286a. Pflegezeit. Pflegezeit



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Transkript:

286a I. Allgemeines II. Begriffsbestimmungen III. Die kurzzeitige Arbeitsverhinderung 1. Das Leistungsverweigerungsrecht IV. Die langfristige Arbeitsverhinderung () 1. Die V. Der Kündigungsschutz VI. Befristete Verträge VII. Die Familienpflegezeit VIII. Sonstiges I. Allgemeines Um es Beschäftigten zu ermöglichen, pflegebedürftige nahe Angehörige in häuslicher Umgebung zu pflegen, wurde mit Wirkung ab dem 1. 7. 2008 das Gesetz über die (PflegeZG) in Kraft gesetzt. Gem. 1 PflegeZG dient das Gesetz der Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Pflege. Arbeitsrechtlich umgesetzt wird dieses gesetzgeberische Ziel (in teilweiser Anlehnung an die Regelungen über die Inanspruchnahme von Elternzeit) vor allem durch ein Leistungsverweigerungsrecht bei kurzzeitiger pflegebedingter Arbeitsverhinderung ( Fernbleiberecht bei Akutereignissen ), einen Freistellungsanspruch ( ) bei längerer pflegebedingter Arbeitsverhinderung und einen besonderen Kündigungsschutz. Von den Vorschriften dieses Gesetzes kann nicht zuungunsten der Beschäftigten abgewichen werden ( 8 PflegeZG). Der Gesetzgeber will es dem Beschäftigten mit dem Fernbleiberecht des 2 I PflegeZG ermöglichen, sich über Pflegeleistungsangebote zu informieren und die notwendigen Organisationsschritte einzuleiten, zb. kann die Arbeitsbefreiung von dem Beschäftigten dazu genutzt werden, für den nahen Angehörigen nach einer stationären Behandlung eine sachgerechte Anschlussversorgung im häuslichen Bereich, etwa durch Einschaltung eines Pflegedienstes, zu organisieren. Das Recht, der Arbeit kurzzeitig fernzubleiben, soll aber auch dazu beitragen, dass Pflegebedürftige, die nach einem Krankenhausaufenthalt nicht direkt in einer geeigneten Pflegeeinrichtung untergebracht werden können, zunächst kurzfristig von ihren Angehörigen zu Hause versorgt werden; vgl. dazu die Begründung des Gesetzentwurfs in BT-Drs. 16/7439 S. 90 f.). Beschäftigte, die längerfristig in häuslicher Umgebung einen pflegebedürftigen Angehörigen pflegen oder in der letzten Phase des Lebens begleiten wollen, haben einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung für längstens 6 Monate. Arbeitsentgelt- oder Vergütungsansprüche regelt das Gesetz nicht (vgl. 2 III PflegeZG). Derartige Ansprüche können demgemäß nur nach näherer Maßgabe und im Rahmen der allgemeinen Bestimmungen bestehen, zu denen insbesondere auch die 275 III, IV und 616 BGB gehören. Mit dem zum 1. 1. 2012 in Kraft getretenen Gesetz über die Familienpflegezeit (FPfZG) wurde der rechtliche Rahmen für Teilzeitarbeit geschaffen (s. dazu unten bei VII). II. Begriffsbestimmungen 7 PflegeZG enthält die folgenden Legaldefinitionen, die zu einem weiten persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes führen. 1. Beschäftigte Anwendbar ist das Gesetz ohne dass eine Wartezeit erfüllt sein müsste nicht nur auf Arbeitnehmer und die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten, sondern auch auf Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind, sowie auf die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten (s. zur arbeitnehmerähnlichen Person: BAG NZA 2007, 699). 