Job-Center in Hessen. Dr. Bernd Werner Andreas Rohde. Report Nr. 695 Wiesbaden 2005



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Transkript:

- Job-Center in Hessen Dr. Bernd Werner Andreas Rohde Report Nr. 695 Wiesbaden 2005

Eine Veröffentlichung der HA Hessen Agentur GmbH Postfach 1811 D-65008 Wiesbaden Abraham-Lincoln-Straße 38-42 D-65189 Wiesbaden Telefon 0611 / 774-81 Telefax 0611 / 774-8313 E-Mail info@hessen-agentur.de Internet http://www.hessen-agentur.de Geschäftsführer: Martin H. Herkströter Dr. Dieter Kreuziger Vorsitzender des Aufsichtsrates: Dr. Alois Rhiel, Hessischer Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung Die Untersuchung wurde gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds ESF Nachdruck auch auszugsweise ist nur mit Quellenangabe gestattet. Belegexemplar erbeten.

HA Hessen Agentur GmbH Wirtschafts- und Regionalforschung Job-Center in Hessen Inhalt Seite 1 Einleitung 1 2 Methodik und Grundlagen der Untersuchung 3 2.1 Aufbau der Untersuchung 3 2.2 Struktur der Job-Center 4 2.3 Arbeitsmarktanalyse 5 3 Auswertung des Kundenmonitorings 12 3.1 Vorbemerkung 12 3.2 Anzahl der Job-Center-Kunden und Betreuungsrelation 13 3.3 Status der Job-Center-Kunden 16 3.4 Struktur der Job-Center-Kunden 17 3.5 Verbleib der Job-Center-Kunden 21 4 Ergebnisse der Kundenbefragungen 29 4.1 Vorgehensweise 29 4.2 Struktur der Teilnehmer 31 4.3 Persönliche Situation der Teilnehmer 36 4.4 Erwerbslosigkeit und ihre Gründe aus der Sicht der Job-Center-Kunden 39 4.5 Erwartungen und Erfahrungen der Job-Center-Kunden 44 5 Jugendagentur Offenbach 66 5.1 Auswertung des Kundenmonitoring 66 5.2 Ergebnisse der Kundenbefragungen 69 5.2.1 Persönliche Situation und Erwerbslosigkeit 69 5.2.2 Erwartungen und Erfahrungen im Zusammenhang mit der Jugendagentur Offenbach 72 5.3 Fazit: Jugendagentur Offenbach 77 I

Job-Center in Hessen Inhalt Seite 6 Ergebnisse der Expertengespräche 78 6.1 Organisation und Zusammenarbeit 78 6.2 Einsatz des arbeitsmarktpolitischen Instrumentariums 80 6.3 Positive und negative Erfahrungen in der konkreten Zusammenarbeit 82 7 Fazit und Ausblick 85 Tabellenverzeichnis 87 Abbildungsverzeichnis 89 Literaturverzeichnis 91 Anhang 93 II

HA Hessen Agentur GmbH Wirtschafts- und Regionalforschung 1 Einleitung Der Anstieg insbesondere der Langzeitarbeitslosigkeit hat dazu geführt, dass die Arbeits- und Sozialämter bis zum Ende des Jahres 2004 in zunehmendem Umfang und entgegen ihrem traditionellen Aufgabenbereich gleichermaßen für Personen mit ähnlichen Problemlagen zuständig wurden. So sind auf der einen Seite Sozialhilfeempfänger auf die Bemühungen der Arbeitsämter bei der Wiedereingliederung in das Erwerbsleben angewiesen. Auf der anderen Seite bedürfen viele langzeitarbeitslose Bezieher von Arbeitslosenunterstützung der Hilfe bei der Bewältigung von sozialen Problemlagen und zusätzlicher finanzieller Unterstützung (Hilfe zum Lebensunterhalt nach BSHG). Im Ergebnis führt die unterschiedliche Ausgestaltung der Transfer- und Hilfssysteme für eine Zielgruppe mit vergleichbaren Problemen zu Doppelstrukturen und Doppelarbeit, verbunden mit einer ineffizienten und intransparenten Leistungserstellung. Bereits seit einigen Jahren wird deshalb eine Reform angemahnt. 1 Kernelement einer umfassenden Reform ist zum einen die organisatorische Zusammenlegung an einem Ort oder bei einer Institution, um ineffiziente Doppelstrukturen zu vermeiden und den Betroffenen Hilfe aus einer Hand anbieten zu können. Zum anderen war die Reformdiskussion auch durch eine Veränderung der Transferleistungen, d.h. Absenkung der Arbeitslosenhilfe auf das Sozialhilfeniveau, bestimmt. Über die konkrete Ausgestaltung eines einheitlichen Hilfesystems, insbesondere der Frage nach der Zuständigkeit, bestanden in der politischen Auseinandersetzung jedoch stark divergierende Vorstellungen. 2 Der im Vermittlungsausschuss im Dezember 2003 erzielte Kompromiss beinhaltet, dass für die Betreuung der Arbeitslosenhilfebezieher und erwerbsfähigen Sozialhilfebezieher primär die Bundesagentur für Arbeit zuständig ist. Allerdings besteht die Möglichkeit, dass auch die Kommunen für die Betreuung und Integration der Zielgruppe optieren können. Das Land Hessen übernimmt hier eine Vorreiterrolle bei der Betreuung und Integration der ALG II-Bezieher, insgesamt haben sich 13 Gebietskörperschaften, d.h. die Hälfte der hessischen Landkreise und kreisfreien Städte, für die Option entschieden. Eine vertiefte Kooperation der Arbeitsverwaltung und der Träger der Sozialhilfe in Job-Centern wird durch das Land Hessen bereits seit dem Jahr 2002 im Rahmen des "Hessischen Aktionsprogramms Regionale Arbeitsmarktpolitik (HARA)" gefördert. Hierbei wurden Job-Center als eine gemeinsame Einrichtung von Arbeits- 1 Vgl. Bertholdt; Thode; Berchem (2000), S. 576 ff., Sachverständigenrat (2001), Ziffer 425. 2 Vgl. hierzu die Gegenüberstellung der Gesetzesentwürfe bei Mauer, Urban; Roland, Frank (2003), S. 637 ff. 1

Job-Center in Hessen ämtern und Sozialhilfeträgern etabliert, um Synergieeffekte zu nutzen und dadurch erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger und schwer vermittelbare Arbeitslose vermehrt in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Im Jahr 2003 ging man noch einen Schritt weiter und förderte die Einrichtung von vier Job-OFFENSIV-Centern, damit wurde die Zielgruppe der zu betreuenden Kunden deutlich erweitert. Neben dem primären Ziel der Wiedereingliederung sollen durch diese Einrichtungen darüber hinaus weitere individuelle Unterstützungs- und Hilfsangebote für diese spezielle Personengruppe entwickelt und eingesetzt werden. Durch eine Bündelung der Hilfs- und Unterstützungsangebote in einer Institution ist zudem angestrebt, mehr Service zu bieten und die Effizienz bei der Bereitstellung der Leistungen zu erhöhen. Mit der Implementierung dieser Modellvorhaben hat das Land Hessen weit vor dem im Jahr 2003 erzielten Kompromiss auf Bundesebene die Initiative ergriffen und entsprechende innovative Impulse für eine bessere Integration dieser Personengruppe in den Arbeitsmarkt gegeben. Das Hessische Sozialministerium hat die Hessen Agentur GmbH damit beauftragt, zu überprüfen, inwieweit die intendierten Zielsetzungen durch die Einrichtung von Job-Centern erreicht werden konnten. Die vorliegende Untersuchung wurde durch Mittel des Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziell gefördert. 2

