Kordges, Essen

Gliederung Problemstellung Rechtliche Hintergründe Welche Gefahren bestehen? Lösungsansätze

Problemstellung Klimaschutzziele der Bundesregierung ( nationale Klimaschutzstrategie von 2007): Begrenzung der globalen Erwärmung auf max. 2 C, dazu Verringerung des CO2-Ausstoßes um 40% (Stand 1990) bis 2020 bzw. Erhöhung des Anteils an erneuerbaren Energien von 13% auf 25%-30% bis 2030 Ziel der Landesregierung NRW: Reduzierung des CO2-Ausstoßes in NRW um 25% bis 2020 und um 80% bis 2050, hierzu Erhöhung des Anteils der Windenergie an der Stromerzeugung von heute 3% auf mind. 15% bis 2020

Problemstellung Novellierung des Windenergie-Erlasses (April 2011) (wird auch von NRW-Naturschutzverbänden begrüßt) - WEA auch in Waldflächen - Verringerung / Wegfall von generellen Abstandszonen zu Schutzgebieten bzw. schutzwürdigen Gebieten - Höhenbegrenzungen schwieriger zu begründen Fazit: Gebietsschutz bleibt - weiterhin keine Windenergienutzung in Nationalparken, Naturschutz-, FFH-, Vogelschutzgebieten etc. aber: Gefährdung von Vögeln und Fledermäusen bleibt bzw. erhöht sich

Naturschutzkonflikte = Artenschutzkonflikte betroffen: Vögel und Fledermäuse

Rechtliche Hintergründe Genehmigungsverfahren WEA: bis ca. 2005: Berücksichtigung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung gem. BNatSchG bzw. LG NW und ggf. UVP / Vorprüfung gem. UVPG heute: zusätzliche Berücksichtigung des europäischen Artenschutzrechts (unterliegt nicht der Abwägung)

Rechtliche Hintergründe Genehmigungsbehörden fordern umfangreiche ArtenschutzGutachten bzw. Erfassungen - Projekte werden z. T. abgelehnt wg. Gefährdung seltener Arten - häufig Auflagen für Betriebseinschränkungen, Monitoring, Durchführung von CEF-Maßnahmen / Artenschutzmaßnahmen

Europäisches Artenschutzrecht Rechtsgrundlage: Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) - Richtlinie zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen vom 21.05.1992 (01.01.2007) Vogelschutzrichtlinie (VR) - Richtlinie über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten vom 02.04.1979

Europäisches Artenschutzrecht BNatSchG: abschließende Regelung in 44 Abs. 1: Zugriffsverbote : Es ist verboten, 1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten [ ], 2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,...

Europäisches Artenschutzrecht Das heißt: Die Errichtung einer Anlage ist artenschutzrechtlich nicht zulässig, wenn sich das allgemeine Lebensrisiko der Individuen bestimmter Arten signifikant oder deutlich erhöht und dadurch die lokale Population in ihrem Bestand gefährdet ist.

Welche Gefahren bestehen? Vögel: - Tötung durch Kollision mit Rotoren / Masten Quelle: NABU Quelle: A. Prüstel

Welche Gefahren bestehen? Vögel: - Tötung durch Kollision mit Rotoren / Masten (Greifvögel: Rotmilan, Mäusebussard, Seeadler; zudem Möwen und Seeschwalben, nächtlich ziehende Vögel) aber: - Vogelschlag bei 80 bis 90% der Anlagen kein Problem, stark abhängig vom Standort - Kollisionen im Freiland häufiger als am Waldrand, bei Einzelanlagen häufiger als bei Windfarmen - außerhalb von Vogelzugkorridoren Höhe der WEA i.d.r. kein Problem

Welche Gefahren bestehen? Vögel: - Verdrängung, Auslösen von Meideverhalten durch optische / akustische Reize (Rastvögel: Arten der offenen Landschaften wie Gänse, Enten, Watvögel) aber: - i. A. geringe Störwirkung auf brütende Vögel festgestellt; Lebensraum unterhalb der Rotorblätter weiterhin genutzt; z. T. sogar positive Effekte durch Strukturanreicherungen (s. a. HÖTKER 2006) - Brutvögel lassen sich von größeren WEA weniger stören als von kleineren (Rastvögel: Meideverhalten bzgl. WEA-Höhe unterschiedlich)