2. Arbeitgeber Arbeitgeber im Sinne des PflegeZG sind natürliche und juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften, die Personen i. S. der Nr. 1 beschäftigen. Für die arbeitnehmerähnlichen Personen, insbesondere für die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten, tritt an die Stelle des Arbeitgebers der Auftraggeber oder Zwischenmeister (s. dazu 1 und 2 HAG). 3. Nahe Angehörige Soweit das Gesetz von nahen Angehörigen spricht (wegen der Einzelheiten wird auf den Wortlaut des 7 III PflegeZG verwiesen), sind damit u. a. auch gemeint: Großeltern, Schwiegereltern, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft, Adoptiv- oder Pflegekinder (auch die des Ehegatten oder Lebenspartners), Schwiegerkinder und Enkelkinder. EL 80 Februar 2012 1

286a 4. Pflegebedürftige Pflegebedürftig sind Personen, die nach näherer Maßgabe der 14 und 15 SGB XI wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. 15 SGB XI nennt die 3 Pflegestufen I, II und III. Pflegebedürftig sind alle Personen, bei denen mindestens die Pflegestufe I festgestellt ist (vgl. BT-Drucks. 16/7439 S. 94). Pflegebedürftig isv. 2 PflegeZG sind auch Personen, die die Voraussetzungen nach den 14 und 15 SGB XI voraussichtlich erfüllen. III. Die kurzzeitige Arbeitsverhinderung 1. Das Leistungsverweigerungsrecht 2 I PflegeZG regelt ein Arbeitsbefreiungsbzw. Leistungsverweigerungsrecht aufgrund persönlicher Leistungsverhinderung (s. dazu auch 275 III BGB sowie bei Arbeitsverhinderung). Muss für einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege organisiert werden oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sichergestellt werden, können Beschäftigte auch in sog. Kleinbetrieben bis zu 10 Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben. Will der Beschäftigte dieses Recht ausüben, ist er verpflichtet, dem Arbeitgeber die Verhinderung an der Arbeitsleistung und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Diese Mitteilung kann formlos erfolgen. Auf Verlangen ist dem Arbeitgeber eine ärztliche Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen und die Erforderlichkeit der entsprechenden Maßnahmen vorzulegen. Im Rahmen des 2 I PflegeZG muss zwar wie sich aus 7 IV 2 PflegeZG ergibt die Pflegebedürftigkeit noch nicht definitiv feststehen. Vielmehr genügt bereits die Prognose der Pflegebedürftigkeit, die in der ärztlichen Bescheinigung genügend zum Ausdruck kommen muss. Nicht ausreichend ist eine nur mehr oder weniger abstrakte Möglichkeit des Eintritts der Pflegebedürftigkeit. Liegen die Voraussetzungen des Leistungsverweigerungsrechts objektiv vor also vor allem die Erforderlichkeit (des Fernbleibens von der Arbeit) isd. 2 I PflegeZG und die tatsächliche oder voraussichtliche Pflegebedürftigkeit (des nahen Angehörigen) isd. 7 IV PflegeZG, darf der Beschäftigte der Arbeit (auch) ohne Zustimmung des Arbeitgebers fernbleiben. Fraglich ist, ob die Arbeitsbefreiung je pflegebedürftigen Angehörigen regelmäßig auf eine einmalige Inanspruchnahme beschränkt ist. Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich eine derartige Einschränkung wohl nicht (str.). Erforderlich ist freilich jeweils eine akut, d. h. unerwartet (plötzlich), aufgetretene Notwendigkeit pflegerischer Versorgung, eben eine Pflegesituation (vgl. BT-Drucks. 