HA Hessen Agentur GmbH Wirtschafts- und Regionalforschung 2 Methodik und Grundlagen der Untersuchung 2.1 Aufbau der Untersuchung Aufgrund der hohen Ausgaben für aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen ist es von besonderem Interesse, die Effizienz und Effektivität dieser Maßnahmen näher zu analysieren. Hierzu existiert eine Vielzahl von unterschiedlichen Instrumenten. 3 Neben den qualitativen Untersuchungsschritten, die beispielsweise auf eine Deskription der Maßnahmen, Kundenstruktur und einen Vorher-Nachher-Vergleich abzielen, basieren neuere Untersuchungsansätze auf Matching-Verfahren. Mit Hilfe dieser Instrumente ist es prinzipiell möglich, das grundsätzliche Evaluierungsproblem zu lösen und Aussagen über den reinen Maßnahmeeffekt von arbeitsmarktpolitischen Programmen zu formulieren. 4 Als Nachteil bei der Bewertung von Maßnahmen durch solche Matching-Verfahren erweisen sich die sehr hohen Anforderungen an die Datenqualität. Außerdem stehen die notwendigen Daten erst mit erheblicher Zeitverzögerung zur Verfügung. Insbesondere aufgrund dieser beiden Tatsachen und vor dem Hintergrund, dass bei der Zusammenarbeit Neuland betreten wurde und die beteiligten Institutionen nicht auf eine gemeinsame Datenbasis zugreifen konnten, wurde für die Evaluierung der Job-Center in Hessen ein primär qualitatives Untersuchungsdesign gewählt. Dies liegt auch darin begründet, dass mit der Implementierung von Job-Centern in Hessen mehrdimensionale Ziele verfolgt werden, die sich nur sehr eingeschränkt durch ein Matching-Verfahren beurteilen lassen. So basiert die Evaluierung der hessischen Job-Center auf mehreren Bausteinen. Zu Beginn des Projekts wurden zwei Workshops durchgeführt, in denen die Job-Center sich vorstellten und die jeweiligen institutionellen Arrangements diskutiert wurden. Dabei wurde auch der Ablauf der Evaluierung erläutert. Der vorliegende Bericht stellt zunächst die arbeitsmarktpolitische Ausgangslage kurz dar, um die Ergebnisse der Untersuchung besser einordnen zu können. Anschließend erfolgt die Auswertung des Kundenmonitorings. Hierbei handelt es sich um eine Längsschnittuntersuchung, in der die Merkmale der Job-Center-Kunden, der Einsatz des arbeitsmarktpolitischen Instrumentariums sowie die monatlichen Kundenströme der einzelnen Job-Center näher analysiert sind. Diese wird ergänzt durch eine Querschnittsuntersuchung, in Form einer zweimaligen Befragung der Job-Center-Kunden. 5 Auf diese Weise werden die Veränderungen, die mit der Implementierung von Job-Centern verbunden sind, herausgearbeitet. 3 Vgl. zur Notwendigkeit von Evaluationen und den Instrumenten Fitzenberger; Hujer (2001). 4 Vgl. hierzu die Untersuchung Caliendo; Hujer; Thomsen (2004). 5 Der vorliegende Bericht verwendet vorwiegend die männliche Sprachform. Bei allen männlichen Funktionsbezeichnungen sind stets auch Frauen gemeint. 3

Job-Center in Hessen Nachdem die Ergebnisse der beiden Kundenbefragungen erläutert sind, wird der Blickwinkel geändert, denn es ist sehr wichtig, die Erfahrungen der Projektbeteiligten vor Ort in die Untersuchung zu integrieren. Deshalb werden zum Abschluss der Untersuchung die Erfahrungen der Job-Center-Mitarbeiter, die im Rahmen von Expertengesprächen vor Ort aufgenommen wurden, systematisiert und dargestellt. Ein Fazit und die kritische Würdigung der Gesamteffekte schließt die Untersuchung ab. 2.2 Struktur der Job-Center Für die Beschreibung der Job-Center wurden zum einen die Projektanträge der jeweiligen Job-Center analysiert, um die unterschiedlichen Organisationsstrukturen und die institutionellen Arrangements zu erfassen. Zum anderen basieren die Ergebnisse auf dem ersten Workshop und den Expertengesprächen vor Ort. Die hessischen Job-Center unterscheiden sich im Hinblick auf die konkreten Ziele, Zielgruppen, Trägerschaften, Größe, Aufbau- und Ablauforganisationen sowie die Bündelung der Maßnahmen und Aktivitäten stark voneinander. So sind vier Job- Center (Korbach, Main-Taunus, Fulda, Maintal) als "Job-OFFENSIV-Center" ausgestaltet, deren Zielgruppe neben den Sozialhilfeempfängern auch aus Arbeitslosenhilfebeziehern besteht. In die Evaluierung einbezogen sind darüber hinaus die Job-Center im Kreis Offenbach, in Stadt und Kreis Kassel, im Werra-Meißner-Kreis und im Kreis Hersfeld- Rotenburg. 6 Eine Besonderheit weist zudem das Job-Center in der Stadt Offenbach auf. Das in der Jugendagentur Offenbach bereitgestellte Leistungsangebot richtet sich primär an Personen unter 25 Jahre. Aufgrund der - im Vergleich mit den anderen hessischen Job-Centern - starken Fokussierung auf die Kundengruppe Jugendliche unter 25 Jahre und eines hohen Anteils von Kunden, die weder Sozialhilfebezieher, Doppelbezieher noch Arbeitslosenhilfebezieher sind, werden die Ergebnisse der Evaluierung (Monitoring und Kundenbefragung) für die Jugendagentur getrennt ausgewertet. Ein direkter Vergleich würde wegen der zuvor genannten Faktoren keine sachgerechten Aussagen ermöglichen und die Gesamtergebnisse verzerren. Deshalb sind die Ergebnisse im Kapitel 5 gesondert dargestellt. Bis auf das JOC Maintal, welches in kommunaler Trägerschaft steht, werden alle anderen Job-Center gemeinsam von Arbeitsamt und der Kommune gesteuert. 7 Das JOC Main-Taunus arbeitet als einziges mit einem beauftragten Dritten - der Selbsthilfe im Taunus (SiT) - zusammen. 6 Die hessischen Job-Center haben unterschiedliche Namen, wie regiojob Kassel, Arbeitsmarktagentur Eschwege oder Via (Vermittlung in Arbeit) Bad Hersfeld. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit werden in diesem Gutachten nur die Abkürzungen JC (Job-Center) und JOC (Job-OFFENSIV-Center) verwandt. 7 Die Job-Center waren im ersten Workshop aufgefordert worden, sich einer der beiden Institutionen (Arbeitsverwaltung/ Sozialamt) zuzuordnen. Die Mehrzahl ordnete sich dabei zwischen den beiden Institutionen ein. 4

