claude rohrer daniel schweizer Prüfungsdurchführung an der Schwelle zur ordentlichen Revision Vermischung von eingeschränkter und ordentlicher Revision vermeiden Mit der Erhöhung der Schwellenwerte zur Durchführung einer ordentlichen Revision wurde die Bedeutung der eingeschränkten Revision erheblich gesteigert. Die eingeschränkte Revision ist mit Abstand die häufigste Revisionsart in der Schweiz. Da sich die beiden Revisionsarten stark unterscheiden, ergeben sich in der Praxis Abgrenzungsfragen zu diversen Sachverhalten. Es sind verschiedene Besonderheiten bei der Durchführung einer eingeschränkten Revision zu beachten.. Konzeption der Revisionspflicht Für die Revisionsstelle und den Verwaltungsrat ist es von zentraler Bedeutung, dass die gemäss Obligationenrecht (OR) vorgeschriebene korrekte Revisionsart zur Anwendung kommt. Bei einer Durchführung der falschen Revisionsart dürfte es anlässlich einer juristischen Auseinandersetzung leichter fallen, eine formelle Pflichtverletzung nachzuweisen. Die Revisionspflicht bzw. die konkrete Revisionsart richtet sich in ihren Grundzügen nach der wirtschaftlichen Grösse und Bedeutung der Unternehmen. Nebst den Fällen des Opting-up unterstehen Publikumsgesellschaften, andere wirtschaftlich bedeutende Unternehmen sowie Gesellschaften, welche zur Erstellung einer Konzernrechnung verpflichtet sind, der ordentlichen Revision. «Art. 77 OR I. Revisionspflicht. Ordentliche Revision Folgende Gesellschaften müssen ihre Jahresrechnung und gegebenenfalls ihre Konzernrechnung durch eine Revisionsstelle ordentlich prüfen lassen:. Publikumsgesellschaften; als solche gelten Gesellschaften, die: a. Beteiligungspapiere an einer Börse kotiert haben, b. Anleihensobligationen ausstehend haben, c. mindestens 0 Prozent der Aktiven oder des Umsatzes zur Konzernrechnung einer Gesellschaft nach Buchstabe a oder b beitragen;. Gesellschaften, die zwei der nachstehenden Grössen in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren überschreiten: a. Bilanzsumme von 0 Millionen Franken, b. Umsatzerlös von 40 Millionen Franken, c. 50 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt;. Gesellschaften, die zur Erstellung einer Konzernrechnung verpflichtet sind. Eine ordentliche Revision muss auch dann vorgenommen werden, wenn Aktionäre, die zusammen mindestens 0 Prozent des Aktienkapitals vertreten, dies verlangen. Verlangt das Gesetz keine ordentliche Revision der Jahresrechnung, so können die Statuten vorsehen oder kann die Generalversammlung beschliessen, dass die Jahresrechnung ordentlich geprüft wird. Art. 77a. Eingeschränkte Revision Sind die Voraussetzungen für eine ordentliche Revision nicht gegeben, so muss die Gesellschaft ihre Jahresrechnung durch eine Revisionsstelle eingeschränkt prüfen lassen. ( )» claude rohrer, dipl. wirtschaftsprüfer, partner, mitglied subkommission eingeschränkte revision der treuhand-kammer, obt ag, zürich daniel schweizer, dipl. Wirtschaftsprüfer, mitglied des kaders, obt ag, zürich 0 Der Schweizer Treuhänder 89
Während für die Beurteilung der Schwellenwerte wirtschaftlich bedeutender Unternehmen grundsätzlich zwei Geschäftsjahre herangezogen werden, entsteht die Pflicht zur Durchführung einer ordentlichen Revision bei Publikumsgesellschaften bzw. konsolidierungspflichtigen Unternehmen bereits in demjenigen Geschäftsjahr, in welchem die Voraussetzungen gemäss Art. 77 Abs. Ziff. bzw. Ziff. OR erstmalig erfüllt sind. Unabhängig von den Schwellenwerten und somit von der wirtschaftlichen Bedeutung eines Unternehmens können Aktionäre, die mindestens 0% des Aktienkapitals vertreten, eine ordentliche Revision verlangen. Für andere Rechtsformen wie GmbH, Genossenschaften, Vereine usw. sind ebenfalls