16/7439 S. 91). Das PflegeZG normiert selbst keine neuen Arbeitsentgelt- oder Vergütungsansprüche. Bleibt der Beschäftigte der Arbeit isd. 2 I PflegeZG fern, ist der Arbeitgeber (im Hinblick auf 326 I 1 BGB) zur Fortzahlung der Vergütung nur verpflichtet, soweit sich eine solche Verpflichtung aus anderen gesetzlichen Vorschriften oder auf Grund einer Vereinbarung ergibt. Mit einer solchen Vereinbarung isd. 2 III PflegeZG dürfte auch eine Betriebsvereinbarung sowie eine (anwendbare) tarifvertragliche Regelung gemeint sein. Soweit es um gesetzliche Vorschriften geht, ist die abdingbare Vorschrift des 616 BGB zu nennen (ähnlich 19 I Nr. 2 b BBiG). Ein in seiner Person liegender Verhinderungsgrund isd. 616 BGB kann auch bei notwendiger Pflege von Familienangehörigen des Arbeitnehmers gegeben sein. Allerdings ist der Anspruch nach 616 BGB an die Voraussetzung der Verhinderung für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit geknüpft, nach bisheriger Rspr. also an einen Zeitraum von nur bis zu 5 Arbeitstagen; vgl. BAG DB 1978, 1595 = NJW 1978, 2316). IV. Die langfristige Arbeitsverhinderung 1. Die a) Voraussetzungen Arbeitgeber mit in der Regel 16 oder mehr Beschäftigten können gem. 3 I PflegeZG einem weitergehenden Anspruch des Beschäftigten ausgesetzt sein. Nach dieser Vorschrift sind Beschäftigte von der Arbeitsleistung vollständig oder teilweise freizustellen, wenn sie einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen. Diese Freistellungszeit heißt. Die wird auf Berufsbildungszeiten nicht angerechnet. Wie der Schwellenwert des 3 I PflegeZG zu ermitteln ist (wie sind Teilzeitkräfte zu zählen?), gibt das Gesetz anders etwa als im Rahmen des 23 I 4 KSchG und des 2 III 3 ArbPlSchG nicht vor. Hält man die beiden letztgenannten Vorschriften nicht für analog anwendbar, kommt es wie bei der Zählweise 2 Februar 2012 EL 80

286a im Rahmen des 1 I 1 BetrVG nur auf die Kopfzahl an. Wer beanspruchen will, muss dies dem Arbeitgeber spätestens 10 Arbeitstage vor Beginn schriftlich ankündigen und gleichzeitig erklären, für welchen Zeitraum und in welchem Umfang die Freistellung von der Arbeitsleistung in Anspruch genommen werden soll. Die Beschäftigten haben die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen durch Vorlage einer Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nachzuweisen (bei in der privaten Pflege- Pflichtversicherung versicherten Pflegebedürftigen ist ein entsprechender Nachweis zu erbringen). In der Lit. wird dies vereinzelt so verstanden, dass dem Arbeitgeber als Nachweis in der Regel der Einstufungsbescheid über die Pflegestufe bzw. der Bewilligungsbescheid vorzulegen sei (vgl. dazu 18 SGB XI). Diesbezüglich bestehen aber im Interesse des Pflegebedürftigen zu erhebende datenschutzrechtliche Bedenken. Das Gesetz spricht auch selbst nur von dem mittels einer Bescheinigung zu führenden Nachweis. Dies verlangt jedenfalls nicht die Vorlage des vollständigen Einstufungs- bzw. Bewilligungsbescheides. Eine nur voraussichtlich zu erwartende Pflegebedürftigkeit berechtigt nicht zur Inanspruchnahme der. Erforderlich ist weiter die Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung; dieser Begriff dient der Abgrenzung der häuslichen Pflege von der Pflege in stationären Einrichtungen. In Frage kommt der eigene Haushalt der pflegebedürftigen Person, aber auch der Haushalt der Pflegeperson. Dem Gesetzgeber geht es darum, dass pflegebedürftige Menschen durch vertraute Angehörige in gewohnter Umgebung gepflegt werden (s. BT- Drucks. 