HA Hessen Agentur GmbH Wirtschafts- und Regionalforschung Zu berücksichtigen ist auch, dass in einigen Job-Centern die Zusammenarbeit vor Ort schon eine gewisse Tradition hatte. Fast alle Institutionen haben vorher - in unterschiedlichem Ausmaß - bereits zusammengearbeitet. Allerdings war diese Form der Kooperation vor Ort nur sporadisch institutionell verankert ( Runder Tisch ) und beschränkte sich oftmals auf einzelne Arbeitsgebiete bzw. den Austausch der notwendigen Informationen. Dennoch ist diese Unterscheidung wichtig, denn die Anlaufschwierigkeiten, die sich durch die unterschiedliche Kultur der beiden Institutionen ergaben - hier die überwiegend zentral gesteuerte Arbeitsverwaltung, dort die flexible kommunale Verwaltung - waren zu Beginn der Zusammenarbeit erheblich. So wurde im Rahmen der Expertengespräche von zum Teil sehr großen Anlaufschwierigkeiten berichtet. Unterschiede zwischen den einzelnen Job-Centern bestanden auch im Hinblick auf die Vorbereitung der Mitarbeiter auf die neue Aufgabe. Einige Job-Center gönnten ihren Angestellten nur eine kurze Einweisung, andere wiederum bereiteten über intensive Schulungen und Hospitationen ihre Mitarbeiter vor. In der Gesamtbetrachtung wurde die Vorbereitung, sowohl was die Zeit als auch was den Umfang der Schulungen anbelangt, als unzureichend angesehen. Die unterschiedliche Ausgangslage der Job-Center erschwert somit einen Vergleich, denn die Startvoraussetzungen für die Vermittlung der Zielgruppe waren sehr unterschiedlich ausgeprägt. 2.3 Arbeitsmarktanalyse Um die Ergebnisse der Evaluierung sachgerecht interpretieren zu können, ist es wichtig, einen kurzen Überblick über die regionale Arbeitsmarktsituation im betrachteten Zeitraum zu geben. So ist beispielsweise anzunehmen, dass die Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt - neben vielen anderen Faktoren - auch in erheblichem Umfang von der regionalen Beschäftigungsdynamik sowie der Höhe der Arbeitslosigkeit abhängt. Die Betrachtung der Arbeitsmarktindikatoren erfolgt für einen längeren Zeitraum, da sich strukturelle Veränderungen auf den einzelnen regionalen Teilarbeitsmärkten sehr langsam vollziehen. Die Entwicklung der Erwerbstätigkeit verlief in den Gebietskörperschaften sehr unterschiedlich (vgl. Abbildung 1). So ist in den Jahren von 1992 bis 2003 in der Stadt Kassel und dem Werra-Meißner-Kreis ein deutlicher Rückgang auszumachen. Im Gegensatz zum Landestrend: Hier war ein Anstieg der Erwerbstätigkeit um rund 3 % zu verzeichnen. Noch deutlicher fiel die Zunahme der Anzahl der Erwerbstätigen im Landkreis Fulda und insbesondere im Main-Taunus-Kreis aus, wo eine Zunahme um 13 % festzustellen war. 5

Job-Center in Hessen Abbildung 1: Entwicklung der Erwerbstätigkeit (1992 2003) Main-Taunus-Kreis 13,0 LK Fulda 6,4 LK Offenbach 5,5 Land Hessen 3,2 LK Waldeck- Frankenberg 3,1 Offenbach am Main, St. 0,8 Main-Kinzig-Kreis 0,8 LK Hersfeld- Rotenburg 0,5 Kassel, St. -5,6 Werra-Meißner- Kreis -8,7-10 -5 0 5 10 15 Quelle: Statistisches Landesamt Hessen, eigene Darstellung. Was die Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten anbelangt, ist bei der Entwicklung in Hessen und den hier betrachteten Gebietskörperschaften zum Teil eine gegenläufige Entwicklung auszumachen (vgl. Abbildung 2). So sank die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Zeitraum von 1992 bis zum Jahr 2003 landesweit um rund 4 %. Besonders ausgeprägt war der Beschäftigungsabbau auch hier im Werra-Meißner-Kreis und in der Stadt Kassel. Deutlich war auch der Rückgang bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Stadt Offenbach, mehr als jede zehnte Stelle wurde hier abgebaut. Eine hohe Beschäftigungsdynamik ist dagegen kennzeichnend für den Main- Taunus-Kreis. Die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten stieg im Betrachtungszeitraum um über 13 % und lag damit im Gleichklang mit der Entwicklung der Erwerbstätigen. Eine leicht positive Entwicklung war zudem im Landkreis Fulda auszumachen. 6

HA Hessen Agentur GmbH Wirtschafts- und Regionalforschung Abbildung 2: Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (1992 2003) Main-Taunus-Kreis 13,6 LK Fulda 0,2 LK Offenbach -2,4 Land Hessen -4,0 LK Waldeck- Frankenberg -5,3 Main-Kinzig-Kreis -6,2 LK Hersfeld- Rotenburg -7,2 Offenbach am Main, St. -11,7 Kassel, St. -12,5 Werra-Meißner- Kreis -18,7-25 -20-15 -10-5 0 5 10 15 20 Quelle: Statistisches Landesamt Hessen, eigene Darstellung. Die durchschnittliche Arbeitslosigkeit lag in den Jahren von 1993 bis 2004 in Hessen bei etwas über 8 % und damit deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Innerhalb Hessens waren jedoch erhebliche Unterschiede erkennbar (vgl. Abbildung 3). Besonders hoch lag die Arbeitslosigkeit in Kassel. Mit durchschnittlich über 16 % war sie fast doppelt so hoch wie der Landesdurchschnitt. Gründe hierfür waren der anhaltende Strukturwandel und der massive Abbau von Arbeitsplätzen im Verarbeitenden Gewerbe. Auch im Werra-Meißner-Kreis und in der Stadt Offenbach war die Arbeitslosigkeit überdurchschnittlich hoch. Besonders auffallend war - im positiven Sinn - auch hier wieder die arbeitsmarktpolitische Lage im Main-Taunus-Kreis. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote lag bei etwas über 5 %. Unter Berücksichtigung der friktionellen Arbeitslosigkeit war in diesem Landkreis beinahe Vollbeschäftigung erreicht worden. 7

Job-Center in Hessen Abbildung 3: Durchschnittliche Arbeitslosenquote (1993 2004) Kassel, St. 16,2 Werra-Meißner- Kreis 12,3 Offenbach am Main, St. 11,1 LK Hersfeld- Rotenburg 10,1 LK Waldeck- Frankenberg 8,6 Land Hessen 8,4 Main-Kinzig- Kreis 8,1 LK Fulda 7,9 LK Offenbach 7,1 Main-Taunus-Kreis 5,4 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 Quelle: Statistisches Landesamt Hessen, eigene Darstellung. Während die Höhe der Arbeitslosigkeit zwischen den Gebietskörperschaften stark schwankte, sind beim Blick auf die Jugendarbeitslosigkeit keine so markanten Unterschiede auszumachen. Zwar weist auch hier der Main-Taunus-Kreis mit rund 9 % Jugendarbeitslosigkeit den niedrigsten Wert auf. Der Abstand zum Landesdurchschnitt beträgt jedoch nur rund 3 Prozentpunkte (vgl. Abbildung 4). Die beiden Städte Kassel und Offenbach weisen gegenüber dem Landesdurchschnitt eine geringere Jugendarbeitslosigkeit auf. Dagegen lag die durchschnittliche Jugendarbeitslosigkeit in den ländlich geprägten Landkreisen Hersfeld-Rotenburg, Waldeck-Frankenberg und Fulda jeweils über 13 %. 8