Bestimmungen im Sinne des Minderheitenschutzes gesetzlich verankert. Zudem können statutarische Bestimmungen oder ein Generalsversammlungsbeschluss eine ordentliche Revision vorsehen. Im Übrigen ist zu beachten, dass Jahres- und Konzernrechnungen nach einem anerkannten Rechnungslegungsstandard wie beispielsweise Swiss GAAP FER oder International Financial Reporting Standards (IFRS) grundsätzlich ordentlich zu prüfen sind []. Bei Jahresrechnungen nach den Bestimmungen der Kern-FER ist eine eingeschränkte Revision statthaft.. Entstehung der Pflicht zur ordentlichen Revision.. Wirtschaftlich bedeutende Unternehmen. Im Zusammenhang mit der korrekten Ermittlung der Schwellenwerte wirtschaftlich bedeutender Unternehmen ergeben sich in der Praxis diverse Auslegungsfragen. Eine ordentliche Revision ist dann zwingend durchzuführen, wenn zwei der drei Schwellenwerte in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren überschritten werden. Für die Beurteilung sind jeweils das Berichts- und das Vorjahr heranzuziehen. Nebst den aktienrechtlichen Bestimmungen ist zu beachten, dass für Vereine unverändert die tieferen Schwellenwerte (Bilanzsumme CHF 0 Mio., Umsatzerlös CHF 0 Mio., 50 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt) Anwendung finden. Bei der Ermittlung der «Bilanzsumme» bzw. des «Umsatzerlöses» werden allfällige stille Reserven nicht berücksichtigt. Es wird alleinig auf den handelsrechtlichen Abschluss abgestellt. Für die Beurteilung des «Umsatzerlöses» sind grundsätzlich alle betrieblichen, betriebsfremden und ausserordentlichen Erträge der Erfolgsrechnung einzubeziehen. Selbst die Finanzerträge sind anzurechnen. Die Erlöse aus Lieferungen und Leistungen verstehen sich nach Abzug von Erlösminderungen wie Debitorenverluste, Skonti und Rabatte. Um Zufälligkeiten bei der Schwellenwertüberschreitung auszuschliessen, können ausnahmsweise einmalig ausserordentlich anfallende Erträge ausgeschlossen werden. Bei der Bestimmung der «Vollzeitstellen» ist auf die rechtliche Stellung im Unternehmen abzustellen. Mitarbeitende werden derjenigen Gesellschaft zugerechnet, mit welcher ein arbeitsrechtliches Verhältnis besteht. Lehrlinge und Teilzeitmitarbeiter sind anteilig einzubeziehen. Bei Unternehmen, welche unterjährig stark schwankende Mitarbeiterzahlen aufweisen, ist eine einfache Durchschnittsberechnung aus Jahresanfangs- und -endbestand nicht statthaft. Die Berechnung sollte mindestens auf Quartals-, besser aber auf Monatsbasis erfolgen... Konzernrechnungspflichtige Gesellschaften. Gesellschaften, welche zur Erstellung einer Konzernrechnung verpflichtet sind, müssen ihren Einzelabschluss und die Konzernrechnung ordentlich prüfen lassen. Die Schwellenwerte zur Erstellung einer Konzernrechnung gemäss Art. 96 und 96 a OR wurden im neuen Rechnungslegungsrecht angehoben und sind neu identisch mit denjenigen der ordentlichen Revision. Eine juristische Zwischenholding ist grundsätzlich von der Konsolidierungspflicht befreit, wenn diese von einem Unternehmen kontrolliert wird, dessen Konzernrechnung nach schweizerischen oder gleichwertigen ausländischen Vorschriften erstellt und nach den Schweizer Prüfungsstandards (PS) oder einem gleichwertigen Standard geprüft wird. Dabei ist zu beachten, dass die Konzernrechnung der Obergesellschaft nach den Vorschriften für die eigene Jahresrechnung publiziert werden muss. Ungeachtet der Schwellenwerte bzw. der Ausnahmebestimmung für Zwischenholdings sieht das OR die Erstellung einer Konzernrechnung dann vor, wenn dies für eine möglichst zuverlässige Beurteilung der wirtschaftlichen Lage notwendig ist. Häufig zeigt sich in der Praxis, dass bei komplexen Verflechtungen für eine effektive Führung und