16/7439 S. 90; vgl. dazu auch die Terminologie in 37 SGB XI). b) Die Teil- Der Beschäftigte kann die Freistellung (auch) nur teilweise in Anspruch nehmen. In diesem Fall hat er bei der schriftlichen Ankündigung und Erklärung gem. 3 III 1 und 2 PflegeZG auch die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit anzugeben. Wenn nur teilweise Freistellung in Anspruch genommen wird, haben Arbeitgeber und Beschäftigte über die Verringerung und die Verteilung der Arbeitszeit eine schriftliche Vereinbarung zu treffen. Hierbei hat der Arbeitgeber den Wünschen der Beschäftigten zu entsprechen, es sei denn, dass dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Orientiert man sich bei der Auslegung des 3 IV 2 PflegeZG an 15 VII 1 Nr. 4 BEEG, dann muss es sich bei den entgegenstehenden Gründen um (gewichtige) Gründe von erheblichem Gewicht handeln, die Vorrang vor den Interessen an der häuslichen Pflege verdienen (vgl. BAG NZA 2007, 1352 zu 15 BErzGG a. F.; s. dazu auch BT- Drucks. 16/7439 S. 92). c) Beginn und Dauer der Der Beginn der hängt ab von dem Zeitpunkt des Zugangs der form- und fristgerechten Ankündigung (isd. 3 III PflegeZG) beim Arbeitgeber. Wird die Schriftform nicht gewahrt, liegt eine wirksame Ankündigung nicht vor. Der Beschäftigte darf dann der Arbeit nicht fernbleiben. Wird dagegen lediglich die Ankündigungsfrist ( 10 Arbeitstage vor Beginn ) nicht gewahrt, folgt daraus nur, dass sich der Beginn der im Umfang der Fristversäumung entsprechend verschiebt (vgl. zur ähnlichen Problematik im Rahmen des 16 I 1 BErzGG a. F. = 16 I 1 BEEG: BAG NZA 1994, 656). Die beträgt für jeden pflegebedürftigen nahen Angehörigen längstens 6 Monate (Höchstdauer). Für einen kürzeren Zeitraum in Anspruch genommene kann bis zur Höchstdauer verlängert werden, wenn der Arbeitgeber zustimmt. Eine Verlängerung bis zur Höchstdauer kann verlangt werden, wenn ein vorgesehener Wechsel in der Person des Pflegenden aus einem wichtigen Grund nicht erfolgen kann ( 4 I 3 PflegeZG; vgl. dazu 16 III 4 BEEG). Ist der nahe Angehörige nicht mehr pflegebedürftig oder die häusliche Pflege des nahen Angehörigen unmöglich oder unzumutbar, endet die 4 Wochen nach Eintritt der veränderten Umstände. Der Arbeitgeber ist über die veränderten Umstände unverzüglich zu unterrichten. Im Übrigen kann die vorzeitig nur dann beendet werden, wenn der Arbeitgeber zustimmt. Nach Auffassung des BAG, 15. 11. 2011 9 AZR 348/10 (BeckRS 2012, 66 627), gibt 3 I PflegeZG dem Arbeitnehmer ein einmaliges Gestaltungsrecht, das er durch die Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber, zu nehmen, ausübt. Mit der erstmaligen Inanspruchnahme von ist dieses Recht erloschen. Dies gilt selbst dann, wenn die genommene die Höchstdauer von 6 Monaten unterschreitet. Das PflegZG lässt eine Aufteilung der in mehrere getrennte Abschnitte nicht zu. Der Gesetzgeber hat für das PflegeZG die Regelung des 16 I S. 5 BEEG nicht übernommen. Unter Zugrundelegung althergebrachter Terminologie handelt es sich bei der der Sache nach um eine Art Sonderurlaub/ EL 80 Februar 2012 3