HA Hessen Agentur GmbH Wirtschafts- und Regionalforschung Abbildung 4: Durchschnittliche Arbeitslosenquote der Personen unter 25 Jahre (1993 2004) LK Hersfeld- Rotenburg LK Waldeck- Frankenberg 14,1 13,5 LK Fulda 13,2 Werra-Meißner- Kreis 12,3 Main-Kinzig-Kreis 12,1 Land Hessen 11,8 Kassel, St. 11,3 Offenbach am Main, St. 11,3 LK Offenbach 9,8 Main-Taunus-Kreis 9,2 0 2 4 6 8 10 12 14 16 Quelle: Statistisches Landesamt Hessen, eigene Darstellung. Besonders schwer stellt sich die Integration von Langzeitarbeitslosen in den Erwerbsprozess dar. Diese Personengruppe vereint oftmals mehrere vermittlungshemmende Merkmale auf sich, wie keine Berufsausbildung, unzureichende Sprachkenntnisse und gesundheitliche Einschränkungen. Anhand des Anteils der Arbeitslosen, die länger als ein Jahr ohne Beschäftigung sind, lassen sich die strukturellen Probleme der regionalen Teilarbeitsmärkte deutlich ablesen. Die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit und die insgesamt gering ausgeprägte Beschäftigungsdynamik haben insbesondere in der Stadt Kassel und auch im Werra- Meißner-Kreis zu einem sehr hohen Anteil von Langzeitarbeitslosen geführt (vgl. Abbildung 5). So waren durchschnittlich rund 40 % der Arbeitslosen in der Stadt Kassel schon länger als ein Jahr arbeitslos. Dieser Anteil lag damit deutlich über dem Landesdurchschnitt von rund 32 %. Im Landkreis Waldeck-Frankenberg war dagegen das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit geringer ausgeprägt, im Durchschnitt waren nur rund 25 % der Arbeitslosen als Langzeitarbeitslose zu klassifizieren. 9

Job-Center in Hessen Abbildung 5: Durchschnittlicher Anteil der Langzeitarbeitslosen (1993 2004) Kassel, St. 39,0 Werra-Meißner- Kreis 34,9 Main-Kinzig-Kreis 31,9 LK Hersfeld- Rotenburg 31,8 Land Hessen 31,7 Main-Taunus-Kreis 31,4 LK Offenbach 30,6 Offenbach am Main, St. 30,5 LK Fulda 29,9 LK Waldeck- Frankenberg 24,5 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 Quelle: Statistisches Landesamt Hessen, eigene Darstellung. Die zuvor dargestellten Indikatoren zeichneten die Entwicklung auf den regionalen Arbeitsmärkten nach. Deutlich wird hierbei, dass insbesondere in der Stadt Kassel und im Landkreis Werra-Meißner die Arbeitsmarktsituation besonders angespannt war. Auf der anderen Seite war im Landkreis Main-Taunus aufgrund der Beschäftigungsdynamik und der geringen strukturellen Arbeitslosigkeit zu erwarten, dass die Integration von Job-Center-Kunden in den ersten Arbeitsmarkt leichter zu bewerkstelligen sein wird. Die angespannte Lage auf dem nordhessischen Arbeitsmarkt hat neben anderen Faktoren auch dazu geführt, dass viele Personen von der Sozialhilfe abhängig waren. Durch die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit sind Personen vermehrt auf ergänzende Leistungen der Sozialhilfe angewiesen. Prinzipiell konzentrieren sich die Personen, die Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen, auf die Städte in Hessen. Dies zeigt auch der Blick auf den Indikator Sozialhilfequote: Empfänger von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) je 1.000 Einwohner (vgl. Abbildung 6). In den beiden Städten Offenbach und Kassel sind hohe Empfängerzahlen festzustellen. In der Stadt Kassel beziehen sogar etwas mehr als 10 % aller Einwohner Hilfe zum Lebensunterhalt. 10

HA Hessen Agentur GmbH Wirtschafts- und Regionalforschung Der Main-Taunus-Kreis weist mit einer Sozialhilfequote von 20 Personen je 1.000 Einwohner den niedrigsten Wert auf. Zwischen den anderen Vergleichsregionen sind die Unterschiede nicht sehr ausgeprägt. Die Sozialhilfequote schwankt zwischen 38 Personen im Werra-Meißner-Kreis und 32 Personen im Main-Kinzig-Kreis. Abbildung 6: Durchschnittliche Empfänger von HLU am Jahresende je 1000 Einwohner (Sozialhilfequote) von 1995-2003 Kassel, St. 103 Offenbach am Main, St. 88 Land Hessen 41 Werra-Meißner- Kreis 38 LK Hersfeld- Rotenburg 35 LK Fulda 34 LK Offenbach 33 LK Waldeck- Frankenberg 32 Main-Kinzig-Kreis 32 Main-Taunus-Kreis 20 0 20 40 60 80 100 120 Quelle: Statistisches Landesamt Hessen, eigene Darstellung. In der Gesamtbetrachtung ist somit festzuhalten, dass die arbeitsmarktpolitische Ausgangslage zwischen den einzelnen Einrichtungen sehr unterschiedlich ist. Insbesondere in den nordhessischen Einrichtungen und hier vor allem in Kassel ist zu erwarten, dass die Integration der Kunden besondere Anstrengungen erfordert. 11

Job-Center in Hessen 3 Auswertung des Kundenmonitorings 3.1 Vorbemerkung Um möglichst umfassend und zeitnah aktuelle Informationen über die Entwicklung der hessischen Job-Center zu erhalten, wurden im Rahmen eines begleitenden Monitorings monatlich Kennzahlen für die Evaluierung erhoben. Der Umfang der zu liefernden Kennzahlen wurde im Rahmen von zwei Workshops im Frühjahr 2003 mit den einzelnen Job-Centern abgesprochen. Durch die einheitlichen Vorgaben über die zu erhebenden Kennzahlen wird eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse ermöglicht. Die besondere Herausforderung lag darin, dass diese Daten nur zum Teil automatisch generiert werden konnten und dementsprechend einen erheblichen Aufwand für die Job-Center verursachen. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund, dass im Rahmen der beiden Workshops die unterschiedlichen und nicht kompatiblen IT-Systeme der beiden Verwaltungen als eines der zentralen Probleme der Zusammenarbeit genannt wurden. Allerdings war nur so sichergestellt, ausreichende Informationen über die Job-Center zu erhalten, insbesondere über die Kundenstruktur, den Einsatz sowie den Erfolg der eingesetzten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen. Im Verlauf der Evaluierung hat sich jedoch herausgestellt, dass die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zum Teil dadurch eingeschränkt wurde, dass die Institutionen trotz der vereinbarten Vorgaben Freiheitsgrade bei der Erhebung von Daten nutzten und dementsprechend die Qualität der zu übermittelnden Daten sehr unterschiedlich ausgeprägt war. Dies ist für eine arbeitsmarktpolitische Evaluierungsmaßnahme auf einer so kleinräumigen Ebene kein überraschender Sachverhalt, schließlich konnte man nicht auf amtliche Statistiken, die im Regelfall alle denkbaren Fallkonstruktionen abdecken, zurückgreifen. Bei besonders gravierenden Fällen, d.h. wenn Sachverhalte vor Ort systematisch anders eingestuft wurden, als dies die übrigen Einrichtungen taten, wird gesondert darauf hingewiesen. Als ein besonderes Ärgernis hat sich die mangelnde Bereitschaft des JOC Maintals herausgestellt, Daten für das begleitende Monitoring zu liefern. Das JOC Maintal, dessen Projektsteuerung in den Händen der Kommune lag, lieferte nur Daten bis zum Dezember 2003. Insofern konnten wertvolle Hinweise darüber, inwiefern eine alleinige Betreuung der Kunden durch die Kommune zu besseren Ergebnissen bei der Integration von Langzeitarbeitslosen führt, leider nicht gewonnen werden. 8 8 Darüber hinaus wird die Interpretation der Ergebnisse erheblich beeinträchtigt, da nur für einen sehr kurzen Zeitraum Daten über die Kunden dieser Einrichtung vorliegen. Aufgrund der Größe der Institution mit rund 1.400 Kunden wären die Daten sehr wichtig für diese Untersuchung gewesen. 12