Kontrolle durch das Management bzw. den Verwaltungsrat die Erstellung einer Konzernrechnung unerlässlich ist. Teilweise wird die Konsolidierung auch von Fremdkapitalgebern wie beispielsweise Banken auf vertraglicher Basis gefordert. «Art. 96 OR A. Pflicht zur Erstellung Kontrolliert eine rechnungslegungspflichtige juristische Person ein oder mehrere rechnungslegungspflichtige Unternehmen, so muss sie im Geschäftsbericht für die Gesamtheit der kontrollierten Unternehmen eine konsolidierte Jahresrechnung (Konzernrechnung) erstellen. Eine juristische Person kontrolliert ein anderes Unternehmen, wenn sie:. direkt oder indirekt über die Mehrheit der Stimmen im obersten Organ verfügt;. direkt oder indirekt über das Recht verfügt, die Mehrheit der Mitglieder des obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgans zu bestellen oder abzuberufen; oder. aufgrund der Statuten, der Stiftungsurkunde, eines Vertrags oder vergleichbarer Instrumente einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Ein nach Artikel 96 b anerkannter Standard kann den Kreis der zu konsolidierenden Unternehmen definieren. 4 Vereine, Stiftungen und Genossenschaften können die Pflicht zur Erstellung einer Konzernrechnung an ein kontrolliertes Unternehmen übertragen, wenn das betreffende kontrollierte Unternehmen durch Stimmenmehrheit oder auf andere Weise sämtliche weiteren Unternehmen unter einheitlicher Leitung zusammenfasst und nachweist, dass es die Beherrschung tatsächlich ausübt. 894 Der Schweizer TreuhändeR 0
Art. 96a B. Befreiung von der Pflicht zur Erstellung Eine juristische Person ist von der Pflicht zur Erstellung einer Konzernrechnung befreit, wenn sie:. zusammen mit den kontrollierten Unternehmen zwei der nachstehenden Grössen in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren nicht überschreitet: a. Bilanzsumme von 0 Millionen Franken, b. Umsatzerlös von 40 Millionen Franken, c. 50 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt;. von einem Unternehmen kontrolliert wird, dessen Konzernrechnung nach schweizerischen oder gleichwertigen ausländischen Vorschriften erstellt und ordentlich geprüft worden ist; oder. die Pflicht zur Erstellung einer Konzernrechnung an ein kontrolliertes Unternehmen nach Artikel 96 Absatz 4 übertragen hat. Eine Konzernrechnung ist dennoch zu erstellen, wenn:. dies für eine möglichst zuverlässige Beurteilung der wirtschaftlichen Lage notwendig ist;. Gesellschafter, die mindestens 0 Prozent des Grundkapitals vertreten oder 0 Prozent der Genossenschafter oder 0 Prozent der Vereinsmitglieder dies verlangen;. ein Gesellschafter oder ein Vereinsmitglied, der oder das einer persönlichen Haftung oder einer Nachschusspflicht unterliegt, dies verlangt; oder 4. die Stiftungsaufsichtsbehörde dies verlangt. Verzichtet eine juristische Person gemäss Absatz Ziffer auf die Erstellung der Konzernrechnung für den Unterkonzern, so muss sie die Konzernrechnung des Oberkonzerns nach den Vorschriften für die eigene Jahresrechnung bekannt machen.» Die Ermittlung der Schwellenwerte bezüglich Befreiung von der Konzernrechnungspflicht wird grundsätzlich auf einer konsolidierten Betrachtungsweise vorgenommen, wobei in der Praxis ein vereinfachtes Verfahren basierend auf den aufsummierten Einzelabschlüssen ohne Eliminationen möglich ist, da sie zu höheren Werten führt. Mit der Befreiung von der Konsolidierungspflicht, sei dies aufgrund des Unterschreitens der Schwellenwerte oder aufgrund des Tatbestands einer Zwischenholding, entfällt dem Gesetzestext folgend auch die Pflicht zur Durchführung einer ordentlichen Revision... Spezialfälle. Neugründungen: Im Sinne einer streng formellen Betrachtung könnte bei neu gegründeten Gesellschaften mit einem