286a unbezahlter Urlaub. Die beiderseitigen Hauptleistungspflichten (Vergütung; Arbeit) ruhen. Demgemäß gilt auch insoweit, dass ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Dauer der grundsätzlich nicht besteht. Das PflegeZG sieht eben keinen eigenen Anspruch auf Entgeltfortzahlung vor. Zur Fortzahlung der laufenden monatlichen Vergütung ist der Arbeitgeber also nur verpflichtet ist, soweit sich eine solche Verpflichtung aus anderen gesetzlichen Vorschriften oder aufgrund einer Vereinbarung ergibt (vgl. 2 III PflegeZG und oben bei III.2.). Bei (Jahres-)Sondervergütungen (s. dazu bei Gratifikation/Sonderzuwendung) kann sich ähnlich wie bei Wehr- und Zivildienst sowie bei Elternzeit die Problematik ergeben, inwieweit die Inanspruchnahme von den Anspruch auf die Sondervergütung unberührt lässt oder aber zur Kürzung bzw. sogar zum Wegfall des Sondervergütungsanspruches führt. Bei der Problemlösung ist auf die Anspruchsgrundlage und auf den Zweck der jeweiligen Sondervergütung abzustellen, (s. dazu näher bei Elternzeit unter II.3.d)). V. Der Kündigungsschutz Der Arbeitgeber darf das Beschäftigungsverhältnis gem. 5 I PflegeZG von der Ankündigung bis zur Beendigung der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nach 2 PflegeZG oder der nach 3 PflegeZG nicht kündigen. Mit diesem von keiner Wartezeit abhängigen Sonderkündigungsschutz soll den Beschäftigten die Sorge vor dem Verlust des Arbeitsplatzes genommen werden. In besonderen Fällen wie etwa bei der Stilllegung des Betriebes kann eine Kündigung von der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ausnahmsweise für zulässig erklärt werden, wobei die Bundesregierung hierzu mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen kann. Die Vorschrift des 5 I PflegeZG enthält, anders als die Regelung in 18 I 1 BEEG, an die sie sich anlehnt, keine Höchstgrenze für das Einsetzen des Kündigungsschutzes. Die 8-Wochen-Frist- Regelung des 18 I BEEG (= höchstens jedoch acht Wochen vor Beginn ) ist weder direkt noch analog anwendbar. Kündigt der Arbeitnehmer seine pflegezeitbedingte Arbeitsverhinderung rechtsmissbräuchlich vorzeitig ( zu früh ) an, kann dem ggfs. mit dem Rechtsmissbrauchseinwand begegnet werden ( 242 BGB). Die Gefahr des Missbrauchs sieht ein Teil der Literatur auch darin, dass ein in der Probezeit befindlicher Arbeitnehmer kurzzeitige Arbeitsbefreiung bzw. beantragen könnte, um auf diesem Wege die Wartezeit des allgemeinen Kündigungsschutzes zu umgehen (s. u.a. auch dazu Preis/Nehring NZA 2008, 729 (736)). Der besondere Kündigungsschutz gilt nicht nur für Arbeitnehmer, sondern auch für arbeitnehmerähnliche Personen und für die in Heimarbeit Beschäftigten. VI. Befristete Verträge Wenn zur Vertretung eines Beschäftigten für die Dauer der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nach 2 PflegeZG oder der nach 3 PflegeZG ein Arbeitnehmer eingestellt wird, liegt hierin ein sachlicher Grund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses ( 6 I PflegeZG). Über die Dauer einer derartigen Vertretung hinaus ist die Befristung für notwendige Zeiten einer Einarbeitung zulässig. Allerdings muss die Dauer der Befristung des Arbeitsvertrages kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar sein oder den eingangs genannten Zwecken zu entnehmen sein. Diese Regelungen lehnen sich an 21 I bis III BEEG (bzw. BErzGG a. F.) an, so dass auf die hierzu ergangene Rspr. verwiesen werden kann (BAG NZA 2005, 469; BAG NZA 2004, 1055; BAG NZA 2002, 85; s. dazu auch die 14 ff. TzBfG sowie bei befristeter Arbeitsvertrag und Befristungskontrolle). Der Arbeitgeber kann soweit dies vertraglich nicht ausgeschlossen ist den gem. 6 I PflegeZG befristeten Arbeitsvertrag unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 2 Wochen kündigen, wenn die nach 4 II 1 PflegeZG vorzeitig endet. Zwar ist das KSchG auf eine derartige Kündigung nicht anzuwenden, anwendbar können aber sonstige Kündigungsschutzbestimmungen sein, wie etwa 102 BetrVG. VII. Die Familienpflegezeit 1. Grundzüge: Mit dem Familienpflegezeitgesetz (FPfZG vom 6. 