Institut für Geld- und Kapitalverkehr der Universität Hamburg Prof. Dr. Hartmut Schmidt Integrationsseminar zur BBL und ABWL Wintersemester 2002/2003 Zuständiger Mitarbeiter: Dipl.-Kfm. Stefan Krohnsnest Generalthema: Kreditrisikomanagement : Das Kreditgeschäft in der Gesamtbankstrategie A. Einführung B. Strategische Optionen des Managements I. Geschäftsidee I: Kreditgeschäft mit Privatkunden II. Geschäftsidee II: Anbieter von Kreditversicherung III. Geschäftsidee III: Arrangeur von Asset Backed Securities IV. Geschäftsidee IV: Portfoliooptimierung als Dienstleister C. Gesamtbankstrategie I. Strategiedefinition II. Einflussfaktoren im Strategieentscheidungsprozess III. Auswirkungen auf die Unternehmensstruktur D. Unternehmensstrategie-Konzepte I. Koch II. Steinmann und Schreyögg E. Eigenkapitalallokation I. Ziele 1. Unternehmensziel: Marktwertmaximierung 2. Spezielles Ziel einer Bank: Optimale Zuordnung von Eigenkapital zu Geschäftseinheiten II. Umsetzung 1. Risiko-Rendite-Kennzahlen a) Funktion b) Kritik 2. Allokationsmechanismen a) Zentrale Steuerung b) Interner Kapitalmarkt F. Zusammenfassung
- 2 - Fragen A. Einführung a) Erläutern Sie die Situation in der sich ein Bankenvorstand befindet, der ein neu gegründetes Kreditinstitut zum Erfolg führen soll. Was muss er bedenken und welche grundsätzlichen Überlegungen muss er anstellen? b) Diskutieren Sie, ob die Fristentransformation bei der Strategiedefinition durch die Bankleitung eine Rolle als Ertragspotential spielen sollte. B. Strategische Optionen des Managements I. Geschäftsidee I: Kreditgeschäft mit Privatkunden a) Stellen Sie das Kreditgeschäft mit Privatkunden aus Sicht der Bank dar. Worin bestehen die Besonderheiten im Vergleich zu anderen Segmenten? b) Welche Vorteile hat das Kreditgeschäft mit Privatkunden gegenüber anderen Geschäftsbereichen? Warum sollte es einem Institut gelingen, gerade im Privatsegment erfolgreich zu sein? c) Welche besonderen Anforderungen stellt die Geschäftsidee an das Kreditinstitut? Wie eignet sich das Kreditgeschäft für Institute verschiedener Größen? Diskutieren Sie, ob eher alteingesessene oder neue Institute Vorteile haben? II. Geschäftsidee II: Anbieter von Kreditversicherungen a) Skizzieren Sie die Funktionsweise einer Kreditversicherung. Darf eine Bank überhaupt als Versicherer agieren? b) Beurteilen Sie, ob der Value at Risk als Mittel zur Bonitätsbeurteilung geeignet ist, und auch dazu, einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen. c) Welche Anforderungen stellt die Umsetzung der Geschäftsidee II an den Bankbetrieb? d) Erläutern Sie, welche Probleme aus einem gleichzeitigen Engagement der Bank beim Lieferanten als Kreditversicherer und beim Händler als Kreditgeber resultieren. III. Geschäftsidee III: Arrangeur von Asset Backed Securities a) Erläutern Sie die Kompetenzen, die ein Kreditinstitut aufweisen muss, um als Arrangeur von ABS tätig werden zu können. Für welche Institute bietet sich eine Umsetzung dieser Geschäftsidee an? b) Inwiefern unterscheidet sich der Zeithorizont dieser Strategie von denen der zuvor genannten?