HA Hessen Agentur GmbH Wirtschafts- und Regionalforschung Zu beachten ist ferner, dass die Projektphase bei einigen Job-Centern schon im September 2004 endete. Andere Einrichtungen konnten zum Ende der Evaluierung nur noch sehr eingeschränkt Daten übermitteln. Dies war insbesondere auf die Umstellung zum SGB II zurückzuführen. Die Verantwortlichen mussten Priorität auf die Umstellung und Institutionalisierung der Arbeitsgemeinschaften bzw. Implementierung der Optionslösung setzen. Es galt eine reibungslose Zahlbarmachung der Leistungen zu Beginn des Jahres 2005 zu gewährleisten. 3.2 Anzahl der Job-Center-Kunden und Betreuungsrelation Einen Überblick über die Anzahl der von den hessischen Job-Centern betreuten Kunden gibt Tabelle 1. Auffällig ist die sehr heterogene Größenstruktur der Job- Center. Während in den Job-Centern Kassel und Rodgau-Seligenstadt nur 200 bis 300 Kunden betreut werden, sind dies in den Job-OFFENSIV-Centern, zu deren Zielgruppe auch Arbeitslosenhilfebezieher gehören, bis zu 1.600 Kunden. Insgesamt betrachtet werden rund zwei Drittel aller Kunden in einem Job-OFFENSIV- Center betreut. Tabelle 1: Entwicklung der Kundenanzahl in den hessischen Job-Centern Monat JC Eschwege JC Bad Hersfeld JC Rodgau- Seligenstadt JC Kassel JOC Fulda JOC Korbach JOC Maintal JOC Main- Taunus insgesamt April 03 452 702 201 183 1.435 1.116 1.572-5.661 Mai 03 414 686 211 184 1.415 1.111 1.561-5.582 Juni 03 399 661 212 187 1.414 1.105 1.558-5.536 Juli 03 406 661 204 192 1.451 1.069 1.506-5.489 August 03 434 682 213 172 1.473 1.148 1.443 59 5.624 September 03 431 708 228 165 1.451 1.118 1.434 117 5.652 Oktober 03 446 685 249 159 1.456 1.097 1.425 153 5.670 November 03 466 726 261 182 1.388 1.142 1.455 181 5.801 Dezember 03 431 746 291 199 1.378 1.149 1.454 223 5.871 Januar 04 449 732 301 200 1.355 1.228-250 4.515 Februar 04 503 766 298 247 1.405 1.259-306 4.784 März 04 521 805 290 310 1.436 1.232-320 4.914 April 04 502 810 298 304 1.370 1.216-326 4.826 Mai 04 516 749 298 289 1.327 1.203-315 4.697 Juni 04 516 776 289 278 1.234 1.184-331 4.608 Juli 04 524 761 282 255 1.249 1.210-306 4.587 August 04 505 771 254 225 1.234 1.247-310 4.546 September 04 519 802 242-1.195 1.211-307 4.276 Oktober 04 534 - - - 1.215 1.205-312 3.266 November 04 507 - - - 1.183 - - 306 1.996 Dezember 04 460 - - - 1.206 - - 309 1.975 Quelle: Job-Center Kundenmonitoring, eigene Berechnungen. 13

Job-Center in Hessen Die reine Darstellung der Entwicklung der Kundenanzahl verstellt jedoch den Blick auf die Dynamik der Kundenströme. Um diese Dynamik abzubilden, wird deshalb die Summe aller Zu- und Abgänge eines Monats in Relation zum Kundenbestand gesetzt. So betrug beispielsweise im JC Eschwege die Summe der Zu- und Abgänge im Monat April 2003 (insgesamt 163 Kunden) in Relation zum Bestand (452 Kunden) rund 36 %. Im Monat September 2003 lag die Relation sogar bei 47 %. Zwischen den einzelnen Job-Centern gibt es in der Gesamtbetrachtung große Unterschiede (vgl. Tabelle 2). So betrug der Anteil der Zu- und Abgänge in Relation zum Kundenbestand im JOC Main-Taunus rund 60 %, im Job-Center Bad Hersfeld lag der Anteil dagegen nur bei rund 25 %. 9 Damit wird klar, dass sich hinter den geringen Änderungen des Kundenbestands insgesamt eine sehr unterschiedliche Dynamik der Kundenströme in den einzelnen Job-Centern verbirgt. Deutlich wird auch, dass der Anteil der Zu- und Abgänge am gesamten Kundenbestand im Beobachtungszeitraum erheblich variiert. 10 Tabelle 2: Durchschnittlicher Anteil der Zu- und Abgänge in Relation zum Kundenbestand in den hessischen Job-Centern JC Eschwege JC Bad Hersfeld JC Rodgau- Seligenstadt JC Kassel JOC Fulda JOC Korbach JOC Main-Taunus Durchschnitt 29,4 24,5 24,0 28,0 32,8 31,8 59,7 Quelle: Job-Center Kundenmonitoring, eigene Berechnungen. Ein wesentliches Ziel, das im Rahmen des Modellversuchs der hessischen Job- Center umgesetzt werden soll, ist eine Verbesserung des Betreuungsverhältnisses. Die Relation von Job-Center-Mitarbeitern zu Kunden, die so genannte Betreuungsrelation, weicht gravierend voneinander ab. So entfallen auf einen Job-Center-Mitarbeiter im JC Kassel zu Beginn des Modellprojekts rund 30 Kunden. Demgegenüber musste ein Mitarbeiter im JOC Fulda oder im Job-Center Bad Hersfeld rund 180 bzw. 160 Kunden betreuen (vgl. Tabelle 3). In den Job-Centern Eschwege und Rodgau-Seligenstadt wurde mit rund 75 Kunden pro Mitarbeiter eine Betreuungsrelation erreicht, die den Vorstellungen von einer intensiven Betreuung im Sinne der Hartz-IV-Reformen entspricht. Diese Diskrepanzen in der Betreuungsrelation lassen generell auf eine sehr unterschiedliche Arbeitsbelastung der Mitarbeiter schließen. Außerdem sind auch Unter- 9 Vgl. die ausführlichen Daten in Tabelle 30 im Anhang. 10 Vgl. die ausführlichen Daten in Tabelle 31 im Anhang. 14

HA Hessen Agentur GmbH Wirtschafts- und Regionalforschung schiede bei der Qualität der maßgeschneiderten und individuellen Beratungs- und Vermittlungsangebote zu vermuten. So muss beispielsweise ein Mitarbeiter im JOC Fulda rund sechs Mal mehr Kunden betreuen als ein Mitarbeiter im JC Kassel. Auf die Frage, inwieweit ein Zusammenhang zwischen der Qualität der Beratung und der Betreuungsrelation besteht, wird in Kapitel 4 bei der Auswertung der Kundenbefragung näher eingegangen. Tabelle 3: Durchschnittliche Betreuungsrelation in den hessischen Job-Centern JC Eschwege JC Bad Hersfeld JC Rodgau- Seligenstadt JC Kassel JOC Fulda JOC Korbach JOC Main- Taunus Kundenbestand pro JC-Mitarbeiter 79 157 74 31 183 147 65 Quelle: Job-Center Kundenmonitoring, eigene Berechnungen. Die Betreuungsrelation ist allerdings eine Kennziffer, die nur eingeschränkt Aussagen darüber zulässt, welcher Betreuungs- und Vermittlungsaufwand von den einzelnen Mitarbeitern eines Job-Centers zu erbringen ist. Neben der Betreuung des Bestands müssen beispielsweise individuelle Hilfepläne für die Zugänge in ein Job- Center entwickelt werden. Wird die Anzahl der Mitarbeiter in Relation zu der Summe der Zu- und Abgänge eines Job-Centers gesetzt, so kann abgeschätzt werden, wie die unterschiedliche Dynamik der Kundenbewegungen die Arbeitsbelastung der Job-Center-Mitarbeiter beeinflusst. Dieser Indikator ist - in Verbindung mit der Betreuungsrelation - insofern aussagekräftiger, da sich hinter der Betreuungsrelation allein nur Bestandsgrößen verbergen. Tabelle 4 gibt einen Überblick über die durchschnittliche Relation der Kundenbewegungen pro Mitarbeiter in den hessischen Job-Centern. Wie schon bei der Betreuungsrelation sind auch bei dieser Gegenüberstellung große Unterschiede zu erkennen. Darüber hinaus waren große Schwankungen der Kundenbewegungen über den relativ kurzen Zeitraum von April 2003 bis Dezember 2004 auszumachen. 11 Im Durchschnitt waren im JC Kassel zehn Kundenbewegungen pro Mitarbeiter und Monat zu verzeichnen. Wie aus Tabelle 4 ersichtlich, streut diese Relation von Kundenbewegung pro Job-Center-Mitarbeiter zwischen den einzelnen Institutionen erheblich. Im JOC Fulda waren pro Mitarbeiter rund 60 Kundenbewegungen im Monat festzustellen. Diese Auswertung zeigt klar, dass die Betrachtung der statischen 11 Die Daten für die einzelnen Monate sind in Tabelle 32 im Anhang abgebildet. 15