signifikanten Wachstum im ersten Geschäftsjahr eine eingeschränkte Revision durchgeführt werden. Im Standard zur Eingeschränkten Revision (SER) ist aber explizit festgehalten, dass bei neu gegründeten Gesellschaften, bei welchen die Überschreitung der Schwellenwerte absehbar ist, von Beginn weg eine ordentliche Revision durchzuführen ist []. Ausgliederung/Absorptionsfusion: Die Pflicht zur ordentlichen Revision wird auch dann von Beginn weg ausgelöst, wenn ein Geschäftsbetrieb in eine neu gegründete Gesellschaft übertragen und damit die Schwellenwerte am Bilanzstichtag überschritten werden []. Eine identische Überlegung findet auch bei einer Absorptionsfusion Anwendung. Umwandlung: Unternehmen, die aus einer Umwandlung einer nicht revisionspflichtigen Gesellschaft neu entstanden sind, unterliegen aufgrund identischer Überlegungen wie bei einer Neugründung bei Überschreiten der Schwellenwerte bereits ab dem ersten Geschäftsjahr der ordentlichen Revisionspflicht. Das Indiz, dass es sich im Sinne einer Zweijahresbetrachtung um ein wirtschaftlich bedeutendes Unternehmen handelt, ist bei diesem Sachverhalt ebenfalls stärker zu gewichten als eine rein formaljuristische Beurteilung.. Wechsel von der eingeschränkten zur ordentlichen Revision Bei einem Wechsel von der eingeschränkten zur ordentlichen Revision ist die Mandatsfortführung im Detail zu überprüfen. Mit der Ausweitung des Prüfungsauftrags bzw. der einzuhaltenden Vorschriften sind die notwendige Zulassung und die Unabhängigkeit neu zu beurteilen. Beispielsweise ist das Mitwirken bei der Buchführung im Rahmen der ordentlichen Revision nicht mehr statthaft. Zudem ist die gesetzlich vorgeschriebene Rotationspflicht des leitenden Revisors zu beachten. Die während der Dauer der eingeschränkten Revision geleisteten Jahre als Mandatsleiter werden nicht an die siebenjährige Frist angerechnet [4].. Prüfungsdurchführung an der Schwelle zur ordentlichen Revision. Prüfungsumfang. Bei der eingeschränkten Revision handelt es sich um eine auf kleine und mittelgrosse Unternehmen (KMU) ausgerichtete gesetzliche Prüfung mit einer deutlich geringeren Prüfsicherheit als bei der ordentlichen Revision. Der Umfang und die Tiefe der Prüfungshandlungen sind abschliessend im SER, welcher als geschlossener Standard konzipiert ist, geregelt. Trotz erhöhten Schwellenwerten ist es unverändert das Ziel der eingeschränkten Revision, mittels Befragungen, analytischen Prüfungen und gegebenenfalls angemessenen Detailprüfungen eine negativ formulierte Prüfaussage zu machen. Der Prüfungsumfang hat sich mit der Erhöhung der Schwellenwerte nicht geändert. Folgende Prüfungshandlungen werden bei der eingeschränkten Revision beispielsweise explizit nicht verlangt: Prüfung des internen Kontrollsystems (IKS); Inventurbeobachtung; Drittbestätigungen (Bankbestätigungen, Rechtsanwaltsbestätigungen, Debitoren- und Kreditorenbestätigungen, Expertengutachten usw.); Prüfungshandlungen zur Aufdeckung von deliktischen Handlungen und weiteren Gesetzesverstössen ausserhalb der Bestimmungen im Zusammenhang mit der Rechnungslegung und der Jahres - rechnung.. IKS. Im Rahmen der eingeschränkten Revision ist es nicht vorgesehen, sich bei der Planung und Prüfungsdurchführung auf das IKS abzustützen. Entsprechend sind gemäss SER auch keine Funktionsprüfungen durchzuführen. Dem Wesen der eingeschränkten Revision entsprechend bleibt das Kontrollrisiko grundsätzlich unberücksichtigt. 896 Der Schweizer TreuhändeR 0