- 3 - IV. Geschäftsidee IV: Portfoliooptimierung als Dienstleister a) Erläutern Sie das von Herrn Piaskowski postulierte Spezialbankenkonzept. Ist eine Portfoliobank ohne eigenes Kreditgeschäft denkbar? b) Welche Kompetenzen sollte ein Bankbetrieb aufweisen können, für den sich eine Spezialisierung als Portfoliooptimierer anbietet? C. Gesamtbankstrategie I. Strategiedefinition a) Was versteht man unter Strategie? Was versteht man unter Gesamtbankstrategie? Grenzen Sie die Gesamtbankstrategie von der Wettbewerbsstrategie ab. b) Welche Ziele verfolgt die Geschäftsleitung einer Bank bei der Festlegung der Gesamtbankstrategie? II. Einflussfaktoren im Strategieentscheidungsprozess a) Welche grundsätzliche Entscheidung muss eine Bank bezüglich ihrer Ausrichtung treffen? b) Wie beeinflussen Wettbewerber am Markt die Strategieentscheidung? Lassen sich allgemeine Wettbewerbsstrategien wie Anpassung, Marktaustritt oder Verdrängung auch auf die Bank anwenden? c) Geben Sie einen Überblick über die Einflussfaktoren, die Strategieentscheidungen in Banken beeinflussen. d) Welche Rolle spielen die Unternehmenskultur und das Wissensmanagement bei der Strategieentscheidung? III. Auswirkungen auf die Unternehmensstruktur Betrachten Sie verschiedene Kreditinstitute (eine alteingesessene Privatbank, eine Sparkasse, eine Großbank und eine neu gegründete Direktbank) und diskutieren Sie folgende Aussage von A. D. Chandler: Die Struktur folgt der Strategie. D. Unternehmensstrategie-Konzepte I. Koch a) Erläutern Sie die Probleme, die aus der Sicht Kochs bei der Unternehmensplanung gelöst werden müssen. b) Welche Konzeptionen nennt Koch? Welche würden Sie aus heutiger Sicht hinzufügen? c) Was versteht man unter Grundsatzplanung? d) Stellen Sie die Konzepte der zentralen und der dezentralen Planung gegenüber. Wann bietet sich welchen Organisationsform an?
- 4 - e) Erläutern Sie, was sich hinter den Begriffen strategische und operative Planung verbirgt. Von welchen Zeithorizonten wird bei den unterschiedlichen Planungen ausgegangen? II. Steinmann und Schreyögg a) Erläutern Sie den strategischen Würfel und ordnen Sie die unter B. vorgestellten Geschäftsideen in den jeweiligen Block ein. Sind diese Zuordnungen überflüssig, weil sie keinen Beitrag zum Unternehmensziel leisten? b) Die Autoren nennen Diversifikation als strategische Option. Erläutern Sie, was in diesem Kontext darunter zu verstehen ist. Vergleichen Sie den Diversifikationsbegriff mit dem von Markowitz. Welche Relevanz besitzen Korrelationen im Strategiekontext für die Diversifikation? c) Welche Ziele verfolgen Unternehmen, wenn sie Diversifikation betreiben? d) Was versteht man unter horizontaler und vertikaler Diversifikation? Nennen Sie Beispiele. Wie kann Diversifikation umgesetzt werden? e) Die Autoren argumentieren mit der Portfoliostrategie. Was verstehen sie darunter und was ist hier gemeint? f) Was ist eine fragmentierte Strategie und wann bietet sie sich an? Hat sie im Zuge der Globalisierung überhaupt noch Chancen? g) Welche Vorteile werden genutzt, wenn ein Unternehmen von einer Konzentration auf seine Kernkompetenzen spricht? Begründet das eine eigene Strategie? h) Warum erklärt die Nutzung von Kernkompetenzen das Auftreten von Markowitz-Diversifikation im Unternehmen, obwohl die Anleger theoretisch selbst diversifizieren sollten. Welchem breiteren Erklärungsansatz lässt sich Ihre Antwort zuordnen? Welche anderen Erklärungen kennen Sie? i) Geben Sie ein Beispiel für ein Unternehmen, dass sich auf seine Kernkompetenzen konzentriert und damit Gewinne erzielt. E. Eigenkapitalallokation I. Ziele 1. Unternehmensziel: Marktwertmaximierung a) Erläutern Sie die Relevanz der Zuordnung der Residualansprüche in einem Unternehmen. b) Erläutern Sie das Barwertkonzept. Welche Oberziel wird durch die Investitionsregel verfolgt? Warum ist es sinnvoll, dieses Ziel zu verfolgen? c) Gehen Sie von einem unverschuldeten Unternehmen aus. Wie müsste die Gesamtbankstrategie aus einer Markowitz-Sicht ermittelt werden? Welchen anderen Weg legt die Wertadditivität nahe? d) Warum wird die Zuordnung von Eigenkapital in Industrieunternehmen weniger diskutiert als in Banken? Wie würden Sie Eigenkapital den Geschäftseinheiten zuordnen, wenn es kein Aufsichtsrecht gäbe?