Welche Gefahren bestehen? Vögel: - Tötung durch Kollision mit Rotoren / Masten, v.a. bei Einzelanlagen

Welche Gefahren bestehen? Vögel: - Tötung durch Kollision mit Rotoren / Masten (Greifvögel: Rotmilan, Mäusebussard, Seeadler; Möwen und Seeschwalben, nächtlich ziehende Vögel) - Verdrängung, Auslösen von Meideverhalten durch optische / akustische Reize (Rastvögel: Arten der offenen Landschaften wie Gänse, Enten, Watvögel) - Barrierewirkung durch Entstehung von Engstellen bei Flugrouten, Störung des Zugablaufs (Zugvögel, v. a. in Küstennähe / Offshore)

Welche Gefahren bestehen? Fledermäuse: - Tötung durch Kollision mit Rotoren, u. a. durch Versagen des Echoortungssystems (Großer / Kleiner Abendsegler, Zweifarb-, Rauhaut-, Zwergfledermaus) - Verletzung / Tötung durch Verwirbelungen und Druckunterschiede (v. a. wandernde Fledermäuse) aber: - Abnahme der Fledermausaktivität bei höheren Windgeschwindigkeiten (> 6m/s), niedrigen / hohen Temperaturen (< 15 C, > 25 C), Niederschlag - Abhängigkeit vom Standort: höhere Raten an Waldstandorten - Höhe der Anlagen hat kaum Einfluss

Welche Gefahren bestehen? Fledermäuse: - Tötung durch Kollision mit Rotoren, u. a. durch Versagen des Echoortungssystems (Großer / Kleiner Abendsegler, Zweifarb-, Rauhaut-, Zwergfledermaus) - Verletzung / Tötung durch Verwirbelungen und Druckunterschiede (v. a. wandernde Fledermäuse) - Beeinträchtigung / Zerstörung von Lebensräumen bzw. Nahrungshabitaten (Wälder, Umfeld von Gewässern, Feuchtgebiete)

Lösungsansätze Grundsätzlich gilt: Naturverträglichkeit wesentlich abhängig von der Standortwahl; deshalb: - Zusammenfassung und Konzentration von WEA in Windparks zur Verringerung der Kollisionsraten / Vertreibungseffekte - Nutzung von bereits ausgewiesenen Konzentrationszonen - Nutzung vorbelasteter Räume / vorhandener Infrastruktur - Freihalten von Vorranggebieten für den Artenschutz (FFH-, Vogelschutzgebiete, Nationalparks, Naturschutzgebiete) - möglichst Verzicht auf Waldstandorte - Brücksichtigung von tierökologisch begründeten Abstandsempfehlungen zu Brutplätzen (s. Länder-AG der Vogelschutzwarten)

Abstandsempfehlungen 1.000 m: Kormoran, Zwergdommel, Weißstorch, Fischadler, Wiesen-, Rohrweihe, Rotmilan, Baum-, Wanderfalke, Wachtelkönig, Uhu 3.000 m: Schwarzstorch, Kornweihe, Seeadler 6.000 m: Schreiadler (nur im äußersten Nordosten von Deutschland) Fotos: Wikipedia

Lösungsansätze - Repowering (Ersatz vorhandener WEA durch geringere Anzahl größerer Anlagen) - Abschaltung der Anlagen in Zeiträumen hoher Fledermausaktivität (insbes. erstes Nachtviertel) - unattraktive Gestaltung der Windpark-Flächen als Jagdgebiet (z. B.: Bepflanzung, Unterlassen der Mahd)

Fazit: Konfliktvermeidung ist durch vorausschauende Planung möglich! Referentin: Dipl.-Ökol. Dipl.-Ing. Claudia Bredemann Ökoplan - Bredemann, Fehrmann, Hemmer und Kordges, Essen