eingeschränkte revision Gleichwohl wird der Prüfer allfällige interne Kontrollmassnahmen (etwa ein vorhandenes Vier-Augen-Prinzip), insbesondere bei grösseren KMU, bei seiner Risikobeurteilung nicht vollständig ausser Acht lassen. So muss sich die Revisionsstelle bei der Planung der eingeschränkten Revision Kenntnisse über Tätigkeit und Umfeld des Unternehmens aneignen bzw. ihren Wissenstand auf einen aktuellen Stand bringen. Diese Kenntnisse umfassen neben den wichtigsten Elementen des Geschäftsmodells beispielsweise auch Informationen über die Organisation und das Rechnungswesen. Die Revisionsstelle benötigt diese Kenntnisse, um Befragungen relevanter Personen vornehmen, analytische Prüfungshandlungen und angemessene Detailprüfungen planen sowie die erhaltenen Antworten und anderweitigen Informationen einschätzen zu können.. Berücksichtigung der IT des Unternehmens. Im Gegensatz zu den PS sieht der SER keine Prüfungshandlungen im Bereich der IT vor. Die Begründung liegt hauptsächlich darin, dass sich der Revisor bei einer eingeschränkten Revision nicht auf das IKS und somit nicht auf die IT-Prozesse abzustützen hat. Zudem sind die Buchführungs- und Rech- nungslegungsprozesse bei KMU in den meisten Fällen einfach und auf Standardsoftwarelösungen basiert. Selbstverständlich kann ein umfassendes Verständnis der IT-Landschaft eines Unternehmens dem Prüfer helfen, mögliche Risiken bezüglich Fehlaussagen in der Jahresrechnung zu identifizieren und darauf mittels geeigneter Prüfungsstrategie zu reagieren. Eigentliche IT-Prüfungen sieht der SER explizit nicht vor. In komplexeren Umgebungen kann es jedoch zweckdienlich sein, die Herkunft sowie Vollständigkeit und Richtigkeit von durch die IT erstellten Belegen oder Auswertungen (Listen, Bildschirmausgaben usw.) zu plausibilisieren. Inwieweit aber der leitende Prüfer die IT berücksichtigt, liegt alleine in seinem pflichtgemessen Ermessen..4 Erwartungslücke. Mit der Erhöhung der Schwellenwerte hat sich die Erwartungslücke klar verschärft. Oft haben Aktionäre oder andere Stakeholder divergierende bzw. falsche Erwartungen an den eigentlichen Prüfungsauftrag. Häufig gehen sie bei einer nicht modifizierten Prüfungsaussage davon aus, dass eine lückenlose Prüfung ohne den Aspekt der Wesentlichkeit stattgefunden hat; die Gesellschaft nicht in Konkurs 0 Der Schweizer Treuhänder 897
gehen wird; die Gesellschaft alle gesetzlichen Vorschriften (Sozialversicherungen, Steuern usw.) eingehalten hat; die Geschäftsführung korrekt erfolgte. Diese Erwartungen gehen weit über den gesetzlichen Prüfauftrag der Revisionsstelle und über die Bestimmungen des SER hinaus. Die Schliessung der Erwartungslücke durch zeitnahe und ausführliche Informationen liegt im Interesse aller Parteien. «Im Sinne einer guten und konstruktiven Zusammenarbeit ist es die Aufgabe der Revisionsstelle, den Kunden über die Grenzen des Prüfungsauftrags zu informieren und falsche Erwartungen zu klären.» Im Sinne einer guten und konstruktiven Zusammenarbeit ist es die Aufgabe der Revisionsstelle, den Kunden über die Grenzen des Prüfungsauftrags zu informieren und falsche Erwartungen zu klären. Es empfiehlt sich, obwohl dies gemäss SER nicht zwingend verlangt wird, den Auftrag in einer Auftragsbestätigung detailliert zu definieren..5 Haftung bei der eingeschränkten Revision. Im Gesetz sind bis heute keine unterschiedlichen Haftungsgrundlagen für die eingeschränkte und die ordentliche Revision enthalten. In diesem Sinne gibt es keine «eingeschränkte Haftung». Sachlogisch müssen aufgrund der inhärenten Grenzen der eingeschränkten Revision für die Beurteilung, ob eine Pflichtverletzung vorliegt, andere Massstäbe angewendet werden. Naturgemäss ist das Risiko von unentdeckten Fehlaussagen in der Jahresrechnung einer eingeschränkt geprüften Gesellschaft klar höher. Diese tiefere Prüfsicherheit ist mit der Zweiteilung der Revision vom Gesetzgeber auch bewusst in Kauf genommen worden..6 Anforderungen