- 5-2. Spezielles Ziel einer Bank: Optimale Zuordnung von Eigenkapital zu Geschäftseinheiten a) Warum benötigen Banken ein Kapitalstrukturkonzept? b) Spielen aufsichtsrechtliche Vorschriften bei der Zuordnung von Eigenkapital eine Rolle oder nur beim Eigenkapitalgebrauch, d.h. bei der Unterlegung von Positionen der Geschäftseinheiten? Warum haben Banken in der Regel mehr Eigenkapital als aufsichtsrechtlich erforderlich, obwohl sie ohne die Bankenaufsicht sogar weniger als das Mindesteigenkapital haben würden? II. Umsetzung 1. Risiko-Rendite-Kennzahlen a) Funktion a) Skizzieren Sie die Aufgaben, die ein Allokationsmechanismus erfüllen soll. b) Wann sollte ein Geschäft durchgeführt werden? Wie lässt sich das messen? Definieren Sie Zähler und Nenner einer zielgerichteten Kennzahl. Was muss man alles wissen, um sie in der Bank verwenden zu können? Gehen Sie vom CAPM aus. c) Stellen Sie die gängigen Kennzahlen RORAC und RAROC (=RARORAC) genau dar. Erläutern Sie die Komponenten. b) Kritik a) Diskutieren Sie die Eignung von RAROC und RORAC für die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit eines Geschäfts. Berücksichtigen Sie dabei, ob sich die Idee einer zielgerechten Kennzahl ohne weiteres umsetzen lässt. b) Nehmen Sie an, die X-Bank erhält von Anlegern 300 Millionen Euro und gibt diese sofort wieder als Kredit aus. Am Jahresende erhält Sie 36 Millionen Euro Zinszahlungen. Die Verwaltung des Kredites verursacht Kosten in Höhe von 3 Millionen Euro, auf risikofreie Einlagen sind sieben Prozent Zinsen zu zahlen. Die Standardrisikokosten betragen 1,8 Millionen Euro, das ökonomische Kapital 200 Millionen Euro. Die Bank hält Eigenmittel in Höhe von einer Milliarde Euro, die einen Ertrag, der die Nettorisikoprämien enthält, in Höhe von 50 Millionen Euro abwerfen. Gehen Sie dabei von unterschiedlichen Annahmen über die Korrelation der Rendite des Kredits mit anderen Krediten aus. Beurteilen Sie die Vorteilhaftigkeit des Geschäfts.