12. 2011) soll die Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Pflege verbessert werden. Den Beschäftigten (s. dazu 7 I PflegeZG; 2 II FPfZG) wird es mit der Familienpflegezeit ermöglicht, in einem Zeitraum von bis zu 2 Jahren mit reduzierter Arbeits-Stundenzahl bei staatlich geförderter Aufstockung des Arbeitsentgelts pflegebedürftige nahe Angehörige in häuslicher Umgebung zu pflegen. Hierbei erfolgt die Familienpflegezeit auf vertraglicher Grundlage zwischen Beschäftigtem und Arbeitgeber. Bedeutsam ist dabei die zinslose Finanzierung des durch den Arbeitgeber aufge- 4 Februar 2012 EL 80

286a stockten Entgelts durch ein Bundesdarlehen. Zu den Voraussetzungen für die Darlehensgewährung zählt, dass der Arbeitgeber dem Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) eine schriftliche Vereinbarung (der Arbeitsvertragsparteien) über die Inanspruchnahme von Familienpflegezeit vorlegt, die die in 3 I Nr. 1 a bis c FPfZG bezeichneten Regelungen beinhaltet. Voraussetzung ist weiter, dass die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen des Beschäftigten durch Vorlage einer Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nachgewiesen (oder ein entsprechender Nachweis geführt) wird. Außerdem muss der Arbeitgeber eine Bescheinigung nach 4 V FPfZG über das Bestehen einer Familienpflegezeitversicherung vorlegen oder einen Antrag auf Aufnahme des Beschäftigten in eine vom BAFzA abgeschlossene Gruppenversicherung stellen. Im Rahmen der Familienpflegezeit kann der Beschäftigte seine Arbeitszeit über einen Zeitraum von maximal 2 Jahren auf bis zu 15 Stunden reduzieren. Wird zb. die Arbeitszeit in der Pflegephase auf 50% reduziert, erhält der Beschäftigte 75% des letzten Bruttoeinkommens (s. dazu auch das Beispiel unten bei 2.). Zum Ausgleich muss er später (nach der Familienpflegezeit) wieder voll arbeiten, bekommt dann zunächst aber so lange weiterhin nur 75% der Bruttovergütung, bis das Zeitbzw. Lohnkonto wieder ausgeglichen ist. Um gerade für kleinere und mittlere Unternehmen die Risiken einer Berufs- und Erwerbsunfähigkeit zu minimieren, muss jeder Beschäftigte, der die Familienpflegezeit in Anspruch nimmt, zu diesem Zeitpunkt eine Versicherung abschließen. 2. Einzelheiten: a) Das Gesetz sieht vor, dass das BAFzA dem Arbeitgeber auf Antrag ein in monatlichen Raten zu zahlendes zinsloses Darlehen gewährt, und zwar in dem Umfang der nach 3 I Nr. 1 b FPfZG während der Familienpflegezeit erfolgten Aufstockung des Arbeitsentgelts (= Aufstockung des monatlichen Arbeitsentgelts um die Hälfte des Produkts aus monatlicher Arbeitszeitverringerung in Stunden und dem durchschnittlichen Entgelt pro Arbeitsstunde). Beispiel: Der Beschäftigte arbeitet regelmäßig 160 Std. mtl. zu einem Stundenlohn von 15,00. Er verdient also 2400,00 mtl. Während der Familienpflegezeit verringert er seine Arbeitszeit auf 80 Std. mtl. (damit würde er an sich nur noch 80 15,00 = 1200,00 mtl. verdienen). Aufgrund der Aufstockungsvereinbarung zahlt der Arbeitgeber dem Beschäftigten: die Hälfte des Produkts aus monatlicher Arbeitszeitverringerung (hier: 80 Std.) und dem durchschnittlichen Entgelt pro Arbeitsstunde (hier: 15,00 ), somit weitere 600,00,, insgesamt also 1800,00 mtl. Der Arbeitgeber zahlt