Job-Center in Hessen Betreuungsrelation allein nicht ausreicht, um Aussagen über die Arbeitsbelastung zu formulieren. Tabelle 4: Durchschnittliche Anzahl der Kundenbewegungen pro Job-Center-Mitarbeiter pro Monat JC Eschwege JC Bad Hersfeld JC Rodgau- Seligenstadt JC Kassel JOC Fulda JOC Korbach JOC Main- Taunus Kundenbewegungen pro JC-Mitarbeiter 23 39 17 10 59 47 33 Quelle: Job-Center Kundenmonitoring, eigene Berechungen. 3.3 Status der Job-Center-Kunden Da die Job-Center keine homogene Zielgruppe betreuten, ist es neben der Betrachtung der gesamten Kundenentwicklung interessant zu erfahren, wie sich die Kundenstruktur nach dem Status Sozialhilfe-, Arbeitslosenhilfe- oder Doppelbezieher auf die einzelnen Job-Center verteilen und wie sich deren Entwicklung darstellt. In der Gesamtbetrachtung reduzierte sich der Anteil der Sozialhilfebezieher in den hessischen Job-Centern von 62 % im April 2003 auf rund 55 % bis zum Dezember 2004. Der Anteil von Sozialhilfebeziehern in den Job-Centern variiert dabei beträchtlich. So lag beispielsweise der Anteil der Sozialhilfebezieher im JC Eschwege zum Teil bei bis zu 80 %. Auch im JC Bad Hersfeld waren im Durchschnitt rund 75 % der Kunden vom Status her Sozialhilfeempfänger. Ganz anders dagegen die Klientel im JOC Main-Taunus, hier lag der Anteil dieser Personengruppe unter 20 %. 12 In einigen Job-Centern sind darüber hinaus große Schwankungen festzustellen, so verringerte sich z. B. der Anteil der Sozialhilfebezieher im JOC Korbach und JOC Fulda deutlich, während er in anderen Institutionen nahezu gleich blieb. Nicht alle Job-Center betreuen auch Arbeitslosenhilfebezieher. Neben den Job- OFFENSIV-Centern, bei denen Arbeitslosenhilfebezieher zur Zielgruppe gehören, wird diese Personengruppe in nennenswertem Umfang nur noch im JC Bad Hersfeld betreut. 13 Besonders viele Arbeitslosenhilfebezieher wurden im JOC Korbach betreut, hier lag der Anteil dieser Personengruppe stets über 55 %, im JOC Fulda lag der Anteil dagegen nur bei rund 25 %. Wesentlich niedriger waren auch die Anteile in den anderen Einrichtungen. Obwohl die Job-OFFENSIV-Center von ihrer 12 Vgl. die Detailergebnisse in Tabelle 33 und in Tabelle 34 im Anhang. 13 Das JC Rodgau-Seligenstadt betreut keine Arbeitslosenhilfebezieher. In den Job-Centern Kassel und Eschwege lag die Anzahl der Arbeitslosenhilfebezieher im Zeitverlauf zwischen 0 und 5 Personen. In Tabelle 35 im Anhang ist die absolute Anzahl der Arbeitslosenhilfeempfänger in den Job-Centern dargestellt. 16

HA Hessen Agentur GmbH Wirtschafts- und Regionalforschung Ausrichtung eine identisch definierte Zielgruppe betreuen, zeigt diese Auswertung, dass faktisch erhebliche Unterschiede bestehen. Ein wesentliches Element von Job-Centern ist die Betreuung der Kunden, die sowohl Arbeitslosenhilfe als auch (ergänzend) Sozialhilfe beziehen (Doppelbezieher). Nicht zuletzt soll die verstärkte Zusammenarbeit der Träger der Sozialhilfe und der Arbeitsverwaltung gerade für diese Personengruppe zu einer Verbesserung führen. Insgesamt betrachtet stellt die Personengruppe der Doppelbezieher die kleinste Gruppe unter den Job-Center-Kunden dar. Besonders viele Doppelbezieher werden im JC Kassel betreut. Hier liegt der Anteil dieser Kundengruppe im Durchschnitt bei rund 45 %. Ebenfalls bedeutsam ist diese Personengruppe im JC Eschwege. In den Job-OFFENSIV-Centern sind Doppelbezieher dagegen die kleinste Kundengruppe. Der Anteil dieser Kundengruppe ist im gesamten Zeitverlauf relativ konstant geblieben. 14 3.4 Struktur der Job-Center-Kunden Die Verteilung der Kunden nach Geschlecht wird im Folgenden betrachtet. Der Anteil der in den hessischen Job-Centern betreuten Frauen variiert zwischen 34 % und 53 % (vgl. Tabelle 5). Am niedrigsten war der Anteil der Frauen in den Einrichtungen Main-Taunus, Korbach und Bad Hersfeld. Die weiblichen Kunden überwogen im JC Rodgau-Seligenstadt, wo sie 53 % der Kunden stellten. Im Zeitablauf waren keine besonderen Verschiebungen innerhalb der einzelnen Institutionen auffällig. Tabelle 5: Anteil der Frauen in den hessischen Job-Centern (in %) JC Eschwege JC Bad Hersfeld JC Rodgau- Seligenstadt JC Kassel JOC Fulda JOC Korbach JOC Main- Taunus Mittelwert 47,0 41,8 53,0 39,4 49,4 38,6 33,7 Quelle: Job-Center Kundenmonitoring, eigene Berechungen. Die Job-Center betreuten im Schnitt 4.800 Kunden pro Monat. Von diesen waren gut 16 % unter 25 Jahre alt, knapp zwei Drittel im Alter von 25 bis 50 Jahren und etwa 15 % über 50 Jahre alt. Zwischen den Job-Centern gab es dabei erhebliche Unterschiede in den Altersstrukturen, wie nachstehende Abbildungen illustrieren. Der Anteil der jugendlichen Kunden schwankt erheblich von rund 5 % im JOC Fulda bis knapp 60 % im JOC Main-Taunus (vgl. Abbildung 7). Trotz formal identischer 14 Vgl. hierzu die Tabellen 37 und 38 im Anhang. 17