- 6-2. Allokationsmechanismen a) Zentrale Steuerung F. Zusammenfassung a) Welches Ziel verfolgt der Vorstand bei der Implementierung von Eigenkapitalallokationsmechanismen? b) Erläutern Sie das Korrelationsproblem bei der Zuweisung von Eigenkapital. c) Manche Banken vernachlässigen das Korrelationsproblem. Warum wird dann das Marktwertpotential der Bank nicht ausgeschöpft? Welche Geschäftseinheiten bekommen mehr ökonomisches Kapital zugewiesen, wenn dann doch Korrelationen beachtet werden? d) Skizzieren Sie die Vorgehensweise bei zentraler Steuerung an verschiedenen Beispielen. e) Beurteilen Sie, ob durch Budgetierung eine (nahezu) optimale Allokation des Eigenkapitals erzielt wird. Diskutieren Sie das Problem, dass mehr als hundert Prozent des Eigenkapitals verwendet werden kann. Was genau wird eigentlich zugeordnet: Eigenkapital oder ökonomisches Kapital? Ist der Unterschied von Bedeutung aus Sicht der Geschäftseinheit oder aus Sicht des Vorstandes? Warum oder warum nicht? b) Interner Kapitalmarkt a) Erläutern Sie die Funktionsweise eines internen Eigenkapitalmarktes. b) Nehmen Sie an, die Geschäftseinheiten gäben Eigenkapitalzertifikate an die Bank aus. Vergleichen Sie die Eigenkapitalzertifikate mit Umweltzertifikaten, wie sie beispielsweise in Kalifornien gehandelt werden. Diskutieren Sie, ob das Prinzip der Umweltzertifikate auch für den internen Kapitalmarkt funktionieren kann. c) Beurteilen Sie den internen Kapitalmarkt als Allokationsmechanismus. Welche Rolle spielt der RAROC? Wird eine marktwertmaximierende Allokation erzielt? Diskutieren Sie, welche der anfangs aufgeführten Geschäftsideen sich unter der Gesamtsicht als vorteilhaft herausstellen sollten.
- 7 - Literatur Anders, Ulrich [2000]# RaRoC ein Begriff, viel Verwirrung. In: Die Bank, Heft 5, o. Jg.(2000), S. 314-317. Bremke, Kirsten und Johannes Bußmann [2000]# Ansätze zur risikobasierten Gesamtbanksteuerung. In: Die Bank, Heft 2, o. Jg.(2000), S. 128-133. Bühler, Wolfgang [2003]# R²: Risiken des Risikomanagements. Vortrag an am 20. Januar 2003. Bühler, Wolfgang und Martin Birn [2002]# Steuerung von Preis- und Kreditrisiken bei dezentraler Organisation. In: Aktuelle Aspekte des Controllings. Festschrift für Hans-Jörg Hoitsch. Hrsg. Volker Lingnau u.a. Heidelberg u.a. 2000. S. 23-47. Entrop, Oliver; Hendrik Scholz und Marco Wilkens [2002]# Zum Einfluss der Fristentransformation auf den Wert einer Bank. In: Die Sparkasse, o Jg. (2002), Heft 8, S. 360-364. Hille, Christian T.; Burmester, Christoph und Matthias Otto [2000]# Modelle zur risikoadjustierten Kapitalallokation. In: Die Bank, Heft 3, o. Jg.(2000), S. 190-195. Koch, Helmut [1975]# Planung, betriebswirtschaftliche. In: Handwörterbuch der Betriebswirtschaft. Hrsg. E. Grochla und W. Wittmann. 4., völlig neu gestaltete Auflage. Stuttgart 1975. Sp. 3001-3016. Oehler, Andreas und Matthias Unser [2001]# Finanzwirtschaftliches Risikomanagement. Berlin et. al. 2001. S. 363-369. Steinmann, Horst und Georg Schreyögg [2000] Management. Grundlagen der Unternehmensführung. 5., überarbeitete Auflage, Wiesbaden 2000. S. 151-242. (ZB 12/3344)
- 8 - Völker, Jörg [2000] Optimale marktorientierte Banksteuerung mit risikoadjustierten Performancemaßen auf Basis des Value-at-Risk. In: Finanzielle Märkte und Banken Innovative Entwicklungen am Beginn des 21. Jahrhunderts. Festschrift für Wolfgang Benner. Hrsg. J. Holst und M. Wilkens. Berlin 2000. S. 227-255. (ZB 22/1445) # wird ausgelegt