dem Beschäftigten hiernach ein monatliches Arbeitsentgelt für 120 Std., obgleich dieser nur 80 Std. arbeitet. Anschließend arbeitet der Beschäftigte wieder 160 Std. mtl. Die Aufstockung kann durch die Entnahme von Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben ( 7 b SGB IV) oder (nach Maßgabe des 116 SGB IV) von Arbeitszeit aus einem Arbeitszeitguthaben erfolgen, das in der Nachpflegephase (vgl. 3 I Nr. 1 c FPfZG) auszugleichen ist. Im Anschluss an die Familienpflegezeit erfolgt je nachdem für welches Modell sich die (Arbeitsvertrags-)Parteien entschieden haben der Ausgleich des Wert- oder Arbeitszeitguthabens in der Weise, dass entweder monatlich bei jeder Entgeltabrechnung derjenige Betrag einbehalten wird, um den das Arbeitsentgelt in dem entsprechenden Zeitraum während der Familienpflegezeit aufgestockt wurde, oder in jedem Monat die monatlich während der Familienpflegezeit entnommene Arbeitszeit nachgearbeitet wird. Tritt ein anderer Inhaber nach 613 a BGB in die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis des Beschäftigten ein, tritt er zugleich in die Rechte und Pflichten aus dem zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Darlehensverhältnis zwischen dem bisherigen Arbeitgeber und dem BAFzA Aufgaben ein. b) Die Familienpflegezeitversicherung: hierbei handelt es sich gem. 4 I FPfZG um eine nach 11 FPfZG zertifizierte Vereinbarung, mit der sich der Versicherer verpflichtet, im Falle des Todes sowie der Berufsunfähigkeit des Beschäftigten eine Leistung in der Höhe zu erbringen, in der das Wertguthaben infolge der Familienpflegezeit nach Maßgabe von 3 I Nr. 1 b FPfZG noch nicht ausgeglichen ist. Ein Anspruch auf Abschluss einer derartigen Versicherung gegen den Arbeitgeber oder das BAFzA besteht nicht. Die Versicherung wird von dem Beschäftigten, dem Arbeitgeber oder dem BAFzA auf die Person des Beschäftigten für die Dauer der Familienpflegezeit und der Nachpflegephase geschlossen. Die Versicherungsprämie ist unabhängig vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand der versicherten Person zu berechnen. Eine Risikoprüfung findet nicht statt. Auf die in 4 II FPfZG enthaltene Legaldefinition der Berufsunfähigkeit wird verwiesen. c) Kündigungsschutz ( 9 III FPfZG). Der Arbeitgeber darf das Beschäftigungsverhältnis während der Inanspruchnahme der Familienpflegezeit und der Nachpflegephase nicht kündigen. In besonderen Fällen kann ausnahmsweise eine Kündigung für zulässig erklärt werden. Die Zulässigkeitserklärung erfolgt durch die für den Arbeitsschutz zuständige oberste EL 80 Februar 2012 5

286a Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle. d) Die gem. 9 V FPfZG angeordnete entsprechende Anwendung des 6 PflegeZG betrifft die Vertretungsbefristung und damit zusammenhängende Fragen (s. dazu oben bei VI.). VIII. Sonstiges Bisweilen wird im Rahmen arbeitsrechtlicher Gesetze oder Verordnungen auf die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer oder auf die Zahl der Arbeitsplätze abgestellt. Insoweit ordnet 6 IV PflegeZG an, dass bei der Ermittlung dieser Zahl Arbeitnehmer, die nach 2 Pflege- ZG kurzzeitig an der Arbeitsleistung verhindert oder nach 3 PflegeZG freigestellt sind, nicht mitzuzählen sind, solange für sie auf Grund von 6 I PflegeZG ein Vertreter eingestellt ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Vertreter nicht mitzuzählen ist. Die Vorschrift will ähnlich wie 21 VII BEEG im Rahmen der Elternzeit eine Doppelzählung vermeiden (vgl. BT- Drucks. 