Job-Center in Hessen Zielgruppen der Job-OFFENSIV-Center zeigt sich hier deutlich, dass die Einrichtungen die Freiheiten und den experimentellen Charakter der Förderung für eine spezifische Ausrichtung der jeweiligen Einrichtung genutzt haben. So bediente das JOC Main-Taunus eine ganz andere Klientel als etwa das JOC Fulda. Abbildung 7: Anteil der Kunden unter 25 Jahren (Mittelwerte, in %) 70 60 59,6 50 40 30 20 16,2 16,4 21,3 13,5 10 8,3 11,2 5,2 0 JOC Fulda JOC Korbach JC Bad Hersfeld JC Rodgau Job-Center insgesamt JC Kassel JC Eschwege JOC Main- Taunus Quelle: Job-Center Kundenmonitoring, eigene Darstellung. Der Anteil an Kunden über 50 Jahre differiert zwischen den Job-Centern ebenfalls deutlich und reicht von lediglich 1,3 % im JC Kassel bis hin zu rund 21 % im JOC Korbach. Die jeweiligen Anteile der einzelnen Job-Center sind im Zeitablauf relativ gleich bleibend (vgl. Abbildung 8). Zu beachten ist, dass gerade das JC Kassel insgesamt verhältnismäßig wenig Kunden betreute und deshalb der Anteil Älterer hier nur auf einer sehr geringen Anzahl von Fällen basiert. 18

HA Hessen Agentur GmbH Wirtschafts- und Regionalforschung Abbildung 8: Anteil der Kunden über 50 Jahre (Mittelwerte, in %) 30 20 18,2 20,5 15,6 12,6 13,5 10 7,1 7,6 0 1,3 JC Kassel JOC Main-Taunus JC Eschwege JC Rodgau JC Bad Hersfeld Job-Center insgesamt JOC Fulda JOC Korbach Quelle: Job-Center Kundenmonitoring, eigene Darstellung. Etwa zwei Drittel aller Job-Center-Kunden sind im Alter zwischen 25 und 50 Jahren. Die Verteilung auf die einzelnen Job-Center, dargestellt in Abbildung 9, ergibt sich aus der Verteilung auf die beiden anderen Altersgruppen, so dass hier auf weitere Ausführungen verzichtet wird. 19

Job-Center in Hessen Abbildung 9: Anteil der Kunden zwischen 25 und 50 Jahren (Mittelwerte, in %) 90 80 70 68,6 71,1 71,8 72,7 75,3 76,8 82,3 60 50 40 33,4 30 20 10 0 JOC Main- Job-Center JC Eschw ege JOC Korbach JC Rodgau JC Bad JOC Fulda JC Kassel Taunus insgesamt Hersfeld Quelle: Job-Center Kundenmonitoring, eigene Darstellung. Knapp zwei Drittel der Job-Center-Kunden haben keine berufliche Qualifikation (vgl. Tabelle 6). Im betrachteten Zeitraum veränderten sich die Anteile innerhalb der einzelnen Job-Center nur geringfügig. Eine Ausnahme bildet hier das JOC Main- Taunus, das mit nahezu 80 % beruflich Unqualifizierter im August 2003 startete. Im Durchschnitt lag allerdings in diesem JOC der Anteil der Personen ohne eine formale berufliche Qualifikation bei etwas über 50 %. Damit hatten die Kunden dieses JOC und die Kunden des JOC Korbach zumindest was das Kriterium der beruflichen Qualifikation anbelangt die günstigen Voraussetzungen. Dagegen verfügte die deutliche Mehrzahl der Kunden in den anderen Einrichtungen über keine berufliche Qualifikation, in der Stadt Kassel lag der Anteil sogar bei über 70 %. Tabelle 6: Anteil der Kunden ohne berufliche Qualifikation (in %) JC Eschwege JC Bad Hersfeld JC Rodgau- Seligenstadt JC Kassel JOC Fulda JOC Korbach JOC Main-Taunus Mittelwert 59,4 67,2 66,1 72,0 62,4 52,5 51,1 Quelle: Job-Center Kundenmonitoring, eigene Berechnungen. 20

HA Hessen Agentur GmbH Wirtschafts- und Regionalforschung 3.5 Verbleib der Job-Center-Kunden Im Rahmen des Monitorings sollten die Einrichtungen Angaben darüber liefern, wie lange es dauert, bis dem Kunden ein Hilfe- bzw. Stellenangebot unterbreitet wird. Die Auswertung ergab, dass es prinzipiell schon beim Erst- spätestens aber beim Zweitkontakt gelingt, dem Kunden unterstützende Maßnahmen anzubieten. Die konkrete Inanspruchnahme von Dienstleistungen, wie der Schuldenberatung, kann naturgemäß nicht am ersten Tag im Job-Center erfolgen. Hier sind Friktionen zwischen dem Hilfeangebot und der Nachfrage die Regel. Auch die Vermittlung von Stellenangeboten erfolgte sehr zügig. Gemäß der Handlungsmaxime von Fördern und Fordern ist es den Institutionen gelungen, sehr schnell auf die Bedürfnisse der Kunden zu reagieren. Darüber hinaus offerierten die Einrichtungen ihren Kunden vielfältige Hilfs- und Unterstützungsangebote, die eine Brücke für die Wiederaufnahme einer Beschäftigung bilden sollte. Insgesamt wurden die Kunden durch die Einrichtungen rund 7.200-mal (Doppelzählungen möglich) unterstützt. So benötigte eine Vielzahl der Job-Center-Kunden zunächst einmal aufgrund persönlicher Probleme das Angebot von Unterstützungsleistungen, wie Schuldnerberatung, Drogen-/ Suchthilfe, die Hilfe einer psychosozialen Beratungsstelle oder einer sonstigen Beratungseinrichtung. Insgesamt waren es knapp 900 Kunden, die an eine andere Einrichtung weitervermittelt wurden. Darüber hinaus war es wichtig, die Kunden zur Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit in eine gemeinnützige Arbeit, ein Praktikum oder eine Hilfe zur Arbeit nach der Arbeitsvertragsvariante zu vermitteln. Bei über 3.000 Kunden wurde versucht, durch diese Maßnahmen die Chancen für die Wiederaufnahme einer regulären Beschäftigung zu erhöhen. Die größte Anzahl der Kunden (rund 2.000) wurde in eine gemeinnützige Tätigkeit vermittelt, ebenfalls von großer Bedeutung war die Vermittlung eines Praktikums (800 Kunden). Die Möglichkeiten, über die Vermittlung einer gemeinnützigen Tätigkeit den Wiedereinstieg in den Erwerbsprozess zu erleichtern und die Arbeitswilligkeit der Kunden zu testen, wurde insbesondere in den Einrichtungen Bad Hersfeld, Fulda und Korbach praktiziert. Die anderen Einrichtungen machten von dieser Möglichkeit nur relativ selten Gebrauch. Aufgrund der insgesamt schlechten Qualifikationsstruktur war es häufig notwendig, die Job-Center-Kunden durch vielfältige Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zu unterstützen. Insgesamt wurden während der Projektphase rund 2.700 flankierende Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen durchgeführt. Nur ein sehr geringer Anteil der Kunden nahm an Alphabetisierungskursen teil. Dagegen wurden rund 850 Kunden zur Teilnahme an einem Deutschkurs aufgefordert. Von noch größerer Bedeutung war die Vermittlung der Kunden in ein Bewerbungstraining (1.100 Kunden). Was die 21