an die Zulassung des leitenden Revisors. In Art. 5 des Revisionsaufsichtsgesetzes (RAG) wird nebst anderen Bedingungen zur Zulassung als Revisor eine Fachpraxis von einem Jahr nach entsprechender Ausbildung verlangt. Diese Anforderung wurde trotz der Anhebung der Schwellenwerte nicht erhöht. U. E. ist die einjährige Fach- praxis kritisch zu hinterfragen, da aufgrund der aktuell geltenden gesetzlichen Bestimmungen auch relativ grosse und allenfalls komplexere Gesellschaften seit. Januar 0 unter die eingeschränkte Revisionspflicht fallen. Der Begleitung der Prüfungsarbeiten bzw. der Qualitätskontrolle durch einen erfahrenen Prüfer ist u. E. nicht zuletzt aus Haftungsüberlegungen erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken. 4. Fazit Trotz der Erhöhung der Schwellenwerte und der damit erheblich gesteigerten Bedeutung der eingeschränkten Revision hat sich der gesetzliche Prüfungsauftrag nicht geändert. Der SER ist unverändert ein in sich geschlossener Standard, der die Planung und Durchführung einer eingeschränkten Revision abschliessend regelt. Im Unterschied zur ordentlichen Revision sind gewisse Prüfungshandlungen bewusst ausgeschlossen. Die reduzierte Prüfsicherheit im Vergleich zur ordentlichen Revision ist vom Gesetzgeber so gewollt und bewusst in Kauf genommen worden. Aufgrund der in der Praxis vorhandenen Unsicherheiten beispielsweise bezüglich Haftungsfragen und der verschärften Thematik der Erwartungslücke ist heute die Tendenz erkennbar, dass vermehrt Detailprüfungen vorgenommen werden, welche gemäss gesetzlichen Bestimmungen und dem SER in diesem Ausmass nicht vorgesehen sind. Die damit zusätzlich gewonnene Prüfsicherheit geht oft über das vom Gesetzgeber bewusst angestrebte, begrenzte Mass hinaus. Dies widerspricht klar der ursprünglichen Idee der eingeschränkten Revision. Für Revisionsgesellschaften ist es von zentraler Bedeutung, unter Berücksichtigung der diversen gesetzlichen Bestimmungen und der Praxisauslegung die korrekte Revisionsart durchzuführen und die bestehenden Regelungen zur Planung und Durchführung der Revision konsequent «Eine Vermischung der beiden Revisionsarten ist unter allen Umständen zu vermeiden und nicht im Sinne der Zweiteilung der Revision zur Entlastung der KMU.» anzuwenden. Eine Vermischung der beiden Revisionsarten ist unter allen Umständen zu vermeiden und nicht im Sinne der Zweiteilung der Revision. Anmerkungen: ) Die eingeschränkte Revision ist grundsätzlich nicht für die Prüfung von Abschlüssen nach anerkannten Standards zur Rechnungslegung wie IFRS, US GAAP oder Swiss GAAP FER vorgesehen (BBl 004, 407). Falls jedoch beim zu prüfenden Unternehmen die handelsrechtliche Jahresrechnung zugleich den Anforderungen eines anerkannten Standards zur Rechnungslegung entspricht, kann mittels der im Hinblick auf die handelsrechtliche Jahresrechnung erforderlichen eingeschränkten Revision gleichzeitig auch eine negative Zusicherung betreffend die Konformität des Abschlusses mit dem gewählten Regelwerk erfolgen. Diese Situation kann sich bei der Anwendung der Kern-FER ergeben (vgl. SER, Ziff..6). Auch die Anwendung der (integralen) Swiss GAAP FER oder eines anderen Regelwerks wäre in diesem Fall mit einer eingeschränkten Revision vereinbar, wobei solche Situationen in der Praxis kaum anzutreffen sein werden. (HWP, Band ER, III.4..7.). ) Vgl. auch Ausgewählte Fragen und Antworten zum Revisionsrecht (Änderungen von Q&A.9) Frage. Seite. ) Vgl. auch Ausgewählte Fragen und Antworten zum Revisionsrecht (Änderungen von Q&A.9) Frage. Seite 4. 4) «Rotationspflichten und Abkühlfristen im neuen Revisionsrecht» von Reto Sanwald und Daniel Huser; in Der Schweizer Treuhänder 009/6 7. 898 Der Schweizer TreuhändeR 0