16/7439 S. 93). Soweit es um das Verhältnis der zum Urlaub geht, hat es der Gesetzgeber unterlassen, eine dem 17 BEEG (ähnlich 4 ArbPlSchG) entsprechende Vorschrift zu normieren. Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub, der dem Beschäftigten für das Urlaubsjahr gesetzlich zusteht, folglich nicht für jeden vollen Kalendermonat der zeit um ein Zwölftel kürzen. Auch ist 9 BUrlG nicht anwendbar (vgl. LAG Berl-Brand. BeckRS 2011, 70897 zu 45 III 1 SGB V). Soweit es unm den Streitwert/Gegenstandswert der Bewilligung von geht, wird auf LAG Bad-Würt. (BeckRS 2010, 72950) verwiesen. Sozialversicherungsrechtlich bleibt bei der Geltendmachung einer Freistellung nach 2 PflegeZG ( kurzzeitige Arbeitsverhinderung ) der Versicherungsschutz für Beschäftigte in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung erhalten. Die nach 2 PflegeZG höchst-mögliche Freistellung (von bis zu 10 Arbeitstagen) unterschreitet die Ein-Monatsfrist des 7 III 1 SGB IV. Anders verhält es sich dagegen mit der sozialrechtlichen Absicherung Beschäftigter während einer nach 3 PflegeZG. Falls der Beschäftigte nicht über einen Angehörigen nach 10 SGB V familienversichert ist, muss er sich in der Krankenversicherung freiwillig versichern (was dann zur Mitgliedschaft in der Pflegeversicherung führt). Insoweit erhalten Beschäftigte, die nach 3 PflegeZG von der Arbeitsleistung vollständig freigestellt werden oder deren Beschäftigung durch die Reduzierung zu einer geringfügigen Beschäftigung wird, lediglich nach näherer Maßgabe des 44 a SGB XI auf Antrag Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung. Wegen der Arbeitslosenversicherung wird auf die 26 IIb und 130 II 1 Nr. 3 a SGB III und wegen der Rentenversicherung auf 3 S. 1 Nr. 1 und S. 3 SGB VI verwiesen. Erfolgt die Pflege nicht erwerbsmäßig, ist in der Unfallversicherung für den Beschäftigten als Pflegeperson Versicherungsschutz nach 2 I Nr. 17 SGB VII ivm. 19 SGB XI gegeben. (Busemann) Weiterführende Literatur: Fey, und Familienpflegezeit, ZMV 2011, 182; Fieberg, Urlaubsanspruch bei ruhendem Arbeitsverhältnis, NZA 2009, 929; Freihube/Sasse, Was bringt das neue gesetz? DB 2008, 1320; Geiselhart/Scheik, nicht aufteilbar (Anm. Zu LAG Bad- Würt. BeckRS 2010, 69509), BB 2010, 1542; Göttling/Neumann, Das neue Familienpflegezeitgesetz, NZA 2012, 119; Hexel/Lüders, Offene Fragen des neuen rechts, NZS 2009, 264; Joussen, Streitfragen aus dem gesetz, NZA 2009, 69; Kocher, Diskontinuität von Erwerbsbiografien und das Normalarbeitsrecht, NZA 2010, 841; Lehmann, Kernpunkte des zu erwartenden Familienpflegezeitgesetzes, BB 2011, 757; Müller, Das gesetz (PflegeZG) und seine Folgen für die arbeitsrechtliche Praxis, BB 2008, 1058; Müller/Stuhlmann, Das neue gesetz eine Übersicht, ZTR 2008, 290; Preis/ Nehring, Das gesetz, NZA 2008, 729; Novara, Sonderkündigungsschutz nach dem gesetz, DB 2010, 503; ders., Das Familienpflegezeitgesetz, AuA 2011, 573; Preis/ Weber, Der Regierungsentwurf eines gesetzes, NZA 2008, 82; Sasse, Familienpflegezeit, DB 2011, 2660; Schwerdle, Arbeitsbefreiung bei Pflege von nahen Angehörigen Kündigungsschutz selbst in der Probezeit? ZTR 2007, 655; Stuhlmann, Sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen (der ), AuA 2008, 332; Treber, gesetz und Arbeitsrecht, JbArbR 2009, 91. 6 Februar 2012 EL 80