Job-Center in Hessen Anzahl der Qualifizierungsmaßnahmen anbelangt zeigt sich, dass das JOC Fulda seine Kunden besonders intensiv unterstützt hat. Sonstige Arbeitsfördermaßnahmen wie ABM oder SAM spielten mit insgesamt rund 600 Fällen nur eine geringe Rolle. Auch dieses Instrument wurde überwiegend vom JOC Fulda eingesetzt. Von zentraler Bedeutung ist die Beantwortung der Frage nach dem Verbleib der Job-Center-Kunden, insbesondere, ob und wie es gelingt, die Kunden wieder in den Erwerbsprozess zu integrieren und aus welchen Gründen die Kunden aus der Betreuung des Job-Centers herausfallen. Insgesamt haben im Beobachtungszeitraum von April 2003 bis Dezember 2004 rund 11.000 Kunden das Job-Center verlassen. 15 Der wichtigste Grund lag in der Vermittlung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Knapp 27 % der Kunden schieden auf diese Weise aus ihrem Job-Center aus. Der überwiegende Teil davon wurde in den Arbeitsmarkt vermittelt, ohne dass Lohnkostenzuschüsse an die Arbeitgeber gewährt wurden. 16 Instrumente wie Kombilöhne oder die Gewährung von Zuschüssen sowohl an den Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmer haben insgesamt bei der Vermittlung in den Arbeitsmarkt keine Rolle gespielt. Weitere 22 % der Abgänge betrafen Kunden, die aufgrund von gesundheitlichen, familiären oder persönlichen Gründen nicht arbeits- oder erwerbsfähig bzw. verfügbar waren. Rund 20 % der Kunden sind als Abgänge zu klassifizieren, da sie aus sonstigen Gründen, wie z.b. Wehr-/ Zivildienst, Rente, Heirat o.ä. nicht weiter im Leistungsbezug der Sozial- oder Arbeitslosenhilfe verbleiben. Bei rund jedem zehnten Kunden ist der Verbleib unbekannt, in eine Arbeitsförderungsmaßnahme bzw. Maßnahmen der Hilfe zur Arbeit sind rund 7 % aller Kunden eingemündet. Ebenfalls rund 7 % der Kunden sind aufgrund einer Qualifizierungsund Weiterbildungsmaßnahme aus dem Job-Center ausgeschieden. Ein geringer Anteil der Kunden (3,6 %) wurde an das Sachgebiet Hilfe zur Arbeit zurückgewiesen und ein noch geringerer Anteil von 2 % konnte das Job-Center aufgrund der Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit verlassen (vgl. Tabelle 7). 17 15 Insgesamt lag die Anzahl der Abgänge noch höher. Zu denken ist hierbei an den Verbleib der Kunden des JOC Maintal. Darüber hinaus ist eine Differenz von weiteren knapp 2.000 Abgängen allein auf das JOC Fulda zurückzuführen, in dem rund 2000 Kunden während des Beobachtungszeitraums aufgrund fehlender Mitwirkung aus der Betreuung des JOC herausgefallen sind. Diese 2000 Kunden entsprechen rund 15 % aller Abgänge in den hessischen Job-Centern und werden nicht bei der Auswertung berücksichtigt, da sie die Ergebnisse deutlich verzerren würden. 16 Hierbei waren allerdings erhebliche regionale Unterschiede auszumachen, vgl. Abbildung 11. 17 Aufgrund der unterschiedlichen Datenqualität ergeben sich Abweichungen, deshalb wird hier von rund 11.000 Abgängen ausgegangen. 22

HA Hessen Agentur GmbH Wirtschafts- und Regionalforschung Tabelle 7: Verbleib der Job-Center-Kunden Abgang insgesamt in % in selbständige Erwerbstätigkeit 193 1,7 in den allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelt, davon: 3.008 27,2 - ohne Zuschüsse 2.232 20,2 - mit Lohnkostenzuschuss an den Arbeitgeber 770 7,0 - mit Zuschüssen an den Arbeitnehmer (z.b. Kombilohn) 8 0,1 - mit Zuschüssen an den Arbeitnehmer und den Arbeitgeber 0 0,0 in eine Arbeitsförderungsmaßnahme bzw. Maßnahme der Hilfe zur Arbeit 787 7,1 in Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen 755 6,8 Zurückverweisung an das Sachgebiet Hilfe zur Arbeit 397 3,6 aus gesundheitlichen, familiären oder persönlichen Gründen nicht arbeits- oder erwerbsfähig bzw. verfügbar 2.453 22,2 kein weiterer Bezug von Sozial- bzw. Arbeitslosenhilfe aus sonstigen Gründen, wie z.b. Wehr-/ Zivildienst, Rente, Heirat o.ä. 2.197 19,9 Verbleib unbekannt 1.177 10,6 insgesamt ca. 11.000 100 Quelle: Job-Center Kundenmonitoring, eigene Berechnungen. Werden die Abgänge nach Job-Centern getrennt analysiert, zeigen sich sehr große Diskrepanzen. So variiert der Anteil der Kunden, der durch die Vermittlung in den Arbeitsmarkt ein Job-Center verlassen konnte, beträchtlich. Im JC Kassel sind mehr als 38 % der Abgänge auf eine Vermittlung in den Arbeitsmarkt zurückzuführen, und dies obwohl die arbeitsmarktpolitische Ausgangssituation als ungünstig zu bezeichnen ist. Einen deutlich höheren Anteil an Vermittlungen in den Arbeitsmarkt weist auch noch das JOC Main-Taunus mit einem Anteil von über 32 % auf. Unter dem Durchschnitt aller hessischen Job-Center waren die Vermittlungen im JOC Fulda und im Job-Center Bad Hersfeld. 18 18 Das JOC Fulda weist ebenfalls einen geringen Anteil an Vermittlungen in den Arbeitsmarkt auf. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass die Ergebnisse des Monitorings vom JOC Fulda bei der hier dargestellten Verbleibsanalyse nur bedingt mit den anderen Job-Centern vergleichbar sind. Im JOC Fulda sind rund 2.000 Kunden aufgrund fehlender Mitwirkung als Abgang aus dem Job-Center gebucht worden, dies entsprach im Beobachtungszeitraum einem Anteil von 46 % an allen Abgängen dieser Einrichtung. 23

Job-Center in Hessen Abbildung 10: Anteil der Job-Center-Kunden, die in den Arbeitsmarkt vermittelt wurden (in %) JC Kassel 38,8 JOC Main-Taunus 32,4 JOC Korbach 28,6 JC Rodgau 28,0 Job-Center insgesamt 27,2 JC Eschwege 23,6 JOC Fulda 16,7 JC Bad Hersfeld 15,9 0 10 20 30 40 50 Quelle: Job-Center Kundenmonitoring, eigene Darstellung. Vom arbeitsmarktpolitischen Instrumentarium machen die Job-Center unterschiedlich Gebrauch. Interessant ist dabei, wie die Aufnahme einer Beschäftigung des Kunden von Seiten des Job-Centers finanziell unterstützt wird. Hierbei spielen insbesondere Lohnkostenzuschüsse an den Arbeitgeber, die bei etwas mehr als einem Viertel aller Vermittlungen in den Arbeitsmarkt gewährt werden, eine Rolle. Andere finanzielle Instrumente werden - wie bereits dargelegt - so gut wie nicht eingesetzt. Bei der Gewährung von Lohnkostenzuschüssen zeigen sich regionale Unterschiede zwischen den Job-Centern in Nord- und Südhessen. So wurden beispielsweise im Zeitraum von April 2003 bis zum Abschluss der Projektlaufzeit mehr als 40 % aller Vermittlungen in den Arbeitsmarkt im JC Eschwege durch Lohnkostenzuschüsse an den Arbeitgeber unterstützt. Auch in den Job-Centern Fulda, Korbach, Kassel und Bad Hersfeld wird dieses Instrument sehr häufig angewandt. Dagegen wird in den südlichen Job-Centern dieses Instrument nur sehr wenig genutzt (vgl. Abbildung 11). Als mögliche Gründe für die zu beobachtenden Unterschiede können zum einen die arbeitsmarktpolitische Ausgangssituation und zum anderen aber auch eine regional unterschiedlich ausgeprägte Anspruchsmentalität der Arbeitgeber ange- 24